Alte ID.3- und ID.4-Batterien für Ladepark
Erst puffern, dann powern

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Statt dicke Leitungen zu legen, baut VW für das Werk in Zwickau einen Pufferspeicher aus ausrangierten Akkus, der kleine Schnellladeparks versorgt.

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Foto: Volkswagen

Eines der altbekannten Probleme der Elektromobilität ist die Ladeinfrastruktur. Die wiederum braucht ein intaktes – und vor allem leistungsfähiges Stromnetz. Insbesondere dann, wenn es ums Schnellladen geht. Doch genau hier hakt es oft. Denn um einen Ladepark mit mehreren Schnellladesäulen zu errichten, an dem auch mehrere Autos gleichzeitig flott laden können, braucht es in der Regel eine Anbindung an die Mittelspannungsstromversorgung. Steht die nicht zur Verfügung wird es schwierig oder sehr teuer – zumindest meistens.

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Denn statt Strom direkt aus dem Netz zu laden kann man ihn auch vorher Puffern. Wie das funktioniert, zeigte Audi bereits mit dem Charging Hub, der alte E-Tron-Batterien als Pufferspeicher nutzt. Die Bilder dazu finden Sie in der Galerie oben. Etwas ähnliches hat jetzt auch Volkswagen im Fahrzeugwerk Zwickau in Betrieb genommen.

Alte ID.3- und ID.4-Akkus als Pufferspeicher

Der so genannte Power Storage Container (PSC) setzt dabei aber nicht auf ganze Autobatterien, sondern nutzt 96 ausgemusterte Zellmodule der Vorserienfahrzeuge der Modelle ID.3 und ID.4. Statt die Bauteile, wie sonst bei vielen Komponenten üblich, einfach zu verschrotten, bekommen sie im PSC ein zweites Leben und sollen helfen, für mehr Ladeleistung zu sorgen – in der Spitze bis zu 600 kW.

Angeschlossen ist der Container nur mit einem CEE 125-Stecker, also einer Leitung bis 86,5 kW Leistung. So werden aus einem acht Ladepunkte. Gebündelt in vier Hypercharger, die nicht nur übers Netz, sondern auch aus dem 570-kW-Akku versorgt werden. Für die E-Autofahrer stehen je vier Hypercharger mit 75 kW und einem 150 kW-Ladeanschluss zur Verfügung, die jeweils auf eine maximale Ladeleistung von 150 kW kommen.

Flexibler, schneller und günstiger als Netzanschluss

Allein durch den Akku könnten so am Tag knapp elf ID.3 mit dem großen 77 kWh-Akku (12 Module) von 10 auf 80 Prozent SOC (ca. 54 kWh) per schnellem DC-Laden geladen werden. In Kombination mit einem kleinen 32-Ampere-Starkstrom-Anschluss, wie er etwa bei der genehmigungsfreien 11-kW-Wallbox zuhause zum Einsatz kommt, sind rechnerisch sogar sogar noch einmal 5 Fahrzeuge mehr drin – eine ideale Ladepunkt-Nutzung vorausgesetzt. Denn mit 11 kW Anschlussleistung könnte der große Puffer-Akku über den Tag wieder halb wieder aufgefüllt werden.

Für einen Schnellladepark an der Autobahn ist das mit den 11 kW sicherlich kein passendes Szenario. Das weiß auch Jörg Engelmann, der Projektleiter des PSC am Standort Zwickau. Aber gerade für Autohäuser oder eben für das Werk in Zwickau, seien solche Container eine echte Alternative zur teuren Mittelspannungsanbindung samt Transformatorstation. Insgesamt kam man im Pilotprojekt auf Kosten von rund 200.000 Euro für den Ladepark. "Das würde die Trafo-Variante auch kosten", so Engelmann, der für den Ausbau der Ladeinfrastruktur am VW-Werk zuständig ist. "Außerdem wären für die mehr als 100 Meter Anschlussleitung aber weitere 100.000 Euro nötig gewesen, um einen vergleichbar schnellen Ladepark zu installieren."

Aus elf werden 49 Ladungen pro Tag

Durch den stärkeren 86-kW-Anschluss des PSC in Zwickau steigt natürlich auch das Potential der Ladevorgänge. Rechnerisch sind rund 49 oder oben beschriebenen 10-80-Schnellladungen denkbar – und selbst da ist noch Luft nach oben. "Aktuell haben wir nur drei der fünf Einschübe belegt", erklärt Engelmann. Würde man die anderen beiden auch noch füllen, hätte man fast eine Megawattstunde an Kapazität in einem Container gebündelt.

Ein weiter Vorteil, den Engelmann an diesem System sieht: "Durch die Container ist unser Ladepark auch einigermaßen mobil einsetzbar." Wobei die die Bezeichnung "mobil" relativ ist. Im aktuellen Aufbau wiegt das System 7,6 Tonnen. Sind allen fünf Batteriefächer gefüllt kommt es auf 8,1 Tonnen. Auch bei den Abmessungen ist man weit weg vom Rollkoffer-Format. Der PSC ist 2,5 Meter breit, 2,6 Meter lang und 2,7 Meter hoch und steht auf vier Füßen. Für den Transport könne er aber auch gerollt werden, erklärt Engelmann.

Insgesamt seien drei dieser Ladeparks in Zwickau geplant. Der erste, jetzt vorgestellte, wird neben dem Netzstrom auch direkt von einem 10-kW-Windrad- und einer 24-kW-Solaranlage mit Energie versorgt. "Im Grunde ist das aber egal", so Engelmann, "denn das ganze Werk setzt seit 2017 auf regenerativ erzeugten Strom. Er wird nur nicht vollständig vor Ort produziert."

Fazit

Der Ausbau der Stromnetze ist durch Systeme wie den PSC sicherlich nicht vom Tisch. Aber im wahrsten Sinne bietet diese Pufferlösung auch ein wenig zeitlichen Puffer, der für den Ausbau der festen Ladeinfrastruktur noch benötigt – vor allem, wenn die Anschlussleistung nicht auf Wallbox-Niveau liegen soll, sondern es ums Schnellladen geht. Das Prinzip mit regenerativer Energieerzeugung direkt am Ladepark macht das Ganze natürlich zusätzlich spannend, weil der Grünstrom eher ungeplant und manchmal nur tröpfchenweise anfällt – das ist gut, um Akkus langsam zu laden, was ihnen guttut. Und mit dem großen Puffer-Akku lässt sich dann auch schadlos Schnellladen.