Audi S1 vs. Mini JCW vs. Corsa OPC
Drei Kleine mit mächtig Feuer

Klein sind sie, ja, aber nichts für Anfänger – schließlich leisten sie zwischen 207 und 231 PS. Der neue Mini John Cooper Works und der Opel Corsa OPC wollen dem Audi S1 zeigen, wie man sich Landstraßen zurechtbiegt.

Audi S1, Mini JCW, Opel Corsa OPC, Ausfahrt
Foto: Hans-Dieter Seufert

Die Verlockung ist groß. Alle drei Kleinwagen liefern durchaus Gründe, sich über sie lustig zu machen – sogar von den opulenten Heckflügeln abgesehen. So schickt Mini ausgerechnet den JCW mit Wandler-Automatikgetriebe zum Test, beim Opel Corsa OPC lässt sich die elektronische Stabilitätskontrolle deaktivieren und ausschalten, was kurioserweise nicht dasselbe ist, und Audi pappt schmerzfrei jenes Kürzel auf die Heckklappe, mit dem ein Gruppe-B-Rallye-Tier Weltruhm erlangte. Doch es wäre ein Fehler, sich über das Trio lustig zu machen, ein großer obendrein.

Beispielsweise der Opel Corsa OPC. Ja, der Corsa tritt mit einem nicht unerheblichen Leistungsdefizit an, dafür muss der 207 PS starke Vierzylinder lediglich 1.262 Kilogramm Masse bewegen. Das 1,6-Liter-Triebwerk selbst trödelt nicht lange im Drehzahlkeller herum, hastet stattdessen emsig los, entfaltet seine Leistung gleichmäßig. Aber das maximale Drehmoment von 280 Newtonmetern liegt doch erst bei 1.900/min an? Stimmt, dennoch erfolgt der Kraftaufbau erstaunlich homogen. Ebenso erstaunlich: Der etwas dröge Klang, wo doch die Spezialisten von Remus die Abgasanlage beisteuern.

Opel Corsa OPC liebt die Landstraßenhatz

Trotz des engagierten Turbomotors bleibt die Klatsche bei den Beschleunigungsmessungen nicht aus. Dafür dreht der Opel Corsa OPC auf, sobald sein großes Kühlermaul Kurven wittert. Entschlossen stürzt er sich in sie hinein, die direkte Lenkung findet praktisch von selbst den Einlenkpunkt und bleibt auch im Kurvenverlauf präzise und frei von Einflüssen. Und der Rest des OPC? Der fegt schnell und neutral über Land, erlaubt dabei zwar etwas deutlichere Karosseriebewegungen als Audi S1 und Mini JCW, was ihn nicht daran hindert, ordentlich Tempo zu machen. Dabei hilft ihm vor allem sein sehr sicheres, zickenfreies Fahrverhalten, das sich in einem sehr hohen Geschwindigkeitsniveau bei Slalom und doppeltem Spurwechsel in schnöden Zahlen manifestiert. Allerdings verhindert die Regelelektronik schnelleren Slalom-Schnitt, da sie glaubt, aufgrund der Wankneigung früh und rigide eingreifen zu müssen. Schaltet man sie ab (Taste sehr lange drücken, dann ist sie "ausgeschaltet". Der Status "deaktiviert" bedeutet dagegen spätere Eingriffe), steppt der Opel Corsa OPC mit 70,1 km/h um die Pylonen. Allerdings fließt der Messwert ohne ESP nicht in die Bewertung ein – dafür jedoch, wie leicht es der Opel Corsa OPC seinem Fahrer macht, derart schnell unterwegs zu sein.

Die gut abgestimmte Lenkung fand bereits Erwähnung, die hervorragenden Recaro-Sitze allerdings noch nicht. Perfekte Passform, unerbittlicher Seitenhalt – großartig, allerdings zu hoch montiert. Dazu kommen noch ordentlich ablesbare Rundinstrumente, und mehr bräuchte der Fahrer eigentlich nicht. Aber vielleicht freut er sich dennoch darüber, dass er im Vergleich am meisten Gepäck mitnehmen könnte und ihm Mitreisende nicht die Ohren volljammern würden, weil ihnen Platz fehlte. Im Mini JCW kann das durchaus vorkommen, denn ungeachtet seines Wachstums beim letzten Modellwechsel trägt er zumindest in diesem Umfeld seinen Namen noch zu Recht.

Dafür verschluckt der Mini JCW seinen Piloten gleich beim Einsteigen, platziert ihn noch immer besonders nahe am Asphalt, drückt ihm sofort das kleine Lenkrad in die Hände. Auf geht’s, fahren, jetzt, sofort. Dabei bräuchte man vielleicht noch einen kurzen Moment, um sich im verspielten Interieur zurechtzufinden. Einzig die Multimedia-Bedienung klappt aufgrund der simplen, iDrive-ähnlichen Bedienung sofort. Aber wo war noch gleich der Drehzahlmesser? Ach da, ganz links, dieser kleine Halbmond mit den winzigen Ziffern. Nun gut, könnte man einwenden, der erscheint angesichts des Automatikgetriebes im Mini JCW ohnehin entbehrlich.

Automatik bremst den Mini JCW

Aber die sechs Stufen lassen sich ja auch manuell durchflippern, am besten per Paddel am Lenkrad, da schadet eine Information über das Arbeitstempo des 231 PS starken Zweiliter-Motors sicher nicht. Stattdessen erscheint eher der Schaltblitz entbehrlich, der sich in die Umrandung des riesigen Kombi-Instruments in der Mitte einspielen lässt. Das Getriebe selbst lässt sich übrigens nichts vorwerfen, denn es wechselt die Gänge je nach Wunsch sanft und fix oder weniger sanft und noch fixer.

Somit hilft es das maximale Drehmoment von 320 Newtonmetern geschickt zu portionieren, was sich unter anderem in den niedrigsten Verbrauchswerten äußert. Dennoch: Kein manuelles Getriebe in Sicht? Schon, diese Variante steht auch in der Preisliste (1.850 Euro günstiger), ist aber aktuell nicht lieferbar. Jedenfalls hindert die Automatik den Mini JCW nicht daran, ziemlich aufgekratzt über Land zu wuseln – und eben deshalb nicht ganz so flott wie der Opel Corsa OPC. Wie bitte? Nun, eben weil der Mini JCW eher mal mit dem Heck arbeitet, fühlt sich entweder die Elektronik in der Pflicht, einzugrätschen, oder der Fahrer geht vom Gas.

Ja, der Mini JCW fährt spektakulärer als der Opel Corsa OPC, lenkt so unfassbar viel direkter ein als der Audi S1, nimmt einen mit in seine Welt der Show und der Effekte. Gerade bei schnellen Richtungswechseln kostet das zickende Heck zwar Geschwindigkeit, hebt aber die Laune, sofern sich der Pilot morgens einen ordentlichen Schuss Reaktionsvermögen in den Kaffee gekippt hat. Dabei spielt es übrigens keine Rolle, ob die Dämpfer mit der Standard- oder Sport-Kennlinie arbeiten. Der Charakter des Mini JCW bleibt gleich, die Härte ändert sich, raubt ihm den ansonsten ordentlichen Federungskomfort.

Audi S1 fährt lieber schnell geradeaus

Den haben sie bei Opel Corsa OPC irgendwie vergessen (dabei steht sogar ein noch härteres Fahrwerk in der Aufpreisliste), und selbst der Audi S1 schludert hier ein bisschen, denn er verliert sich bei gröberen Wellen in spürbare Vertikalbewegungen. Unwichtig? Ja nun, schließlich soll das beste Gesamtpaket gewinnen. Also weiter: Nicht nur in vertikaler Richtung bewegt sich der Audi S1 gerne, sondern auch in horizontaler, dabei bevorzugt um die eigene Achse – ein ganzes Stück weit zumindest. Wie schon frühere Testwagen macht auch der modellgepflegte Audi S1 gerne einen auf wilden Hund, nämlich dann, wenn er zu stürmisch in eine Kurve gezwungen und dort im Scheitelpunkt der rechte Fuß abrupt leicht wird.

Wer auf diese Weise Wind sät, erntet einen wütenden Lastwechselsturm, derart quer wischt dann der Audi S1 durch die Kurve. Jetzt nicht den Mut verlieren, sondern tapfer aufs Gas steigen, denn dann schaufelt der elektronisch geregelte Allradantrieb alle Kraft nach vorn und zieht den Kleinwagen so wieder gerade. Ob das noch lustig ist? Eigentlich schon nicht mehr, denn das kostet einerseits Zeit, andererseits lässt sich der Audi S1 ebenso wenig konsequent kontrolliert quer fahren – zumindest auf trockener Fahrbahn. Dort kämpft er vergebens gegen Opel Corsa OPC und Mini JCW, auf Nässe allerdings ändert sich die Reihenfolge klar. Höchstens der Opel Corsa OPC hielte vielleicht noch mit, wenn im Testwagen das aufpreispflichtige Sperrdifferenzial montiert gewesen wäre. Der Audi S1 kann die zwei angetriebenen Achsen jedenfalls gut gebrauchen, schließlich entfesselt sein Turbomotor mit 370 Newtonmetern das meiste Drehmoment.
Vor hohen Drehzahlen kneift der Vierzylinder jedoch ebenfalls nicht, locker zwirbelt er knapp über 6.000/min hinaus, trompetet dabei tief und dumpf, emotionaler als der Opel Corsa OPC, wenngleich nicht ganz so sehr wie der munter Auspuff-ploppende Mini JCW. Dennoch: Ein fantastisches Kraftwerk mit irrem Druck, perfekt kombiniert mit einem leicht und exakt schaltbaren Sechsganggetriebe – eine Paarung, die dem Audi S1 zu besten Beschleunigungswerten verhilft.

Der Audi S1 fährt also schnell geradeaus und spektakulär ums Eck. Aber sonst? Edel eingerichtet ist er, leicht bedienbar obendrein, jedoch nur mit mäßig bequemen, wenig Seitenhalt bietenden Sitzen möbliert – und er liefert eine mäßige Bremsleistung ab. Speziell der Premium-befreite Opel Corsa OPC steht erheblich früher, knabbert zusätzlich im Kostenkapitel elf Punkte vom Vorsprung des rundum talentierten Mini JCW ab. Aber einmal ganz von der Reihenfolge abgesehen: Lustig machen sollte man sich über keinen der drei heißen Kleinen.

Fazit

1. Mini John Cooper Works
403 von 1000 Punkte

Als JCW tänzelt der Brite gekonnt auf dem schmalen Grat zwischen lustigem und heiklem Fahrverhalten, sein kräftiger Motor ist sparsam, das Angebot an Assistenten groß.

2. Opel Corsa OPC
389 von 1000 Punkte

Dafür, dass der Opel Corsa OPC wenig kostet, bietet er lässige Agilität, tolle Sitze und viel Nutzwert – aber wenig Komfort. Das Leistungsdefizit? Stört im Alltag weniger als der hohe Verbrauch.

3. Audi S1
383 von 1000 Punkte

Ziemlich hinterhältig kann er sein, der Audi S1, lässt bei Lastwechseln schon mal das Heck raushängen. Großartig: Das druckvolle Triebwerk mit dem leicht bedienbaren Schaltgetriebe.

Technische Daten
Mini John Cooper Works John Cooper WorksOpel Corsa OPC OPCAudi S1 2.0 TFSI Quattro
Grundpreis33.650 €24.930 €30.700 €
Außenmaße3821 x 1727 x 1414 mm4036 x 1736 x 1479 mm3975 x 1740 x 1417 mm
Kofferraumvolumen211 bis 731 l280 bis 1090 l210 bis 860 l
Hubraum / Motor1998 cm³ / 4-Zylinder1598 cm³ / 4-Zylinder1984 cm³ / 4-Zylinder
Leistung170 kW / 231 PS bei 5200 U/min152 kW / 207 PS bei 5800 U/min170 kW / 231 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit246 km/h230 km/h250 km/h
0-100 km/h6,5 s7,3 s6,2 s
Verbrauch5,7 l/100 km7,5 l/100 km7,0 l/100 km
Testverbrauch8,0 l/100 km9,1 l/100 km8,5 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten