E-SUV von Audi, Jaguar, Mercedes und Tesla im Test
E-Tron, I-Pace und EQC gegen Model X

Tesla hat alles verändert – so wie einst Carl Benz. Seit vier Jahren sind die amerikanischen Elektropioniere mit dem Model X Vorreiter bei leistungsstarken E-SUV, doch allein sind sie nicht mehr: Audi E-tron, Jaguar I-Pace und nun auch Mercedes EQC greifen an.

Audi E-Tron 55 Quattro Advanced, Jaguar I-Pace HSE, Mercedes EQC, Tesla Model X Maximale Reichweite, Exterieur
Foto: Hans-Dieter Seufert

So „anno dazumal“ wie in der ehemaligen Pumpenfabrik Ritz in Schwäbisch Gmünd geht es in der Redaktions-Tiefgarage natürlich nicht zu. Auf Ebene eins hängen mittlerweile zwölf Wallboxen, rund 75.000 Euro hat auto motor und sport investiert – auch für eine öffentliche Schnellladesäule direkt vor dem Redaktionsgebäude. Damit wir E-Autos nicht nur laden, sondern auch deren reale Stromverbräuche inklusive Ladeverlusten messen können. Denn anders als bei Verbrennern weichen die Bordcomputerwerte oft erheblich von den Realverbräuchen ab.

Unsere Highlights

Da hängen Audi E-Tron, Jaguar I-Pace, Mercedes EQC und Tesla Model X also an den Wallboxen und speisen ihre Lithium-Ionen-Akkus, die zwischen 80 kWh (EQC) und 100 kWh (Model X) Energie horten können. Das wäre jeweils genug, um einen Vierpersonenhaushalt eine Woche lang mit Strom zu versorgen. Doch wir wollen ja nicht kochen oder waschen, sondern fahren.

Laden, warten, starten

Bevor wir die Typ-2-Stecker ziehen, müssen wir uns noch gedulden. Obwohl unsere Ladestationen 22 kW abgeben, nutzt das nur der Tesla dank dreiphasigem Anschluss mit 24 Ampere aus: In knapp sieben Stunden lädt er voll, anderthalb Stunden schneller als der Audi, der höchstens 16 Ampere verträgt. Mercedes und Jaguar nutzen lediglich 7,4 kW, weshalb sie locker einen halben Tag am Kabel hängen.

Deutlich schneller geht das an Gleichstromsäulen. Der E-Tron lädt sehr konstant mit bis zu 150 kW an einer CCS-Dose. EQC und I-Pace verkraften maximal 110 und 100 kW. Mit dem CCS-Adapter für 170 Euro kann das Model X laut Tesla mit 200 kW schnellladen. Doch das kostet wie bei den anderen im Schnitt acht Euro pro Ladung. An Teslas eigenem Supercharger sind zwar nur 120 kW möglich, dafür ist das für den Erstbesitzer kostenlos. Genaue Schnellladezeiten geben wir aber nicht an. Denn diese schwanken stark: Sie sind abhängig vom Füllstand des Akkus, der Batterietemperatur, der Außentemperatur und davon, wie viele Fahrzeuge gerade an der Station laden. Sie merken schon, bei E-Autos dreht sich alles ums Laden und natürlich die Reichweite: Beides ermitteln wir mit großem Aufwand auf einer E-Runde über Stadt-, Land- und Schnellstraßen bei zurückhaltender Fahrweise mit eingeschalteter Klimaanlage und Radio. Mit 26,6 kWh pro 100 Kilometer beim E-Tron bis 27,8 kWh beim Model X liegen die so ermittelten Testverbräuche auf recht ähnlichem Niveau.

Audi E-Tron 55 Quattro Advanced, Jaguar I-Pace HSE, Mercedes EQC, Tesla Model X Maximale Reichweite, Exterieur
Hans-Dieter Seufert
An Schnellladesäulen sind Audi und Tesla in 30 Minuten zu 80 Prozent voll. Mercedes und Jaguar brauchen zehn Minuten länger.

Wenig überraschend, dass der Mercedes EQC mit der geringsten Batteriekapazität die kleinste Reichweite bietet (317 Kilometer). Das Model X kommt in diesem Test mit 385 Kilometer am weitesten, Jaguar I-Pace (361 Kilometer) und Audi E-Tron (339 Kilometer) sortieren sich dazwischen ein. Spätherbstliche Außentemperaturen drücken übrigens die Reichweite im Vergleich zu den im Sommer ermittelten Werten um rund zehn Prozent.

Zusätzlich mussten die vier auf eine schnelle Autobahnetappe mit Geschwindigkeiten deutlich über 150 km/h. Dabei verdoppeln sich die Verbräuche fast. Klar, schließlich ist das eine der anspruchsvollsten Disziplinen für E-Autos, zumal hier kaum Energie durch Rekuperation zurückgewonnen werden kann und die Batterie sowie E-Motoren gut gekühlt werden müssen. Alle vier SUV werden übrigens von zwei E-Maschinen angetrieben, die sich jeweils in Bug und Heck befinden.

Tesla: einfach alles anders

Nur Tesla setzt auf die Kombination von permanenterregtem Synchronmotor (vorn) und Drehstrom-Asynchronantrieb (hinten). Damit sollten Leistungseinbrüche bei starker Beanspruchung eigentlich kein Thema sein. Doch beim wiederholten Beschleunigen auf der Teststrecke lassen die Sprintwerte ab dem sechsten Versuch deutlich nach, und die Höchstgeschwindigkeit wird auf 180 km/h gedrosselt. Allerdings wird die Konkurrenz hier bereits standardmäßig abgeregelt, während der X sonst Tempo 250 zulässt.

Fahrdynamisch braucht sich der Tesla aber nicht zu verstecken. Er schlängelt seinen 2,5-Tonnen-Body flink durch die Hütchengassen und fühlt sich auch auf der Landstraße agil an. Komfort ist dagegen trotz Luftfederung nicht die Stärke des Flügeltürers, was auch an großen 22-Zoll-Rädern liegt. Dazu dringen Abroll- und Windgeräusche durch die große Panoramascheibe unangenehm nach innen.

Tesla Model X Maximale Reichweite, Exterieur
Hans-Dieter Seufert
Die Flügeltüren öffnen elektrisch und merken sich, an welchen Stellen sie gefahrlos ganz aufschwingen können.

Diese ist neben den elektrisch aufschwenkenden Türen einer der Hingucker, die auch nach vier Jahren nichts von ihrem Coolness-Faktor eingebüßt haben. Wegschauen sollte man dagegen bei den Spaltmaßen und Passungen der Außenhaut. Deutlich hochwertiger muten gemaserte Hölzer sowie weiches Leder und Alcantara innen an. Das könne man auch erwarten für 91.700 Euro, meinen Sie jetzt? Recht haben Sie. Zumal das Basismodell Maximale Reichweite bis auf die bewertungsrelevanten Räder (5.800 Euro) und den im Testwagen nicht freigeschalteten Autopiloten (6.300 Euro) voll ausgestattet ist.

Ja, Tesla macht vieles anders, aber nicht zwangsläufig schlechter. Beispiel Bedienung: Sämtliche Zusatzfunktionen finden sich gut sortiert im riesigen Zentralbildschirm oder lassen sich via App fernsteuern. Als einziger bietet der Van-artige X einen vollwertigen dritten Sitzplatz im Fond und ist optional als Sechs- und Siebensitzer erhältlich. Dann entfällt jedoch der fallgrubenhafte Stauraum im Heck, der unter dem Ladeboden lauert. Umgeklappt fasst der 2,5 Kubikmeter. Zudem ist unter der Frontklappe mit 150 Litern beinahe doppelt so viel Platz wie bei Audi (60 Liter) und Jaguar (27 Liter) zusammen.

Audi: Business as usual

Der E-Tron tritt optisch zwar deutlich konservativer auf, ist mit 4,90 Metern Länge aber ebenfalls ein Riesen-SUV. Er bietet viel Stauvolumen im Heck (660 bis 1.725 Liter) und verwöhnt die Fondpassagiere mit dem üppigsten Platzangebot. Anders als bei Tesla geben sich die Audianer zudem viel Mühe bei der Auswahl der Materialien sowie deren Verarbeitung, auch wenn im Testwagen unschöne Störgeräusche aus den Tiefen des Armaturenbretts dringen. Im Cockpit erinnert der Audi E-Tron stark an Ingolstädter Oberklassemodelle. Einfacher macht das die Bedienung jedoch nicht, denn das vielschichtige Infotainment samt touchbasierter Klimasteuerung erfordert stets Aufmerksamkeit.

Audi E-Tron 55 Quattro Advanced, Interieur
Hans-Dieter Seufert
Anders als bei Tesla geben sich die Audianer zudem viel Mühe bei der Auswahl der Materialien sowie deren Verarbeitung.

Die 82.350 Euro teure Advanced-Ausstattung ist vergleichsweise spärlich eingerichtet. Wer aber zusätzlich den Wert eines Kleinwagens investiert, thront auf exzellenten Sitzen (5.550 Euro), wird von noch umfangreicherer Sicherheitsassistenz (3.090 Euro) unterstützt und sieht nachts besser (Matrix-LED, 1.450 Euro) – vergleichbar konfiguriert kommt der Audi teurer als der Tesla.

Einmal in Bewegung, überzeugt der serienmäßig luftgefederte Stromer mit gediegenem Fahrkomfort, selbst auf extrem löchrigem Asphalt. Die Asynchronmaschinen reagieren zwar E-Auto-typisch unmittelbar auf Fahrpedalbefehle, allerdings fühlt sich das wegen der fast schon zu perfekt abgestimmten Leistungselektronik und wattebauschigen Geräuschdämmung unspektakulärer an. Obwohl er bei den Sprintdisziplinen mit dem Tesla Model X gleichauf liegt, kann er auf kurvigen Landstraßen nicht mithalten. Das liegt zum einen an der gefühllosen Lenkung, zum anderen an dem mit 2,6 Tonnen höchsten Leergewicht, das in Kurven spürbar nach außen drängt.

Jaguar: der Formel-E-SUV

Derartige Behäbigkeit ist dem Jaguar I-Pace fremd. Dass der crossoverige SUV Fahrwerkskomponenten des F-Type nutzt, spürt man auf kurvigen Straßen sehr direkt. Der Brite lenkt dazu äußerst präzise und willig ein. Das hilft natürlich auch beim Pylonentanz – hier ist er eine Klasse für sich. Ein Druck auf Zielflaggen-Taste und Fahrpedal, und der E-Jag springt dank Sport-Modus in 4,7 Sekunden auf 100 km/h, wird aber wie der Audi E-Tron bei Tempo 200 abgeregelt. Die zwei Synchronmotoren mobilisieren zusammen fast 300 kW und haben so leichtes Spiel mit dem 2,2-Tonner. Jaguar positioniert ihn bewusst als Fahrerauto, das die Rekuperation vor allem über das Bremspedal steuert.

Jaguar I-Pace HSE, Exterieur
Hans-Dieter Seufert
Jaguar positioniert ihn bewusst als Fahrerauto, das die Rekuperation vor allem über das Bremspedal steuert.

Wie Tesla und Audi nutzt Jaguar die Vorteile einer eigenständigen E-Plattform. Die flache Skateboard-artige Bodengruppe beherbergt den 90-Kilowattstunden-Akku, senkt so den Schwerpunkt und sorgt für eine nahezu ausgeglichene Gewichtsverteilung. Und der vergleichsweise flach geratene SUV legt nicht nur optisch mehr Wert auf Dynamik. Die Passagiere sitzen deutlich tiefer im nur 1,57 Meter hohen Jaguar. Im Fond kostet das etwas Kopffreiheit. Die Beine finden dank des üppigen Radstands immer noch genügend Platz.

Auf den sportlich geschnittenen Sitzen fühlt sich der Fahrer gut integriert ins futuristische Cockpit. Es wird ebenfalls von Bildschirmen dominiert, die Mittelkonsole ist allerdings ziemlich klein ausgefallen. Zudem zeigt der Jaguar I-Pace kreative Ansätze bei der Strukturierung der Menüs sowie dem Dreh-Drück-Steller und eigenem Displays für die Klimabedienung. Die Verarbeitung des 93.390 Euro teuren Topmodells erreicht zwar nicht ganz den Perfektionsgrad der deutschen E-Mobile, dafür lässt die HSE-Ausstattung bis auf Fahrwerksoptionen für 2.880 Euro wenig Wünsche offen und enthält gar drei kostenlose Inspektionen.

Mercedes: EQ mit Stern

Anders als die Kontrahenten ist der Benz, pardon EQ, kein konsequent als Elektroauto erdachter SUV, er baut auf die modifizierte GLC-Plattform. Ähnlichkeiten zum Verbrennermodell überstrahlt er mit Leuchtleisten an Front und Heck – in den USA sogar mit beleuchtetem LED-Stern. Der gewohnt gut verarbeitete Innenraum setzt rotgoldene Akzente und bietet wie der Jaguar ausreichend Platz für vier Personen. Die müssen den Testwagen jedoch über optionale Trittbretter erklimmen, was selten ohne dreckige Hosenbeine gelingt. Gepäck und Ladekabel kommen dagegen ohne Schmutzränder im kleinsten Kofferraum (500 Liter) samt flachem Ladeboden unter. Wem das nicht reicht, der kann wie im Audi E-Tron (1.800 Kilogramm) und Tesla Model X (2.250 Kilogramm) auch größere Hänger an den Haken nehmen, der I-Pace darf lediglich ungebremste 750 Kilogramm ziehen.

Unter der Fronthaube stellt der Mercedes EQC keinen Stauraum, sondern eine der beiden Asynchronmaschinen zur Schau. Die leistet hier die meiste Vortriebsarbeit, denn der Heckmotor schaltet nur bei höher Leistungsabfrage unmerklich zu. Im Verbund schiebt das mit 760 Nm höchste Systemdrehmoment kräftig an. Weniger überragend ist das diffus dosierbare Bremspedal. Zudem braucht der EQC bei der Vollbremsung aus Tempo 100 km/h mit kalter Bremse zwei Meter mehr als der Audi E-Tron.

Mercedes EQC, Motorraum
Hans-Dieter Seufert
Kein Frontladeraum, dafür hinten recht variabel. Der Heckmotor unterstützt erst bei höherer Last.

Im Alltag verzögert der Mercedes EQC wie die anderen E-Autos jedoch meist mithilfe der E-Motoren, die dann als Generatoren Energie zurückgewinnen. Dass hier besonders gründliche Ingenieure am Werk waren, zeigen die vielen Rekuperationsvarianten. Wie im Audi E-Tron lässt sich das Rekuperationslevel über Paddel in mehreren Stufen variieren. Im Auto-Modus reagiert der Mercedes EQC dazu selbstständig auf vorausfahrenden Verkehr, verzögert, wenn man sich Ortschaften nähert, es kurvig wird oder bergab geht. Die verschiedenen Assistenzsysteme arbeiten dabei so harmonisch zusammen, dass der Fahrer nur selten gefordert wird. Ein krasser Gegensatz zu den einfachen Fahrhilfen des Tesla Model X, die sich noch im Beta-Stadium befinden und sich in vielen Situationen auch genauso anfühlen.

Bei den Kosten verlangt der Mercedes nach vergleichsweise wenig Einsatz: 71.281 Euro abzüglich E-Auto-Prämie sind eine Ansage, die den knappen Vorsprung in der Eigenschaftswertung auf Tesla und Jaguar in eine ungefährdete Silbermedaille verwandelt. Um den E-Tron ernsthaft zu gefährden, reicht es jedoch nicht.

Fazit

1. Audi E-Tron 55 Quattro Advanced
470 von 1000 Punkte

Mit erhabenem Komfort sowie hohem Sicherheitsniveau holt der Audi E-Tron den Sieg, den auch die gefühllose Lenkung und die selbstbewusste Preisgestaltung nicht gefährden können.

2. Mercedes EQC 400 4Matic
461 von 1000 Punkte

Der förderfähige Sonderangebotspreis sichert dem komfortablen Mercedes EQC den zweiten Rang. Die geringste Reichweite und schwächere (Kalt-)Bremswerte kosten jedoch Punkte.

3. Jaguar I-Pace HSE EV400 AWD
448 von 1000 Punkte

Der Jaguar I-Pace gibt überzeugend den Dynamiker in diesem Quartett. Die HSE-Ausstattung ist zwar umfangreich, doch die lange Ladedauer an der Wallbox kostet nicht nur Zeit.

4. Tesla Model X Maximale Reichweite
444 von 1000 Punkte

Das variable Karosseriekonzept bringt verschwenderische Platzverhältnisse. Der große Akku pusht die Reichweite. Weniger überzeugend sind Qualität und Fahrassistenz.

Technische Daten
Audi E-Tron 55 Quattro Mercedes EQC Jaguar I-Pace EV 400 STesla Model X Maximale Reichweite
Grundpreis81.500 €66.069 €76.815 €85.990 €
Außenmaße4901 x 1935 x 1629 mm4762 x 1884 x 1624 mm4682 x 1895 x 1566 mm5052 x 1999 x 1684 mm
Kofferraumvolumen658 bis 1725 l500 bis 1460 l656 bis 1453 l2487 l
Leistung294 kW / 400 PS bei 4250 U/min326 kW / 443 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit200 km/h180 km/h200 km/h250 km/h
0-100 km/h5,7 s5,1 s4,7 s5,8 s
Verbrauch0,0 kWh/100 km0,0 kWh/100 km0,0 kWh/100 km0,0 kWh/100 km
Testverbrauch35,5 kWh/100 km35,9 kWh/100 km34,8 kWh/100 km34,3 kWh/100 km