BMW M2 CS, Porsche 718 Cayman GT4, Lotus Exige Sport 410
Spaßgranaten im Charakter-Test

Auf dem Papier geht der Cayman GT4 als Favorit in diesen Vergleich. Doch so leicht geben sich M2 CS und Exige Sport 410 nicht geschlagen. Zückt die Handys, es ist Showtime.

BMW M2 CS, Lotus Exige Sport 410, Porsche 718 Cayman GT4, Exterieur
Foto: Hans-Dieter Seufert

Es ist kurz nach halb acht, so langsam verschwindet die Sonne am Horizont, doch der Fahrspaß steigt noch einmal ins Endlose. Der M2 CS giert nach den letzten Kurven der Landstraße von Kirchberg an der Murr nach Affalterbach. Ja, der BMW trippelt gleich durch den Vorgarten von Mercedes-AMG. Wie frech.

Beim Rausbeschleunigen aus der Doppelrechts blasen die beiden Lader zwischen 2.000 und 2.500 Touren den Turbomotor mit fühlbar mehr Druck auf. Mit einem Extraschub an Drehmoment eifert der Top-Zweier – Baureihe F87 – dem Höhepunkt entgegen. Anbremsen, über die linke Lenkradwippe einen Gang runterschalten: Der Linksbogen legt sich in die Landschaft, und der CS schraubt sich hinein. Die Kombination für den absoluten Fahrspaß entschlüsselst du sofort: leichter Lenkeinschlag, dafür umso mehr Gas. Der Sechszylinder macht es einem dabei einfach. Ein Turboloch ist kaum auszumachen. Das Doppelkupplungsgetriebe hält den Gang, das Gaspedal klettet sich an die rechte Schuhsohle, das Heck drängelt immer mehr, bis die Seitenkräfte die Haftung der Reifen durchbrechen und der M2 übersteuernd ums Eck jauchzt. Einfach herrlich, wie die Übergänge fließen zwischen Grip und Slide. Großartig auf der Landstraße, nicht ganz so praktisch auf der Rennstrecke bei der Suche nach dem letzten Zehntel.

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BMW M2 CS, Exterieur
Hans-Dieter Seufert
Beim BMW drehen die Hinterräder bei vollem Gaseinsatz ab 5.000 Touren schon mal durch – vor allem bei kalten Semislicks. Großartig auf der Landstraße, nicht ganz so praktisch auf der Rennstrecke bei der Suche nach dem letzten Zehntel.

Du verfällst ihm, zum Glück wartet schon die nächste Kehre, diesmal nach rechts. Wieder zwirbelt der Bayer herum, und bevor die Straße dann leider relativ gerade in Richtung Affalterbach weitergeht, darf er sich noch einmal voll ausleben in einer ultralangen Linkskurve: im fünften Gang bergauf mit quietschenden Reifen.

Dieses Auto macht süchtig. Mit dem Porsche 718 Cayman GT4 ergeht es einem nicht anders. Der hängt allerdings mehr am Tropf der Performance. Das spürst du sofort nach dem Platztausch: tiefere Sitzposition, knackigeres Abrollen, gestraffter Aufbau – wie ein Muskelshirt im Vergleich zu einem Pullover. Wo der CS schon schwänzelt, klebt bei ihm das Heck noch felsenfest auf dem Asphalt. Der mechanische Grip liegt auf einem deutlich höheren Niveau.

Beim BMW drehen die Hinterräder bei vollem Gaseinsatz ab 5.000 Touren schon mal durch – vor allem bei kalten Semislicks. Gegen zu viel Schlupf wehrt sich der GT4 mit seiner mechanischen Quersperre hingegen erfolgreich. Seine Abstimmung ist darauf ausgelegt, möglichst flink um Kurven zu eilen. Wie im Rennsport: schnell rein, schnell raus, ohne Zeit zu verlieren. Oder anders: Der M2 CS macht gern Rambazamba, obwohl auch in seinem Fahrwerk Performance verankert ist. Beispiel Slalom: Mit 72 km/h wuselt der Zweier um die Hütchen – im vierten Gang, schön ruhig, mit minimalem Übersteuern und ohne Lastwechsel. Der GT4 macht im Verhältnis allerdings noch mehr Attacke. 74 km/h! Noch Fragen?

BMW M2 CS, Interieur
Hans-Dieter Seufert
Im Vergleich zum GT4 trifft der Doppelkuppler des M2 die Schaltpunkte nicht ganz so traumwandlerisch. Mein Tipp: 3.900 Euro Aufpreis sparen, auf die wenigen Zehntel in der Beschleunigung verzichten und stattdessen handschalten.

Auf schnellen Landstraßen-Touren glänzt der Cayman GT4 mit Präzision. Das Doppelkupplungsgetriebe weiß offenbar immer, in welchem Kurventyp der Fahrer steckt, schaltet bei härterem Bremsen blitzschnell mehrere Stufen runter, streut Zwischengas ein, legt in langsamen Kehren den zweiten Gang ein oder hält bei schnellen Richtungswechseln den vierten.

Die Schaltwippen sind weniger im Einsatz als im BMW, dessen Doppelkuppler die Schaltpunkte nicht ganz so traumwandlerisch trifft – im Vergleich zum GT4 wohlgemerkt. Ich persönlich würde mir im Fall des CS die 3.900 Euro Aufpreis sparen, auf die wenigen Zehntel in der Beschleunigung verzichten und stattdessen handschalten. Dieser Getriebetyp passt einfach noch einen Tick besser zu seinem Charakter, der Performance nicht über Gaudi stellt. Apropos Handschalter: Einen solchen hat der Lotus Exige Sport 410 verbaut, der sich beim Imagespurt mit 4,2 Sekunden zwischen M2 CS und Cayman GT4 einsortiert – genauso wie mit 72,6 km/h im Slalom.

Motor sensibel wie ein Nerv

Porsche 718 Cayman GT4, Exterieur
Hans-Dieter Seufert
Der GT4 wirkt wie ein Magnet. Allein, wie er dasteht, in Racinggelb: 4,45 Meter lang, fast zwei Meter breit mit Außenspiegel, die Schnauze nicht mal kniehoch, das Dach knapp bis zur Brust, großer Heckflügel, Diffusor, zwei Endrohre.

Im Grundpreis bewegen sich die drei in ähnlichen Sphären. In ihrem Wesen driften sie auseinander. Der CS nimmt es wörtlich, wohingegen der GT4 nach den letzten Zeitspännchen sucht und diesen Drang in allen Lebenslagen auslebt. Das Geschlängel auf der Landstraße gehört zu seinen Spezialitäten. Rechts, links, rechts, links: Da lassen sich über leichte Gaslupfer gezielte Lastwechsel einstreuen, die ihn noch stärker in die Kurve drücken.

Allein, wie er dasteht, in Racinggelb: 4,45 Meter lang, fast zwei Meter breit mit Außenspiegel, die Schnauze nicht mal kniehoch, das Dach knapp bis zur Brust, großer Heckflügel, Diffusor, zwei Endrohre. Der Fahrer sitzt in der 5.220 Euro teuren CfK-Schale, dahinter verschraubt Porsche einen Überrollkäfig (3.828 Euro). Dieser Sportwagen wirkt wie ein Magnet. Da machst du dir am Straßenrand Notizen, plötzlich brüllt’s von links zur Seitenscheibe rein. Zwei Jungs grinsen herein: "Hey man, cooles Auto!"

Und der Lotus? Die Exige strahlt sogar noch mehr Anziehungskraft aus. Sie wirkt mit ihrem äußeren Auftritt und dem spärlich eingekleideten Innenraum ein wenig aus der Zeit gefallen – und kommt gerade deshalb so gut an.

Jedenfalls lässt sie im Stand selbst den Cayman blass aussehen, trotz dessen Farbe. Extrovertiert und elegant: Die Exige trifft man in Deutschland so selten an wie Nüchterne nach einem Fußballspiel im Pub. Nicht mal in England sieht man sie oft, außer man treibt sich gerade am Lotus-Stammsitz in Hethel herum. Kaum ist die Exige vom Transporter, schwirrt eines der Instagram-Mädels aus und dreht eine Viertelstunde lang Kurz-Clips.

Lotus Exige Sport 410, Exterieur
Hans-Dieter Seufert
Die Exige punktet mit ihrem niedrigen Gewicht. Die Einbußen im Alltag nimmt man gerne in Kauf. Die Leistung entfaltet sich ähnlich gleichmäßig wie beim Boxer.

Aber bleiben wir zunächst beim Cayman GT4. Der Verkehr meint es gut an diesem Donnerstagmorgen. Die Autobahn gibt das Tempolimit auf. Was der Cayman da veranstaltet, gehört unter Artenschutz gestellt. Es reicht, wenn du die Zehen zusammenrollst, um den vier Liter großen Sauger anzuregen. Ein Motor wie ein Nerv! Leben wir die Faszination voll aus. PDK und Fahrwerk auf Sport, Vollgas: Das Getriebe hämmert innerhalb einer gefühlten halben Sekunde den dritten Gang rein. Der Sechszylinder begehrt auf und fordert Drehzahl. Soll er haben.

Lotus-Highlight: die Lenkung

Bei 5.500 Touren bekommt er die zweite Luft, schüttet 430 Nm aus, scheint zunächst kein Limit zu kennen. 6.000, 7.000 – er brüllt einem von hinten ins Ohr, trotz der Ottopartikelfilter lässt er die orange Nadel im Drehzahlmesser über die 7.500 zuckeln und erst bei 8.000/min verharren. Der Boxer bittet um den nächsten Gang. Um es anders auszudrücken: Der Cayman GT4 lebt zwar nicht allein vom Motor. Dafür kurvt er einfach zu schnell um sämtliche Biegungen. Aber ohne den Sechszylinder-Sauger will man nach dem ersten Ausdrehen nicht mehr sein.

Völlig ungeniert keift einen der 3,5 Liter große Sechszylinder der Exige aus dem Rückraum an. Im Race-Modus fallen ab 4.500 Touren alle Hemmungen. Im Auspufftrakt öffnet sich die Klappe, der Kompressormotor staucht den Tunnel zusammen und erschüttert mit metallischem Unterton das Umfeld. Die Leistung entfaltet sich ähnlich gleichmäßig wie beim Boxer. An die Drehfreude des Porsche Cayman, der über 7.500 Touren schafft, kommt der Lotus nicht heran. Bei 7.000 Touren ruft der Kompressor die Maximalleistung von 416 PS ab – und rasselt direkt in den Drehzahlbegrenzer. Beim Leistungsgewicht macht dem Lotus keiner was vor. Der Leistung stehen nur 1.146 Kilogramm gegenüber. Das sind 335 weniger als beim GT4 und satte 442 Kilogramm weniger als beim M2 CS.

Lotus Exige Sport 410, Interieur
Hans-Dieter Seufert
Die Lenkung ist das Highlight der Britin. Sie sticht durch extremen Widerstand heraus – es fehlt ja auch die Servounterstützung. Sie leitet praktisch jede Fuge durch den Alcantara-Kranz in die Handflächen des Fahrers.

Beim BMW ist es das agile Heck, beim Cayman der Sauger, bei der Exige ist die Lenkung das Highlight. Sie sticht durch extremen Widerstand heraus – es fehlt ja auch die Servounterstützung. Sie leitet praktisch jede Fuge durch den Alcantara-Kranz in die Handflächen des Fahrers. Schnelle Wechselkurven verschlingt die Exige ähnlich dynamisch wie der Cayman – mit geringerem Lenkwinkel. Das Lenkrad ist so klein, der Einschlag der Vorderräder so zielgenau: Das erinnert ein wenig an Kartfahren.

Der Innenraum gruppiert sich um den langen Aluminium-Schaltstock. Der verlangt nach der richtigen Führung – wie Tänzer und Partnerin, die zusammen erst in den Rhythmus finden müssen, um dann gemeinsam über das Parkett zu fegen. Die Gänge reinzureißen, funktioniert nicht. Da verheddert man sich schnell mal, vor allem auf dem Weg vom vierten in den fünften Gang. Es braucht den richtigen Mix aus festem Händedruck und Feingefühl. Dann klackert sich der Schaltstock durch die Gassen, entlang des rechten Oberschenkels.

Im Chassis aus geklebtem Aluminium ohne große Ablagen kommst du dir vor wie die Nuss in der Schale. Die Sicht nach hinten ist – na, sagen wir mal – eingeschränkt. Immerhin stimmt das Panorama. Du erahnst durch zwei Lamellen die Straße und siehst vielmehr den Motor durch die Plexiglasscheibe – wie bei einem PC mit durchsichtigem Gehäuse.

Cayman GT4 patzt auf der Bremse

Porsche 718 Cayman GT4, Exterieur
Hans-Dieter Seufert
Der GT4 ist der wahre Sportwagen für die Rennstrecke in diesem Vergleich, patzt aber in seiner Paradedisziplin. Er verzögert beim Bremstest unterhalb seines Niveaus. Oder besser: unterhalb des ansonsten so hohen Porsche-Niveaus.

Der Motor faucht, die Bodenwellen schütteln durch, und über die Lenkung fädelt die 404 Kilo leichte Vorderachse präzise auf der Ideallinie ein: Auf der Rennstrecke fühlt sich der Lotus viel schneller an, als er ist. 1,7 Sekunden fehlen auf den BMW, 2,7 Sekunden auf den Porsche. Die Zeit bleibt kurvenausgangs liegen. Es fehlt die Sperre, die das Drehmoment richtig aufgleist und das entlastete Rad am Durchdrehen hindert. So geht Vortrieb verloren. Formidabel hingegen arbeitet die Bremse.

Beim CS wird die Runde von der Suche nach Grip bestimmt. Haftung ist zwar da, aber nur in einem verhältnismäßig schmalen Fenster. Der M2 geht bei ein bisschen zu viel Gas eben liebend gern quer. Zusammen mit dem vergleichsweise hohen Gewicht treibt das die Luftdrücke nach oben, was den Grip weiter reduziert – ein klassischer Teufelskreis.

Einziger Ausweg: Druck anpassen. Das gilt prinzipiell für alle, BMW macht aus einer simplen Sache jedoch eine Wissenschaft. Schuld? Das Reifendruckkontrollsystem, das für die notwendige Initialisierung leider extrem lange braucht – bis zu zwei GP-Kurs-Runden in Langsamfahrt. Und zwar bei jeder Luftdruckkorrektur, was bei engen Streckenzeitfenstern ein echter Hemmschuh ist.

Der GT4 ist frei von solchen Elek­tronik-Eskapaden, dominiert wie gewohnt, brilliert aber nicht. Er ist der wahre Sportwagen für die Rennstrecke in diesem Vergleich, patzt aber in seiner Paradedisziplin. Ausgerechnet die Bremse wird ihm – dem Porsche – zum Verhängnis. Auf der Runde eher unauffällig, verzögert der Cayman beim Bremstest unterhalb seines Niveaus. Oder besser: unterhalb des ansonsten so hohen Porsche-Niveaus. Trotz Optimal-Balance. Trotz Semislicks. 34,4 Meter aus 100 km/h – zu viel, um sich den Sieg zu sichern. Stattdessen wird der Favorit von M2 CS und Exige nach Punkten ausgebremst.

Fazit

Der Cayman GT4 ist bei der Performance eigentlich nicht zu schlagen. Doch die Bremse verhagelt ihm das Ergebnis. Der M2 CS ist eine Spaßgranate. Doch die ist der M2 Competition eigentlich auch – für deutlich weniger Geld. Die Exige tauchte erst im letzten Moment zum Vergleichstest auf – und ist genau der richtige Farbtupfer. So leicht, so vorlaut, so oldschool im Vergleich.

Technische Daten
BMW M2 CS M2 CSLotus Exige Sport 410 SPORT 410Porsche 718 Cayman GT4 Cayman GT4
Grundpreis96.407 €99.500 €106.084 €
Außenmaße4461 x 1871 x 1414 mm4084 x 1802 x 1129 mm4456 x 1801 x 1269 mm
Kofferraumvolumen390 l112 l425 l
Hubraum / Motor2979 cm³ / 6-Zylinder3456 cm³ / 6-Zylinder3995 cm³ / 6-Zylinder
Leistung331 kW / 450 PS bei 6250 U/min305 kW / 416 PS bei 7000 U/min309 kW / 420 PS bei 7600 U/min
Höchstgeschwindigkeit280 km/h280 km/h302 km/h
0-100 km/h4,1 s4,2 s4,4 s
Verbrauch9,4 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten