Laden von E-Autos ohne Schutzkontakt
Lebensgefährlicher Stromschlag möglich

Elektroautos können beim Laden an Steckdosen ohne so genannten Schutzkontakt unter Spannung stehen. Dann können Menschen gefährliche Stromschläge erleiden. Wie Sie sich schützen und was Autohersteller jetzt tun müssen.

Elektroauto Hyundai Ioniq 5 Stromschlag Achtung Blitz Warnung
Foto: Hyundai / Patrick Lang

Das Problem mit unter Spannung stehenden E-Autos hat Stefan Moeller, YouTuber und Geschäftsführer der Elektroauto-Vermietung Nextmove, am eigenen Leib erfahren. In einem YouTube-Video erläutert der langjährige Elektroauto-Fahrer das Sicherheitsrisiko, das allerdings nur an nicht-geerdeten Haushaltssteckdosen auftrat. Problematisch: Die fehlende Erdung ist für Laien nicht erkennbar und viele Elektroautos haben keinen entsprechenden Schutz an Bord, der Menschen vor Stromschlägen bewahrt. Immerhin können die sich durch einfache Maßnahmen schützen.

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Stefan Moeller betreibt die Elektroauto-Vermietung Nextmove.

auto motor und sport-E-Auto-Experte Alexander Bloch warnt seit Jahren vor dem Laden an unbekannten Haushaltssteckdosen und rät: Das Notladekabel möglichst selten nutzen und wenn, dann nur an Steckdosen, von denen einem eine Erdung bekannt ist. Denn tückischerweise muss auch eine dreipolige Steckdose (rund, mit gegenüberliegenden Klammern am Rand) den außenliegenden Schutzkontakt nicht mit einer Erdung verbunden haben. Außerdem empfiehlt Alex Bloch: Das betreffende Hausnetz sollte einen Fehlerstrom-Schutzschalter (RCD, FI-Schalter) haben. Der schützt nicht nur vor hohen Strömen in den Leitungen, sondern auch blitzschnell vor Stromschlägen.

Aus Moellers Sicht besteht für Autohersteller dringender Handlungsbedarf. Denn im September 2021 betrug der Marktanteil an reinen Elektroautos bei den Neuzulassungen bereits 17 Prozent. Hinzu kommen weitere 12 Prozent Plugin-Hybride, die ebenfalls extern aufgeladen werden können. Mit der zunehmenden Verbreitung steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass Fahrer elektrifizierter Fahrzeuge mit nicht geerdeten Steckdosen in Verbindung kommen, wie sie beispielsweise in Urlaubsländern Südeuropas noch häufiger sind.

Gefahr im Urlaub

Die Urlaubsreise war auch Ausgangspunkt von Stefan Moellers Recherchen: In Kroatien hat der Familienvater den wenige Monate alten Hyundai Ioniq 5 an einer Haushalt-Steckdose des gemieteten Ferienhauses aufgeladen. Beim Einräumen des Kofferraums bekam er plötzlich einen deutlich spürbaren Stromschlag. Passiert ist ihm dabei zum Glück nichts, aber Moeller war alarmiert.

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Mögliche Kontaktstelle bei vielen Fahrzeugen ist der Kofferraum, hier beim Ioniq 5. An den Türen gibt es ähnlich gut zugängliche Metallösen.

Denn Elektroautos gelten im Allgemeinen als sehr betriebssicher. Vor der Typenzulassung werden die Fahrzeuge durch die Hersteller und auch die Zulassungsbehörden auf Herz und Nieren geprüft. Insbesondere der Akku wird im Entwicklungs- und Zulassungsprozess unter harten Bedingungen auf seine Belastbarkeit im Alltag und unter Extremsituationen getestet. Die Entwickler achten dabei besonders auf Beschädigungen an der Hochvoltbatterie, denn in diesen Fällen besteht Brandgefahr und die Gefahr eines Stromschlages. Bei Unfällen unterbricht die Elektronik die Stromzufuhr sofort, um Insassen und Ersthelfer nicht zu gefährden. Experten gehen davon aus, dass die Gefahrenlage bei einem Elektroauto anders, aber nicht höher als bei einem fossil betriebenen Auto ist. Auch das Aufladen der Akkus testen Hersteller ausgiebig. Autofahrer konnten daher bisher davon ausgehen, dass für Nutzer und Passanten beim Laden eines Elektroautos keinerlei Risiken bestehen. Darum hat der Stromschlag bei Moeller einige Fragen aufgeworfen:

  • Wie konnte das passieren?
  • Wie gefährlich war dieser Stromschlag?
  • Ist das ein unglücklicher Einzelfall oder ein allgemeines Problem?

Faktoren, die zusammenkommen müssen

Zurück in Deutschland hat Moeller durch Rekonstruktion der Ereignisse und umfangreiche Versuche vier Faktoren identifiziert, die zu dem Stromschlag führten:

  1. Verwendung des vom Auto-Hersteller mitgelieferten Notladekabels
  2. Ladevorgang an einer nicht-geerdeten Haushalt-Steckdose
  3. Barfuß oder nasses Schuhwerk
  4. Kontakt mit unisolierten Karosserie-Teilen

Der Auslöser ist dabei das Laden an einer nicht-geerdeten Steckdose, der in Verkettung mit drei weiteren Faktoren zum Stromschlag führt. Beim Ladevorgang entsteht in der Ladeelektronik des Autos eine Spannung, die normalerweise über den Schutzkontakt der geerdeten Steckdose abgeleitet wird. Ohne die Erdung baut sich hingegen zwischen Karosserie und Erdboden ein Potential auf. Weil Moeller barfuß unterwegs war, hatte er direkten Kontakt zum Erdboden. Aber auch nasses Schuhwerk auf regennassem Untergrund hätte diese Bedingung erfüllt. Beim Einräumen des Fahrzeuges berührte er zufällig die Verschluss-Öse des Kofferraumschlosses. Dieses unlackierte Teil ist mit der Karosserie verbunden, die wiederum direkten Kontakt zur Elektroanlage des Fahrzeugs hat. Moeller schloss damit den Stromkreis zwischen Karosserie und Boden, wodurch es zur Erdung kam und der Strom durch ihn hindurch floss.

Matthias Güldner, Diplom-Ingenieur und Dozent für Elektromobilität am Elektrobildungs- und Technologiezentrum Dresden, sagte zu Nextmove: "In Deutschland müssen Steckdosen per Gesetz seit vielen Jahrzehnten über eine Erdung verfügen. Trotzdem lauern vielerorts Gefahren in Altbauten und Häusern in denen Steckdosen nur zweipolig ohne Erdung angeschlossen sind oder – und das kommt häufig vor – die Erdung des Hauses durch fehlerhafte Ausführung nicht ausreicht.”

Bei Tesla steht sogar die Türklinke unter Spannung

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Beim Tesla Model 3 hat Nextmove 144 Volt auf einer nassen Türklinke gemessen.

Weder das serienmäßige Notladekabel noch das Onboard-Ladegerät des Hyundai Ioniq 5 verhindern das Laden an einer fehlerhaften Steckdose ohne Erdung. Auch der Stromschlag über den Menschen führt dabei keineswegs zum Abbruch des Ladevorgangs.

Moeller führte daraufhin in dem oben beschriebenen Testszenario Messungen an verschiedenen Fahrzeugen aus der Nextmove-Flotte durch und stellte fest, dass sehr viele gängige Elektroautos keinen Schutz vor möglichen Stromschlägen bieten. Dabei wurden Spannungen bis zu 150 Volt (Audi E-Tron GT) und Stromstärken bis 1,9 Milliampere (Hyundai Ioniq 5) gemessen.

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Das Nextmove-Video zeigt die Messungen und besonderen Umstände zu jedem einzelnen Auto gezeigt. Besonders gefährdet sind Tesla-Fahrer. Bauartbedingt liegt bei Tesla die Spannung sogar auf der nassen Türklinke an, was nach Regen oder Autowäsche auftreten kann. Die Wahrscheinlichkeit eines Stromschlags erscheint hier erhöht, da die Klinke naturgemäß häufig berührt wird.

Stromunfall: Grenzwerte deutlich überschritten

Dr. Carsten W. Israel, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Kardiologie am Evangelischen Klinikum Bethel und langjähriger Sprecher der Arbeitsgruppe Rhythmologie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, sagte zu Moeller: "Der Verband für Elektrotechnik (VdE) hat für gesunde Erwachsene eine maximale Berührungsspannung bei Wechselspannung von 50 Volt, für Kinder eine von 25 Volt festgelegt. Oberhalb dieser Grenzwerte sind Ereignisse prinzipiell als Stromunfall einzuordnen, bei denen eine gesundheitsgefährdende Situation eintreten kann. Um nach einem Stromunfall gefährliche Herzrhythmusstörungen sofort zu erkennen und zu behandeln, ist neben einem 12-Kanal-Elektrokardiogramm (EKG) eine EKG-Überwachung von 24 Stunden erforderlich."

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Hier droht Stromschlag: Die Werte, die Nextmove gemessen hat.

Kaum ein Hersteller geht fahrzeugseitig auf Nummer sicher

Die Autohersteller haben zwei Möglichkeiten, den Ladevorgang an ungeerdeten Steckdosen zu verhindern. Entweder über das mitgelieferte Ladekabel oder im Onboard-Ladegerät des Autos. Folgende Autos und Ladekabel haben im Test Ladevorgänge an einer ungeerdeten Steckdose verhindert.

Hersteller wie Volkswagen beim ID.4 und Audi beim E-Tron GT sichern den Ladevorgang über das mitgelieferte Not-Ladekabel ab. Hier erfolgt eine Fehlerstromerkennung im Ladekabel (ICCB) und der Ladevorgang startet nicht. Beim Ladekabel des Audi E-Tron GT kann der Nutzer durch manuelle Überstimmung der Warnmeldung den Ladevorgang trotzdem starten.

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Hier droht keine Gefahr.

Es gibt externe Ladekabel, die die Erdung prüfen

Aufatmen können auch Nutzer, die intelligente Ladekabel wie den Juice Booster 2 oder einen go-eCharger als mobile Wallbox mit Schuko-Adapter verwenden. Diese Geräte erkennen den ungeerdeten Anschluss und verweigern das Laden. Sie stellen also einen wirksamen Schutz bei allen Fahrzeugen dar, für die keine Fehlerstromprüfung im Auto oder durch das mitgelieferte Notladekabel erfolgt.

Unabhängig vom verwendeten Ladekabel weigern sich nur Renaults Zoe und der in Bezug auf die Ladetechnik weitgehend baugleiche Smart, fahrzeugseitig an einer nicht geerdeten Steckdose zu laden. Dies mag für den Nutzer im Einzelfall zunächst unverständlich sein und umständlich wirken. Aber nicht nur Sicht von Nextmove ist es zu begrüßen – denn Sicherheit sollte oberste Priorität sein.

Nutzer können sich leicht schützen

Elektroautofahrer können nicht davon ausgehen, dass sie überall auf geerdete Steckdosen treffen. Nextmove empfiehlt das sogenannte Notladekabel tatsächlich nur im Notfall zu nutzen. Dabei sei sicherzustellen, dass man an einer geerdeten Steckdose lädt. Ein einfacher Steckdosentester für wenige Euro kann hier auch bei fremden Steckdosen sofort Sicherheit geben.

Nextmove hat in seinen Versuchen ausschließlich reine Elektroautos (BEV) getestet, aber Moeller geht davon aus, dass viele Plug-in-Hybride das gleiche Sicherheitsrisiko bergen.

Für das dauerhafte Aufladen am alltäglichen Stellplatz das Fahrzeuges, egal ob Plug-in oder vollelektrisch, gibt Moeller klar die Empfehlung zur Nutzung einer Wallbox. In einem früheren Nextmove-Test hat er aufgezeigt, dass eine Wallbox durch ihre höhere Effizienz beim Ladevorgang nach 100.000 Kilometern Fahrleistung etwa 500 Euro an Stromkosten gegenüber der Nutzung des Notladekabels einspart. Wer auf eine mobile Wallbox mit Fehlerstromerkennung setzt, ist auch an fremden Steckdosen geschützt. Selbst viele mobile Geräte fördert der Staat mit bis zu 900 Euro.

Autohersteller müssen umdenken

Aus Sicht von Nextmove sollten sich Fahrzeughersteller nicht darauf beschränken, lediglich in der Bedienungsanleitung darauf hinzuweisen, nur an Steckdosen zu laden, die geltenden Vorschriften entspricht. Im Minimum sollten intelligente Notladekabel, die das Laden an ungeerdeten und damit gefährlichen Steckdosen verhindern, selbstverständlich sein. Noch sicherer ist die fahrzeugseitige Erkennung von ungeeigneten Steckdosen und die Verweigerung des Ladevorgangs.

Nextmove meint, für die Akzeptanz der Elektromobilität in der Breite sei es notwendig, dass von den Autos keine Gefahr für Nutzer oder Passanten ausgeht. Stefan Moeller sagt, man wolle mit dem Video für das aktuell bestehende Risiko sensibilisieren und geben den Nutzern konkrete Empfehlungen, Gefahren zu vermeiden. "Gleichzeitig fordern wir die Autohersteller auf, dieses Risiko ernst zu nehmen und zu verhindern, dass Menschen an Elektroautos Stromschläge erleiden. Die Mehrkosten für ein sicheres Ladekabel liegen mutmaßlich unter 20 Euro.”

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... gering, Benziner und Diesel können auch Feuer fangen.... höher als bei Verbrennern, schon wegen der komplizierten Akkus.

Fazit

Wir sind gewohnt, dass Strom sicher nutzbar ist. Aber selbst in Deutschland gibt es viele alte Hausnetze und zahlreiche ungeerdete Steckdosen. Für zu Haus ist daher eine Wallbox erste Wahl, deren Anschaffung und Installation der Staat mit 900 Euro fördert. Vorsicht ist geboten, wenn man unterwegs etwa im Urlaub im Süden an unbekannten Steckdosen mit Notladekabel des Herstellers Strom tanken will. Denn die meisten Hersteller-Kabel mit Schuko-Stecker legen auch los, wenn die Dose keine Erdung hat.