Porsche Panamera 4S Sport Turismo
Fahrspaß für die ganze Familie

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Als Sport Turismo wird der Porsche Panamera teurer, schwerer und praktischer. Nur eines wird er nicht: undynamischer.

Porsche Panamera 4S Sport Turismo, Exterieur
Foto: Rossen Gargolov

Es waren ungewohnt turbulente Tage für Porsches Panamera. Statt die Konkurrenz nach Belieben zu vermöbeln, so wie das der Vorgängergeneration Zeit ihres Bestehens gelang,gab’s für den Neuen von Beginn an ordentlich Kontra. Den ersten Test gegen Audi, BMW und Lexus bekam die 4S-Version des 971 zwar noch recht locker gewuppt. Doch schon der zweite Auftritt ging gehörig in die Binsen: Im Vergleich mit AMG, BMW und Cadillac sprang für den hochtechnologischen, aber massiv übergewichtigen Turbo S E-Hybrid am Ende nur Platz vier heraus. Platz vier von vier!

Und selbst die GTS-Version, die inmitten einer prüden Business-Class früher mal so was wie das Playmate gewesen ist, blieb im jüngsten Einzeltest eher blass ums Näschen. Weniger wegen der Performance als solcher, sondern weil es ihr an Abgrenzung fehlt – an Abgrenzung nach unten hin. Der V8 ist schön und gut, allerdings leistet er nur 20 PS mehr als sein sechszylindriger Anknüpfungspunkt im 4S, was nicht mal ausreicht, um sein Mehrgewicht zu kompensieren.

Wenige Vor-, wenige Nachteile

All diese Erkenntnisse zeichnen ein recht düsteres Bild des Panamera, eines, das ihn aber schlechter aussehen lässt, als er in Wahrheit ist. Ja, seine Alleinherrschaft ist rum. Und ja, auch so ein GTS dürfte gern a bisserl mehr sein – gemessen an dem, was in ihm steckt, was das Kürzel verspricht und was er kostet. Aber: In der Gesamtheit seiner Fähigkeiten bleibt der einzig echte Porsche unter den Viertürern tonangebend – maßgebend sogar. Und in keiner seiner insgesamt 17 Versionen wird das so deutlich wie in dieser hier: dem stets allradgetriebenen, 440 PS starken Kombi.

Nun klingt Kombi natürlich immer nach ... nun ja ... nach verkrümelten Rücksitzen undeinem Labrador, der die Heckscheibe anschlabbert. Deshalb hat sich auch Porsche was Hübsches als Synonym für das Hohlkreuz ausgedacht: Sport Turismo – ein Name, der das Thema am Ende ganz gut trifft. Die Frage: Was steckt dahinter? Die Erwartung: Kofferraum! Der umfasst nun maximal 1.390 Liter, was okay ist, aber alles andere als weltbewegend. Ein regulärer Panamera schluckt nur 86 Liter weniger, ein E-Klasse T-Modell über 400 mehr – so viel dazu!

Lobend zu erwähnen ist dafür die Tatsache, dass sich der Panamera durch das ausgebaute Dachgeschoss nicht aus dem Grundkonzept bringen lässt. Die Nachteile reduzieren sich erstens auf den um 4.760 Euro höheren Einstiegspreis, und zweitens auf das unvermeidliche Mehrgewicht, das mit um die 60 Kilo aber so gering ausfällt, dass es kein drittens, viertens oder fünftens gibt.

So fühlt sich auch der Sport Turismo direkt nach Porsche an. Man sitzt tief, inmitten eines filigranen Bedienkonzepts und eingestöpselt in diese famose Ergonomie mit ihrem steil stehenden Lenkrad, über das sich der Fünf-Meter-Apparat regelrecht aus seiner Haut fahren lässt! 2.088 Kilo wiegt jenes weithin voll ausgestattete Exemplar, wovon aber maximal die Hälfte zu spüren ist. Einlenken, und der lange Lulatsch sticht wie ein Pfeil ins Eck, verankert sich im Bogen und zieht mit Spannung herum.

Porsche Panamera 4S Sport Turismo, Interieur
Rossen Gargolov
Spontanes Ansprechen, keine Durchhänger, top Fahrleistungen. Auch top: Sitzergonomie und Keramikbremse.

Okay, das Fahrgefühl ist nicht mehr so real wie beim Vorgänger und nicht mehr so intensiv. Der 2,9-Liter-Biturbo ist kein Herz, das Drehmoment in Wallung bringt, sondern eher eine Vortriebsmühle; die Lenkung arbeitet extrem direkt, aber ohne spürbare Anbindung. Im Klartext: Der einstige Panamera hat dich gepackt, der neue perlt ab. Allerdings – und da wird die Medaille dann zweiseitig – sind die Gründe für diesen emotionalen Lotoseffekt exakt dieselben, die auch seine Performance so außergewöhnlich machen.

Distanziert, aber überlegen

Sprich: Dinge wie die Hinterachslenkung oder das vom 48-Volt-Netz gespeiste Anti-Wank- System mögen die Zweisamkeit zwischen Mensch und Mechanik stören, sie sind aber hauptverantwortlich dafür, dass sich dieser Panamera noch weiter aus seinen Rahmenbedingungen biegen lässt als der davor. Siehe 18-Meter-Slalom, wo er sich mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 69,2 km/h an Vollblut-Sportwagen heranwanzt; siehe Bremswege, – und siehe auch: Hockenheim. Eine 1.13,8 notiert er auf dem Kleinen Kurs. Damit liegt er weit über dem Klassenschnitt und pari mit einem 120 PS stärkeren Audi RS 6 Avant!

Sein Kombiheck stört den Bewegungsdrang übrigens in keinster Weise. In der Rundenzeit fehlt nur ein Zehntelchen auf den konventionell gekleideten 4S, was man getrost unter Streuung verbuchen kann. Und auch am Fahreindruck ändert sich lediglich das Innenspiegelbild. Der Sport Turismo liegt also genau so stoisch wie jeder andere Panamera, untersteuert milde, aber auf sehr hohem Niveau und tunkt all das in markentypische Präzision.

Dass er auch auf der Strecke unnahbar bleibt, ist in dieser Klasse am Ende wohl eher Feststellung als Vorwurf. Und wer weiß, vielleicht lässt Porsche die Sau eines Tages ja doch noch einmal raus. Der prüden Business-Class würde ein neues Playmate jedenfalls guttun.

Fazit

Ob Fließheck oder Sport Turismo ist im Prinzip total egal. Der Zugewinn an Platz und Praktikabilität ist überschaubar, Fahr- leistungen, Handling und Performance decken sich. Einziger Unterschied: Unter den Sportkombis ist der Panamera so kon- kurrenzlos, wie er es früher gewohnt war.

Technische Daten
Porsche Panamera Sport Turismo 4S S
Grundpreis120.048 €
Außenmaße5049 x 1937 x 1428 mm
Kofferraumvolumen520 bis 1390 l
Hubraum / Motor2894 cm³ / 6-Zylinder
Leistung324 kW / 440 PS bei 5650 U/min
Höchstgeschwindigkeit286 km/h
0-100 km/h4,4 s
Verbrauch8,2 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten