Ford Focus Turnier 1.0 Ecoboost im Test
Erstklassige Bilanz nach 100.000 km

Wie verkraftet der Dreizylinder-Turbobenziner im Focus Turnier die Dauertest-Distanz? Klare Antwort: Hervorragend, ohne Defekt und Mängel, besser kann ein Auto die 100.000 km nicht absolvieren.

Ford Focus Turnier 1.0 Ecoboost
Foto: Dino Eisele

Falls Sie zu der Gruppe von Leuten gehören, die glauben, dass vielleicht nicht alles, aber doch sehr vieles früher besser gewesen sei, dann müssen Sie jetzt stark sein: Es stimmt nicht, jedenfalls nicht, wenn es um Autos geht. Der Ford Focus Turnier 1.0 Ecoboost, der in den vergangenen 18 Monaten einen 100.000-km-Dauertest absolvierte, glänzte mit einer makellosen Bilanz, wie sie vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen wäre. Auch bei jenem Focus Turnier 2.0, der vor 15 Jahren bei auto motor und sport im Dauertest zu Gast war. Er fiel unter anderem mit diversen Klappergeräuschen und kleinen Defekten auf.

Und erst der 12M TS, der 1964 als erster Ford überhaupt einem auto motor und sport-Dauertest unterzogen wurde: Der litt während seines 50.000-km-Tests beispielsweise unter wiederholt rutschender Kupplung, nachlassender Motorleistung, mehrfach abgerissenem Auspuffkrümmer, Kühlmittelverlust und hängendem Schwimmernadelventil. Einmal musste er sogar mit Getriebeschaden abgeschleppt werden. Doch das war damals normal. Ebenso wie es heute normal ist, dass nichts passiert. Jedenfalls nichts Wesentliches. Dass beim Focus mit dem kleinen Dreizylinder-Turbo jedoch rein gar nichts passierte, hat dann doch viele in der Redaktion überrascht.

Ford Focus Turnier im Schnitt mit 8,2 L/100 km

Wobei rein gar nichts in diesem Fall heißt, dass der Ford sogar mit dem bisherigen Spitzenreiter Toyota Auris Hybrid im Mängelindex gleichzieht. Null Fehler, allenfalls Verschleißreparaturen sowie die regelmäßigen Wartungsarbeiten standen beim Focus an. Nicht einmal mit Ölnachfüllen wollte sich der Einliter-Turbo helfen lassen, die Nachfüllmenge von einem Liter auf die Dauertestdistanz liegt im Bereich der Messtoleranz. Oder anders ausgedrückt: Es hätte vermutlich auch ohne Nachfüllen von Ölwechsel zu Ölwechsel gereicht. Nur einmal, bei Kilometerstand 69.724, notierte Kollege Michael Harnischfeger während einer Frankreich-Fahrt, dass die Bordelektronik eine Fehlermeldung des Totwinkelwarners zeigte. Nach einem Neustart war diese jedoch verschwunden und tauchte bis zum Dauertestende auch nicht wieder auf.

So blieben die 583,46 Euro für den Wechsel der Bremsbeläge rundum sowie der vorderen Bremsscheiben die größte Investition in die Technik des Focus, abgesehen von den fünf Inspektionen, die während des Dauertests nötig wurden. Ach ja, einmal wurden die Wischerblätter ersetzt, einmal ein Steinschlag in der Windschutzscheibe repariert. Das war’s. Nicht einmal bei den Reifen bediente sich der Focus über Gebühr. Je ein Satz Sommer- und Winterreifen genügte ihm, zum Einsatz kamen die als Erstausrüstung gelieferten Michelin Primacy HP, ergänzt um einen Satz Winterräder mit Michelin Alpin A4. Am Ende des Dauertests waren allerdings auch die beiden Reifensätze ziemlich am Ende.

So beschränken sich die meisten Einträge in den Bordblättern des Focus auf Kommentare zum Motor, der fast uneingeschränkt Beifall findet. „Klasse Motor“, befindet etwa Redakteur Joachim Deleker, „starker Durchzug schon aus dem Drehzahlkeller, kultiviert und sehr leise.“

Allerdings bemängelt er wie einige andere Kollegen, die mit dem Focus Turnier eilige Dienstreisen unternahmen, den Durchschnittsverbrauch, in seinem Fall 6,7 Liter auf 100 Kilometer bei einer Autobahn-Reisegeschwindigkeit von durchschnittlich 125 km/h. Im Gesamtmittel waren es noch mehr, insgesamt 8.447,1 Liter Superbenzin tankte die Redaktion, was einem Schnitt von 8,2 l/100 km entspricht. Immerhin ist das weniger, als 1999 der 130 PS starke Focus verklappte, der lag bei 9,9 Litern, der 12M TS mit 55 PS von 1964 brachte es auf 9,6 Liter pro 100 Kilometer.

Was es sonst noch zum Focus zu sagen gibt? Gelobt wurden beinahe einhellig der gute Federungskomfort und die bequem gepolsterten Sitze vorn, während die Sitzbank hinten als nicht so angenehm empfunden wurde. Der gut funktionierende Tempomat wurde positiv beurteilt, desgleichen der Totwinkelassistent, der jedoch auch durch Fehlalarme auffällig wurde. Ebenso gefiel der selbsttätig ausfahrende Kantenschutz an den Türen, eine Ford-Spezialität.

Nur minimale Kritik bei der Bedienung des Focus

Die eher negativen Bemerkungen sind dagegen selten auf den Begleitkarten zu finden. Sie beziehen sich auf die komplizierte Bedienung einiger Fahrzeugfunktionen und den sehr kleinen Navi-Bildschirm – minimale Ärgerlichkeiten im Umgang mit dem Focus, der ansonsten einen sehr positiven Eindruck hinterlässt.

Dazu gehört auch die Farbe. Das aufpreisfreie Blazerblau wirkt zwar so aufregend wie die Livree eines Hotelpförtners. Aber der Lack zeigt zum Ende des Dauertests wenig Abnutzungserscheinungen: Nach der finalen Wäsche wirkt er so – na ja – frisch wie zu Dauertest-Beginn. Abgenutzter zeigt sich der Innenraum, dessen Wertigkeit bereits im Neuzustand Wünsche offen ließ. Vielleicht wird der Ford auch deswegen gerade mal auf 11.625 Euro taxiert, womit er über 60 Prozent seines Wertes verloren hat. Das ändert nichts am Dauertest-Fazit: Der Focus ist ein Siegertyp.

So beurteilen Leser den Ford Focus

Im Juni 2013 kaufte ich einen neuen Focus Turnier mit dem Dreizylinder und 100 PS. Ich entschied mich dafür, weil das Auto zu einem sehr günstigen Preis angeboten wurde, mit Ambiente-Ausstattung samt Klima und CD-Radio sowie der Überführung erhielt ich den Wagen für 13.900 Euro statt des Listenpreises inklusive Überführung von 20.415 Euro. Mit dem Auto bin ich seither rundum zufrieden, die Materialanmutung kann man als befriedigend bezeichnen. Sicherheit, Motorleistung und Fahrverhalten sind gut. Die häufig als unübersichtlich bezeichneten Instrumente und Armaturen sowie die daraus resultierende schlechte Bedienung kann ich nicht nachvollziehen. Lenkung und Schaltung geben keinen Anlass zum Meckern. Über 14.000 Kilometer komme ich bei vorsichtiger, aber meist zügiger Fahrt auf einen Gesamtverbrauch von 5,6 Litern auf 100 Kilometer bei einem Autobahnanteil von ca. 25 Prozent. Die restlichen 75 Prozent entfallen zu gleichen Teilen auf Landstraße und Stadtverkehr. Ölverbrauch ist bisher nicht messbar. Der Motor begeistert mich, ich will keine Rennen gewinnen, fühle mich jedoch nicht als Verkehrshindernis.
Joachim Ahrichs, 37077 Göttingen

Bereits bei der ersten Probefahrt gefiel mir der 1,6-Liter-Ecoboost-Motor mit kraftvollem Antritt schon kurz über der Leerlaufdrehzahl, sodass man mit dem passend übersetzten Getriebe bei Landstraßenfahrt eigentlich alles im fünften und sechsten Gang erledigen kann. Das Sparpotenzial im Vergleich zum 13 Jahre über 317.000 Kilometer gefahrenen Focus I mit 1,8-Liter-Benziner zeigt sich nur bei ökonomischer Fahrweise, hier verbraucht der Ecoboost etwa 0,75 Liter weniger. Der Antriebskomfort ist allerdings ungleich höher, da immer genügend Drehmoment zur Verfügung steht. Das Fahrwerk und der Federungskomfort machen Freude. Zum Glück dauerte die Probefahrt mehrere Stunden und begann bei Tageslicht, so konnte ich mir aus der Vielzahl von Knöpfchen die wichtigsten Funktionen einprägen, bevor es dunkel wurde. Heute bin ich mit der Bedienung zufrieden, alle Hebel und Tasten in und rund um das Lenkrad finde ich sehr gut. Die Verarbeitungsqualität ist okay, aber nicht makellos, bei niedrigen Temperaturen kommt es vereinzelt zu Geräuschen aus dem Armaturenbrettbereich, die aber nicht sehr lästig sind. Beim Turnier gefällt mir weiterhin der gut nutzbare Kofferraum, in den auch ein Mountainbike mit ausgebautem Vorderrad und Sattel aufrecht hineinpasst. Am Sony-Navi habe ich in Anbetracht des günstigen Preises ebenfalls nichts auszusetzen, der kleine Monitor stört mich kaum. Insgesamt bin ich mit meinem Focus Turnier zufrieden, ich würde ihn heute in derselben Ausstattung wieder kaufen.
Kristof Kose, 78250 Tengen

Vor- und Nachteile
Focus Turnier 1.0 Ecoboost
angenehmer, laufruhiger Motor
großzügiges Platzangebot
sehr angenehmer Reisekomfort
agiles Handling
langstreckentaugliche Sitze vorn
bei verhaltener Fahrt sehr sparsam
niedriges Geräuschniveau
gute Übersichtlichkeit
hohe Fahrsicherheit
keine Traktionsschwächen
gut abgestimmtes Getriebe
präzise Lenkung
praktisch kein Turboloch spürbar
gut nutzbarer Laderaum
cleverer Kantenschutz an den Türen
ordentliche Fahrleistungen
gute Ausstattung
sauber dosierbare Bremsen
viele Assistenzsysteme
stark erhöhter Verbrauch bei schneller Fahrt
veraltetes Infotainment
unübersichtliche Bedienung
zu kleiner Navi-Monitor
mäßige Sitze im Fond
mitunter nervige Assistenzsysteme

Fazit

Der Focus Turnier 1.0 Ecoboost ist ein solider, ordentlich motorisierter Kombi mit sauber abgestimmtem Fahrwerk und feinfühliger Lenkung. Ebenso überzeugend sind Raumangebot und Zuverlässigkeit, nicht aber das veraltete Infotainment.

Technische Daten
Ford Focus Turnier 1.0 EcoBoost Titanium
Grundpreis23.670 €
Außenmaße4556 x 1823 x 1505 mm
Kofferraumvolumen490 bis 1516 l
Hubraum / Motor998 cm³ / 3-Zylinder
Leistung92 kW / 125 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit193 km/h
Verbrauch5,1 l/100 km