GLA 45 AMG vs. Audi RS Q3 im Datenvergleich
Enges Rennen zwischen den Sport-SUV

Will man ein Hightech-Spielzeug oder einen emotionalen Lademeister? Die Entscheidung zwischen Audi RS Q3 und Mercedes-AMG GLA 45 dürfte von persönlichen Bedürfnissen abhängen.

Kaltvergleich Genf 2020 Audi RS Q3 Mercedes-AMG GLA 45 S
Foto: Hersteller / Patrick Lang

Es ließe sich natürlich die Sinnfrage stellen: Brauchen kompakte SUV wirklich etwa 400 PS starke Motoren? Man kann sich aber auch einfach von seinen Emotionen leiten lassen und Autohersteller, die solche Produkte anbieten, zu ihrem Mut beglückwünschen. Die Audianer zum Beispiel dafür, dass sie dem Q3 ihren famosen 2,5-Liter-Fünfzylinder-Turbo in den Bug drücken. Und die AMG-Leute dafür, dass sie einem Vierzylinder mit nur 1.991 Kubikzentimetern Hubraum bis zu 421 PS Leistung entlocken. Macht eine Literleistung von 211 PS – wow!

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Beide Autos gibt es doppelt

Womit wir auch schon mittendrin sind im Duell der Daten, das – soviel sei vorab verraten – ein sehr enges ist. Und ein doppeltes, denn sowohl den Audi RS Q3 als auch den Mercedes-AMG GLA 45 4Matic gibt es zweimal. Ersteren in klassischer SUV-Gestalt und und in der Sportback-Variante mit sanft abfallendem Fließheck. Und Letzteren in zwei Leistungsstufen: mit 387 PS und maximal 480 Newtonmetern oder mit 421 PS und höchstens 500 Newtonmetern in der S-Version. Wobei sich der Leistungssprung weniger beim Beschleunigungsvermögen (4,3 statt 4,4 Sekunden) als bei der Höchstgeschwindigkeit bemerkbar macht: Der GLA 45 AMG S regelt bei 270 km/h elektronisch ab – und damit 20 Sachen später als der Modellbruder.

Audi RS Q3 Sportback 2019-MJ
Audi
Ganz nach Art des Hauses dient der famose Fünfzylinder-Turbo als Antriebsquelle des Audi RS Q3.

In puncto Leistung trifft der Audi mit 400 PS ziemlich genau mittig zwischen die Zwillinge mit Stern, beim Drehmoment-Maximum ist er sich mit dem schwächeren AMG einig. Beim Standard-Sprint hinkt er mit 4,5 Sekunden knapp hinterher, dafür beweist er einen längeren Atem und darf bis 280 km/h weiterbeschleunigen – gegen Aufpreis, versteht sich. Außerdem bietet der RS Q3-Motor diesen einen Brennraum mehr, der die Zündfolge 1-2-4-5-3 und damit ein ganz eigenes, emotionales Klangbild ermöglicht. Der Sound hängt natürlich vom gewählten Fahrmodus ab – das ist beim Rivalen aus Affalterbach übrigens nicht anders.

König der elektronischen Fahrzeugabstimmung

Überhaupt ist der Mercedes-AMG GLA 45 der König der elektronischen Fahrzeugabstimmung. Die grundlegenden Modi heißen „Glätte“, „Comfort“, „Sport“, „Sport+“, „Individual“ und „Race“ und wirken sich auf Antrieb, Fahrwerk, Abgasanlage, Lenkung und ESP-Hemmschwelle aus. Hinzu kommen die AMG-Dynamics-Funktionen „Basic“, „Advanced“, „Pro“ und „Master“, mit denen sich die Fahrdynamik weiter schärfen lässt. Darüber hinaus lässt sich das aktive Fahrwerk mit der „AMG Ride Control“ dreistufig verstellen.

Mercedes-AMG GLA 45 4MATIC
Mercedes
Der Mercedes-AMG GLA 45 erlaubt vielerlei technische Spielereien.

Für die Spielkinder unter den sportlich orientierten SUV-Fahrern ist der Mercedes der klare Favorit, zumal er optional über die „Track Pace“-Funktion verfügt. Dahinter verbirgt sich ein Datenlogger für die Rennstrecke, den AMG als „virtuellen Renningenieur“ bezeichnet. Das klingt etwas großspurig, könnte mit Funktionen wie der per Augmented Reality erzeugten und über das Multimedia- beziehungsweise Headup-Display ausgespielten Ideallinien-Funktion aber helfen, die eigenen fahrerischen Kompetenzen weiterzuentwickeln. Zwar bietet auch der Audi Adaptiv-Dämpfer und das Audi Drive Select-System mit bis zu sechs Grundeinstellungen, aber eben nicht diese Masse an Kombinationsmöglichkeiten und vor allem nicht die virtuellen Spielereien.

Allradantrieb: Hightech vs. Hightech

Beide Sport-SUV verfügen über variable Lenksysteme und natürlich Allradantrieb. Letzteres heißt freilich längst nicht mehr nur, dass vier Räder angetrieben werden. Heutzutage verschafft sich einen Vorteil, wer die Motorkraft im perfekt passenden Moment zu den richtigen Rädern leitet. Der Audi vertraut diese Aufgabe einem Quattro-System mit elektronisch geregelter Lamellenkupplung und radselektiver Momentensteuerung an. Heißt: Die kurveninneren Räder werden beim Einlenken kurz abgebremst, wodurch sich der RS Q3 ein wenig in die Kurve eindreht. Das funktioniert ziemlich gut, wie wir bei einer Testfahrt des Sportback-Modells herausgefunden haben (den Fahrbericht lesen Sie hier).

Mercedes-AMG GLA 45 4MATIC
Mercedes
Der GLA 45 AMG verfügt über ein Hinterachs-Getriebe mit zwei Lamellenkupplungen.

Die Handlichkeit des RS Q3 muss der GLA 45 AMG erst einmal kontern, und er versucht dies mit mindestens ebenso ausgeklügelter Technik. Damit die Power nicht nur vollvariabel zwischen Vorder- und Hinterachse, sondern auch zwischen den Hinterrädern portioniert werden kann, nutzt der Mercedes ein neues Hinterachs-Getriebe. Dieses verfügt über zwei elektronisch gesteuerte Lamellenkupplungen, die jeweils mit einer Antriebswelle verbunden sind. Abhängig von etwa einem halben Dutzend Parametern sowie dem gewählten Fahrprogramm entscheidet die Technik blitzschnell, welches Rad mit wie viel Kraft versorgt wird.

Die Rivalen unterscheiden sich in Nuancen

Beim Getriebe-Konzept sind sich beide Konkurrenten wieder einig: Geschaltet wird hier wie da mit Doppelkupplern – beim Audi mit sieben, beim Mercedes mit acht Fahrstufen. Hinsichtlich der Bremsanlage erarbeitet sich der RS Q3 auf dem Papier einen Vorteil. Es gibt ihn optional mit Keramik-Stoppern an der Vorderachse, deren Scheiben 380 Millimeter groß sind. Die hinteren Pendants messen 310 Millimeter und bestehen aus Stahl. Der GLA 45 AMG bremst grundsätzlich mit Stahlscheiben, die vorne bis zu 360 und hinten 330 Millimeter groß sind. Auch die Räder sind beim Audi eine Nummer größer: 20-Zöller sind hier serienmäßig. Beim Mercedes gibt es nur 19-Zöller, sofern der 387-PS-Motor im Bug installiert ist; das S-Modell rollt auf 20 Zoll großen Rundlingen. 21-Zoll-Felgen sind in allen Fällen optional erhältlich.

Audi RS Q3
Audi
Den praktischeren Innenraum bietet zweifellos der Audi RS Q3.

Springen wir nach innen. Natürlich nach vorne links, wo in beiden Modellen zumindest ein Sportsitz und gegen Aufpreis noch stärker konturiertes Gestühl wartet. In den Kontrahenten fällt der Blick auf von Monitoren angezeigte, virtuelle und RS- sowie AMG-spezifische Instrumente. Beim Mercedes verschmilzt dieses Feature als Teil des MBUX-Infotainment-Systems optisch mit dem zentralen Bildschirm, beim Audi sind die Displays treppenartig versetzt angeordnet. Auch sonst setzen beide Autos eigene optische Akzente: Der Mercedes mit runden Luftausströmern und Automatik-Wählebel hinter dem Volant, der Audi mit horizontal ausgerichteten Düsen und klassischem Wählhebel auf der Mittelkonsole. Unten abgeflachte Sportlenkräder mit Schaltwippen haben beide.

Der RS Q3 ist das praktischere Auto

So ein SUV – mag es noch so viel Leistung haben – muss ja immer auch den automobilen Alltag bewältigen. Wenn es ums Transportieren geht, glänzt der RS Q3 mit einer Rückbank, die sich in Längsrichtung um 150 Millimeter verschieben und deren Lehne sich in verschiedenen Winkeln neigen lässt. Je nach Position der Fondsitze fasst der Kofferraum zwischen 530 und 675 Liter, maximal lassen sich 1.525 Liter einladen. Da kommt der GLA 45 nicht mit, er packt lediglich zwischen 435 und 1.430 Liter weg. In Sachen Multimedia und Vernetzung muss man die Unterschiede zwischen beiden Autos mit der Lupe suchen. Anders ist es bei den elektronischen Fahrassistenten: Von der Fülle an Funktionen, die schon für die Normalversionen des GLA erhältlich sind, ist der Audi ein ganzes Stück weit entfernt.

Die Preisfrage lässt sich übrigens noch nicht final klären, denn bisher hat nur Audi einen Basispreis (63.500 Euro) für den RS Q3 kommuniziert. Beim Mercedes-AMG GLA 45 steht diese Information noch aus.

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Für den Audi RS Q3. Er hat schließlich den Fünfzylinder-Motor.Für den GLA 45 AMG. Er ist technisch hochüberlegen.

Fazit

Das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden kompakten Power-SUV entscheidet am Ende wohl der persönliche Geschmack. Wer in erster Linie das praktischere Auto sucht, mit dem er hin und wieder seinen inneren Walter Röhrl von der Leine lassen kann, dürfte sich zum RS Q3 hingezogen fühlen. Jene, die die Emotionalität des Fünfzylinders über alles stellen, greifen eh zum Audi. Wer dagegen im Geiste ein Renningenieur ist und Spaß am Herumspielen, Konfigurieren und Ausprobieren hat, dürfte den GLA 45 AMG wählen. Ob sich dessen Hightech auf der Rennstrecke tatsächlich als Vorteil entpuppt, muss er selbstverständlich noch im realen (Vergleichs-)Test unter Beweis stellen.