Ford Focus Turnier im Gebrauchtwagen-Check
Im Alter ein Schnäppchen

Der Ford Focus ist unter den gebrauchten Kompakten zahlreich und vor allem günstig anzutreffen: Schon ab 5.000 Euro gibt es ihn aktuell als Kombi mit Dieselmotor aus dem Baujahr 2011. Zu seiner Langzeitqualität existieren allerdings gemischte Kritiken. Was sagt Meister Wünsch?

Ford Focus Turnier, Exterieur
Foto: Dani Heyne

Der Ford Focus ist nach all den Jahren ein guter Bekannter geworden„, mit diesen Worten startet Meister Wünsch unseren heutigen Gebrauchtwagen-Check. “Was jetzt nicht bedeuten soll, dass der Kompakte ständig mit irgendwelchen Problemen hier zu Besuch ist.„

Der heutige Gast: ein schwarzer Ford Focus Turnier, Erstzulassung im Juni 2011. Also ein frühes Modell der dritten Focus-Generation, die im Jahr 2010 startete. Die Kombis kamen jedoch erst im Mai 2011 dazu.

Unsere Highlights

Unser Testkandidat hat den kleinen 1,6-Liter-Diesel unter der Haube, dessen 95 PS von einem Sechsganggetriebe verwaltet werden. Sein Tacho weist 142.050 Kilometer aus. “Damit ist der Vorbesitzer rund 20.000 Kilometer im Jahr gefahren„, murmelt Meister Wünsch. “Das ist super, denn vor allem ein Diesel braucht Auslauf – kein Scherz! Das Schlimmste, was modernen Selbstzündern passieren kann, sind viele Kurzstrecken. Dann kommen die Motoren nicht mal ansatzweise auf Betriebstemperatur, die Drallklappen im Ansaugtrakt verdrecken, die Partikelfilter schaffen es nicht in den Reinigungsmodus und setzen sich zu – und so weiter.„

Gerne genommen: Langstreckenautos

Meister Wünsch macht eine Pause und fährt fort: “Ich kann mich nur wiederholen: So ein Diesel braucht Bewegung, um gut zu funktionieren.

Ideal sind Langstreckenläufer – weshalb mir gebrauchte Diesel, die oft durch die Republik rannten, die liebsten sind.„ Nach dieser ausführlichen Schilderung öffnet Meister Wünsch alle Türen – und beginnt mit seinem gründlichen Karosserie- Check, bei dem er wie immer alle Sicken, Türkanten und Spaltmaße genau überprüft. Nur so kann er Parkrempler, tiefe Kratzer und schlecht instand gesetzte Unfallschäden aufspüren.

Bei diesem Focus gibt es etwas Farbnebel im hinteren Radhaus, hier wurde nachlackiert. Da aber weder die Bleche unter und seitlich des Kofferraums noch die Spaltmaße zur Tür hin Unregelmäßigkeiten aufweisen und die Anzeige des Lackdichte-Messgerätes unauffällig bleibt, gibt es keinen Grund zur Sorge. War wohl nur eine Schönheits-OP.

Der Steinschlag im Sichtbereich des Fahrers sollte dagegen angemerkt und ausgebessert werden. “So kommt der Wagen nicht durch die nächste Hauptuntersuchung. „Aber zum Glück ist die Macke relativ klein und lässt sich leicht beheben“.

„Bei einem Focus dieser Modellgeneration sollte man bei der Probefahrt ganz genau hinhören“, erklärt Meister Wünsch und schwingt sich hinters Steuer. „Denn das Fahrwerk kann Probleme bereiten – wobei wir hier von Verschleißteilen reden. Da wären zum einen die Stabi-Streben, die klappern können. Die Radlager der Vorderachse sind ebenfalls dafür bekannt, frühzeitig Geräusche zu machen. Und an der Hinterachse schlagen die Gummilager der Längsträger ganz gern aus.“

Ford Focus Turnier, Exterieur
Dani Heyne
Standfest? Wie stark und vor allem wie gleichmäßig die Bremsen achsweise zupacken, verrät nur ein Bremsenprüfstand

Meister Wünsch startet den Vierzylinder-Diesel, steuert eine ungeliebte, weil holprige Seitenstraße an, lässt die Seitenscheiben nach unten sausen und spitzt die Ohren. Zweimal lenkt er den Ford über die Strecke – dann schaut er zufrieden: „Ich hab nichts Auffälliges gehört.“

Gemessen an der Laufleistung prima Zustand

Nagt der Rost gerne am Focus? „Nicht wirklich“, antwortet der Profi kurz und knapp und dirigiert den Focus auf die Hebebühne. Nach fünf Minuten schwebt der Kombi nach oben. Dort überprüft der Meister zuerst die Bremsen – leicht verschlissen sind sie, aber noch unterm Limit. Die Fahrwerksfedern sind heil, die Achsmanschetten scheinen vor wenigen Kilometern erst erneuert worden zu sein.

Motor und Getriebe? Staubtrocken; die Schalldämpfer nahezu rostfrei. „Seitdem die meisten Hersteller hier Edelstahl verwenden, halten die Dinger erstaunlich lange. Unklug ist jedoch so eine Kombination ...“ Meister Wünsch leuchtet mit seiner Taschenlampe auf die geschwungenen Rohre zwischen den Dämpfern: „Die sind nicht veredelt und rosten daher wie eh und je.“

Am restlichen Unterboden findet sich keine Korrosion. Auch die Brems- und Kraftstoffleitungen machen einen tadellosen Eindruck. „Was man beim Kombi unbedingt überprüfen sollte: die Dämpfer an der Heckklappe. Aufgrund des Gewichts ermüden diese gern – und halten die Heckklappe dann nicht mehr in der gewünschten Position. Ein Tausch kostet zum Glück kein Vermögen.“

Als der Focus aus der Werkstatt rollt, ist sich Meister Wünsch sicher: „Dieser Wagen hat zwar schon einige Kilometer abgespult – mit der richtigen Pflege und regelmäßigen Wartungen wird er aber locker die 200.000er- Marke knacken.“

Bei den Gebrauchtwagenpreisen der Dieselmodelle haben die drohenden Fahrverbote Wirkung gezeigt: Die Selbstzünder sind nun günstiger als die gefragteren Benziner. Wer also nicht unbedingt mit dem Auto in die Stadt muss, kann mit gutem Gewissen beim Focus III zuschlagen.

Fazit

Der Ford Focus Turnier ist ihr Typ, wenn Sie einen Kompakten mit Kombiheck suchen, der nicht nur in puncto Geräumigkeit überzeugen kann, sondern auch bei der Sicherheitsausstattung. Und wenn Ihnen die Materialanmutung im Innenraum nicht so wichtig ist, Sie dafür aber ein Fan von Schnäppchen sind: Denn dieser Ford ist im Alter erstaunlich günstig zu haben. Vor allem mit Dieselmotor unter der Haube. Aber auch den Fans moderner Turbobenziner hat Ford etwas zu bieten. Und da der Nachfolger schon bereitsteht, werden die Preise weiter purzeln.

Das gefällt uns:

Dass Ford es schafft, trotz Weltauto-Konzept die Eigenheiten der Märkte nicht zu vernachlässigen. Bei dieser Focus-Generation ist es gelungen, schon früh einige hilfreiche Assistenzsysteme in Serie zu bringen – eine löbliche Initiative. Zudem ist sein günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis auch auf dem Gebrauchtmarkt noch spürbar.

Das stört uns:

Die Qualitätsanmutung einiger Materialien im Innenraum. Denn da gibt es noch immer Schalter und Abdeckungen, die sich anfühlen, als wären sie nur mit der Spraydose lackiert worden. Hier könnte Ford mit vergleichsweise wenig Aufwand einen Aha- Effekt beim Kunden erzeugen – wir sind schon auf den Nachfolger gespannt!

So ist die Marktlage:

„Hervorragend“ ist noch untertrieben: Aufgrund zahlreicher verlockender Neuwagen- Schnäppchenpreise in den vergangenen Jahren sind die aktuellen Focus-Modelle häufig auf dem Gebrauchtwagenmarkt anzutreffen – und dabei vergleichsweise günstig. Daher dürfte die Suche nach Ihrem Traum-Focus nicht lange dauern.