BMW 435i Cabrio im Test
Das Ganzjahrescabrio

Nach 29 Jahren endet die Luft-Hoheit des BMW 3er-Cabrios. Der 4er übernimmt, will komfortabler, größer und doch der Alte sein. Wie das klappt, klärt der Test mit dem BMW 435i.

BMW 435i Cabrio Luxury Line, Frontansicht
Foto: Achim Hartmann

Wir fangen mit dem Dach an – wie BMW. Das dreiteilige Blech-Klapptop des BMW 4er Cabrio übernahmen die Techniker vom 3er. Was – kurzer Exkurs ins unnütze Wissen – an das Ford Escort Cabrio von 1983 erinnert. Von dem heißt es, es sei auch um ein bestehendes Verdeck herumkonstruiert worden, das des ebenfalls bei Karmann gefertigten Golf I Cabrio.

Das bei BMW intern lange umstrittene Metalldach des BMW 4er Cabrio jedenfalls kommt weiterhin von Webasto, und ohne Feinschliff hat es BMW natürlich nicht auf den 4er gestülpt. Engere Fugen und bessere Dichtungen reduzieren nun die Windgeräusche, zudem ist das Verdeck um ein halbes Grad stärker angewinkelt, steigert so den Kopfraum im Fond. Nicht dass dort häufig jemand säße, Käufer des 3er-Cabrios nutzten die zweite Reihe meist nur als Ablage, informiert das Marketing. Deshalb lässt sich nun die Rücksitzlehne umklappen, damit Taschen und Koffer nicht die mit feinem Leder bezogenen Sitze verkratzen.

BMW 4er Cabrio eignet sich als Ganzjahresauto

Dass es um mehr Funktionalität ging, zeigen auch die clevere Nische für das Windschott und der Ladelift. Er hebt bei offenem Dach Verdeckpaket samt Heckklappe um 20 Zentimeter an, erleichtert so das Einladen. Dazu gibt es nun die breite Durchlade und Warmluftpuster an den Kopfstützen der Integralsitze (400 Euro). Spätestens so ist das BMW 4er Cabrio ein Ganzjahrescabrio. Der Fahrtsturm kräuselt sich bei hochgefahrenen Scheiben und aufgetakeltem Windschott noch bei Tempo 180 auf der Autobahn sacht nach innen. Auf Landstraßentouren können Scheiben und Schott schon bei Frühfrühlingstemperaturen runter.

Doch Bedenken, er möge es nun gern lau, pustet das BMW 435i Cabrio mit der Wucht seines Dreiliter-Reihensechszylinders davon. Der Twinscroll-Turbo plustert ihn auf 400 Nm, die ihn niedertourig und dumpf summend loslegen lassen. Ab 3.000 Touren schiebt er vehement, giert mit rauchigem Sound bis auf 7.000/min. Meist vertraut die sachte, eilfertige Achtstufenautomatik auf die Durchzugskraft, legt die Gänge früher nach.

Weniger leichtfüßig als der Vorgänger

Auf diesen einsamen Landsträßchen, die sich um schroffe Berge winden, und von denen wir niemals verraten, wo sie sind, schnippen wir uns aber lieber mit den Schaltpaddeln durch die Stufen. Mit der um 40 Prozent festeren Verwindungsteifigkeit erzittert die Karosserie bei offenem Dach nur auf schlechten Straßen. Auf denen sorgt das Fahrwerk mit Adaptivdämpfern für wankarmen Komfort. Also alles bestens? Sie ahnten, dass nun ein Aber kommt. Hier ist es: Bei 1.826 Kilo Leergewicht – 216 mehr als beim 6.200 Euro günstigeren Coupé – schiebt der Motor weniger rauflustig und fährt sich das BMW 4er Cabrio (wie schon der Vorgänger) weniger leichtfüßig. Dem 435i fehlt die Unmittelbarkeit in Kurven, er drängt mit seinem Gewicht und verliert etwas Rückmeldung in der an sich präzisen Lenkung.

So ist der BMW 435i ein hervorragendes, geräumiges, erstaunlich praktisches und komfortables Cabrio geworden – eine Alternative zum Mercedes-E-Klasse-Cabrio. Wer dagegen ein ebenso agiles, leichtes und stoffmütziges Cabrio wie den frühen 3er bis zu E46 sucht, für den ist nicht der 4er, sondern der zukünftige 2er die Nummer eins.

Vor- und Nachteile
BMW 435i Cabrio Luxury Line
solides, sehr gut gedämmtes Klappdach
effektives Windschott
hohe Funktionalität mit klappbarer Rücksitzlehne und Beladehilfe bei geöffnetem Dach
agiles Handling
sichere Fahreigenschaften
brillanter Antrieb
Dach öffnet/schließt langsam (30 s)
hoher Preis
Technische Daten
BMW 435i Cabrio Luxury Line
Grundpreis61.950 €
Außenmaße4638 x 1825 x 1384 mm
Kofferraumvolumen220 bis 370 l
Hubraum / Motor2979 cm³ / 6-Zylinder
Leistung225 kW / 306 PS bei 5800 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
0-100 km/h5,8 s
Verbrauch7,5 l/100 km
Testverbrauch10,9 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten