A4 Avant, 3er Touring, Insignia ST, V60
Vierkampf in der Mittelklasse

Im Herzen praktisch, aber schön verpackt und kraftvoll motorisiert, sind die Mittelklasse-Kombis von Audi, BMW und Volvo immer noch angesagt. Es ist also wieder Zeit, den besten zu suchen. Um das Trio aufzumischen, holten wir den geräumigen Opel Insignia Sports Tourer dazu. Kann er mehr?

Audi A4 Avant, BMW 3er Touring, Opel Insignia Sports Tourer, Volvo V60
Foto: Hans-Dieter Seufert

Flaute? Ach was, nicht in der Automobilbranche. Kaum eine Woche vergeht ohne Ankündigungen und Vorstellungen neuer Modelle aller Schattierungen: SUV-Ableger hier, heiße Sportler dort, gewagte Crossover überall, gerne mit komplexen Hybridantrieben oder gleich rein elektrisch. Doch wo bleiben da die Klassiker? Stufenheck-Limousinen und Kombis etwa?

Klar ist: Modelle wie der Audi A4 und der BMW 3er rangieren nach wie vor weit oben in der Zulassungsstatistik. Käufer greifen da gern zum Kombi, fänden durchaus auch Alternativen anderer Hersteller. Den Volvo V60 beispielsweise, bekannt für seinen stilvollen Auftritt, oder den Opel Insignia Sports Tourer, der zumindest nach seinen Außenmaßen besonders viel Auto fürs Geld bietet. Doch Größe allein reicht nicht. Und so möge die Testfahrt beginnen.

Unsere Highlights

Gemütlich reisen im Audi

Audi A4 Avant
Hans-Dieter Seufert
Audi A4 Avant 40 TFSI: 204 PS, 320 Nm, Kofferraum 495 bis 1.495 Liter, Testverbrauch 8,4 l/100 km.

Gediegener Fahrkomfort, starker Motor, super Qualität – das notieren wir zum A4 40 TFSI nach der ersten Runde. Unter diesen vier Kombis ist er mit seinem 204 PS starken, aber leisen Benziner, einer unauffälligen, präzisen Lenkung und dem adaptivgedämpften Fahrwerk (1.030 Euro) sehr auf Harmonie bedacht. Beachtlich, wie gekonnt er Straßenschäden die Spitzen nimmt, kurze Wellen gelassen meistert und bei schneller Fahrt spurstabil durch Kurven eilt.

Selbst sein flinkes Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe beweist, dass nicht alle DSG mit kräftigen Anfahrrucken nerven. Zugleich ist der Avant schnell in Fahrt: 7,0 Sekunden bis 100 km/h, 17,3 bis 160 km/h. Klar, dass er auch auf Landstraßen locker durchbeschleunigt. Nur das Gezerre an der Vorderachse unter Volllast sollte er sich schleunigst abgewöhnen.

Trotz aller Schubkraft belässt es der Zweiliter-Turbo bei einem Testverbrauch von 8,4 l/100 km. Bedächtiger gefahren sind auch mal Werte um sechs Liter möglich. Dank Riemenstartergenerator und Lithium-Ionen-Batterie im Kofferraum segelt der A4 zwischen 55 und 160 km/h bereitwillig und spart Sprit.

Bleibt noch die Notiz zur Qualität, wobei es gar nicht um die Materialien geht. Feines Leder oder offenporige Hölzer gibt es auch bei BMW oder Volvo. Aber wie penibel die Audianer alles zusammensetzen, ist vorbildlich. Klasse auch die fein rastenden Drehregler der Klimaautomatik und die Reset-Taste für den Kilometerstand vor dem rechten Fahrerknie.

Die Bedieneinheit in der Mittelkonsole mit Tasten und Drehknopf ist dem A4 jedoch abhandengekommen. Nun läuft alles über den aufgesetzten 10-Zoll-Touchscreen, der zwar wie ein Nachrüstgerät aussieht, Kartenmaterial aber sehr scharf darstellt. Die Bedienung klappt nicht mehr ganz so intuitiv, besser geht es mit der online-basierten Spracheingabe. Immer noch gut: das virtuelle Cockpit mit seiner großen Kartendarstellung. Ansonsten passt alles.

Platzangebot und Kofferraum fallen zwar in dieser Runde etwas kleiner aus, aber die optionalen Sportsitze sind ebenso bequem wie die Rückbank. Selbst der A4-Grundpreis ist mit 42.550 Euro nicht erschreckend hoch. Reicht das bereits zum Sieg?

Rasanter kurven im BMW

 BMW 3er Touring
Hans-Dieter Seufert
BMW 320I Touring: 184 PS, 300 Nm, Kofferraum 500 bis 1.510 Liter, Testverbrauch 8,3 l/100 km.

Schließlich ist auch ein 3er Touring ein feiner Kombi. Schon sein großer Laderaum (500 bis 1.510 Liter) mit Anti-Rutsch-Schienen und praktischen Unterbodenfächern sowie die separat öffnende Heckscheibe könnten ja für Kombi-Liebhaber Kaufgrund genug sein. Zudem ist das Raumangebot für einen Mittelklassewagen sehr anständig, und nur der BMW hat hier den agilitätsfördernden Hinterradantrieb.

Zur Steigerung der Fahrdynamik kommt der 184 PS starke 320i in der M-Sport-Ausführung mit straffem Fahrwerk und variabler Lenkung zum Test, hat dazu 19-Zoll-Räder mit Mischbereifung und eine Sportbremsanlage für 700 Euro an Bord. Entsprechend springt der Basispreis auf knapp 50.000 Euro.

Die Vorteile halten sich dabei sehr in Grenzen. Ob im Handling oder auf der Bremse – A4 und Insignia sind ebenso gut dabei. Der Federungskomfort geht hingegen verloren. Egal ob in der Stadt, über Land oder auf der Autobahn: Mit den besagten Zutaten spricht der 3er herb an, hoppelt über Unebenheiten, gibt kurze Wellen ungeschminkt weiter und ist immer in Bewegung. Die präzise und direkte, auf der Geraden aber teils zu zappelige Lenkung hilft da ebenfalls nicht weiter.

Ansonsten löst der BMW das Markenversprechen von der Freude am Fahren durchaus ein, im Vergleich zu seinen Konkurrenten bietet er klar den meisten Fahrspaß. Nicht ganz unbeteiligt ist hier die feine Kombination aus Achtgang-Wandlerautomatik und drehfreudigem Turbobenziner. Ja, die Messwerte sind nicht berauschend. Doch wie gleichmäßig und kraftvoll der 320i über das gesamte Drehzahlband anschiebt, beeindruckt ebenso wie die zackig schnellen Gangwechsel im Sport-Modus via Schaltpaddel. Und der Verbrauch liegt mit 8,3 l/100 km knapp unter dem des Audi.

Viel Applaus verdient sich der BMW zudem für die einfache Bedienung mittels Dreh-Drück-Steller und Touchscreen. Die gute Sprachbedienung und die unnütze Gestensteuerung braucht es da eigentlich gar nicht mehr. Eher schon klassische Instrumente, denn die digitale Variante ist nur mäßig ablesbar.

Schöner wohnen im Volvo

 Volvo V61
Hans-Dieter Seufert
Volvo V60 B4: 197 PS, 300 Nm, Kofferraum 495 bis 1.407 Liter, Testverbrauch 8,9 l/100 km.

Umsteigen in den V60 oder besser: loslassen und entspannen. Die Freude am Fahren definiert sich im V60 als der Genuss, ein hochwertig eingerichtetes Fahrzeug zu steuern. Ob nun die bequemen "Tailored Wool"-Sportsitze, die Echtholzeinlagen, der breite Mitteltunnel mit seinem gläsernen Automatikhebel, die Vierzonen-Klimaautomatik oder die markentypische Ladesicherung im relativ kleinen Kofferraum: Das alles hat Stil und Charakter. Dass das Adaptivfahrwerk (900 Euro) den Federungskomfort deutlich schmälert, die Lenkung wenig rückmeldet und die Bedienung über den Touchscreen laufen muss, scheint für viele Interessenten keine Rolle zu spielen.

Eher schon die Antriebskonfiguration. Im mildhybridisierten B4, der in der bestens ausstaffierten Inscription-Variante ab 49.000 Euro zu haben ist, leistet der Zweiliter-Benziner 197 PS. Gleichfalls an Bord ist ein 40 Nm starker integrierter Startergenerator, der sanft, aber doch spürbar mitboostet. Klingt vielversprechend.

Doch der V60 ist schwer, und die Achtgangautomatik wechselt die Gänge zwar sanft, aber arg bedächtig. So ist der keineswegs sparsame Mildhybridantrieb seinen Kontrahenten klar unterlegen, wobei die gleichmäßige Kraftentfaltung durchaus zum gepflegten Auftritt passt. Und bei 180 km/h wird ja ohnehin abgeregelt, wozu also die Eile? Warum nicht zurücklehnen, die Ruhe genießen und feststellen, dass Volvo seine Assistenzsysteme gut im Griff hat und sie im Alltag wirklich weiterhelfen? Nur die Tachoskalierung sollten die Schweden schleunigst anpassen, denn 260 km/h wird wohl keines ihrer Straßenmodelle mehr erreichen.

Schnell turnen im Opel

Opel Insignia Sports Tourer
Hans-Dieter Seufert
Opel Insignia ST 2.0 Turbo: 200 PS, 350 Nm, Kofferraum 560 bis 1.665 Liter, Testverbrauch 9,1 l/100 km.

Und dann kommt der fünf Meter lange Opel und überrascht. Nicht mit seinem gar nicht mal so riesigen Kofferraum (nur 60 Liter Basisvolumen mehr als im BMW) oder seinem loftartigen Raumgefühl. Auch fehlen ihm bis auf per Tastendruck vorklappende Fondlehnen praktische Detaillösungen wie im V60 oder 3er.

Nein, der Kombi fährt einfach richtig gut. Angetreten als schlichter Business Elegance zum fabelhaft niedrigen Preis von 41.245 Euro inklusive 18-Zoll-Rädern und FlexRide-Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern, bietet er hohen Federungskomfort im Stile des A4. Lediglich kurze und kräftige Stöße verarbeitet er nicht ganz so beflissen. Während er im Tour-Modus sanft über Bodenwellen hinwegwogt, mimt er im Sport-Modus den knallharten Racer. Am besten passt die Normalstellung, denn damit liegt er ruhig, rumpelt nicht und hält seine Karosse im Zaum.

Ebenso überzeugt die gefühlvolle und präzise Lenkung. So lang der Insignia auch ist, in Kurven fühlt er sich richtig wohl, durcheilt sie neutral und doch schwungvoll. Entsprechend top sind die Handlingzeiten auf dem Messareal, wo er auf dem Level des 3er liegt, obwohl er dort als Einziger mit Sommerreifen im üppigen 20-Zoll-Format vorfuhr.

Womit wir direkt in die Gasse der Längsdynamik schwenken. Auch hier zeigt er kaum Schwächen. Vergleichsweise leicht, aber stark (200 PS, 350 Nm), spurtet der Insignia zackig gen 180 km/h, ist gar schneller als 3er und V60. Die schwer dosierbare Bremse, der bei höheren Drehzahlen immer lauter brummende Vierzylinder und der Testverbrauch schmälern die Freude am Antrieb. 9,1 Liter sind für einen so leichten Kombi einfach nicht mehr zeitgemäß. Selbst in der Eco-Runde liegt er mit 6,7 l/100 km noch deutlich über seinen drei Kontrahenten.

Dafür können sich die Passagiere am üppigsten Platzangebot dieses Quartetts und dem seitenhaltstarken Gestühl freuen. Vorn baut Opel wie üblich die bequemen AGR-Sitze ein, und die Rückbank ist fast so kuschelig wie die im A4. Selbst Material- und Verarbeitungsqualität gehen angesichts des günstigen Preises absolut in Ordnung.

Nach vorne fahren im A4

Mit manchen technischen Finessen seiner Rivalen wie Ausstiegs- oder Querverkehrswarner, intelligentem Adaptivtempomaten oder beständigem Internetzugang kann der Insignia allerdings selbst nach dem Facelift im letzten Herbst nicht dienen. Das kostet Punkte und am Ende den zweiten Platz, ohne dass der überzeugende Gesamteindruck dadurch nachhaltig gemindert würde.

Die Konkurrenz lässt sich ihren Premium-Anspruch teuer bezahlen, wobei BMW und Volvo besonders kräftig zuschlagen. Das bringt hier den ausgewogenen Audi nach Punkten an die Spitze, doch Spitze sind die vier Kombis letztlich alle. Von Flaute bei den Klassikern kann also keine Rede sein.

Fazit

1. Audi A4 Avant 40 TFSI
457 von 1000 Punkte

Nicht so groß wie der Opel, dafür schnell, komfortabel und sparsam. Der A4 ist ein feiner Kombi für viele Ansprüche. Nur der Fahrspaß kommt zu kurz.

2. BMW 320i Touring
447 von 1000 Punkte

Nicht bequem, aber spaßig und aus Sicht eines Kombi-Fahrers perfekt ausstaffiert, parkt der 3er auf dem zweiten Platz. Etwas mehr Komfort, bitte!

3. Opel Insignia ST 2.0 Turbo
437 von 1000 Punkte

Nicht edel, nicht auf dem neuesten Stand der Technik, aber der günstige, spurtstarke Insignia überzeugt mit viel Platz, agilem Handling und gutem Komfort.

4. Volvo V60 B4
423 von 1000 Punkte

Nicht sportlich, nicht komfortabel, nicht sparsam: Der teure V60 punktet hier vorwiegend mit hoher Fahrsicherheit und reichhaltiger Ausstattung.

Technische Daten
Audi A4 Avant 40 TFSI AdvancedBMW 320i Touring M SportOpel Insignia Sports Tourer 2.0 DI Turbo Business EleganceVolvo V60 B4 Inscription
Grundpreis48.100 €51.600 €41.960 €49.100 €
Außenmaße4762 x 1847 x 1435 mm4709 x 1827 x 1440 mm4986 x 1863 x 1500 mm4761 x 1850 x 1427 mm
Kofferraumvolumen495 bis 1495 l500 bis 1510 l560 bis 1665 l495 bis 1407 l
Hubraum / Motor1984 cm³ / 4-Zylinder1998 cm³ / 4-Zylinder1998 cm³ / 4-Zylinder1969 cm³ / 4-Zylinder
Leistung150 kW / 204 PS bei 4200 U/min135 kW / 184 PS bei 5000 U/min147 kW / 200 PS bei 4250 U/min145 kW / 197 PS bei 4800 U/min
Höchstgeschwindigkeit210 km/h230 km/h233 km/h180 km/h
0-100 km/h7,0 s8,2 s7,4 s8,7 s
Verbrauch5,7 l/100 km6,4 l/100 km6,2 l/100 km
Testverbrauch8,4 l/100 km8,3 l/100 km9,1 l/100 km8,9 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024

Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten