BMW M340i und Mercedes-AMG C43
Kombis von AMG und M im Test

BMW Touring gegen Mercedes T-Modell, traditionsreicher könnte ein Kombi-Duell kaum sein. Hier fechten es die Sportversionen M340i xDrive und AMG C 43 4Matic aus. Also geht es nicht darum, wer mehr, sondern wer schneller transportieren kann.

BMW M340i, Mercedes-AMG C43 T
Foto: Achim Hartmann

AMG oder M? In dieser Frage spitzt sich die Rivalität zwischen Mercedes und BMW zu. Es geht um die Dominanz im Alltagssport. Die ist längst nicht mehr so klischeehaft ausgemacht, wie es der Foren-Stammtisch glaubt.

Wir wollen jetzt nicht in den Annalen blättern, um die Herkunft einzuordnen. Wir wollen auch nicht nach der besseren Power-Limousine à la M3 oder C 63 suchen. Wir wollen stattdessen heute die Modelle darunter testen, die zweite Garde der Alltagssportler, den M340i xDrive und den AMG C 43 4Matic – beide in der familienkonformen Kombi-Ausführung. Bis aus ihnen eigene Linien wurden, hat es diverse Anläufe über diverse Modellzyklen benötigt. Kontinuität stellte sich erst in der jüngeren Vergangenheit ein.

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Interessanterweise forciert gerade Mercedes erstaunlich entschlossen eigene Kreationen. Die Zeiten, da AMG vorwiegend Federn und Dämpfer verhärtet hat und mäßig begabte Hoppelkisten herausbrachte, sind längst Geschichte. Wer sich heute ans Steuer eines C 43 setzt, registriert die diversen eigens entwickelten Aufhängungskomponenten bereits auf den ersten Metern – in Form von energischer Ernsthaftigkeit.

Mercedes-AMG C43: Beeindruckendes Fahrwerk

Mercedes-AMG C43 T
Achim Hartmann
Der AMG punktet querdynamisch. Beim Einlenken wankt der AMG erfreulich wenig. Das resultiert im Endeffekt in einer sehr neutralen und effektiv schnelleren Kurvenfahrt als im BMW.

Der 43er kommt dem Asphalt näher als eine Mercedes C-Klasse, womit wir nicht die Tieferlegung meinen. Es ist eher eine Intimität, ein Koppeln, ein Resonieren mit der Oberfläche. Dabei verliert der AMG nie den Kontakt zur Straße, egal wie übel Bodenwellen auf ihn eindreschen – weil die Stoßdämpfer wie im GT-Rennsport nach dem Verdrängerprinzip arbeiten, ihre Kolben dank außenliegender Ventile besonders viel Weg zurücklegen können und damit wachsam ansprechen. Dennoch dominiert eine Festigkeit in der Bewegung das Gefühl und sie schränkt das Federungsvermögen stark ein.

Die Adaptivdämpfer des AMG beginnen in der Comfort-Einstellung etwa da, wo jene einer C-Klasse auf Sport plus enden. Bereits im nachgiebigsten Modus ist der Aufbau des C 43 stark gehalten, saugt sich an die Straße, vollzieht Verwerfungen nach, stellt sie in die eng geschnittenen Integralsitze durch. Deren elektrisch verstellbare Wangen empfinden breite Rücken sogar in der weitesten Position als zudringlich.

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Den Sportkombi umgibt eine gewisse Hartnäckigkeit. Jene verdankt die Vorderachse einerseits zusätzlichen Elementen wie einer Domstrebe und einem Schubfeld in der unteren Lenkerebene. Andererseits ihren neuen Achsschenkeln, die den negativen Sturz erhöhen. Ebenso steiferen Gummilagern, welche die Räder beim Ein- und Ausfedern strikter in Position halten. Während die Hinterachse auf einer eigenen Achsträger-Entwicklung ruht und von einer rigideren Elasto-Kinematik profitiert.

Ernsthaft hohes Tempo

Mercedes-AMG C43 T
Achim Hartmann
Aufwendiges und beeindruckendes Triebwerk. Beim Fahren fragt man sich allerdings, ob der Entwicklungsaufwand wirklich nötig war, oder ob man nicht schlauerweise den V6-Motor des Vorgängers etwas verbessert hätte.

Daraus ergibt sich eine überaus steife Anbindung, entsprechend annektiert der Allradler jeden Radius. Dass seine Kraftverteilung die Hinterachse bevorzugt, das Drehmoment im starren Verhältnis von 31 zu 69 Prozent zerlegt, merkt man dem Eigenlenkverhalten kaum an.

Fifty-fifty wäre gleichfalls glaubhaft, wobei auf der Teststrecke am Ende des Möglichen die Vorderräder nachgeben, unterschwellig vom ESP moderiert. In diesem Fall liegt bereits ein ernsthaft hohes Tempo an – beim doppelten Spurwechsel durch den Pylonen-Parcours ein deutlich höheres als im BMW.

Der setzt der Ernsthaftigkeit eine ganz eigene Heiterkeit entgegen. Zwar bietet der M keinen Drift-Modus, aber sein Allradantrieb gestattet so viel Spielraum, dass sich fahrdynamisch alle Möglichkeiten eröffnen. Schon stramm auf Zug gefahren richtet sich das Heck am Kurvenausgang von alleine aus, giert bei Grenzgeschwindigkeit minimal und verharrt in stabiler Sättigung. So flowt der BMW M340i Touring xDrive harmonisch durch anspruchsvolle Passagen.

Dass er sich dabei etwas jenseits der Neutralität aufhält, lässt ihn ab dem Scheitelpunkt handlicher als den Mercedes-AMG C 43 T 4Matic erscheinen. An dessen unmittelbares Einlenken kommt der M gleichwohl nicht ansatzweise heran. Vielmehr setzt sich sein Chassis nach dem Lenkbefehl zunächst in die Federn, um erst danach dem vorgegebenen Radius zu folgen. Da ist relativ viel Spiel in der Mechanik, was kaum verwundert, erhält die Radaufhängung doch weniger umfangreich Hardware-Unterstützung als im AMG. Die M-Ingenieure begnügen sich mit neuen Stoßdämpfern und Stabilisatoren rundum – wobei man festhalten muss, dass sie beim 3er bereits auf einem dezidiert taffen Grundmodell aufbauen.

Der eigene Dreh wird bei der Applikation des xDrive klarer. Die hat es in sich, changiert sie doch bis hinein in den reinen Hinterradantrieb – mit allem, was dazugehört. Lenkt man überschwänglich ein, alterniert das Heck völlig selbstverständlich von Haft- in Gleitreibung, ohne fühlbaren Sprung, und kehrt ruckfrei wieder an seinen Platz zurück, sobald man die Lenkung intuitiv öffnet. Kurvenfahren enthält eine swingende Komponente, man tanzt um die Ideallinie herum. Erst wer zu weit ausschweift, wird vom ESP barsch ermahnt.

BMW M340i: Herrliches Triebwerk

BMW M340i
Achim Hartmann
Da hockt er sich in die Federn, der M, und giert aus dem Scheitelpunkt. Leichtes Übersteuern kommt auf ganz selbstverständliche Art.

Dazu muss es nicht kommen, denn die passende Dosis Schlupf lässt sich wunderbar mit dem rechten Fuß modulieren; der Dreiliter hängt sozusagen am großen Zeh und maunzt beim Hochdrehen herzerwärmend. Dank des Twin-Scroll-Laders mit seinen getrennten Strömungskanälen für besseres Ansprechverhalten war der Reihensechser schon bisher keine Schlafmütze; jetzt hilft ihm noch ein sanfter 25-Nm-E-Boost auf den ersten Umdrehungen der Turboschaufeln. Dazu das traumwandlerische Teamwork mit der Achtgangautomatik – fertig ist ein Antrieb, gegen den der hohe Entwicklungsaufwand von AMG fragwürdig anmutet.

Hier setzt man sogar auf zwei elektrische Helfer: einen in Form des mit 60 Nm unterstützenden Riemen-Startergenerators, einen weiteren direkt auf der Welle des Turboladers. Zudem übernimmt eine im Ölbad laufende Kupplung statt des bisherigen Wandlers den Kraftschluss der Neungang-Automatik. Doch damit handelt man sich ein hakeliges Zusammenspiel mit dem Start-Stopp-System ein. Immerhin interagiert der Motor verglichen mit früheren Entwicklungsstufen wacher, gewinnt mit zunehmender Drehzahl an Esprit und Emotion. Doch das Problem ist: Wir referieren beim C 43 nicht mehr über den wunderbaren Biturbo-V6; ihn ersetzt neuerdings der Zweiliter-Vierzylinder aus dem A 45 – ähnlich wie im SL 43 umgewidmet auf Längseinbau. Ein Abstieg bei Laufruhe, Leistungsentfaltung und Sound, wiewohl der Reihenvierer schon sehr sortenrein grantelt.

Überraschung beim Verbrauch

BMW M340i
Achim Hartmann
Im Test ist der BMW mit 3-Liter-Sechszylinder sogar spasamer als der AMG mit Vierzylinder. (9,3 zu 9,6 l/100km im Test).

Außer bei den Fahrleistungen kann der AMG im Antriebskapitel nirgends mithalten, verstoffwechselt trotz geringerer innerer Reibung und weniger rotierender Massen im Durchschnitt zudem mehr Benzin: 7,6 statt 7,1 l/100 km auf unserer Eco-Runde, bewertet im Umweltkapitel.

Sie ist der Urmeter der aufwendigen Verbrauchsmessungen bei auto motor und sport; speziell geschulte Kollegen bewegen jeden Testwagen zweimal während eines ganzen Arbeitstages nach strengen Vorgaben auf unserer traditionsreichen Strecke durch die Stadt, über Land und auf der Autobahn. Nur dieses Vorgehen ergibt eine stichhaltige Vergleichbarkeit über alle Fahrzeugklassen hinweg.

Ähnlich hohen Messaufwand betreiben wir, um den Leistungsbedarf bei Konstantfahrt mit 130 km/h in Form von Ausrollversuchen zu ermitteln – hier zeigt sich der M340i erneut effizienter. Zudem kommt er bei den Wechselintervallen, auf 100.000 km betrachtet, mit deutlich weniger Öl aus. Im finalen Kapitel gestehen wir dem sparsameren BMW einen Pluspunkt bei den Energiekosten zu, die wir auf Basis des Testverbrauchs auf 100.000 km hochrechnen. Kuriosität am Rande: Die Preisliste offenbart, dass der Reihensechser nur mit Super Plus volle Leistung erreicht. Dennoch empfiehlt BMW Superbenzin (ROZ 95).

Dass der C 43 bei Wartung, Verschleißteilen und Vollkasko-Prämien teurer ist, Mercedes seinen Kunden zudem nur zwei statt drei Jahre Gewährleistung zugesteht, vermerken wir im gleichen Kapitel negativ.

Teurer Spaß

BMW M340i, Mercedes-AMG C43 T
Achim Hartmann
Testwagennpreis: 89.191 Euro beim AMG zu 81.370 Euro beim BMW M.

Wie üblich kamen beide Testwagen mit reichlich Sonderausstattung. In den bewerteten Preis beziehen wir alles ein, was für die Bepunktung relevant ist. Beim BMW sind dies etwa die 19-Zöller, das M-Sportpaket Pro (Sportbremse), das Innovationspaket (Live Cockpit Professional), das Gepäckraumpaket und die Lordosenstütze. Beim Mercedes addieren wir auf den Grundpreis die 20-Zöller, das High-End-Infotainment-Paket, den Real-Performance-Sound sowie das Performance-Sitz-Paket High-End; letzteres schlägt schon mit 7.188 Euro zu Buche und erklärt teilweise den enorm hohen Testwagenpreis von 89.191 Euro (BMW: 81.370 Euro).

Warum wir die abturnenden Posten des Umwelt- und des Kostenkapitels so ausführlich beleuchten? Weil der C 43 hier seinen Vorsprung aus der Eigenschaftswertung mehr als verspielt. Wenn man so will, wäre er nach Punkten betrachtet (knapp) der bessere Sportkombi – auch übrigens, weil er das umfangreichere Sicherheits-Bündel schnürt. Vor allem aber, weil er dank der AMG-Änderungen seine großartige Fahrpräzision ausspielt. Nicht zu vergessen, weil die breite Spreizung seiner Dynamiksysteme dem Fahrer viel Mitbestimmungsrecht einräumt und er sich in den umfangreichen Set-up-Möglichkeiten fast schon verliert.

Wir wagen an dieser Stelle die Mutmaßung, dass der Mercedes mit dem weiterentwickelten V6 seines Vorgängers in der Eigenschaftswertung deutlich mehr vorgelegt hätte und der Vergleichstest möglicherweise zu seinen Gunsten ausgegangen wäre. So aber gewinnt der BMW.

Ups. Eben fällt uns auf, dass die Karosserie-Kriterien im Text noch gar nicht zu Wort kamen. Hier das Wichtigste: höhere Funktionalität beim Touring dank gummierter Schienen als Ladungssicherung, Verstaumöglichkeit des Gepäckraumrollos unter den Ladeboden sowie getrennt zu öffnender Heckscheibe. Andererseits mehr Display-Darstellungen samt besser ablesbarer Instrumente beim T-Modell.

Wie konnten wir das alles nur vergessen? Wahrscheinlich, weil davon kaum jemand seine Entscheidung abhängig machen dürfte, wenn sich ihm die Frage stellt: AMG oder M?

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Fazit

1. BMW M340i Touring
597 von 1000 Punkte
2. Mercedes-AMG C43 T-Modell
586 von 1000 Punkte
Technische Daten
BMW M340i Touring xDrive Mercedes AMG C 43 T 4Matic Mercedes-AMG
Grundpreis74.900 €86.031 €
Außenmaße4714 x 1827 x 1440 mm4793 x 1824 x 1466 mm
Kofferraumvolumen500 bis 1510 l490 bis 1510 l
Hubraum / Motor2998 cm³ / 6-Zylinder1991 cm³ / 4-Zylinder
Leistung275 kW / 374 PS bei 5500 U/min300 kW / 408 PS bei 6750 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h
0-100 km/h4,5 s4,6 s
Verbrauch9,8 l/100 km
Testverbrauch9,3 l/100 km9,6 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten