Volta Trucks - Produktion läuft wieder an
E-Lkw-Hersteller ist gerettet

Inhalt von

Volta Trucks wollte bis 2025 vier Elektro-Lkw auf den Markt bringen, rutschte dann aber in die Insolvenz. Doch bald läuft die Produktion in Österreich wieder an.

04/2022, Volta Zero 7,5 Tonner
Foto: Volta Trucks

"Mit tiefem und aufrichtigem Bedauern hat der Vorstand die schwierige Entscheidung getroffen, Schritte zur Beantragung eines Insolvenzverfahrens in Schweden zu unternehmen." Das ist der zentrale Satz in einer Mitteilung, die das schwedisch-britische Elektro-Lkw-Start-up Volta Trucks am Dienstag (17. Oktober 2023) verschickte. Volta Trucks Limited, die zentrale Firma in der Unternehmensgruppe, hatte kurz darauf einen Insolvenzantrag in England gestellt. Gleiches galt für weitere Tochterfirmen der Gruppe in deren jeweiligen Heimatländern.

Unsere Highlights

Als Hauptgrund für den Schritt nannte das erst 2019 gegründete Start-up das Insolvenzverfahren seines Batterielieferanten Proterra. Das führte dem Nutzfahrzeughersteller zufolge zu einer Verringerung des geplanten Produktionsvolumens. Die Ungewissheit in Bezug auf den Zulieferer der Akkus habe obendrein die Schwierigkeiten erhöht, ausreichend externes Kapital für die weitere Entwicklung und Produktion der elektrisch angetriebenen Lastwagen zu beschaffen. "Wir möchten dem Team von Volta Trucks unseren aufrichtigen Dank aussprechen und sind unglaublich stolz auf seine Pionierarbeit bei der Entwicklung eines so innovativen emissionsfreien Nutzfahrzeugs." Das las sich so, als ging das Management seinerzeit nicht davon aus, das Insolvenzverfahren überstehen zu können.

Steyr fährt Fertigung wieder hoch

Doch im Dezember 2023 stieg der Hedgefonds Luxor Capital Group in Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter ein, um Volta Trucks komplett zu übernehmen. Die New Yorker Investmentfirma war zuvor bereits Anteilseigner beim E-Lkw-Start-up und zusätzlich als Kreditgeber der größte Gläubiger des Unternehmens. Als neuer Eigentümer nahm Luxor daraufhin Gespräche mit Steyr Automotive auf, um die zuvor bereits vereinbarte Auftragsfertigung der Elektro-Lkw wiederaufzunehmen. Nach "intensiven Verhandlungen" gab Steyr Ende Februar 2024 die Einigung bekannt. "Wir sind äußerst erfreut über die Unterzeichnung dieser Vereinbarung, da diese einen wichtigen Meilenstein für die Wiederaufnahme der Produktion in diesem für uns wichtigen Geschäftszweig darstellt", so die Geschäftsführung des österreichischen Auftragsfertigers.

Medienberichten zufolge will Steyr die Produktion des Volta Zero Anfang Mai erneut aufnehmen. Im weiteren Jahresverlauf sollen 500 Elektro-Lkw in der gleichnamigen Stadt in Oberösterreich gebaut werden. Im kommenden Jahr strebe der Auftragsfertiger, der vormals MAN Truck and Bus Austria hieß und für die Volta-Produktion eigens die Tochterfirma Steyr Automotive E-Truck GmbH gegründet hat, 2.000 Exemplare an. Schon vor der Insolvenz hieß es, das Werk sei ideal gelegen, um von dort aus die ersten großen Zielmärkte London und Paris zu bedienen.

Vier Lkw-Modelle waren geplant

Volta Trucks selbst äußerte sich bislang nicht zur Wiederaufnahme der Produktion. Insofern ist bislang nicht bekannt, ob der E-Lkw-Hersteller seine vor der Insolvenz kommunizierte Strategie beibehält. Diese sah eine aus vier Lastwagen bestehende Modellpalette vor. Die 7,5 und zwölf Tonnen schweren Volta Zeros sollten den Plänen zufolge 2024 als Pilotflotte produziert werden und ein Jahr später in die reguläre Serienfertigung starten. Für 2025 plante Volta Trucks, bereits 27.000 Fahrzeuge im Jahr zu fertigen; nun werden es wohl deutlich weniger. Das Unternehmen wollte seine Lkw den Kunden jedoch nicht zwangsläufig verkaufen. Das Unternehmen plante ein "Truck-as-a-Service"-Angebot (TaaS), bei dem eine monatliche Gebühr alle Service-, Wartungs-, Versicherungs- und Schulungsanforderungen abdeckt.

Volta Trucks wollte zuerst in Europa durchstarten und danach in andere Kontinente expandieren. Das Produktions-Netzwerk sollte aus Fabriken bestehen, die jeweils nah bei den Zielmärkten angesiedelt sein sollten. Damit wollte Volta Trucks die Lieferketten kurz halten und den CO2-Fußabdruck sowie die damit verbundenen Kosten minimieren. Nach Europa wollte Volta Trucks den nordamerikanischen Markt ins Visier nehmen. Der Plan war, bis Ende 2022 einen Produktionspartner in den USA zu finden, der im darauffolgenden Jahr bereits mit der Fertigung starten sollte. Das erschien sinnvoll, denn neben dem Zulieferer des E-Antriebs (Meritor aus dem US-Bundesstaat Michigan) hatte auch Proterra (Kalifornien) seinen Sitz in den USA. Mitte 2023 sollte im Großraum Los Angeles eine Pilotflotte von 100 Lastwagen unterwegs sein, bevor 2024 die ersten Lastwagen aus der regulären Serienfertigung über die US-Straßen rollen sollten.

Verglastes Cockpit für bessere Rundumsicht

Die Volta-Trucks sollten eine Bandbreite in puncto Gesamtgewicht von 7,5 über zwölf und 16 bis 18 Tonnen abdecken. Als Blaupause sollte sowohl in Europa als auch den USA der 16-Tonner Volta Zero dienen. Der Lkw für den Verteilerverkehr ist 9,46 Meter lang, 3,45 Meter hoch und 2,55 Meter breit. Sein Ladevolumen beträgt 37,7 Kubikmeter, was für 16 Euro-Paletten reichen soll; die Zuladung beziffert der Hersteller mit 8,6 Tonnen. Die kleineren Baureihen orientierten sich am Design des 16-Tonners und nutzten eine in weiten Teilen identische Plattform, die beim Zwölftonner jedoch nach hinten verlängert wurde. Für diesen war zudem eine zweite Hinterachse geplant, um für seine größere Nutzlast gerüstet zu sein.

Die stadttauglichen Elektro-Lkw weisen allesamt ein ungewohntes Layout auf. Die Fahrerinnen und Fahrer sitzen sehr tief und mittig im großzügig verglasten Cockpit. Diese Position sorgt für eine gute Rundumsicht auf Augenhöhe mit anderen Verkehrsteilnehmern; außerdem wird die passive Sicherheit bei einem Seitenaufprall erhöht. Des Weiteren erwarteten die Schweden, dass sich damit Verletzungen bei Lkw-Fahrerinnen und -Fahrern, die durch das Hoch- und Herunterklettern entstehen, minimieren lassen. Statt klassischer Außen- kommen Kameraspiegel zum Einsatz; zudem bieten die Volta-Trucks eine Kamera-Vogelperspektive mit 360-Grad-Rundumsicht.

Der Elektroantrieb des Volta Zero

Die tiefliegenden Fahrerhäuser der Volta Lkws wurden erst durch das Elektro-Layout möglich. Der Antrieb sitzt als Kombination aus Motor und Getriebe an der Hinterachse. Die Batterien bringt Volta Trucks zentral im Chassis unter. Die aus modularen Lithium-Eisen-Phosphat-Zellen aufgebauten Akkupakete bieten eine Kapazität von 160 bis 200 Kilowattstunden. Damit sollen Reichweiten zwischen 150 und 200 Kilometern drin sein. Die maximale Ladeleistung beträgt 250 kW; eine komplette Akkuladung dauert Volta zufolge etwa eine Stunde. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 90 km/h begrenzt.

Hinweis: Im Video nach dem ersten Absatz stellt Ihnen Alexander Bloch mit dem Mercedes E-Actros 600 einen Elektro-Lkw für den Fernverkehr vor.

Umfrage
Batterie-Lkw oder Brennstoffzellen-Lkw: Womit funktioniert der Gütertransport in naher Zukunft?
39271 Mal abgestimmt
Batterie-Lkw - davon gibt es schließlich schon Serienfahrzeuge.Brennstoffzellen-Lkw – Reichweite, Gewicht und Kosten sprechen für Wasserstoff.

Fazit

Wie viele Start-ups im Bereich der Elektromobilität trat Volta Trucks mit großen Ambitionen an und schien zu scheitern, bevor es so richtig losging. Doch aktuell sieht es danach aus, als würde das schwedisch-britische Unternehmen nach dem Insolvenzverfahren unter Regie von Luxor Capital einen Neustart wagen. Auftragsfertiger Steyr Automotive hat jedenfalls bereits bekannt gegeben, die Produktion des Elektro-Lkw wiederaufzunehmen. Bleibt zu hoffen, dass es im zweiten Anlauf klappt, denn unabhängig vom Antriebskonzept verfolgt Volta Trucks mit seinen auf maximale Sicherheit ausgelegten, besonders tiefliegenden Fahrerkabinen einen interessanten und überfälligen Ansatz.

Die aktuelle Ausgabe
MOOVE 01 / 2024
MOOVE 01 / 2024

Erscheinungsdatum 07.12.2023

Seiten