Hyundai i30 N gegen VW Golf GTI im Test
Kompaktsportwagen im Duell in Hockenheim

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Fetzig, agil, preiswert – kurz: Hyundai i30 N. Mit ihm gewinnt der Kompaktsport einen Volkshelden, der den bisherigen ganz schön verhaut. Zumindest auf den ersten Blick. Test des i30-N-Basismodells mit 250 PS und des VW Golf GTI mit 230 PS.

Hyundai i30 N - VW Golf GTI - Kompaktsportwagen
Foto: Achim Hartmann

Bei sport auto nutzen wir Kofferräume ja nur sehr sporadisch: Das hat zum einen mit ihrer Irrelevanz für unsere Beurteilung zu tun, und zum anderen damit, dass manche Autos, die wir testen, überhaupt keinen Raum für Koffer haben. Diesmal sind wir jedoch ganz happy, den Heckdeckel des Hyundai i30 N rein zufällig doch mal geöffnet zu haben. Neben knapp 400 Litern Ladevolumen befindet sich dort nämlich eine Domstrebe. Und die versteift in diesem speziellen Fall nicht nur die Karosserie, sondern fungiert auch als Sinnbild – als Sinnbild für die Verschiedenartigkeit der Philosophien hinter diesen beiden Sport-Kompakten.

VW Golf GTI muss ein Allrounder sein

Denn völlig egal, wie viel so eine Domstrebe bringen mag, kein Entwickler des VW Golf GTI wäre jemals damit durchgekommen. Stattdessen hätte man ihn gefragt, ob er noch alle Latten am Zaun habe; hätte ihm verklickert, dass er sich solche Hirngespinste für Wörthersee-Showcars aufzuheben habe, oder zumindest für einen dieser raren Momente, in denen VW doch mal über den eigenen Schatten springt – Stichwort Clubsport S. Und wenn ihn all das noch immer nicht zur Vernunft gebracht hätte, wäre der Big Boss womöglich höchstselbst bei ihm auf der Matte gestanden, um dem Querulanten Psalm 423 aus dem goldenen Buch der Golf-Tugenden zu verlesen, der besagt, dass nichts und niemand je den Laderaum zu beeinträchtigen habe – ganz getreu dem allerobersten Gebot der Allroundqualität. In Ewigkeit. Amen.

Was ich sagen will: Auch als GTI muss der Golf vor allem eines sein, ein Golf – also uneingeschränkt praktikabel und völlig barrierefrei in jedweder Handhabung. Hyundai hingegen hat den Belangen der Sportlichkeit deutlich mehr Raum eingeräumt – Raum und Kofferraum.

Das soll nicht heißen, dass der Hyundai i30 N seine Rolle als Kompaktwagen komplett hingeschmissen habe, nur stellt er sie einfach etwas weiter hinten an. Das merkt man anhand besagter Domstrebe, die eben schon hinderlich ist, wenn man längere Gegenstände durchladen möchte. Man merkt es aber auch im alltäglichen Umgang, zum Beispiel am extrastrammen Härtegrad der Lenkung; am riesigen Wendekreis oder auch am Klang, der mit seinem aggressiven Hochdrehknurren, dem Spratzeln beim Schalten unter Last und dem Bollern nach Gaswegnahme schon um einiges krawalliger daherkommt als beim dezent grummeligen, voll Reihenhaussiedlungs-kompatiblen VW Golf GTI.

Hyundai i30 N ein richtig heißes Teil

Andersrum piesackt einen der Hyundai aber auch nicht mit seiner Ambition. In der weichsten Dämpferstufe steht er dem geschmeidigen VW jedenfalls in kaum etwas nach, und auch wenn sein 250 PS starker Zweiliter-Turbomotor etwas heftiger, etwas grantiger und etwas unsauberer mit seinem Lader reagiert als der gebetsmühlenartig aufladende VW-TSI, ist er kein Rüpel, mit dem man permanent raufen müsste. Zusammengefasst: Hyundai hat ein richtig heißes Teil auf die Räder gestellt.

Hyundai i30 N - Kompaktsportwagen
Achim Hartmann
Mit dem i30 N ist der Hyundai-N-Mannschaft um Albert Biermann ein echter Kompakt-Kracher gelungen.

Einen Kompaktsportler vom Schlage des einstigen Mégane R.S., einen, den man einfach mögen muss – was aber nicht bedeutet, dass man den GTI nun nicht mehr mögen kann. Vielleicht ist es ein bisschen so wie mit Kumpel und bestem Freund. Der eine bietet Halligalli, der andere Vertrautheit, wobei es – ganz wichtig – hüben nie zu bunt und drüben nie zu öde zugeht.

Wirklich verbindend wirken jedenfalls nur die Vorzeichen. Der getestete VW Golf GTI wiegt gute 50 Kilo weniger, der i30 mobilisiert 20 PS mehr, woraus ein Leistungsgewicht entsteht, das lediglich um drei Zehntelkilo pro PS differiert. Mit seinem 28 Nm höheren, plötzlicher hochkochenden Drehmoment scheint der Hyundai i30 N im Test zwar deftiger anzutreten, dennoch sind die Beschleunigungsmessungen die erwartet enge Kiste.

Enges Testduell in der Beschleunigung

Der VW Golf GTI erwischt dabei den schlechteren Start. Seine leicht matschige Kupplung erschwert das Abstoßen, zudem rasselt er beim Hochdrehen im ersten Gang immerzu ins ASR. Dessen Eingreifen, so VW, diene in erster Linie dem Schutz seiner Antriebsteile, was eine edle Absicht ist, aber eben nichts daran ändert, dass sich der durchweg bissigere i30 vor allem deswegen davonstehlen kann. Jenseits der 100-km/h-Marke hält der schmächtigere Golf aber prima mit, dreht trotz stark langhubiger Auslegung munter hoch, drückt überaus eifrig und büßt bis 200 nicht mal eine Sekunde ein.

So ist es am Ende vor allem das Feeling, das teilt. Anders als der VW Golf GTI, der selbst im heftigsten Vollgasrausch völlig nüchtern bleibt, ganselt einen der Hyundai i30 N immer wieder auf. Immer wieder und immer weiter! Schaltlampen, Auspuffgejodel, die kurzen Schaltwege, automatische Zwischengasstöße und eine Schnellfeuertaste für den scharfen N-Modus mit reduziertem ESP – zeigen Sie mir mal den, der sich da zusammenreißen kann. Doch während andere seiner Art – ich denke da an den Ford Focus ST – recht wenig Dynamiksubstanz hinter ihrem rabaukigen Gebaren verbergen, hält der i30 die innere Spannung bis ans Limit aufrecht. Nachlassen ist nicht, da spürt man den Biermann raus – den Ex-BMW-M-Chefentwickler, der nun das Sportprogramm der Koreaner dirigiert.

Hyundai-Heck gestaltet Querdynamik aktiv mit

Auch im Slalom kommt einem der i30 im Test motivierter vor als der VW. Alles ist steifer, keilt einen heftiger in Richtungswechsel, schmiert weniger und ist so abgestimmt, dass das Heck die Querdynamik aktiv mitgestalten darf. Mag sein, dass sich auch der Golf wie am Schnürchen um die Hütchen zieht. Nur wirkt dieses Schnürchen bei ihm eben nicht halb so straff. Folge: Auch hier wird er abgeschüttelt. 70 km/h zu 69,2 – das allein macht zwei Wertungspunkte aus. Und ich denke, es ist nicht zu viel verraten, wenn ich sage, dass der GTI die auch auf der Strecke nicht mehr reinfahren wird.

Das jedoch liegt weniger an ihm als an einem i30 N, der wie aufgedreht durch Hockenheim wetzt. Er der junge Hund, die Ideallinie das Würstchen – so ungefähr. Schnell noch umgeschaut: analoge Instrumente, Handbremse als Hebel und ein Infotainment, das nur auf Tasten oder Berührung reagiert und nicht auf Pantomime – hach ja, fast wie früher. Alles andere jedoch ist das pure Hier und Jetzt. Schnörkellos, gefühlsecht – und vor allem aktuellster Fahrdynamikstandard. Allermindestens.

Hyundai i30 N - Kompaktsportwagen
Achim Hartmann
Das Heck arbeitet aktiv mit an der Querdynamik.

Highlight: Anbremsen, Einlenken und Abbiegen verketten sich im Hyundai zu einer einzigen Reaktion. Ersteres versetzt das Heck in Aufruhr, was das Zweite unterstützt und schließlich in Letzteres mündet. Und zwar ohne dass dir dabei die Muffe saust. Untersteuern? Nun ja, angesichts der Gewichtsverteilung müsste es eigentlich hinterlegt sein in so einem Hyundai i30 N, aufspüren jedoch lässt es sich nicht. Kurveneingangs trickst er es mit seinem lebendigen Popöchen aus, ausgangs wird es von der elektronischen Sperre im Keim erstickt. Dieser fehlt zwar der Spanngurteffekt einer mechanischen Lösung, also dieses Reinratschen in den Kurvenverlauf, wie es das sogenannte Corner-Carving-Diff der Performance-Version zu erzeugen vermag, allerdings sind die Regelimpulse so fein, so akkurat und so perfekt getimt, dass der Zug in der Vorhand hier kaum geringer ausfällt.

Der GTI wird abgekocht

Und genau da liegt ein wesentlicher Unterschied zum Golf. Er ist im Grunde zwar nach demselben Muster gestrickt. Kopflastig, frontgetrieben, E-gesperrt. Doch während du den i30 im Test nach Herzenslust in Ecken zimmern kannst, verlangt der VW, dass man immer auch ein Auge auf ihn hat – auf seine Bedürfnisse, was den Schaum natürlich bremst. Die Sollbruchstelle zwischen Dynamisch und Pomadig liegt im Einlenken. Triffst du die optimale Geschwindigkeit, fädelt er mit seiner Vorderachse in der Ideallinie ein, packt zu und hangelt sich an ihr entlang. Übertreibt man es jedoch mit Speed, und sei es nur um eine Winzigkeit, knickt die Seitenführung sofort weg und der Vortrieb verheddert sich im restaktiven, strikt eingreifenden ESP.

VW Golf GTI - Kompaktsportwagen
Achim Hartmann
Der GTI wird abgekocht. Was auch an den Reifen liegt.

Auf der Runde geht es daher weniger um das effektive Limit des GTI als darum, den Punkt zu treffen, den die Elektronik dem GTI als Limit vorgibt. Doch obwohl sich das jetzt nach einer fürchterlichen Fummelei anhört, nach Stochern im Trüben, ist es am Ende verblüffend unterhaltsam mit ihm – vor allem weil VW sein stotterndes ABS nun in den Griff bekommen hat.

Auf den ersten Blick fällt die Test-Niederlage dennoch derbe aus: zwei Sekunden auf der Runde, sechs Punkte in der Bilanz. Aua. Bei genauerem Hinsehen relativiert sich der Sieg des Hyundai i30 N jedoch – nicht in seiner Rechtfertigung, die ist unstrittig, aber in der Höhe. Der Knackpunkt sind die Reifen. Hyundai hat – da kommt wieder der Biermann durch – für das N-Modell extra eine Mischung aufkochen lassen. Und natürlich vom Allerfeinsten: Michelin Pilot Super Sport HN – „HN“ für „Hyundai“.

VW hingegen zieht dem Golf GTI einen handelsüblichen Bridgestone Potenza über, der ohne Zweifel ein guter Allrounder ist, aber sicherlich kein Performance-Pneu – das räumt sogar der Hersteller ein. Heißt: Das Gripniveau des GTI ist von Haus aus eine Ecke niedriger. Und das kostet auf der Bremse, im Sprint, im Slalom und auf der Runde – also überall.

Warum man nicht einfach sportlichere Gummis homologiert? Vielleicht weil der Kollege mit der Domstrebe keine Lust auf eine neuerliche Predigt aus der Golf-Bibel hat.

Hintergrund: ABS-Problem gelöst!

VW hat Wort gehalten und die Steuerungssoftware des ABS überarbeitet. Stein des Anstoßes waren diverse Golf GTI, die in Hockenheim mit einem tollpatschigen Verzögerungsverhalten aufgefallen waren. Sowohl beim Anbremsen nach der Querspange als auch in der Senke geriet deren ABS aus dem Tritt, was die Bremswirkung bisweilen stark einbrechen ließ. An einem gemeinsamen Testtag wurde die Fehlerquelle entlarvt und jetzt ganz offensichtlich ausgemerzt. Konkret: Die Regelfrequenz ist nun merklich höher, das ABS dadurch feinfühliger, Aussetzer traten nicht mehr auf. Saubere Arbeit!

Fazit

Schon im ersten Auftritt des i30 N, als die Performance-Version gegen den Großmeister des Frontantriebs, den Civic Type R, ranmusste (sport auto 3/2018), blitzte seine fahrdynamische Extraklasse auf. Jetzt holt die 250-PS-Version dank ihr den ersten Sieg. Und was für einen! Sechs Punkte schenkt sie dem VW am Ende ein, wozu – neben den Reifen – vor allem die Konsequenz in der Umsetzung beitrug. Beim GTI ist Sportlichkeit eher eine Glasur, dem Hyundai hingegen steckt sie in fast jeder Faser. Seine Körperspannung ist höher, sein Bewegungsablauf energischer und das Handling dementsprechend schmissiger. Schön, dass es dich gibt, hochverehrter Hyundai i30 N.

Technische Daten
Hyundai i30 N NVW Golf GTI GTI
Grundpreis29.700 €31.325 €
Außenmaße4335 x 1795 x 1451 mm4258 x 1790 x 1492 mm
Kofferraumvolumen395 bis 1301 l380 bis 1270 l
Hubraum / Motor1998 cm³ / 4-Zylinder1984 cm³ / 4-Zylinder
Leistung184 kW / 250 PS bei 6000 U/min169 kW / 230 PS bei 4700 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h
0-100 km/h6,3 s6,7 s
Verbrauch7,0 l/100 km6,4 l/100 km