Porsche Panamera GTS und BMW M850i xDrive
Edle und sportliche V8-Limos im Test

In diesen über fünf Meter langen, hochpreisigen Limousinen stecken aufwendige Fahrwerkstechnik und dicke V8-Motoren. Damit wollen Porsche Panamera GTS und BMW M850i xDrive in der Oberklasse einen sportbetonten Mix aus großem Luxus, Komfort und Kraft liefern.

BMW M850i xDrive Gran Coupé, Porsche Panamera GTS
Foto: Hans-Dieter Seufert

Die Auswahl des Deutschen Basketballbunds schlägt nach Verlängerung Litauen, die deutlich favorisierten Slowenen um Megastar Luka Doncic verlieren knapp gegen die Bosnier, und sogar die Ungarn stressen die auf dem Papier haushoch überlegenen Franzosen bis zum Schluss. Also viele unerwartete Ergebnisse an einem wilden Basketball-Sonntag, der gegen 23 Uhr in der Kölner Lanxess-Arena endet. Und jetzt? Geht’s über gut 350 Autobahnkilometer zurück in die Redaktionsheimat Stuttgart.

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Genau das sind solche Fahrten, für die du dir eine entspannte, schnelle Oberklasse-Limousine wie Porsche Panamera GTS oder BMW M850i xDrive Gran Coupé wünschst. In diesem Fall wartet im Parkhaus tatsächlich ein solcher V8-Achter, der mit leuchtenden Scheinwerfern und leuchtendem Kühlergrill grüßt. Die Niere bleibt auch während der Fahrt illuminiert, was zum einen schon imposanter wirkt als die geraden Lichtlinien, die manche Daimler- oder VW-Scheinwerfer optisch verbinden. Zum anderen gehört die Grillbeleuchtung mit dem von 10,25 auf 12,3 Zoll gewachsenen Touchscreen zu den auffälligsten Änderungen des Mini-Facelifts am BMW.

BMW M850i: Blitzantritt und Kraftreserven

Also dann: Tür halbherzig zuziehen, damit die Soft-Close-Mechanik was zu tun hat, den biturboaufgeladenen Achtzylinder starten und dann ab dafür. Schon in der Stadt bestätigt der 4,4-Liter-V8, was du von hubraumstarken Motoren der Bayerischen Motoren Werke aus Gewohnheit erwartest: einen explosiven ersten Schritt und dicke Muckis für direkte und kraftvolle Zwischenbeschleunigung. Auf der A 3 angekommen, zieht der M850i mit seinen gewaltigen 530 PS erhaben durch, und wegen der weit leuchtenden Laserscheinwerfer mit ausgeklügelter Adaptivlichtverteilung kannst du problemlos ein hohes Reisetempo wählen.

200 passt zum Beispiel super, um im wohlgedämmten Wohnzimmer noch gänzlich unangestrengt quatschen zu können. Zum Beispiel darüber, dass Doncic zwar Backsteine von der Dreierlinie geworfen hat, seine Luka-Magic aber mit Zauberpässen und elegant-kraftvollen Zügen zum Korb ausgepackt hat – Halleluka! Oder wir reden darüber, dass der Panamera mit kaum schlechterem Matrixlicht leuchtet und sich nicht wirklich 50 PS schwächer anfühlt. Obendrein läuft er in der Spitze 300 km/h, während BMW die 250-km/h-Sperre nur für den M8 auf das genannte Niveau anhebt. Wichtiger als der Tempounterschied ist jedoch, dass beide Testkandidaten entspannt geradeaus fahren und das spurfeste Fahrgefühl auch in durchaus zügig gefahrenen, lang gezogenen Autobahnkurven beibehalten.

Porsche Panamera GTS: Beste Brems- und Fahrwerkstechnik

Porsche Panamera GTS
Hans-Dieter Seufert
Riesige Kohlefaser-Keramik-Bremsscheiben verstecken sich hinter den 21-Zoll-Felgen. Damit steht der GTS aus Tempo 100 bereits nach 32,1 Metern. Das ist über 2 Meter früher als der BMW.

Hier rastet der Porsche noch ruhiger und fester ein, weshalb sich der Fernstraßen-Expressmodus entsprechend stressfrei weiter auf die Spitze treiben lässt. Noch dazu bremst er mit seinen Kohlefaser-Keramik-Bremsscheiben (8937 Euro) heftiger als der ohnehin schon tüchtig verzögernde BMW, für den es keine Carbonstopper gibt: 32,1 zu 34,4 Meter von 100 auf 0 km/h. Als Krönung federt der Panamera insgesamt spürbar feiner, denn der Achter leitet Unebenheiten speziell innerorts auch mal deutlicher in die Fahrgastzelle weiter. Auf gut gepflegten Pisten fällt das natürlich weniger ins Gewicht, und so oder so liefert auch der Achter vorzügliche Reisequalitäten.

Für die Überlegenheit des Panamera zündet Zuffenhausen ein gewaltiges und teures Technikfeuerwerk: Ab Werk ist er ringsum mit Luftfedern ausgerüstet, die mit ihrer Drei-Kammer-Konfiguration die Federrate beeinflussen können. Den Testwagen ergänzen für 2083 Euro eine Hinterachslenkung und die Porsche Dynamic Chassis Control (4701 Euro), die neben einer elektromechanischen Wankstabilisierung ein Software-geregeltes Hinterachs-Sperrdifferenzial beinhaltet. Ein vergleichbares Differenzial sowie vier lenkende Räder gehören beim BMW zum Serienumfang, eine Luftfederung wird hingegen nicht angeboten. Zudem verzichtet BMW bei diesem Skyscraper-grauen Exemplar auf die aktive Wankstabilisierung, die für 2650 Euro im Konfigurator steht.

GTS regelt auf Topniveau

Seine Fahrwerkstechnologie setzt der Panamera über Land noch eindrucksvoller in Szene. Für einen 2,1-Tonner reagiert er auffällig direkt auf Lenkradbewegungen, weshalb er selbst bei zurückhaltender Gangart schon ein sportliches, gefühlt wankfreies Fahr-erlebnis erzeugt. Überwältigend gut wird er aber erst, wenn du das ESP auf Sport stellst und ihn herausforderst. Dafür nehmen wir eine mittelspitze Kurve, bei der das Auto im Bereich von 80 bis 90 km/h schon ordentlich ins Rotieren kommt. Hier jetzt am Eingang mit Hauruck am Lenkrad drehen und früh wieder großzügig Gas geben: Im gesamten Verlauf schickt der serienmäßige Allradantrieb 620 Nm zur Hinterachse, deren Sperre das Heck so feinfühlig an die richtige Stelle schubst, dass die Fünfmeter-Fuhre in einer flüssigen Bewegung mit beachtlicher Präzision der angelenkten Linie folgt.

Dazu gibt’s fein aufgelöste Rückmeldung der straffen Edellenkung, die den Aufbau der Seitenführungskräfte eindeutig kommuniziert – das gelingt der durchaus sehr guten, etwas leichtgängigen Achter-Lenkung nicht auf diesem Topniveau. Ein weiterer Vorteil des Porsche ist seine Bremspedalabstimmung mit kräftigem Widerstand, exakter Dosierbarkeit und detailreichem Feedback auch im ABS-Bereich. Kommunikation gehört prinzipbedingt zu den Schwächen der Brake-by-Wire-Anlage des Achters, dennoch überzeugt sie für ein solches System mit leichter Dosierbarkeit.

Rutsch doch mal, BMW!

BMW M850i xDrive Gran Coupé
Hans-Dieter Seufert
Der BMW wirkt in der Seitenansicht flacher als der Porsche. Gemessen beträgt der Unterschied tatsächlich 1cm.

Um das Handling des Achters zu besprechen, kommen wir zunächst zurück auf das Sport-ESP des Porsche. Denn was das nicht erlaubt, sind diese kleinen Powerslides, bei denen man bis zu einer halben Umdrehung gegenlenkt – also die Nummer, mit der viele BMW in Sportfahrerherzen rutschen. Warum die Dynamik-Kennlinie des M850i-ESP ausgerechnet diese filigrane Turnübung nicht kann? Seltsam. Prinzipiell lässt er sich darin schon ins Übersteuern drängeln, nur musst du dafür ruppig zur Sache gehen. So geschmeidig und fast schon selbstverständlich wie im M340i xDrive klappt das jedenfalls nicht ansatzweise. Das ist bitter, denn ein BMW mit M-Plakette, der bei Bedarf nicht bei niedrigem Tempo auf Abruf rutscht, ist wie ein Slowenien-Spiel ohne Luka-Magic: Schon enttäuschend, denn exakt dafür sind die Fans doch gekommen.

Auf der anderen Seite erlaubt der Achter sich zwar nur geringfügige, beim Einlenken aber doch spürbare Karosseriebewegungen, noch dazu versteckt er sein fast identisches Gewicht viel ineffektiver. In der Konsequenz lässt er einige Fahrspaßpunkte an sich vorbeiziehen, weil er eben nicht nach Art des Hauses rutscht oder die Präzision des Porsche erreicht. Erwähnt sei, dass er unter dem Strich überaus dynamisch fährt und hier vor allem unter dem direkten Vergleich leidet. Und ganz objektiv betrachtet, bewegt er seine schweren Knochen auf Augenhöhe zum Panamera durch den doppelten Spurwechsel und den 18-Meter-Slalom.

Bei Motoren macht BMW keiner was vor

BMW M850i xDrive Gran Coupé
Hans-Dieter Seufert
Ein Kunstwerk von Motor: Der bei BMW intern genannte N63 überzeugt vor allem durch sein schnelles Ansprechen. Außerdem ist der BMW mit einem Durchschnittsverbrauch von 11,7 l/100km einen Tick sparsamer als der schwächere Panamera (12,1 l/100km).

Abseits des Testgeländes ist es dafür der Bayern-V8, der den wuchtigen Porsche-Achtzylinder in Schach hält. Und zwar weniger wegen seiner 130 zusätzlichen Nm, sondern weil seine Reaktionsstärke auch auf Landstraßen begeistert. Denn während der Panamera sich am Kurvenausgang zwei, drei Wimpernschläge Zeit lässt, bis er sein Potenzial voll abruft, regelt der BMW die Sache mit dem Ladedruck offenbar sofort – jedenfalls gibt’s die ganze Drehmoment-Breitseite fast unmittelbar. Und obwohl die Verzögerung kurz ist, spürt man das bessere Ansprechverhalten des Achters auch beim Anfahren.

Es sei denn, der Porsche schießt sich via Launch Control vom Fleck, denn dann erreicht er 80 km/h zwei Zehntel schneller als sein Konkurrent. Weiter geht’s mit seinem Doppelkupplungsgetriebe, das zweifaches Runterschalten blitzartig umsetzt, während der Drehmomentwandler im M850i dabei häufiger kurz zögert. Und obwohl beide Boxen schnell und geschmeidig schalten: Die im Panamera macht’s schneller.

Ein Porsche-typisches i-Tüpfelchen ist dabei das Gaspedal, das du genüsslich auf den Anschlag klatschen kannst, ohne von einem Kick-down-Knopf gestört zu werden: Der Automatikmodus versteht auch so, wenn der Fahrer Volldampf haben will – alternativ kann der auch auf den Sport-Response-Knopf am Lenkrad klicken, der den Antrieb auf Attacke stellt und den niedrigstmöglichen Gang einlegt.

Eine Etage tiefer im GTS

Porsche Panamera GTS
Hans-Dieter Seufert
Edler Innenraum mit sportlichen Akzenten. Viel Alcantara (bei Porsche heißt das Racetex) und Carbon-Zierelemente.

Solche Sachen zahlen natürlich aufs Gran-Turismo-Konto ein, genau wie der von Monitoren umgebene Analog-Drehzahlmesser mit digitaler Tempoanzeige – das schindet schon ganz erheblich mehr Eindruck als die mittelprächtig ablesbaren und langweiligen Grafiken auf dem BMW-Tachobildschirm. Noch mehr Schlagkraft haben diesbezüglich die Sitze. Die sind zwar hier wie dort super, doch im Porsche lassen sich neben den Wangen an der Rückenlehne auch die der Sitzfläche verstellen, was den Seitenhalt optimiert, der auch im Schulterbereich besser ist – und das alles, obwohl die Sitze mindestens genauso gemütlich sind.

Hinzu kommt deren Positionierung, die in beiden Autos sehr niedrig und ergonomisch hervorragend ausfällt. Im GTS kommt sie dir aber noch sportlicher vor, was an der Mittelkonsole liegt, die über ihre gesamte Länge hoch positioniert ist, und am Armaturenbrett, das in Richtung Innenraum kaum an Höhe verliert – das Cockpit integriert dich stark.

Allerdings findest du im Panamera kaum Platz, um deinen Kram unterzubringen, so musst du schon dein Telefon irgendwie unter der engen Mittelarmlehne verstauen. Da hat der BMW eindeutige Vorteile, aber obwohl schon er mit tollen Materialien und beledertem Armaturenbrett dick aufträgt, überbietet ihn der Porsche mit noch feineren Details.

Porsche und Alltag? Ja!

Porsche Panamera GTS
Hans-Dieter Seufert
Im Gegensatz zum BMW lässt sich beim Porsche die Heckklappe im Stile einer Fließheck-Limousine weit öffnen. Rein passen 495 - 1334 Liter.

Abseits der besseren Ablagemöglichkeiten bietet der GTS die höhere Alltagstauglichkeit. Das liegt vor allem am Karosseriekonzept, denn während der Achter eine typische Limousinen-Kofferraumklappe hat, schwingt die des Porsche inklusive Heckscheibe auf, weshalb die Ladeöffnung viel größer ist: Wer mit dem Auto in den Urlaub fährt, ist damit klar im Vorteil. Und obwohl beide umklappbare Rückbanklehnen haben, bleibt im BMW immer die Konstruktion um die Hutablage im Weg.

Wenn es darum geht, die Rücksitze nicht umzuklappen, sondern dort Platz zu nehmen, bevorzugt man auch hier wieder den Porsche, denn der bietet für 2570 Euro Aufpreis elektrisch verstellbare Einzelplätze, die eben noch bequemer sind als die bereits sehr gemütlichen im Gran Coupé. Noch dazu fällt der Platz unter den Vordersitzen und im Kopfbereich großzügiger aus, und die Vierzonen-Klimaautomatik pustet nicht nur im Fußraum und aus der Mittelkonsole, sondern zusätzlich auch aus den B-Säulen.

Hervorragende Bedienung im BMW

BMW M850i xDrive Gran Coupé
Hans-Dieter Seufert
Im Interieur finden sich tolle Materialien. Zum Beispiel gibt es eine belederte Armaturentafel.

Im Innenraum lässt der BMW seinem Gegner zwar einige Punkte, schlägt mit seiner vorbildlichen Bedienung aber zurück. Die hat sich beim Touchen mit dem großen Monitor verbessert – aber vor allem behält der Achter ja den bisherigen BMW-Vorzug bei, der die Tatscherei bloß als Alternativmethode vorhält. Die Grundlage bilden der iDrive-Schalter mit Direktwahlknöpfen sowie die fast frei konfigurierbaren Favoritentasten und die umfangreiche Spracheingabe.

Da kann die insgesamt gute Bedienung des Panamera nur Schadensbegrenzung betreiben: Die hat zwar auch einen kleinen Dreh-Drück-Steller, allerdings unterstützt der lange nicht alle Menüebenen. Und dann gibt’s da noch Themen wie die Cockpitbeleuchtung: ein Rändelrad für alles im BMW versus Untermenü-Wühlerei auf dem niedrig positionierten Touchscreen im Porsche. Auf dem fummelt man ebenso rum, um die zentralen Luftdüsen auszurichten. Auch die Steuerung der Temporegelanlage läuft mit den Tasten am M-Lenkrad einfacher ab als mit dem Hebel an der gleichermaßen elektrisch verstellbaren Porsche-Lenksäule. Darüber hinaus lässt sich nur im BMW eine aktive Spurführung aktivieren, die zu den besten gehört: Sie hält zuverlässig die Spurmitte und erkennt selbst komplexe Markierungen in Baustellen meist sauber – wenn nicht, meldet sich das System vorher akustisch und über die LEDs des kapazitiven Lenkrads.

Die Überlegenheit des BMW in Sachen Komfort- und Sicherheitsassistenz sowie bei der Bedienung gehört zu den Dingen, die vor dem Duell absehbar waren. Zu den Überraschungen gehört, dass der wuchtige Porsche-V8 sein Leistungsdefizit egalisiert und der Panamera über Fahrwerk und Bremse so stark punktet, dass er seinen noch viel höheren Preis am Ende haarscharf kompensiert.

Doch wenn es einen Deutschen Sportlimousinenbund gäbe, stünden M850i und Panamera GTS gemeinsam in der Auswahl.

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Fazit

1. Porsche Panamera GTS
653 von 1000 Punkte

Der GTS vereint präzises Handling, großen Fahrspaß und hohen Komfort auf absolutem Spitzenlevel. Dazu die heftige Bremse und der praktischere Kofferraum. Aber: noch viel teurer als der BMW.

2. BMW M850i xDrive
652 von 1000 Punkte

Der noch brillantere Motor rockt schwer, aber das M-Feeling im Handling fehlt. Dafür gibt’s die beste Bedienung, viel Assistenz und ebenfalls großen Fahrkomfort.

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Erscheinungsdatum 08.05.2024

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