Sonderausstattungen im Abo
Günstige Freischaltung beim Hacker

Hersteller wie BMW bieten Extras mittlerweile im Abo an. Dabei zahlt der Kunde beispielsweise die Freischaltung der Sitzheizung monatlich. Drittanbieter hacken das System bei Bedarf für schmales Geld – und verärgern damit die Autokonzerne.

BMW i4 Extras Optionen Abo Hacker Collage
Foto: BMW / Patrick Lang

Dass sich Automobil-Kunden bei der Vorstellung, ein vermeintlich bezahltes Extra nicht nutzen zu können, ärgern, ist keine Überraschung. Genau diesen Eindruck hinterlässt das von Marken wie VW, Audi, Mercedes und BMW jüngst eingeführte Abo-Modell nämlich. Die Idee dahinter: Sonderausstattungen wie Sitzheizung, adaptiver Abstandstempomat, Apple Carplay oder ein Fernlichtassistent werden via OTA-Update zur Nutzung freigeschaltet, wenn der Kunde die entsprechende Option für einen bestimmten Zeitraum bucht. Das unangenehme Detail an dieser Praktik ist das Wissen um die Tatsache, dass die notwendige Hardware bereits im Fahrzeug steckt und damit ja eigentlich bezahlt ist. Das digitale Geschäftsmodell orientiert sich mit der On-Demand-Verfügbarkeit an Tech-Riesen wie Netflix, Amazon oder Spotify. Neben der zusätzlichen Einnahmequelle hat das Prinzip für die Hersteller den Charme, dass Produktionslinien verschlankt und Arbeitsschritte abgeschafft werden können. So müsste man beispielsweise einen Sitz ohne Heizung gar nicht mehr anfertigen, wenn die Nutzung der Funktion später online freigeschaltet werden kann.

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Nun sehen aber nicht nur die Automobilhersteller hier mögliche Profite, sondern auch Drittanbieter. Über eine nachträgliche Codierung der Steuergeräte können – bei Vorhandensein der entsprechenden Hardware – kostengünstig Funktionen freigeschaltet werden, für die BMW und Co. in den eigenen Shops deutlich mehr Geld verlangen. Die Argumentation der "Hacker": Wer ein Auto bezahlt hat, ist Eigentümer und darf damit verfahren, wie er möchte. Die Hersteller halten mit einem etwaigen Erlöschen der Garantieansprüche dagegen. Bei vollumfänglich vernetzten Fahrzeugen, die in stetem Austausch mit der markeneigenen Cloud stehen, werden die vermeintlich unrechtmäßigen Freischaltungen ohnehin schnell entdeckt und könnten theoretisch in der Folge per Reset auf Werkseinstellungen einfach wieder rückgängig gemacht werden.

BMW i4 Extras Optionen Abo Hacke
BMW
Für die zubuchbaren Extras bietet BMW unterschiedliche Laufzeiten an. Die Möglichkeit, eine Option auch dauerhaft zu kaufen, gibt es aber immer.

Sitzheizung für 17 Euro monatlich

Zuletzt entzündete sich die Diskussion um das Abo-Modell am Beispiel der bereits genannten Sitzheizung, für die BMW aktuell pro Monat 17 Euro verlangt. Aufgrund der massiven Kritik im Netz hatten sich die Münchener zu einem klärenden Tweet veranlasst gesehen. User warfen dem Hersteller Geld- und Materialverschwendung vor, weil Hardware werkseitig in Fahrzeuge eingebaut und möglicherweise niemals genutzt werde. Befürworter sehen dagegen einen Vorteil darin, dass Fahrzeuge so für Zweitbesitzer attraktiver seien, weil sich die Wunschausstattung einfach nachträglich online freischalten lässt. Damit blieben die Fahrzeuge an sich länger im Umlauf. Außerdem ist bei den meisten Herstellern ein Erwerb der Zusatzfunktion auf unbegrenzte Zeit zu einem fairen Tarif möglich.

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Aktuell führt BMW mehr als 10 Optionen im Shop, von denen einige für unterschiedliche Laufzeiten gebucht und andere gegen eine Einmalzahlung freigeschaltet werden können. Ersteres Angebot richtet sich beispielsweise an Kunden, die einen adaptiven Abstandstempomaten nur temporär für die Urlaubsreise, nicht aber im Alltag benötigen. Letzteres bezieht sich auf Extras wie Apple Carplay. In der Fotoshow oben im Artikel finden Sie die jüngsten Modellpflegemaßnahmen bei BMW (Stand 2022)-

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Fazit

Mit dem Abo-Prinzip für Sonderausstattungen haben sich die Hersteller ein neues Erlösmodell ersonnen, das bei der Kundschaft bislang gemischte Reaktionen hervorruft. Vorteile sind eine gesteigerte Attraktivität der Fahrzeuge beim Wiederverkauf und eine effizientere Produktion durch Verschlankung. Ob sich das am Ende die Waage mit dem gesteigerten Materialbedarf durch den standardmäßigen Einbau von Teilen, die eventuell nie genutzt werden, hält, muss die Zukunft zeigen.