So eine Kaufberatung soll ja eigentlich dazu dienen, mögliche Schwächen eines Autotyps aufzuzeigen. Mitunter muss man aber auch etwas weiter ausholen, um zumindest ganz kurz auf die Schattenseiten der zugehörigen Fahrzeuggattung einzugehen. Im Falle der SUV darf man da durchaus mahnend den Zeigefinger heben, wegen des höheren Gewichts, der größeren Stirnfläche, der schwereren Räder und deren Einfluss auf Fahrdynamik und Kraftstoffverbrauch.
Karosserie: Vom A4 aus betrachtet so gut wie hoch
Wer sich trotzdem nicht vom rollenden Hochsitz abbringen lässt, der dürfte auch einen Audi Q5 auf seiner Wunschliste haben. Am besten die zweite, seit 2017 gebaute Version, die etwas knackiger gestylt ist als der dropsige Vorgänger. Zudem abgasgereinigt nach Euro-6-Norm und selbst als Diesel der Schummelei unverdächtig. Technische Basis bildet der Modulare Längsbaukasten der zweiten Generation. Wer gerne Ersatzteillisten vergleicht, wird darin eine hohe Übereinstimmungsquote mit dem Audi A4 des Typs B9 feststellen. Diese enge Verwandtschaft lässt hoffen, gilt doch die Mittelklasse-Limousine als besonders solider Vertreter ihrer Zunft.
Auch der Q5 in diesem Artikel schickt sich an, einen solchen Eindruck zu hinterlassen. Man glaubt es kaum, aber der mythosschwarze 2.0 TDI hat seit seiner Erstzulassung im August 2017 tatsächlich 200.000 Kilometer unter den Rädern gehabt. Außer einer wie sandgestrahlt wirkenden Motorhaube deutet jedoch wirklich nichts darauf hin. Auch drinnen nicht, weder Lederlenkrad noch Schalter machen einen abgegrabbelten Eindruck. Die Regler der Klimaautomatik klicken sogar noch immer so feinnervig, dass man ständig dran herumdrehen möchte. Der Karosserie scheinen die fünf Erdumrundungen ebenfalls nichts ausgemacht zu haben, alle Türen schließen leichtgängig. Bleibt als einziges Störgeräusch auf Fahrbahnunebenheiten das aufeinanderknatschende Leder.
Innenraum: Extrem haltbar
Beginnen wir das Interieurkapitel mal mit einem Paukenschlag: Wer im Mittelklasse-SUV aus Bayern einen ausgesprochen geräumiges Familienauto sucht, findet in koreanischen Kompakt-SUV mehr Platz vor. Die Raumökonomie des Q5 könnte um einiges großzügiger sein. Diese Tatsache beiseite gelassen muss aber auch gesagt werden: Es herrscht keine Platznot im Q5. Während der Kofferraum mit 510 bis 1.480 Litern Volumen klassenüblich bleibt, fällt auf das gerade die vorderen Sitzplätze großzügige Kopf-, Schulter-, und Beinfreiheit bieten. Allen Sitzen gemein (hinten mittig mal ausgenommen) ist zudem erstklassiger Komfort und hochwertigste Bezugsmaterialien. Hier hat Audi einen deutlichen Vorsprung vor BMW und sogar einen kleinen vor Mercedes-Benz.
Der Vollständigkeit halber sei aber auch gesagt: Obwohl alle Materialoberflächen den Unbilden vieler vieler Autobahnkilometer mehr als Gewachsen sind, zeigt so ein Audi schnell Kratzer, Flecken, oder Abschürfungen, wenn er häufig mit wenig Rücksichtnahme und kratzigem Sperrgut beladen wurde.
Motoren: Grundsätzlich solide
Wir haben unser Kilometerfresser-Fotoauto ganz bewusst ausgewählt, um zu sehen, wie die Technik den Kilometer-Marathon überstanden hat. Erster Befund: Der Antrieb ist komplett trocken, nirgendwo eine Spur von Ölaustritt. Keine Selbstverständlichkeit; bei den meisten Turbomotoren kommt es schon wesentlich früher zu leichtem Ölnebel an der Ladeluftstrecke und speziell den Anschlüssen am Lader. Klar, hier finden bei jeder Fahrt starke Temperaturschwankungen statt. Äußerlicher Ölnebel ist aber zumindest technisch weithin unbedenklich. Kritisch wird es erst, wenn der Motor einen nennenswerten Ölverbrauch während der Fahrt aufweist. Sollte dies der Fall sein, ist kein chronisches Problem schuld, sondern ein allzu schwerer Autobahnstiefel bei zuwenig Zeit zum Aufwärmen oder Abkühlen. Machen Sie einen Bogen um solche Kandidaten. Die Vierzylinder-Benziner nutzen das Zweiliter-Triebwerk namens EA888, von manchen landläufig auch als "GTI-Motor" bezeichnet. War da nicht dieses katastrophale Problem mit den Kolbenringen, und dem extremen Ölverbrauch? Ja, aber nur bis 2015. Das ist eine Sorge, die sich der Käufer nur beim ersten Q5 machen muss. Der FY ist hier unproblematisch.
Beide V6-Antriebe (also Benziner und Diesel) verfügen über drei Liter Hubraum und entstammen Motorenfamilien mit langem Stammbau. Sie sind sehr erprobt und bei entsprechender Pflege gut für viele 100.000 Kilometer. Auch die 2018 durchgeführten Updates nach dem Abgasskandal scheinen dem keinen Abbruch zu tun.
Getriebe: DKG und Wandler sind die Regel
Die weitaus meisten Q5, nämlich alle mit Vierzylinder und ohne Schaltgetriebe nutzen ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Wer bei einem SUV aus dem Volkswagenkonzern beim DSG Alarmglocken wittert, der sei beruhigt: Die längs eingebauten Antriebe teilen getriebeseitig nicht die Schwachstellen der quer eingebauten Aggregate aus Tiguan und Co. Über das S-Tronic-genannte Getriebe sind keine chronischen Lager- oder Kupplungsprobleme bekannt. Auch verrichtet es seine Arbeit zumeist ruckarm und zielsicher. Allein die Gaspedalabstimmung – ein maßgeblicher Faktor zum elektronischen Einkuppeln des Getriebes beim Anfahren – könnte feinfühliger sein. Gerade nach den Umstellungen der Motorenpalette auf den WLTP-Zyklus 2018 fällt auf, dass trotz kräftiger Motoren gerade die Diesel nur träge in Wallung kommen. Das fühlt sich an wie eine Software-Hemmschwelle die erst überwunden werden muss.
Apropos Schwelle überwinden. Was der Q5 mit DKG auch nicht unbedingt gut beherrscht ist das feinfühlige Rangieren am Berg – etwa in einer engen Parklücke. Damit sich die Fuhre bergauf in Bewegung setzt ist zwangsweise ein Gasstoß vonnöten. Hier muss sich der Fahrer ganz auf die manchmal fehlende Besonnenheit des Getriebes verlassen. Oder anders: Entscheidet die Schaltsoftware zu rasch einzukuppeln, ruckt es sich gefährlich nah an den parkenden Vordermann.
Ganz und gar problemlos fahren sich dagegen die seltenen Modelle mit Achtstufen-Wandlerautomatik, genannt TIptronic. Sie findet sich in allen Sechszylindern und transmittiert ebenso zielsicher wie ökonomisch. Rangieren und alle Disziplinen, die etwa der Betrieb mit Anhänger mit sich bringt, sind damit ein Klacks.
Fahrwerk: Feingliedrig und nicht fehlerfrei
Die Radaufhängungen lassen ebenfalls keinen Verschleiß erfühlen, obwohl die zahlreichen Gelenke der aufwendigen Vorderachse seit ihrer Einführung 1994 im ersten A4 gern mal frühzeitig an Arthrose leiden. Beim Q5 betrifft dies interessanterweise zumeist den oberen hinteren Querlenker, dessen inneres Silentlager Spiel bekommt. Doch hier ist es einwandfrei, obschon es sich allem Anschein nach noch um die Erstausrüstung handelt. Nicht an Bord ist hier die Luftfederung, deren Federbälge nach einigen Jahren für unlieb-same Überraschungen in Form von Undichtigkeiten sorgen können.
An der Hinterachse jedoch wurden beide unteren Querlenker bereits erneuert, höchstwahrscheinlich anlässlich eines Rückrufs. Denn diese Teile bestehen aus Aluminium mit eingepressten Gummimetalllagern in einer Stahlbuchse. Keine einfache Materialpaarung. Im Winter kann Salzwasser in kleine Ritzen sickern. Die dadurch entstehende Spaltkorrosion führt dann zur Lockerung der Buchsen, hauptsächlich radseitig. Über den betroffenen Bauzeitraum gibt es widersprüchliche Angaben, das Kraftfahrtbundesamt nennt in seiner Rückrufdatenbank einen Bauzeitraum vom 7. November 2019 bis zum 16. April 2021; interne Serviceanweisungen auch die Modelljahre 2017 bis 2018. Jedenfalls wurden die Querlenker ab 2019 erneuert.
Doch danach gingen die Probleme erst richtig los. Im Anschluss häuften sich nämlich Fälle von abnormem Reifenverschleiß an der Hinterachse. Teilweise waren die Schlappen so weit abgefahren, dass Luft entwich. Was die Vermutung nahelegt, dass die Werkstätten zwar die Querlenker ersetzten, sich anschließend aber die Fahrwerksvermessung sparten, die nach Arbeiten an radführenden Teilen zwingend erforderlich ist. So waren die betroffenen Fahrzeuge mit extrem verstellter Spur unterwegs.
Damit nicht genug: Bei den nun an über 50.000 Audi (nicht nur Q5) durchgeführten Achsvermessungen fielen lockere Muttern der Einstellschrauben auf. Die waren den Belastungen offenbar nicht gewachsen, wodurch sich die Fahrwerkseinstellung selbsttätig veränderte. Nach deren Austausch dürfte das Kapitel mit den schwächelnden Hinterachsen jedoch geschlossen sein, die Überwachungsvereine vermelden jedenfalls keine weiteren Auffälligkeiten.
Mängel: Der Teufel steckt eher im Detail
Das trifft allerdings nicht auf alle Q5 zu. Viele Eigner beklagen undefinierbare Geräusche aus den Türen, die am ehesten von aufeinanderreibenden Gummis erzeugt werden könnten. Das optionale gläserne Panoramadach gehört ebenso zu den üblichen Verdächtigen, da macht der Q5 keine Ausnahme. Unser Fotomodell blieb davon verschont, gleichwohl bietet dessen Ausstattung Anlass zum Stirnrunzeln. Wer, bitte schön, bestellt einen Q5 einerseits mit dem schwächsten verfügbaren Motor und verzichtet auch noch auf die Automatik, stopft andererseits jedoch Ledersitze, volldigitales Cockpit und diverse Assistenzsysteme bis hin zur 360-Grad-Kamera hinein?
Bei den Hauptuntersuchungen kommt der Audi Q5 ohnehin gut weg, steckt von seinen direkten Konkurrenten gleich alte BMW X3 in die Tasche, lediglich der Mercedes GLC schneidet etwas besser ab. Tatsächlich sind es nur zwei Mängelpunkte, die dem Q5 eine noch bessere Platzierung vermasseln: Die Anschlagpuffer auf den Stoßdämpfern zerbröseln frühzeitig, zudem weisen die Heckleuchten überdurchschnittlich viele Beanstandungen auf. Die sind vollständig in der Heckklappe integriert, müssen also das ewige Auf und Ab mitmachen. LED-Leuchten sollten dagegen eigentlich gefeit sein, gegen Kontakt mit niedrigen Garagendecken sind aber auch sie nicht immun.
Wobei sich der gern georderte elektrische Antrieb natürlich entsprechend justieren lässt, damit Kunststoff nicht auf Beton trifft. Dafür entwickelte dieses Komfortextra in den Modelljahren 2017 bis 2019 ein interessantes Eigenleben: Die Klappe öffnete selbsttätig, ohne erkennbare äußere Umstände oder Zutun des Fahrers. Kleiner Trost: Dagegen hilft, wie so oft, ein Software-Update. Gleiches gilt bei verzögerter Gasannahme oder wenn der Motor gar nicht erst startet. Dann könnte das Gateway-Steuergerät im Ruhemodus nicht erreichbar sein. Ebenso, wenn nach einem automatischen Notruf das Fahrzeug nicht angerufen werden kann. Oder die Frontscheibenheizung keine Wirkung zeigt, wobei dann das Steuergerät der Klimaanlage neu codiert werden muss.
Apropos Frontscheibenheizung: In den Modelljahren 2017 und 2018 fielen reihenweise Assistenzsysteme aus. Ursache: Die Heizung fürs Sichtfeld der Frontkamera war falsch eingestellt, brauchte, Sie ahnen es, ein Update. Manchmal macht aber auch die Hardware Zicken. So etwa ein falsch herum montiertes Rückschlagventil in der Standheizung, das beim 3.0 TDI mitunter zum Kochen des Kühlers führte. Oder, bei den Mildhybrid-Typen, eine blockierende Zusatz-Kühlmittelpumpe, die bis zur Selbstentzündung überhitzen konnte. Ähnliche Auswirkungen hatte Feuchtigkeit im Riemenstartergenerator, die einen Lichtbogen mit daraus resultierendem Brand entfachen konnte. Keine Kleinigkeit, betroffen waren weltweit fast 125 000 Fahrzeuge.
Preise: Teuer und begehrt zugleich
Bei unserem Besuch standen knapp 23.000 Euro auf dem Preisschild, da wartete der Audi noch auf einen Abnehmer aus Osteuropa. Denn hierzulande dürfte sich das Schaltgetriebe als echter Verkaufshemmer erweisen, 97,8 Prozent der Q5 haben bei uns Automatik. Gleichzeitig offenbart diese Preisforderung vermutlich das größte Problem beim Q5: Diese Autos sind richtig teuer! Deshalb noch kurz ein Schwenk raus aus der SUV-Ecke: Ein gleich alter Audi A4 Avant kann im Prinzip alles genauso gut und kostet ungefähr 4.000 Euro weniger.
Fazit
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: 1.584.696 Exemplare hat Audi von der aktuellen Q5-Reihe seit 2017 bis Ende Juni hergestellt, davon 98,7 Prozent mit Allradantrieb. Die weitaus meisten als Benziner, Diesel ist eher ein Ding für Deutschland. Man kann hier also getrost von einem Bestseller reden. Schade nur für Interessenten, dass sich das große Gebrauchtangebot nicht preissenkend auswirkt. Da muss man derzeit noch in den sauren Apfel beißen.
In der Summe seiner Eigenschaften ist der Q5 ein sehr solides Auto, trotz der Schwächen, die wir in der Kaufberatung aufgezeigt haben.
Audi Q5 2.0 TFSI Quattro Sport | Audi Q5 40 TDI Quattro | |
Grundpreis | 52.750 € | 52.950 € |
Außenmaße | 4663 x 1893 x 1659 mm | 4682 x 1893 x 1662 mm |
Kofferraumvolumen | 550 bis 1550 l | 515 bis 1515 l |
Hubraum / Motor | 1984 cm³ / 4-Zylinder | 1968 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 185 kW / 252 PS bei 5000 U/min | 150 kW / 204 PS bei 3800 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 240 km/h | 222 km/h |
0-100 km/h | 6,6 s | |
Verbrauch | 6,9 l/100 km | |
Testverbrauch | 10,7 l/100 km |