Gebrauchtwagencheck Dacia Duster
Guter Gebrauchter trotz schlechter Statistik?

In der TÜV-Statistik gehört der Dacia Duster mit Platz 125 von 130 zu den Schlechtesten. Doch die Dacia-Kunden sind überaus zufrieden, kaufen den Kompakt-SUV immer wieder. Wie ist dieser Widerspruch zu erklären – und was taugt der rumänische Bestseller wirklich?

Gebrauchtwagencheck Dacia Duster 2
Foto: Sven Krieger

Dacia steht nach wie vor im Ruch des Billigheimers, der Premium-Verwöhnte die Nase rümpfen lässt. Und offiziellen Statistiken wie jener des TÜV zufolge müssten wir vom Kauf eines gebrauchten Duster sogar strikt abraten. Aber gemach, denn jede Statistik lässt sich unterschiedlich interpretieren, offenbart aus anderem Blickwinkel eventuell ein völlig anderes Bild.

Karosserie: Windig, aber robust

Doch zurück zum Geruch: Wer die erste Generation des Duster kennt, wird sich an die typischen Ausdünstungen der Kleber und Kunststoffe im Interieur erinnern. Keine Spur mehr davon in der zweiten Auflage, olfaktorisch spricht schon mal nichts gegen sie. Was hingegen geblieben ist und bereits beim ersten Öffnen spürbar ist: Die Türen wirken extrem leicht, geradezu windig. Unnötiges Material steckt nicht drin – auch keine Dämmung, wie das etwas schepprige Schließgeräusch untermalt.

Das große Gebrauchtwagen-Spezial
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Sven Krieger
So ein Duster ist eine wuchtige Erscheinung. Äußerlich wirkt er dabei nirgends minderwertig verarbeitet. Nur das Türgeräusch fällt etwas windig aus.

Irgendwo muss der günstige Preis schließlich herkommen; wobei alles zumindest ansehnlich gestaltet wurde. Stabil fixiert außerdem. Der hier gezeigte Testwagen enthält sich weitgehend störender Nebengeräusche. Die, und da dürfen wir mal etwas ketzerisch unken, möglicherweise auch vom insgesamt erhöhten Geräuschpegel überdeckt werden.

Innenraum: Meist gute Ausstattung, schwache Sitze

Unser Foto-Duster ist ein 1.6 SCe 115 aus erster Hand, zugelassen im Mai 2019, mit knapp 28.000 Kilometer, den uns das Autohaus Brunkhorst in Bremervörde zur Verfügung gestellt hat. Der Zustand ist einwandfrei, obwohl der Aufbereiter noch nicht dran war. Die Ausstattung: volle Hütte inklusive Allradantrieb, DAB-Radio und Rückfahrkamera, doch – jetzt kommt das Handicap – irgendwer hat bei der einstigen Konfiguration des Neuwagens zwar die Lederausstattung bestellt, aber kein Häkchen bei der Sitzheizung gemacht.

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Auf der Rückbank wird's leider schnell eng. Menschen über 1,80 m fühlen sich hier bereits beklemmt.

Im echten Leben finden sich die einzelnen Extras in einem recht wohnlichen Interieur wieder, das klar und übersichtlich gestaltet und zudem sauber verarbeitet ist. Zugegeben: hier überwiegt Hartplastik, doch dafür wirkt es robust und immerhin leicht abwaschbar. Als ausgemachte Schwäche lässt sich allein der Sitzkomfort bezeichnen. Die Vordersitze sind schmal, kurz, und nicht eben für olympische Fahrdistanzen gepolstert. Die Rücksitzbank kommt als solche zwar klassentypisch daher, ist aber allzu nah an den Vordersitzen, was in einer sehr geringen Beinfreiheit resultiert.

Motoren: Nur einzelne bereiten Probleme

Steigen wir aus dem Innenraum aus, und nun endlich in die Technik ein. Der TCe 90 hat nicht den besten Ruf. In etlichen Renault-Modellen ist der Motor mit kurzlebigen Steuerketten aufgefallen, im Duster halten sich die Probleme allerdings noch in Grenzen. Doch die unter Dacia-Kunden gar nicht so seltenen Technik-Verweigerer schwören ohnehin auf den bis Mitte 2019 angebotenen 1,6-Liter des Testwagens.

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Der 1,6er-Sauger in unserem Fotoauto ist ein durstiger, aber geduldiger Geselle. Hier sind keine großen Technikprobleme zu befürchten. Allenfalls die gut zugängliche Lambda-Sonde streikt mitunter.

Die Abwesenheit eines Turboladers und eine standfeste Steuerkette sollen ihn zum Geheimtipp machen, wenn auch zu einem etwas lethargischen. Denn die Drehzahlen liegen hoch, das Drehmoment eher niedrig, zudem lassen Ruckler beim Beschleunigen auf eine nachlässig abgestimmte Gemischbildung schließen. Dann lieber den 1.2 TCe 125, der ab Anfang 2018 fließend übernahm? Ganz uneingeschränkt empfehlenswert ist aber auch der nicht. Mit zunehmender Laufleistung neigt er zum Ruckeln, woran laut Dacia Ablagerungen im Brennraum schuld sind. Ein in den Kraftstoff zu dosierender Reiniger soll für Abhilfe sorgen.

Also vielleicht doch lieber ein paar Euro drauflegen und den 1.3 TCe 130 nehmen, der Anfang 2019 auf den Markt kam und seitdem der meistverkaufte Antrieb ist. Ob dabei vielleicht auch Prestigegründe eine Rolle spielen? Schließlich entstand dieser Motor angeblich unter Federführung von Mercedes in der Zusammenarbeit mit Dacia-Mutter Renault. Er wird als M282 in den Stuttgarter Quermotor-Modellen A-Klasse, CLA, GLA und GLB eingesetzt, mit Leistungen bis immerhin 163 PS. Im Duster ist aber bei 150 PS Schluss, was je nach Ausstattung eine eingetragene Höchstgeschwindigkeit von sage und schreibe bis zu 202 km/h ermöglicht. Wer hätte das gedacht, Dacia im 200er-Club.

Anders als bei den meisten SUV ist der Selbstzünder-Anteil mit rund 16 Prozent bei gebrauchten Duster niedrig. Am Motor wird’s kaum liegen, der K9 von Renault ist eine sichere Bank und wird ebenfalls von Mercedes eingebaut.

Damit wären die Antriebskonzepte übrigens keineswegs erschöpft; auch beim Duster gibt es markentypisch Autogas-Versionen. Deren besonderer Reiz liegt in der Reichweite: Mit 50 Liter Benzin und 33,6 Liter LPG kommt man bei Normverbrauch bis zu 1.400 Kilometer weit. Was aber wohl nicht viele Neukunden überzeugte – der Anteil des Gasantriebs ist nur halb so groß wie jener des Dieselantriebs.

Getriebe: Am besten selber schalten

Die manuellen Fünf- und Sechsganggetriebe gehören sicher nicht zu den haptischen Höhepunkten, was ihr Schaltverhalten angeht, doch dafür enttäuschen sie auch nicht mit Ausfällen oder Defekten. Aufmerksamkeit gebührt allerhöchstens dem Kupplungsverschleiß von allzu geschundenen Försterautos. Mit Vorsicht zu genießen ist allerdings das Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe, das aber den stärkeren Motoren vorbehalten und insgesamt wenig verbreitet ist. Hier können Aktuatorenversagen, deshalb Gänge stecken bleiben, außerdem ist die Doppelkupplung verschleißanfällig. Wer übrigens glaubt, dass ein Dacia generell wenig Elektronik an Bord habe, wird eines Besseren belehrt, wie zahlreiche Updates aller möglichen Funktionen – die Schaltsoftware inbegriffen – beweisen.

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Ist ein Schaltgetriebe an Bord, hat man lange Freude am Duster, selbst wenn diese nicht unbedingt durch ein besonders präzises Schaltgefühl entsteht.

Ebenso optional, wie der Doppelkuppler, aber dafür für alle Vierzylinder zu haben: der Allradantrieb. Er schlug neu mit 2.600 Euro zu Buche. Das ermöglicht beachtliche Geländeleistungen ebenso wie der sehr kurz übersetzte erste Gang. Damit lässt sich materialschonend kraxeln, ohne die Kupplung zu malträtieren. Zum Anfahren eines unbeladenen Duster auf ebener Strecke tut es daher auch der Zweite.

Fahrwerk: Gemacht für Grobes

Fragt sich nur, ob man die auch fahren möchte. Der Testwagen liegt jedenfalls eher schwammig, benötigt selbst auf Geraden öfter Korrekturen mit der indirekten, wenig gefühlsechten Lenkung. Von Anschlag zu Anschlag kurbelt man über drei Umdrehungen, trotzdem dringen auf unebener Fahrbahn Stöße bis ins Lenkrad. Wobei nun aber hinzuzufügen wäre, dass ausgerechnet solche Streckenabschnitte, die andere Autos ins Stolpern bringen, mit dem Duster geradezu Spaß machen. Speziell über die ondulierten Moorstraßen nördlich von Bremervörde schwebt der Dacia wie ein fliegender Teppich und überrollt auch locker befestigte Feldwege mit Vergnügen.

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Auf hurtig umkurvte Ecken reagiert der eher schwammig abgestimmte Duster mit reichlich Seegang. Immerhin: Dafür hat er auch echtes Schluckvermögen für harte Stöße.

Übertreiben sollte man es mit Gelände-Eskapaden indes nicht, denn die Unterseite des Duster ist weitgehend ungeschützt. Ein dünnes Blech vor der Ölwanne, mehr nicht. Dafür gibt es lange Federwege und beachtliche 21 Zentimeter Bodenfreiheit.

Mängel: Einzelne Problemstellen verhageln die Statistik

Sparsamkeit scheint nicht das Hauptziel der Duster-Kunden zu sein. Sie kaufen offenbar eher nach dem Motto "Wenn schon Dacia, denn schon". Nur knapp elf Prozent bescheiden sich mit zweistelligen PS-Zahlen, die Hälfte jedoch wählt 131 PS oder mehr. Gespart wird dann eher bei der Wartung, womit wir zur eingangs gestellten Frage nach der Interpretation der TÜV-Statistik zurückkommen. Denn sieht man sich die dort festgestellten Mängel an, lassen sich fast alle durch sorgfältige Wartung abstellen. Wie die im Vergleich zu anderen Fahrzeugen zu oft geringe oder ungleichmäßige Wirkung der hinteren Bremsen. Zur Erklärung: Der Duster besitzt dort Trommeln, die beim Baujahr 2018 alle 80.000 Kilometer gereinigt werden müssen. Ab 2019 wurde dieses Intervall sogar auf 120.000 Kilometer hochgesetzt, was die Mängelquote ähnlich antreiben dürfte. Und vorn sorgt das alte Renault-Übel der fehlenden Spritzschutz-Bleche nicht nur für viel Rost und hohen Verschleiß der Bremsscheiben, sondern auch für fette rote Balken in der Statistik.

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Sven Krieger
Blickt der Prüfer bei der Hauptuntersuchung zur Lampenkontrolle in den Spiegel, sollten ihm alle erforderlichen Lichter aufgehen. Leider wird's leuchttechnisch hier schnell zappenduster.

An die eigene Nase fassen können sich zudem Duster-Piloten, die mit defekten Lampen bei der Hauptuntersuchung vorfahren. Denn die Anforderungen dort wurden in den letzten Jahren verschärft, jetzt genügt schon ein defektes Kennzeichen-Lämpchen zum Durchfallen.

Kleinkram? Nicht nur: Denn zu den häufiger als üblich reklamierten Punkten gehört auch die Lenkung, und zwar sowohl Lenkgetriebe als auch Spurstangen. In beiden Punkten liegen die Beanstandungsquoten relevant hoch, darauf sollten Gebrauchtkäufer also ein Auge haben. Wie auch auf die Armaturen: Zu oft leuchtet dort die gelbe Motorlampe und weist auf abgasrelevante Fehler hin. Das liegt beim Benziner oft nur an defekten Lambdasonden, beim Diesel jedoch eventuell auch an einer inaktiven AdBlue-Einspritzung aufgrund einer defekten Dosierpumpe.

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Mit etwas Wartung und Pflege dürften die meisten Malaisen, die der TÜV bemängelt, ausbleiben. So bleiben am Ende relativ wenige echte Baustellen übrig.

Ein paar Rückrufe gab es auch. So konnte bei ganz frühen Exemplaren aus dem Baujahr 2017 ein Druck auf die Hupe den Airbag auslösen! Doch viel häufiger gibt es Softwarefehler und entsprechende Updates, etwa bei ausfallender Lenkhilfe, versagendem Navi oder ausbleibender Konnektivität. Nichts also, was es nicht auch bei Premium-Marken gäbe und was der Preisklasse des Duster vorbehalten wäre. Die macht sich eher im täglichen Umgang bemerkbar, an den mahlenden Getriebegeräuschen oder der rödelnden Allradmechanik unterm Auto, die sensible Naturen einen Defekt befürchten lassen. Wer sich an solchen Petitessen nicht stört, kann aber auch mit diesem rumänischen Billig-SUV seine Freude haben.

Preise: Günstig und Wertstabil

Knapp 18.000 Euro stehen auf dem Preisschild unseres Fotoautos, das zugleich das typische Dacia-Dilemma offenbart: den geringen Abstand vom Gebraucht- zum Neupreis.

Wer sich ein wenig Bescheidenheit auferlegt, bekommt für 16.400 Euro nämlich schon einen Neuen. Einen TCe 90 Essential, nach dem jüngst erfolgten Facelift mit serienmäßigem LED-Abblendlicht, als Extras Media-Paket mit Handy-Anbindung und Klimaanlage. Oder, wenn es ohne Aluräder und Metallic-Lack nicht geht, einen TCe 130 Expression mit Navi und Heckkamera für 19.950 Euro.

Duster II sind rar; bis zu einer Preisgrenze von 25.000 Euro sind nur etwa 2.300 Stück in den Online-Börsen gelistet. Zwar beginnt das Angebot bei knapp unter 10.000 Euro, das sind aber oft Dienstwagen mit Offroad-Vergangenheit – obwohl Allradantrieb eher selten ist; nur 14 Prozent der Gebrauchtwagen sind damit ausgerüstet.

Vor- und Nachteile
Gebrauchtwagen-Checkliste
Auf einen Blick: Dacia Duster 2 (Typ HM, seit 2018)
Insgesamt niedriges Kostenniveau
Recht handlich
Einfache Bedienung
Robustes Interieur
Schwammiges Fahrverhalten
Mäßiger Komfort
Schwache Klimatisierung
Kleines Wischerfeld
Hinten wenig Beinfreiheit
Durstiger Saugbenziner

Fazit

Zunächst einmal: Der Duster ist besser als sein Ruf. Die Malaisen bei der Hauptuntersuchung sind selten dramatisch, auch die Pannendienste der Autoclubs haben mit dem rumänischen SUV nicht viel Arbeit. Das ist schon mal gut. Was weniger zu begeistern vermag: Der Duster ist nicht nur ein billiges Auto, er fährt sich auch so. Das Geld für die Feinabstimmung hat man sich wohl gespart, entsprechend rustikal gibt sich die Mechanik. Kein Auto für Feingeister also.

Technische Daten
Dacia Duster Blue dCi 115 JourneyDacia Duster TCe 130 Expression
Grundpreis21.400 €19.200 €
Außenmaße4341 x 1804 x 1693 mm4341 x 1804 x 1693 mm
Kofferraumvolumen413 bis 1446 l445 bis 1478 l
Hubraum / Motor1461 cm³ / 4-Zylinder1332 cm³ / 4-Zylinder
Leistung85 kW / 116 PS bei 3750 U/min96 kW / 131 PS bei 4500 U/min
Höchstgeschwindigkeit174 km/h174 km/h