Mercedes GLC 300 d und Audi Q5 50 TDI im Test
Vergleich der Premium-SUV mit Top-Diesel

Der Audi Q5 kam 2017 auf den Markt und bekam Ende 2020 ein Facelift: Kann er gegen den ganz neuen Mercedes GLC Widerstand leisten? Das prüfen wir mit den jeweiligen Top-Dieseln.

Audi Q5 50 TDI, Mercedes GLC 300 d
Foto: Achim Hartmann

Was hat sich seit dem Start des Audi Q5 im Jahr 2017 eigentlich in der Automobiltechnik getan? Anders gefragt: Was könnte dem Q5 im Vergleich mit dem neuen GLC an Funktionalitäten fehlen, weil er keine frische Entwicklung mehr ist? Die letzten Jahre waren vor allem von Fortschritten in der Akku- und Ladetechnologie für Elektroautos geprägt. Davon abgesehen sind es die Hybridisierung und Assistenzsysteme, die deutliche Fortschritte gemacht haben.

Unsere Highlights

Mit der Produktpflege Ende 2020 hat der Q5 einen aktiven Lenkassistenten bekommen, der das Assistenzportfolio auf einen noch aktuellen Stand gehievt hat. Hier gleich als Einschub: Das ziemlich ausgereifte System des GLC kommt mit Baustellen besser zurecht, lenkt insgesamt feinfühliger und zuverlässiger. An Technik fehlt dem Audi aber auch davon abgesehen nichts, denn etwa Sitzbelüftung oder die kabellosen Schnittstellen für Apple Carplay und Android Auto sind genauso erhältlich wie ausgeklügelt abblendende Matrixscheinwerfer. Noch ein Einschub: Symbole auf die Fahrbahn projizieren kann hier nur das Digitallicht des Mercedes, was eindrucksvoll wirkt.

Der prestigeträchtige Sechszylinderdiesel des Vorgängers wird im neuen GLC nicht angeboten, stattdessen steckt im Topmodell 300 d ein Dieselantrieb mit vier Zylindern und 269 PS. Bis zu 17 kW und 200 Nm steuert ein 48-Volt-Motor bei, der im Gehäuse der 9G-Tronic sitzt. Der mit gleicher Spannung laufende Riemenstartergenerator des Q5 50 TDI rekuperiert lediglich, packt beim Vortrieb aber nicht mit an.

Mach doch mal hinne, V6!

Gerade eine assistierende Mildhybridisierung wäre für den V6-TDI (286 PS) des Audi eine hilfreiche Kompensation. Obwohl der Q5 etwas besser beschleunigt als der GLC, zögert der Dreiliter beim Anfahren noch immer und reagiert nach dem Abbiegen zu träge: Beides ist nicht so schlimm, wie es mal war, zudem fällt das auf der Autobahn viel weniger auf – aber gut geht anders. Auch beschleunigt er aus niedrigem Tempo anfangs zäh, was aber wenigstens nicht mehr dazu führt, dass das Getriebe wie wild zwei, drei Gänge runterschaltet.

Der Benz-Vierzylinder verbraucht mit 7,1 l/100 km 1,3 Liter weniger und unterstreicht mit seiner Reaktionsstärke die Defizite des TDI gnadenlos. Zwar sind zusätzliche Elektromotoren für ein nahtloses Anfahrverhalten prinzipiell nicht nötig, aber im GLC 300 d wirkt es schon so, als würde die E-Unterstützung effektiv mithelfen, weil der SUV an der Ampel auffällig direkt und kräftig anschiebt. Zumindest subjektiv sorgen Vollgasstarts jedoch für eine kurze Verzögerung, auch setzt er Gaspedalbefehle aus dem Schubbetrieb bei höheren Drehzahlen nur durchschnittlich schnell um. In solchen Kurvenausgangs-Szenarien baut der kraftvolle Audi hingegen ziemlich zügig ziemlich viel Druck auf. Prämisse: Der Fahrer muss den passenden Gang per Lenkradwippe einlegen, denn selbst im Sportmodus schaltet die Q5-Automatik häufig erst beim Beschleunigen in die richtige Stufe, also viel zu spät.

Anständige Kurvenkompetenzen stellen beide unter Beweis, wobei der Audi Lenkbewegungen etwas zackiger in Richtungswechsel umsetzt. Sportlicher wirkt er auch im 18-Meter-Slalom, in dem die mit einem Sperrdifferenzial ausgerüstete Hinterachse die Agilität über leichtes Mitwischen erhöht. Dennoch schließt er Slalom und doppelten Spurwechsel nur geringfügig schneller ab.

Zwei Lenksysteme

Die Dynamiklenkung des Q5 kostet 1.000 Euro und erreicht nicht ganz die feinfühlige Abstimmung der des Mercedes. Per Überlagerungsgetriebe ändert sie dafür tempoabhängig die Übersetzung: Beim Abbiegen fallen die nötigen Lenkwinkel damit angenehm gering und ähnlich wie beim GLC-Testwagen aus, der mit allen vier Rädern lenkt. Als Vorteile des 300 d bleiben ein entspannteres Lenkgefühl sowie ein richtungsabhängig 70 bis 80 Zentimeter kleinerer Wendekreis.

Beim Rangieren unterstützt auch der Q5 mit zahlreichen Kameraperspektiven, doch nur der Benz-Fahrer hat Zugriff auf eine per Software generierte Motorhaubendurchsicht, die vor allem abseits befestigter Straßen nützlich sein kann. Dafür sind beide Allradler mit höhenverstellbaren Luftfahrwerken und Offroad-Programmen anständig gerüstet. Alltagsorientierter sind die Tasten in den Kofferräumen, mit denen sich die Karosserien für geringere Ladehöhen absenken lassen.

Weitere Funktionalität bieten beide mit dreiteiligen Rückbanklehnen, die nur im GLC elektrisch fernentriegelbar sind. Die mittlere Lehne lässt sich in beiden Autos von den hinten Sitzenden öffnen, was praktisch ist, um während der Fahrt mal was aus dem Gepäckraum zu fischen. Ebenfalls gut: Unter den elektrisch öffnenden Heckklappen stehen auch größere Menschen ohne Verrenkungen.

Variabler ist der Audi

Obwohl nur der Benz Unterbodenfächer hat, von denen eins sogar das Laderollo fasst, ist der Q5 insgesamt praktischer. Das liegt vor allem an seiner verschiebbaren Rückbank inklusive Zweier-Lehneneinstellung, die eine Kofferraumverlängerung ermöglicht (gut für lange Koffer). Im Vorteil ist er auch mit einer einfach erreichbaren Induktivladestation, denn im GLC vergräbt man das Telefon tief in der Ablage unter dem Infotainment-Monitor. Außerdem passen 1,5-Liter-Flaschen nur im Audi in alle Türtaschen, im Mercedes stehen sie vorne dafür kerzengerade.

Mangels bewertbaren Nutzens rechnen wir dem GLC für seine Ambientebeleuchtung keine Punkte an. Wer aber Freude daran hat, bekommt gegen Aufpreis eine sehr aufwendige geboten, die bei Klimatemperaturänderungen sogar in den Luftausströmern die Farbe wechselt. Die Ausströmer sind hingegen bewertungsrelevant, da die Einstellung der Ausrichtung und Luftstromintensität über den mittigen Knubbel einhändig erfolgt. Noch besser: der Knopf am Blinkerhebel, der über zwei Druckpunkte die Wischwasseranlage und das Einmalwischen ansteuert – damit bleibt die Wischerautomatik nach dem Einmalwischen aktiv.

Mercedes GLC 300 d
Achim Hartmann
Die Luftausströmer des GLC sind beleuchtet und lassen sich einhändig bedienen.

Demgegenüber stehen etwa zig Bedienschritte, um die Helligkeit der Displays zu regulieren, die nachts auf der Autobahn trotzdem noch ein wenig zu hell leuchten. Und wer auch mal mehrere Lieder seiner Playlist wegklickt, wird vom Mercedes gegängelt: Das klappt über das Lenkrad-Touchpad nur unpräzise und dauert selbst im besten Fall viel zu lange. Zudem ist das nur möglich, wenn im Tacho-Display das richtige Menü aktiv ist. Die winzigen Grafik-Buttons auf dem Touchscreen gehen nicht als brauchbare Alternative durch.

Diesbezüglich profitiert der Q5 sogar von seinem Alter, weil ihn der Touch-Wahn noch nicht an allen Stellen eingeholt hat (der jüngere Q4 e-tron hat Lenkrad-Touchfelder). Die Höhe des Head-up-Displays und die Bildschirmhelligkeit werden über zwei ausfahrbare Drehregler links neben dem Lenkrad verstellt. Audiosteuerung per Drehwalze plus zwei Pfeiltasten direkt daneben – einfach und bequem. Den Hebel für die Temporegelanlage muss man mögen, sonst bedient man das meiste stressfrei, was auch für die Klimaanlage gilt: Rumgetouche beim GLC, hochwertige Drehregler und Tasten im Q5.

Drehschalter fehlen beiden Infotainments, doch das abgeflachte Mercedes-Lenkrad trägt zwei Tasten für das Haupt- und Favoritenmenü, die auf dem Touchscreen Übersichten mit großen Kacheln öffnen. Auch gut: Über eine der Tasten kommt man immer zur Navikarte zurück. Obwohl dem Audi solche Tasten fehlen, überzeugt dessen Menüstrukturierung ebenso, zudem lassen sich die (recht kleinen) Direktwahl-Buttons links am Bildschirm austauschen. Der Benz versteht zwar mehr Sprachbefehle und die Infotainment-Steuerung fällt etwas besser aus. Trotzdem funktioniert die Bedienung im Audi insgesamt leichter, was auch ein Komfortplus darstellt.

Die Luftfahrwerke

Beim Federungskomfort erzielen Q5 und GLC auf unterschiedlichen Wegen die gleiche Punktzahl. Die meisten Unebenheiten nimmt der Audi ein bisschen weicher als der Benz, der dafür bei höherem Tempo auch mal eine Kette an Fahrbahnschäden überfährt, die in den Sitzen gar nicht ankommen – da hört man dann nur das angenehm dumpfe Räderploppen.

Audi Q5 50 TDI,
Achim Hartmann
Beim Fahrkomfort erreicht der Audi Q5 das Niveau des neuen Mercedes GLC.

Gut gedämmt sind beide Mittelklasse-SUV, leicht angenehmer klingt der V6-TDI des Audi: schon ebenso dieselig, aber auch feiner. Die Sitzmöbel unterstützen ebenfalls den hohen Fahrkomfort, wobei die im Q5 so gemütlich sind wie die des Benz, aber besseren Halt geben und mit einer höhen- und längsverstellbaren Armlehne kombiniert sind. Die starre Lehne des GLC passt für die meisten Körpergrößen aber so, wie sie ist. Zudem kontert der Mercedes bei der elektrischen Sitzverstellung mit drei Memory-Plätzen sogar für den Beifahrer, während dem Audi-Testwagen diese Funktion gänzlich fehlt.

Mit Blick auf die Punktetabelle bringen dem Q5 seine etwas besseren Sitze nur wenig, weil sein manchmal träger Antrieb ihn einiges und der höhere Dieselverbrauch viel Zählbares kosten. Auf der anderen Seite bringt der GLC zwar keinen großen Vorsprung durch innovative Technik mit. Er gewinnt das Duell trotzdem deutlich, weil er – abgesehen von manchen Bedienelementen – die Grundlagen bombenfest im Griff hat.

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Fazit

1. Mercedes GLC 300 d
616 von 1000 Punkte
2. Audi Q5 50 TDI
578 von 1000 Punkte
Technische Daten
Mercedes GLC 300 d 4Matic Audi Q5 50 TDI Quattro Advanced
Grundpreis68.110 €61.550 €
Außenmaße4716 x 1890 x 1640 mm4682 x 1893 x 1662 mm
Kofferraumvolumen620 bis 1680 l520 bis 1520 l
Hubraum / Motor1993 cm³ / 4-Zylinder2967 cm³ / 6-Zylinder
Leistung198 kW / 269 PS bei 4200 U/min210 kW / 286 PS bei 3500 U/min
Höchstgeschwindigkeit243 km/h240 km/h
0-100 km/h6,0 s5,9 s
Verbrauch5,6 l/100 km8,1 l/100 km
Testverbrauch7,3 l/100 km8,3 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten