BMW M240i xDrive Coupé im Test
Wie viel M steckt im neuen 2er Coupé?

Ja, die Frage ist berechtigt. Denn ein "M"-Schildchen kann man natürlich überall draufkleben. Doch trägt es das Topmodell des BMW 2er Coupés zu Recht? Oder handelt es sich nur um einen stark motorisierten Zweitürer?

BMW M240i x Drive
Foto: Achim Hartmann

Wenn auf das M am Heckdeckel eines BMW mehr als nur eine einzige Zahl folgt, dann sollte man die Ernsthaftigkeit dieses Modells ergründen. Denn oft genug steckt kaum M drin, wo M draufsteht, speziell wenn sich viele Ziffern und Buchstaben anschließen. Ist der neue M240i xDrive also womöglich nur ein M-Darsteller?

Glücklicherweise bleibt die – gemessen am Selbstverständnis der Marke – mäßig talentierte Frontantriebs-Plattform dem 2er Coupé erspart. Es darf prinzipiell die fahrdynamisch ernsthafte Achse antreiben, baut darauf das Allradsystem auf. Die Vorfreude bleibt dennoch bedeckt, denn allzu leicht schien es bislang, ein Modell taillierter zuzuschneidern, ein paar Sportabzeichen ans Revers zu heften und ihm schnelle Schuhe zu verpassen. Die ziehen ja bekanntlich nur minderbegabte Rennfahrer an. Nun sieht allerdings der Aufwand, den die Ingenieure betrieben haben, nach mehr als dem Anziehen schneller Schuhe aus. Ein Konsortium aus Achsschenkeln, Querlenkern, Spurstangen und Zugstreben führt die negativ stürzenden Vorderräder. Zusätzlich stützt sich die Aufhängung an den seitlichen Schwellern ab.

Unsere Highlights

Das Chassis gibt Impulse

BMW M240i x Drive
Achim Hartmann
Der xDrive verteilt sein Drehmoment zwischen vorne und hinten sowie hinten zwischen links und rechts, brennt es in den Asphalt statt via ESP in die Bremsscheiben.

Auch steife Buchsen am Träger der Fünflenker-Hinterachse erlauben wenig Spiel im System. Entsprechend nimmt sich das Coupé Unebenheiten sehr bestimmt zur Brust. Die optionalen Adaptivdämpfer brauchen Tempo, um sich für ihre Aufgaben zu erwärmen. Je schneller die Räder über Bodenwellen hinweggehen, umso interessierter setzt sich die Federung mit ihnen auseinander. Und desto enger schmiegt sich das alles andere als kompakte Coupé um den Fahrer. So findet man sich auf seiner Lieblingsstrecke wie von selbst im Bereich des querdynamischen Überschwangs wieder, in dem die Hinterreifen ebenso behutsam wie beiläufig gleitreiben, das Heck seinen Einflussbereich ausdehnt und die Lenkung dennoch den engen Kontakt zum Radius hält.

Korrekturen führen sich scheinbar von selbst aus. Das Chassis gibt Impulse, denen man instinktiv folgt, wobei man mit dem BMW resoniert. Dahinter stecken mehrere Faktoren: Der im Vergleich zum Vorgänger um rund fünf Zentimeter längere Radstand bringt mehr Ruhe und Stabilität. Der breite Grenzbereich bietet Raum zum Spielen an. Die intensive Rückmeldung lässt den weithin digitalisierten M240i trotzdem analog wirken, wozu auch das vollvariabel sperrende M-Sportdifferenzial beiträgt. Der xDrive verteilt sein Drehmoment zwischen vorne und hinten sowie hinten zwischen links und rechts, brennt es in den Asphalt statt via ESP in die Bremsscheiben.

Der Motor überzeugt mit Klang und Kraft

BMW M240i x Drive, Motor
Achim Hartmann
Der Dreiliter-Reichensechszylinder leistet nun 374 PS und besitzt dank Twin-Scroll-Lader ein gutes Ansprechverhalten.

Wobei ebenso wichtig ist, dass er die 500 Nm mit jenem Reihensechszylinder erzeugt, den wir schon seit Jahren rühmen – auch wegen seiner Musikalität. Man sollte nicht unterschätzen, wie hoch der Anteil des Klangs am Fahrspaß ist, sofern man noch a) einen Sinn für Verbrenner-Arien hat und b) akzeptiert, dass automobile Fortbewegung mit Spaß zu tun haben kann; je nach politischer Couleur ist ja beides pfui-bäh.

Wir Auto-Aktivisten dagegen können uns mit diesen Genüssen derart intensiv beschäftigen, dass ganze Nachmittage im Zustand des gesteigerten Bewusstseins verfliegen. Was sich (nicht nur) beim M240i im Erlebnisspeicher einprägt. Läuft man das nächste Mal auf ihn zu, dann krabbelt die Vorfreude bereits kitzelnd den Rücken herunter – die Vorfreude darauf, dass sich das Coupé ähnlich in die Topografie drückt wie ein Ski-Ass auf der Buckelpiste, sich geschmeidig vom Kurvenaußenrand abstößt und im galanten Wechselschwung die Richtung ändert.

Genau das geht mit diesem BMW ganz hervorragend. Was dabei die Nerven besonders triggert? Der Punkt, wenn sich der 2er in der Kompression zunächst in die Federn setzt, dann den Schwerpunkt aufs kurvenäußere Hinterrad verlegt und der Gasfuß hier scheinbar alle Nm einzeln dosiert in den Asphalt drückt.

Das braucht einen Motor, der konsequent am Gaspedal hängt. Hier hat der Dreiliter dank Twin-Scroll-Lader (zur Erinnerung: getrennte Strömungskanäle für besseres Ansprechverhalten) und Verkoppelung mit der treffsicheren Achtgangautomatik gute Voraussetzungen. Ab etwa 3000/min geht es eindringlich vorwärts, steigert sich Richtung Abregelung ins Heftige. So ein vitales Kraftpaket wünscht man sich in einem M. Allerdings wünscht man sich den Enthusiasmus ab der Leerlaufdrehzahl.

Ja, das ist heute selbst bei aufgeladenen Triebwerken möglich, wie BMW bei einigen Modellen beweist – mit dem Boost eines Startergenerators. Allerdings hat der M240i keinen elektrischen Helfer, der bereits anschiebt, wenn sich das Schaufelrad des Turboladers erst noch aus der Ruhelage aufschwingt.

Schwerer aber sparsamer

BMW M240i x Drive
Achim Hartmann
50 Kilogramm schwerer als der ähnlich starke M2 der alten Generation aber mit einem Testverbrauch von 9,8 l/100km auch 0,6 Liter sparsamer.

Diese Technik könnte die Effizienz weiterhin erhöhen, denn der 48-Volt-Akku würde einen Teil der Bremsenergie einsammeln und sie beim Beschleunigen wieder abgeben. Ohne den cleveren E-Booster kommt der M240i im Testdurchschnitt auf 9,8 l/100 km. Damit ist er um 0,6 Liter sparsamer als der ähnlich starke (rein hinterradgetriebene) M2, bevor jener zum Competition wurde – und um 50 Kilogramm schwerer. In der Karosserie liegt demnach viel größeres Sparpotenzial; doch jeder Generationenwechsel scheint zwanghaft mit Größenwachstum einherzugehen – zum Competition sind es nun weitere knapp 100 Kilogramm.

Wo wir bereits beim Kritisieren sind: Fahrspaßig betrachtet haut die tiefe Sitzposition zwar voll in die M-Kerbe, doch in Verbindung mit dem hohen Heckdeckel und den dicken Dachsäulen ergibt sich eine maue Rundumsicht. Freunde des Coupé-Brauchtums sind daran gewöhnt, werden das so wenig anprangern wie den beschwerlichen Zustieg zur Rückbank. Eher schon dürften sie den hohen Anteil des harten Kunststoffs in Relation zum hohen Einstandspreis geißeln. Okay, die Materialauswahl war bei BMW schon deutlich liebloser. Konkurrenten zeigen aber, dass sich offensichtlich sogar in niedrigeren Klassen ein feineres Flair als im 2er rechnet.

Tacho-Design verstört

BMW M240i x Drive, Kombiinstrument
Achim Hartmann
Noch immer verstört das seltsame Bumerang-Design von Tacho und Drehzahlmesser.

Bei einem M ist die Erwartungshaltung schließlich hoch – auch an die Instrumentierung. Gerade da beweist BMW über die Sportanzeige mit Angaben für g-Kräfte, Ladedruck, Drehmoment, Leistung und Öltemperatur hinaus nur wenig Fantasie. Noch immer verstört das seltsame Bumerang-Design von Tacho und Drehzahlmesser. Noch immer erscheint dagegen die detailreiche Darstellung des Mittendisplays wie ein Bild aus einer anderen Technik-Liga.

Weil wir schon mehrfach das hervorragende iDrive-System im Detail gelobt haben, wollen wir das hier nicht erneut. Allerdings lohnt sich der Hinweis auf einen M-spezifischen Aspekt: Dass der 2er wie beiläufig auf alle Verstellwünsche eingeht, ist in einem Sportmodell besonders wichtig. Denn naturgemäß kann das gefahrene Tempo, das während der Bedienung anliegt, zuweilen hoch sein. Da will man kein Auge von der Straße abwenden, da müssen die Finger intuitiv das Richtige ertasten.

Denn der 240i zeigt Engagement, verlangt im Gegenzug nach Hingabe und Konzentration. Er widmet sich der Querdynamik mit jener Akribie, welche die Aufmerksamkeit von Auto-Aktivisten magnetisch anzieht. Und die sich so tief abspeichert, dass sie unterbewusst schon dann die Sensorik scharf schaltet, wenn man eine lustvolle Runde im 2er Coupé nur erwägt. Genau deshalb trägt es das M am Heck zu Recht.

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4021 Mal abgestimmt
... absolut gelungen.... definitv hässlicher als der Vorgänger.
Vor- und Nachteile
Karosserie
Gutes Raumangebot vorne
Immerhin Notsitze hinten
Intuitive und ablenkungsarme Bedienung
Tiefe Sitzposition in ergonomischer Umgebung
Ordentlich nutzbarer Kofferraum
Gute Verarbeitung
Teils harter Kunststoff
Mäßige Rundumsicht
Hohes Gewicht
Fahrkomfort
Straffe, jedoch nicht unkomfortable Federung
Sportsitze mit viel Seitenhalt und einfachem Zustieg
Gute Akustikdämmung
Antrieb
Genussvoller Motorklang
Lebhafte Leistungsentfaltung
Enormes Schubvermögen
Kein E-Boost, dadurch leicht verzögerter Ladereinsatz
Fahreigenschaften
Stramme Chassis-Anbindung
Hohe Kurvenkompetenz
Handzahmer Grenzbereich
Rückmeldungsstarke Lenkung
Zielführende Traktion
Stabiler Geradeauslauf
Sicherheit
Reichhaltig verfügbare Sicherheitsausstattung
Stramme Verzögerung (mit Optionsbremse vorn)
Umwelt
Fahrbar mit 7,3 l/100 km
Spaß aber eher bei Verbrauch über 10,0 l/100 km
Kosten
Voraussichtlich geringer Wertverlust (Fan-Auto)
Drei Jahre Garantie
Wartung alle zwei Jahre
Fair kalkulierte Optionsliste
Hoher Grundpreis
Ungünstige Kasko-Einstufung

Fazit

Man muss nicht auf den M2 warten, um im Zweier Coupé das M-Gefühl zu erleben: Dank heckbetontem Allradantrieb fährt der M240i so engagiert und hingebungsvoll, wie man das als Auto-Aktivist möchte.

Technische Daten
BMW M240i Coupé xDrive
Grundpreis60.100 €
Außenmaße4548 x 1838 x 1404 mm
Kofferraumvolumen390 l
Hubraum / Motor2998 cm³ / 6-Zylinder
Leistung275 kW / 374 PS bei 5500 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
0-100 km/h4,1 s
Testverbrauch9,8 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
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Erscheinungsdatum 25.04.2024

148 Seiten