Ford Focus ST, Skoda Octavia RS, VW Golf GTI
Dreikampf der Kompakt-Sportler

Die Frage „Wer hat’s erfunden?“ ist zwar leicht zu beantworten: natürlich der VW Golf GTI. Trotzdem muss er seinen Titel als König der Kompakt-Sportler immer wieder verteidigen – diesmal gegen den Konzern-Bruder Skoda Octavia RS und gegen den Ford Focus ST.

Ford Focus ST, Skoda Octavia RS, VW Golf GTI Performance, Frontansicht
Foto: Hans-Dieter Seufer

Selbst wer nicht für den VW Golf schwärmt, muss sich eingestehen: Der GTI ist das Original und stilbildend – ihn haben viele zum Vorbild genommen, an ihm müssen sich alle sportlichen Kompakten messen. Sein Schatten erscheint größer als seine Silhouette und hat schon einige Konkurrenten ganz einfach verschluckt. Der neue Skoda Octavia RS will ihm das nicht nur sinnbildlich mit seinem längeren Radstand und dem angehängten Kofferraum schwer machen. Und auch der Ford Focus ST stellt sich mit mächtig aufgeblasenen Backen breit auf, zeigt massiv Präsenz.

Ford Focus ST fällt aus dem Rahmen

Eines ist klar: Alle drei treten als Erstautos an, sollen dem Weg zur Arbeit die routinierte Ödnis nehmen, aber die Urlaubsreise nicht zur Tortur machen. Gleichzeitig schwebt über allem der erhoffte Lustgewinn gegenüber automobilen Normalos. Vor allem der Ford Focus ST bietet noch genau jenen Hauch von Abenteuer, den Ingenieure den perfektionierten Allroundern immer stärker aberziehen.

Nicht nur optisch fällt er kraftmeierisch aus dem Rahmen – er benimmt sich auch so. Die Dicke-Hose-Attitüde des Ford Focus ST beginnt schon beim Anlassen des Turbo-Vierzylinders. Jaja, auch wir haben dem grollenden Fünfzylinder des Vorgängers dicke Tränen nachgeweint, als ihm schnöde Abgasvorschriften den Garaus gemacht haben. Doch der König ist tot, es lebe der König: Der Zweiliter des Ford Focus ST röhrt wie ein Rudel Hirsche und klingt überhaupt nicht nach einer Vernunfts-Lösung. Zarte Naturen mögen das Krawall nennen, die Emotions-Fraktion dürfte es allerdings lieben.

Verglichen damit tönt plötzlich sogar der VW Golf GTI brav. Dabei setzt auch er einen Soundkomposer ein, um gezielt das kehlige Ansauggeräusch in den Innenraum zu verstärken. Aber er nimmt einfach mehr Rücksicht auf die Langstrecke und überhöht die Bassfrequenzen nicht gar so dreist. Eher fragwürdig ist die Klangformung im Skoda Octavia RS: Obwohl er den nahezu gleichen Zweiliter unter der Fronthaube trägt – der Performance-GTI hat zehn PS mehr –, dröhnt er unnatürlich rau und poltrig.

Skoda Octavia RS hängt zwischen den Stühlen

Mag das noch zum auffälligen Skoda Octavia RS-Heckspoiler passen: Mit dem großzügigen auf maximalen Alltagsnutzen getrimmten Platzangebot will das keine schlüssige Einheit eingehen – der Kofferraum-König hängt etwas zwischen den Stühlen fest, was andererseits den Reiz ausmachen kann, wenn man einen Familiensportler sucht. Wie schon bei seinem Vorgängermodell dürfte allerdings erst der Kombi (mit unauffälligerem Spoiler) Freunde eines Renn-Transporters zufriedenstellen und deutlich häufiger nachgefragt werden – dann sogar als sparsamer Diesel-RS, eine Kombi-Variante, die es weder bei VW noch bei Ford gibt.

Zwar reicht auch im Fließheck-Modell der Platz für Familienurlaube dicke aus, doch auf Fernreisen erscheint der Federungskomfort des Octavia grenzwertig: Skoda bietet optional keine adaptiven Stoßdämpfer à la GTI an, die den Spagat zwischen Reisen und Racen perfekt meistern. Erst beladen beweist der Skoda Octavia RS auf schlechten Straßen gutes Schluckvermögen: Je derber die Bodenwellen und je schneller man fährt, desto besser federt er – der Charakter eines klassischen Sportfahrwerks.

Doch wie sehr man den Octavia auch fordert, der Faszinations-Funke will nicht so schnell überspringen. Der RS wirkt, wie er ist: groß. Seine Karosserie-Ausmaße schränken die Beweglichkeit ein, was auch bei der Fahrdynamik-Prüfung messbar wird: Gegenüber dem VWGolf GTI gerät er beim schnellen Spurwechsel ins Hintertreffen.

Golf GTI zieht allen davon

An Leistungsbereitschaft mangelt es dem Skoda Octavia RS übrigens keineswegs: Bei der Beschleunigungs-Messung zieht er sogar dem 30 PS stärkeren Focus leicht davon, wird aber erneut vom VW Golf GTI in die Schranken gewiesen – vor allem zwischen 180 und 200 km/h. Dabei tritt der RS als Einziger im Vergleich mit einem Doppelkupplungsgetriebe an, dem unbestrittenen Schnell-Schalt-Star. Zum Zeitpunkt des Test hat die tschechische VW-Tocher nämlich keinen Handschalter zur Verfügung.

Doch die aufwendigere Technik bringt dem Octavia nur vermeintlich einen Vorteil: Weil die Automatik nicht im Sinne des Sportfahrers agiert, muss man per Plus-Minus-Wippe am Schalthebel eingreifen – der Testwagen verfügt nicht über die praktischen Paddel am Lenkrad.

Dann steigt man in den VW Golf GTI um und registriert, dass eine knackige H-Schaltung einen Piloten völlig zufriedenstellen kann. Ohnehin haben die Entwickler den GTI zu einer Perfektion gebracht, dass einzig der Preis kritikwürdig erscheint – und möglicherweise die Perfektion selbst.

Denn längst hat sich der VW Golf GTI vom einst kompakten Rabauken zum sportlichen GT disziplinieren lassen, wurde völlig auf Effektivität getrimmt: Keiner der drei geht effizienter mit dem Kraftstoff um, verwandelt ihn in bessere Fahrleistungen, wedelt schneller um die Pylonen – und zieht sich dank elektronischer Differenzialsperre via Bremseneingriff enger aus den Landstraßen-Kurven heraus. Präzise, spielerisch, kompetent.

Die Welt voller Attacke

Das zeigt sich als eigentliche Lehre aus dem Test in freier Wildbahn: Nur ein Sportler mit nachgiebigem Fahrwerk kann die Räder unter allen Umständen am Boden halten, bietet beste Traktion, Richtungsstabilität und fährt deshalb den anderen um die Ohren – auch oder gerade wilden Hunden wie dem Ford Focus ST.

Der Ford verliert sich wie kein Zweiter am liebsten in der Welt voller Attacke, umklammert seine Fahrgäste mit ausgeprägten Sitz-Flanken, vermittelt mit Zusatzinstrumenten für Ladedruck, Öldruck und -temperatur Motorsport-Flair. Offensichtlich hat der Ford Focus ST Großes vor. Und tatsächlich: Er will die Landschaft niederbügeln, sich von Bodenwellen durchbeuteln und von Fliehkräften in die Mangel nehmen lassen – bis Fahrer und Wagen transpirieren, denn beide müssen Höchstleistungen abliefern. Man muss mit dem Ford Focus ST kämpfen, um nicht die Richtungskompetenz zu verlieren, denn Antriebseinflüsse lassen den Fronttriebler überall hinzacken. Wer also das Lenkrad nicht fest im Griff hat, sollte auf schlechten Straßen besser den Ladedruck niedrig halten.

VW Golf GTI hält locker mit

Meist kommt man sich extrem schnell vor, erhofft bei so viel Aktion eine gute Performance. Zumal der Ford auch noch mit launigen Heckschwüngen auf Lastwechsel reagiert, bevor das ESP eigentlich viel zu spät mäßigend eingreift. Und genau hier trübt die Emotionalität den kritischen Blick für die Realität: Der 20 PS schwächere VW Golf GTI im Rückspiegel hält locker mit, zieht einen sauberen Strich, und sein Fahrer sieht überhaupt nicht abgekämpft aus. Klar, er muss ja auch nicht die Stöße der Federung ertragen, das Lenkrad im Zaum halten und den Schalthebel auf langen Wegen führen.

Natürlich hat das alles hohen Unterhaltungswert und ist aktive Freizeitgestaltung. Man sieht sich in die Welt vor den rigiden Regelungsmechanismen zurückversetzt. Klar liegt ein großer Reiz darin, den Zähmer des Wildpferdes zu spielen und ihm seinen Willen aufzuzwingen. Doch dazu gehört einiges an Erfahrung, die nicht jeder potenzielle Käufer mitbringen wird. Der Ford Focus ST ist ein Fall für den Kenner und vor allem den Könner.

Wildheit ist hier nicht nur Attitüde, sondern wird bis hinein in den Alltag gelebt. Definitiv stellt der Ford hier das drastischste Fluchtauto aus der Biederkeit dar: Seine Leidenschaft springt an, doch man muss sie auch jeden Tag erleben wollen – und sich das leisten können. Denn im Spaß-Modus gurgelt der Vierzylinder des Ford Focus ST ausgiebigst mit teurem Super-Plus-Benzin, verbraucht schon im Test-Mittel fast zwei Liter mehr auf 100 Kilometer als der VW Golf GTI und noch immer eineinhalb mehr als der deutlich größere, aber sogar etwas leichtere Skoda Octavia RS. Der höhere CO2-Ausstoß des Focus verteuert sogar die Kraftfahrzeug-Steuer, was Ford zumindest teilweise durch den etwas günstigeren Kaufpreis wieder kompensiert.

Die Parameter des Siegers

So liegt der Ford Focus ST im Kostenkapitel mit Golf und Octavia nahezu gleichauf und nähert sich dem Skoda noch im Sicherheitskapitel an. Davon abgesehen liegt er immer mehr oder weniger deutlich hinten. Seine extreme Ausrichtung wird ihm sicher viele Fans bescheren, allerdings wenig Meriten in Vergleichstests dieser Art.

Auch der Skoda Octavia RS versucht, sich vom VW abzusetzen – weniger durch Radikalität als durch Platz. Doch davon lässt sich der VW Golf GTI nicht beeindrucken, kontert mit durchdachteren Details wie dem doppelten Ladeboden, besserem Komfort bei gleichzeitig höherer Agilität, geringerem Verbrauch und dem besseren Wiederverkaufswert. So definiert er erneut die Parameter, denen ein Kompaktsportler entsprechen muss, um sich gegen andere durchzusetzen. Der GTI ist und bleibt das Original.

Fazit

1. VW Golf GTI Performance
529 von 1000 Punkte

Agilität trotz Komfort, beste Fahrleistungen trotz Sparsamkeit – dem Allrounder GTI ist kaum beizukommen.

2. Skoda Octavia RS
506 von 1000 Punkte

Viel Platz reicht dem RS nicht zum Sieg. Das Fahrwerk ist zu straff und das Handling trotzdem nicht animierend.

3. Ford Focus ST
462 von 1000 Punkte

Mit seiner radikalen Auslegung fährt sich der Focus ST in die Herzen, aber nicht auf die vorderen Plätze.

Technische Daten
Ford Focus ST STSkoda Octavia RS 2.0 TSI RSVW Golf GTI Performance GTI Performance
Grundpreis28.250 €32.490 €31.700 €
Außenmaße4358 x 1823 x 1484 mm4685 x 1814 x 1449 mm4268 x 1799 x 1442 mm
Kofferraumvolumen363 bis 1148 l590 bis 1580 l380 bis 1270 l
Hubraum / Motor1999 cm³ / 4-Zylinder1984 cm³ / 4-Zylinder1984 cm³ / 4-Zylinder
Leistung184 kW / 250 PS bei 5500 U/min162 kW / 220 PS bei 4500 U/min169 kW / 230 PS bei 4700 U/min
Höchstgeschwindigkeit248 km/h245 km/h250 km/h
0-100 km/h6,8 s6,7 s6,4 s
Verbrauch7,2 l/100 km6,4 l/100 km6,0 l/100 km
Testverbrauch9,3 l/100 km9,0 l/100 km