Bentley Continental GT im Test
Das Resümee aus 15 Jahren Modellgeschichte

Wo anfangen beim Bentley Continental GT? Beim drehmomentstarken W12, beim 48-Volt-wankstabilisierten Fahrwerk oder bei der hinreißenden Anmutung? Egal!

Bentley Continental GT Exterieur
Foto: Hans-Dieter Seufert

Der Erste erwirbt’s, der Zweite vermehrt’s, der Dritte verdirbt’s. So zumindest die Befürchtung mancher Pessimisten bei Nachfolgeregelungen. Im Falle des Bentley Continental GT können wir Entwarnung geben: Die dritte Generation setzt Gutes fort und fügt – wo nötig – gekonnt Neues hinzu. Beim Gewicht sagt unsere Waage allerdings: Es bleibt schwer – amtliche 2.288 Kilogramm, von denen 1.250 auf die Vorderachse drücken.

GT, jetzt noch besser

Unter der Haube wohnen hinter dem im Sonnenlicht gleißend hell strahlenden Maschendrahtgrill, flankiert von vier diamantartig schmuckgravierten Rundscheinwerfern, immerhin zwölf Zylinder mit sechs Litern Hubraum. Die verschränken sich wie im VW-Konzern üblich in platzsparender W-Konfiguration, ziehen sich Super Plus über eine kombinierte Saugrohr- und Direkteinspritzung rein. Und das ziemlich gekonnt: Unter hypnotischem Pfeifen der beiden Turbolader schiebt es den Horizont bei Volllast ziemlich zügig gen doppelverglaster Frontscheibe. Schnell werden die 100 km/h (in 3,6 s) und Distanzen in mächtigen Sätzen überbrückt (333 km/h Topspeed) – das konnten die Contis schon immer. Und der Neue noch besser. Steigungen sind für ihn Ansporn, kein Hindernis. Aufs Gas, drüberbeamen und gucken, wie es dahinter weitergeht. Bisweilen kurvig, was den ursprünglich auf der Phaeton-Plattform basierenden Vorgängern wie ein lästiges Übel vorkam. Zu kopflastig, zu schwerfällig, zu lenkungsträge, zu sehr von der festen Allrad-Kraftverteilung von 40 zu 60 gehemmt.

Das ist vorbei, unter der hydrogeformten Alu-Karosserie steckt die gleiche Architektur wie etwa im Porsche Panamera. So fügt sich die Dreikammer-Luftfederung samt Adaptivdämpfern mit den per 48-Volt-Aktuatoren angesteuerten Stabilisatoren zu einer bekömmlichen Mischung aus Komfort, Karosseriekontrolle – und Kurvenvergnügen. Je nach Modus lässt das Fahrwerk mehr oder weniger Bewegung zu, der Komfort ist bis auf das leicht hölzerne Abrollen der serienmäßigen 21-Zöller beachtlich. Beeindruckend die Stabilität, mit der sich der GT dank präziser Lenkung und variablem Allradantrieb lang gezogene Kurven einverleibt. Bei Tempo 100 scheint er lauter vor Langeweile zu gähnen, als der W12 aus dem Auspuff grollt. Obwohl das im Sport-Modus schon recht bassig rüberkommt, jedoch nie prollig, garniert mit Extrawummern beim Gaswegnehmen. Die passende Übersetzung erledigt ab sofort ein Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe mit kurzen Schaltzeiten, jedoch eingeschränktem Langsamfahrkomfort.

Stimmige Integration der Moderne

Langsamfahren. Zeit, Blick und Finger schweifen zu lassen. Wir wollen hier gar kein Loblied auf den rotierenden Mittenbildschirm singen. Und tun es doch. Preisen die analogen Instrumente Kompass, Stoppuhr, Außenthermometer.

Danke Bentley, danke für dieses Aroma automobiler Klassik. Und eine stimmige Integration der Moderne, denn Infotainment und Navigation genügen luxusklassigen Ansprüchen. Die Druckpunkte von Lenksäulenhebeln, die Rastungen der Regler und die Oberflächen etwa von Türgriffen und Lautsprechergittern ragen noch darüber hinaus. Bedienen macht hier Freude, was selten geworden ist heutzutage. Wie gesagt: Bentley hat das Gute bewahrt und, wo es nötig war, Neues hinzugefügt.

Vor- und Nachteile
Bentley Continental GT
Hervorragende Anmutung und Bedienfreude
angenehmer Komfort
kräftiger W12 mit angemessenem Verbrauch
relativ präzises Handling
top Traktion
standfeste Bremse
Mäßiger Langsamfahrkomfort (Getriebe und Abrollen)
in engen Kurven spürbar hohes Gewicht
hohes Kostenniveau
Gutbringen beimTestfahrzeug defekt
Technische Daten
Bentley Continental GT Coupé W12
Grundpreis201.467 €
Außenmaße4850 x 1966 x 1405 mm
Kofferraumvolumen358 l
Hubraum / Motor5998 cm³ / 12-Zylinder
Leistung467 kW / 635 PS bei 5000 U/min
Höchstgeschwindigkeit333 km/h
0-100 km/h3,6 s
Verbrauch12,2 l/100 km
Testverbrauch14,0 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten