Mercedes-AMG A 45 S und C 43 Coupé im Test
Lieber Hot Hatch oder eleganter Zweitürer?

Über den heißesten Kompaktsportler von Mercedes-AMG, den 421 PS starken A 45 S, lassen die Fans nichts gehen. Dabei gäbe es eine ähnlich teure und starke Alternative aus dem gleichen Hause: das C 43 Coupé – mit Biturbo-V6.

Mercedes-AMG A 45 S, Mercedes-AMG C 43 Coupe, Exterieur
Foto: Maximilian Balazs

Widmen wir uns einer Frage, die so heiß ist, dass sie ganze Internetforen anzünden kann: Tauscht man sein Erspartes besser gegen einen Mercedes-AMG A 45 S oder gegen ein C 43 Coupé ein? Beide kosten über 60.000 Euro, doch der eine kommt mit vier Zylindern und einem einzigen Turbolader, der andere mit doppelt aufgeladenem V6.

Für Antriebs-Gourmets scheint die Sache klar. Warum sie dennoch zu erbitterten Diskussionen taugt? Weil es sich beim Mercedes-AMG A 45 S um den heißesten Hot Hatch der Welt handelt, einen Kompaktwagen mit dem derzeit explosivsten Zweiliter-Turbo der Serienwelt. Und weil dieser 421 PS leistende Vierzylinder-Reaktor eine ebenso hitzköpfige wie treu ergebene Fanbasis hinter sich versammelt, deren Gemüter schnell überkochen, wenn man nur eine Alternative laut andenkt. Allerdings sind wir bei auto motor und sport wetterfest und lassen uns vom Shitstorm der sozialen Medien nicht umpusten.

Unsere Highlights

Hugo Boss gegen Adidas

Das Mercedes-AMG C 43 Coupé kommt im eleganten Zweitürerkleid, mit dem man nicht nur in der Außenwirkung eine Klasse höher unterwegs ist. Um mit einer Modemetapher zu sprechen: Beide AMG treten im Anzug auf, doch beim Coupé ist er von Hugo Boss geschneidert, beim Kompakten dagegen von Adidas. Wir bewerten das bei der Qualitätsanmutung.

Noch dazu breitet sich, wie bereits erwähnt, unter der Vorderhaube des ranghöheren Modells ein Sechszylinder mit zwei Turbos aus. Die wunderbare Laufruhe dieser Motorbauart ist uns zwei Pluspunkte wert. Seine 390 PS schüttelt der V6 lässig aus dem Antriebsstrang. Die zwei kleinen Lader kommen zackig auf Touren, lassen die Kraftentfaltung in einer stabilen Drehmomentbasis gründen.

Mercedes-AMG A 45 S, Mercedes-AMG C 43 Coupe, Motorraum
Maximilian Balazs
Im C 43 Coupé arbeitet weiterhin der Biturbo-V6 und noch nicht der Reihensechszylinder. Die Laufruhe begeistert dennoch. Vom Zweiliter-Turbo der A-Klasse gibt es auch AMG-Versionen mit 306 und 387 PS.

Der Druckaufbau strotzt vor Gegenwärtigkeit – die 520 Nm scheinen jederzeit abrufbar und schieben den 1,7-Tonner aus allen Lagen ungestüm an. Dazu raunzt der Dreiliter herrlich obertonrein, steigert sich in ein feines Drehzahltrompeten. So ein Traumtriebwerk erhält einen Bonus beim Geräuscheindruck.

Nun ist das Feingeistige nicht jedermanns Sache; der deftige Punch des Mercedes-AMG A 45 S findet ebenso seine Anhänger. Zumal seine Literleistung von knapp 211 PS als Hinweis auf den autoritären Charakter verstanden werden darf.

Im Vergleich zum Vorgängermodell haben die Entwickler den Vierzylinder um 180 Grad gedreht, was den Vorderwagen flacher bauen lässt und die Ansaugung zur Front hin ausrichtet. Nanobeschichtete und geglättete Laufbahnen reduzieren Reibungsverluste.

Wie bisher arbeitet der Lader im Twin-Scroll-Verfahren, wonach getrennte Abgaszuführungen das wälzgelagerte Turbinenlaufrad versorgen – damit sich die Luftströme nicht bremsend in die Quere kommen. Das soll das Turboloch am Ausfransen hindern.

Mercedes-AMG C 43 Coupe, Exterieur
Maximilian Balazs
Der Rückansicht wird durch zwei runde Doppelendrohrblenden in Hochglanzchrom eine sportliche Ästhetik verleiht.

Wir sprechen von maximal 2,1 bar Ladedruck, die sich erst einmal aufbauen müssen. Da dürfte es kaum verwundern, dass die Beschleunigung im hohen Gang unter 2.000/min Richtung null tendiert – bei Vollgas wohlgemerkt. Sprich: Der Abgasstrom reicht nicht aus, das Laderrad in Schwung zu bringen. Das Zweiliter-Triebwerk braucht Drehzahlen, weshalb das Doppelkupplungsgetriebe fleißig die Gänge wechselt, dabei jedoch nicht die Geschmeidigkeit der Wandlerautomatik im Mercedes-AMG C 43 erreicht.

Ist die Turbine auf Touren, dann bricht die Leistung über den Antriebsstrang herein. Anders ausgedrückt: Der Vierzylinder konzentriert sein Engagement auf ein spannungsgeladenes Momentum und röhrt seine Leidenschaft harzig heraus – übrigens nicht mehr wie früher vorwiegend nach außen, sondern nun verstärkt in den Innenraum. Wer so eine emotionale Anreicherung eher ablehnt, sollte zunächst einmal Probe hören – live und nicht bei Youtube.

Wie krieg ich ihn lauter?

Es stimmt: Der A 45 S intoniert nach wie vor einen emotionalen Sound, dämmt seinen Auspuffschall nur gekonnter. Das – Sie werden es sich bereits gedacht haben – entflammt die Foren. AMG hat reagiert und bietet einen Modus an, in dem der Motor mit erhöhter Leerlaufdrehzahl und damit etwas lauter startet. Das Thema scheint schließlich die Gemüter zu bewegen – Dezibelbefürworter tauschen in der digitalen Welt längst (nicht nur legale) Tipps aus, wie der Kompaktsportler plärriger wird.

Mercedes-AMG A 45 S, Exterieur
Maximilian Balazs
Der A 45 S geht mit 360 Millimeter großen Scheiben an der Vorderachse an den Start.

Als fahrspaßigeres Diskussionsthema schlagen wir die clevere Kraftübertragung vor. Der Allradantrieb verteilt das Drehmoment nicht nur von vorne nach hinten, sondern dort auch von links nach rechts. So kann das System dem kurvenäußeren Hinterrad bevorzugt Newtonmeter zuteilen – mit querdynamischen Konsequenzen: Der Mercedes-AMG A 45 S kann driften.

Euphorisches Heck

Dafür gibt es sogar einen eigenen Modus für abgesperrte Strecken. Bis in den Scheitelpunkt hinein fährt sich der Viertürer darin noch wie ein Fronttriebler, reagiert untersteuernd auf zu viel Ehrgeiz. Lenkt man allerdings unterhalb der Grenzgeschwindigkeit ein und geht dann übermütig ans Gas, so meldet sich das Heck euphorisch. Es kriegt sich wieder ein, sobald der Lenkwinkel leicht zurückgenommen wird. In engen Kurven können sich mit dieser verzeihenden Auslegung sogar Anfänger im Querfahren üben.

Fortgeschrittene kommen ebenso zu ihrem Vergnügen: Wer den lastwechselnd eingeleiteten Drift in lang gezogenen Biegungen über die Balance aus Drehmomentüberschuss und (nicht zu starkem) Gegenlenken hält, wähnt sich fast in einem Hecktriebler – und zwar in einem, der sanft übersteuert und sich ebenso sanft wieder einfangen lässt.

Der Mercedes-AMG C 43 bietet zwar keinen Drift-Modus, doch die rückwärtigen Reifen dürfen auf Exkursion von der Ideallinie gehen. Sein hinterradbetont ausgelegter Allradantrieb gestattet aber lediglich so viel Spielraum, dass keine schwitzigen Hände drohen, denn das Heck richtet sich am Kurvenausgang fast von allein aus.

Mercedes-AMG A 45 S, Interieur
Maximilian Balazs
Das Innenleben des A 45 S erscheint ebenfalls mit gelben Akzenten am Armaturenbrett, dem Lenkrad und sogar den Fußmatten.

Dank dieser swingenden Abstimmung fühlt sich schon leicht forciertes Tempo nach heißem Ritt an, zumal die Lenkung traumwandlerisch rückmeldet, während der Mercedes-AMG A 45 S auf Impulsivität um die Mittellage setzt. Auf Lenkkorrekturen reagiert er nervöser, weshalb sich der Kompakte auf Fernstraßen nicht sehr wohl fühlt. Er zeigt seinen Unmut, indem er poltrig über Querfugen hinweggeht und Bodenwellen stößig weitergibt.

Warum die A-Klasse dennoch die Eigenschaftswertung gewinnt? Dafür reicht dem Viertürer schon der Karosserievorteil: mehr Platz im Innenraum, weniger Einschränkung bei Einstieg, Beladung und Rundumsicht.

Ein zusätzliches Polster verschaffen der neueren Konstruktion die bessere Sprachbedienung und die umfangreichere Ausstattung an Assistenzsystemen sowie die umfassendere Abgasreinigung samt niedrigerem Durchschnittsverbrauch. In der Bepunktung wiegt das Nachteile wie die straffer gepolsterte Rücksitzbank mehr als auf.

Aus dem Überlastbereich

Dass der C 43 eben doch in allen Belangen etwas teurer ist, summiert sich in der Kostenbetrachtung auf einen weiteren Malus, weshalb die Fanboys wieder aus dem Überlastbereich herunterfahren können: Der A 45 S liegt vorn.

Am Ende wollen wir selbst ein wenig zündeln und empfehlen Ihnen von Automobilist zu Automobilist: Fahren Sie doch mal das Mercedes-AMG C 43 Coupé zur Probe – es gewinnt zwar nicht diesen Vergleichstest, möglicherweise aber Ihre Zuneigung.

Fazit

1. Mercedes-AMG A 45 S
444 von 1000 Punkte

Der Viertürer gewinnt weniger über seine Performance als vielmehr über den größeren Innenraum, die umfangreicheren Assistenzsysteme sowie natürlich über die Kosten.

2. Mercedes-AMG C 43 Coupé
432 von 1000 Punkte

Bei Fahrdynamik und Fahrspaß hält das teurere Coupé erstaunlich gut mit, legt beim Komfort sogar deutlich vor. Größtes Plus: der wohltönende und durchzugsstarke Biturbo-V6.

Technische Daten
Mercedes AMG A 45 S Kompaktlimousine 4Matic+ Mercedes-AMG SMercedes AMG C 43 Coupé 4Matic Mercedes-AMG
Grundpreis64.825 €64.909 €
Außenmaße4419 x 1796 x 1440 mm4693 x 1810 x 1402 mm
Kofferraumvolumen370 bis 1210 l400 l
Hubraum / Motor1991 cm³ / 4-Zylinder2996 cm³ / 6-Zylinder
Leistung310 kW / 421 PS bei 6750 U/min287 kW / 390 PS bei 6100 U/min
Höchstgeschwindigkeit270 km/h250 km/h
0-100 km/h4,1 s4,4 s
Verbrauch8,3 l/100 km9,2 l/100 km
Testverbrauch9,6 l/100 km10,5 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten