BMW 330e und Tesla Model 3
Teilzeit- gegen Vollzeit-Elektriker

Eine quirlige Mittelklasse-Limousine, die wenigstens lokal emissionsfrei fährt? Schwups, schon stromern der 292 PS starke BMW 330e und der Tesla Model 3 mit 258 PS auf die Einkaufsliste. Der Vergleichstest klärt, wer von beiden als Auto für (fast) alle Fälle überzeugt.

BMW 330e, Tesla Model 3, Exterieur
Foto: Tyson Jopson

Ein erstauntes "Oh!" entfährt der Dame, in Authentizität und Lockerheit aber ähnlich hölzern intoniert, wie es sonst nur die Laiendarsteller in "Aktenzeichen XY ... ungelöst" zustande bringen. "Tesla baut ganz wunderbare Autos, aber die größere Freude am Fahren haben wir beide hier." Aha. Womit sie nicht ganz unrecht hat. Aktuell rauscht der BMW 330e mit rund 160 km/h über die Autobahn gen Norden.

Querfugen spicken den Belag, der ursprünglich vorgesehenen militärischen Zweitnutzung geschuldet, weil Plattenbauweise. Zuvor regten sowohl kurze als auch lange Wellen das Fahrwerk mit unterschiedlicher Frequenz an, doch die Abstimmung des mit adaptiven Dämpfern und 18-Zoll-Rädern ausgestatteten Plugin-Hybrids von BMW bringt nichts davon aus dem Tritt. Er federt zuverlässig an, verarbeitet die Stöße sauber, bewegt sich dabei für einen 3er deutlicher als bislang gewohnt – ein erster Hinweis auf das Testwagengewicht von stattlichen 1.832 Kilogramm.

Neue Mobilität im Alltag

Eine Masse für sich

Die Lenkung vermittelt derweil ein Gefühl maximaler Kontrolle, da sie einen sauberen Geradeauslauf ermöglicht und sich nicht von jeder Spurrille oder den allzu lockeren Handgelenken des Fahrers ansticheln lässt. Und der Antrieb? Zaubert im Stillen vor sich hin. Im Achtgang-Automatikgetriebe steckt ein Synchronelektromotor, der 83 kW (in D-Mark: 113 PS) leistet und ein maximales Drehmoment von 265 Nm generiert. Die Rekuperationsleistung liegt bei 20 kW, die Energie steckt in einem brutto 12 kWh fassenden Lithium-Ionen-Akku. Er logiert unter dem Kofferraumboden und reduziert das Ladevolumen von 480 auf 375 Liter, erlaubt aber eine vergleichsweise hohe Variabilität durch die im Verhältnis 40 : 20 : 40 geteilt umklappbare Lehne der Rücksitzbank.

Bis 110 km/h kann der E-Motor den 3er im Fahrmodus Hybrid alleine in Schwung halten (Modus Electric: 140 km/h), darüber muss der Zweiliter-Vierzylinder-Benziner ran – oder bei entsprechender Leistungsabfrage schon vorher. Alleine leistet der Turbomotor 184 PS und entwickelt 300 Nm bei 1.350/min, zusammen kommen beide Aggregate auf 252 PS und 420 Nm, im sogenannten XtraBoost (eine Unterfunktion des Sport-Modus oder durch Kick-down abrufbar) auf 292 PS. Was sich erheblich beeindruckender anhört, als es sich anfühlt. Stichwort: Gewicht. Andererseits: In 6,1 Sekunden von null auf 100 km/h zu sprinten, ach, das ist schon ziemlich flott.

BMW 330e, Tesla Model 3, Exterieur
Tyson Jopson

Im Vergleich zum Tesla (Hier geht´s zum Einzeltest des Tesla Model 3 Perfomance) wirkt es nur weniger dramatisch, da dem PHEV die stürmische Ansatzlosigkeit des reinen E-Antriebs abgeht. Es dauert eben eine Idee, bis sich alle Komponenten sortiert haben. Dazu kommt der wenig anregende, angestrengte Klang des Vierzylinders. Auf der Autobahn bleibt der Antrieb allerdings im Hintergrund. Der Federungskomfort beeindruckt, die Sitze stützen perfekt, integrieren dich prima in die Mittelklasse-Limousine, die sich in dieser Konfiguration von der Mittelklasse nicht weiter entfernen könnte.

Sorgsam ausgewählte Materialien, die Verarbeitung perfekt, und erst, wenn du ganz weit in Richtung Fußraum und Sitzkonsole krabbelst, merkst du erste Sparmaßnahmen der Einkäufer. Unterdessen regelt die Distanzkontrolle zuverlässig, erkennt früh einscherende Fahrzeuge, bremst gefühlvoll ab. Die Verkehrszeichenerkennung funktioniert ebenfalls mit der derzeit offenbar maximal möglichen 95-Prozentigkeit. Nur die Verbindung beider Systeme führt zu einer selbst für Schweizer zu defensiven Fahrweise. B. B. King bluest aus dem Harman-Audiosystem, während die Online-Funktion des Infotainments Musikfreunde diesmal hängen lässt, nach dem Neustart nie zum zuvor gehörten Album zurückfindet.

Feuererhöhung

Der Tesla verbindet sich gleich mit deinem Spotify-Konto, wenn gewünscht. Und Musik gewinnt eine ganz andere Bedeutung, wenn du im Model 3 unterwegs bist. Dabei entfaltet der Amerikaner von Beginn an zunächst jenes Unterhaltungspotenzial, das alle batterielektrischen Fahrzeuge eint: Er schießt los wie angezündet. Wirkt zumindest so. Weil sofort, immer, jederzeit die Leistung explodiert. Im Falle des Standard Reichweite Plus (ja, so nennen die das Einstiegsmodell wirklich, hat sich vielleicht einer von "Aktenzeichen XY ... ungelöst" einfallen lassen) kommt hier nur ein Motor zum Einsatz, nämliche eine Synchronmaschine mit 190 kW, also 258 PS, die ein hochprozentiges Drehmoment von 525 Newtonmeter entwickelt. Yeehaw.

Da der Tesla mit 1.622 Kilogramm wenig wiegt, relativ zumindest, fühlen sich die 5,9 Sekunden, die er braucht, um auf 100 km/h zu stürmen, eher nach vier an. Jetzt stromert das Model 3 ebenfalls mit 160 km/h über die Autobahn, schneller ginge natürlich auch, wegen des Autos und wegen des nur wenig belebten Abschnittes hier. Doch dabei kannst du zusehen, wie sich der 55- kWh-Akku leert. Der Hersteller gibt übrigens einen Kobalt-Anteil von 2,8 Prozent an, der damit deutlich unter dem üblichen Durchschnittswert von rund acht Prozent liegen soll. BMW will erst mit der nächsten Generation der E-Motoren (ab 2021) ohne Seltene Erden auskommen.

BMW 330e, Exterieur
Tyson Jopson

Für den 330e ließen die Münchener aber einen zertifizierten CO2-Nachweis erstellen, der auch die Rohstoffe berücksichtigt. Demnach ver- füge der Plug-in-Hybrid dennoch um eine 20 Prozent bessere Gesamtbilanz als ein 330i. In jedem Fall ergeben beide Sinn, wenn sie regenerativen Strom tanken können. Das geht beim Tesla übrigens selbst an der Haushaltssteckdose einigermaßen fix, etwa 12 Stunden von null auf 100 Prozent. Damit kannst du schon klarkommen. Im Übrigen werden bei diesem Vergleichstest weder Ladezeiten noch Schnelllademöglichkeiten oder Ladehub berücksichtigt, wie sonst bei Vergleichen mit Hybrid- oder Elektrofahrzeugen üblich.

Hier entscheiden die Gesamtreichweite und der Testverbrauch. Bei Letzterem liegt der Tesla mit 17,1 kWh vorn, bei der Reichweite dagegen weniger: 326 Kilometer. Der 330e kommt fast doppelt so weit, rein elektrisch 54 Kilometer, immerhin, viele Kilometer davon aber mitunter nur halb so lustig.

Kommissar Zufall assistiert

Schnell merkst du, was der Tesla will, bereits jetzt auf der A 81, wo es noch um nichts geht. Seine Fahrwerksabstimmung spricht herber an, verarbeitet im weiteren Verlauf Unebenheiten eher spröde, was zum Teil auf die größeren 19-Zoll-Räder (optional) zurückzuführen ist. Hinzu kommt, dass die Lenkung aus der Mittellage geradezu herausspringt, zudem nicht ganz so präzise rückmeldet, also mehr Konzentration auf langen Strecken erfordert als die des Dreiers.

Also auf die Assistenzsysteme verlassen, Spurhalte- oder gar die Autopilotfunktion nutzen? Tja, schon der Spurhalteassistent agiert eher zufällig, die Abstandsregelung dagegen gefühlvoll wie ein Preisboxer. Na gut, dann will sich das Model 3 wohl als Auto für den engagierten Selbstfahrer positionieren. Und schon als du die Autobahnausfahrt nimmst, bestätigt sich die Vermutung: bremsen, einlenken, Radius halten. Der Tesla schenkt dir schnell das Vertrauen, Strom dazuzugeben, grippt dabei ernst, wankt nicht. Irre! Mehr! Ja, mehr geht. Okay, irgendwann merkst du bei einem verstohlenen Blick auf das zentral angeordnete Tablet, dass die Kontrolllampe der Regelelektronik munter blinkt.

Tatsächlich aber gibt das Model 3 seine Kraft so schnell und feinfühlig dosiert ab, dass du es nie als Bevormundung empfindest. Und selbst wenn das nicht deaktivierbare ESP (lediglich die Traktionskontrolle lässt sich ausschalten) eingreift, geschieht das wesentlich sensibler als im BMW. Der wiederum scheint seine Leistung auf einmal über die Hinterräder zu stülpen, die dann Traktionsverlust melden. Erst jetzt regelt die DSC (Dynamische Stabilitätskontrolle).

Aufholjagd

Überhaupt muss sich der Dreier-Fahrer ziemlich strecken, um am Tesla dranzubleiben. Denn wenn es darum geht, Kurven unterschiedlicher Radien mit einem Lenkwinkel zu durchfahren, also das, was einen Ausflug über leere Landstraßen zum größten Glück des Autofahrers potenziert, schlägt die ungünstigere Gewichtsverteilung zu. Im Gegensatz zum Tesla und den übrigen Dreier-Derivaten lastet die Mehrheit der Masse auf der Hinterachse, entlastet so die Vorderräder, die schnell an Haftung verlieren – auch wegen der ausgeprägteren Aufbaubewegungen.

Da die Wankbewegungen schnell stabilisiert werden können, ergibt sich bei den Fahrdynamikprüfungen ein anderes Bild. Beim 18-Meter-Slalom beispielsweise hilft die Fahrwerksabstimmung zusammen mit der dynamischen Lastverschiebung, den Grip beim Einlenken zu erhöhen und einen guten Rhythmus zu finden. Das gilt in ähnlichem Maße für den doppelten Spurwechsel. Der Tesla hingegen untersteuert zunächst, dann schwingt das Heck herum, was wiederum die Regelelektronik in Panik versetzt. So der Zwischenbericht von der Teststrecke. Die aktuelle Lage auf der Landstraße im Hohenlohischen allerdings: Fanfaren! Jubel!

Noch mal Wusel gehabt

Das Model 3 packt dich, reißt dich mit, fetzt. Es bleibt im Kurvenverlauf lange neutral, bevor es mild zu untersteuern beginnt. Einen Lastwechsel kontert der Stromer schon mal mit einem losen Heck, das nie zu lose wird – der Regelelektronik wegen.

Du sitzt noch ein wenig mehr im Zentrum der guten Laune, zumindest was die Position betrifft. Böten die Sitze nun wenigstens ein bisschen Seitenhalt und Oberschenkelauflage, könntest du dich noch mehr aufs Fahren konzentrieren, da dich der Tesla sonst mit nichts ablenkt. Mit nichts Irrelevantem, aber eben auch mit nichts Relevantem. Mittig angeordnete Tachometer waren ergonomisch schon immer vor allem anders, aber nie gut. Daran ändern kleine Ziffern auf einem großen Tablet nichts.

Tesla Model 3, Interieur
Tyson Jopson

Die Konsequenz, mit der Tesla praktisch alle Informationen und Funktionen (abgesehen von Scheibenwischer und Blinker, der auf Wunsch mit fein komponierten Flatulenzgeräuschen seine Funktion signalisiert) in eben jenem Tablet bündelt, mag gefallen, doch intuitiv bedienen lässt es sich eben nicht. Zumal auch die Sprachbedienung nur bedingt hilft. Überhaupt lässt sich das Model 3 anmerken, unter welchem Kostendruck es gebaut wird. Selbst chinesischer Elektrokrimskrams wirkt sorgfältiger zusammengesteckt als die US-Limousine, allein die Windgeräusche an der Fahrertür übertreffen die mancher Cabrios – bei geöffnetem Verdeck. Und für die Metallic-Lackierung 1.050 Euro extra zu verlangen, ist dreist, denn du musst nicht erst Verkleidungen ausbauen, um auf unlackierte Flächen zu stoßen.

Also muss der Dame entschieden widersprochen werden: Mehr Freude am Fahren bietet der Tesla, doch der BMW ist ein ganz wunderbares Auto. Ansonsten funktioniert das Sprachdialogsystem des 330e übrigens fehlerfrei. (So schlägt sich der Tesla Model 3 gegen den BMW 330i im Test).

Fazit

1. BMW
451 von 1000 Punkte

Klarer Fall: das bessere Auto. Weil: hoher Federungskomfort, sehr gute Sitze, zuverlässigere Assistenzsysteme, aber zu schwer, um unterhaltsam zu fahren. Und: teuer.

2. Tesla
445 von 1000 Punkte

Klarer Fall: das lustigere Auto. Weil er seinen Fahrer mit quirligem Handling, hoher Fahrsicherheit und Elektro-Kick packt – und mit äußerst mieser Verarbeitung enttäuscht.

Technische Daten
BMW 330e M SportTesla Model 3 Standard Reichweite Plus
Grundpreis59.650 €46.380 €
Außenmaße4709 x 1827 x 1444 mm4694 x 1849 x 1443 mm
Kofferraumvolumen375 l425 l
Hubraum / Motor1998 cm³ / 4-Zylinder
Leistung135 kW / 184 PS bei 5000 U/min
Höchstgeschwindigkeit230 km/h225 km/h
0-100 km/h6,1 s5,9 s
Verbrauch1,3 kWh/100 km14,3 kWh/100 km