Audi Q7, Mercedes GL, Land Rover Discovery und BMW X5 im Vergleich
Der Q7 stellt sich dem Test der großen SUVs

Große SUVs wirken wie für die Ewigkeit gemacht. Was sie im Alltag können, klärt der Vergleichstest.

Der Q7 stellt sich dem Test der großen SUVs

So wie Burgen und Schlösser umweht auch große SUVs der Hauch des Unvergänglichen. Allein die schiere Größe ihrer Karosserien und die Ehrfurcht gebietenden Leergewichte um die 2,5 Tonnen ­wecken die Hoffnung, dass hier aus dem Vollen gefräst und nicht mit spitzem Bleistift im Verborgenen gespart wurde. Unterm Blech guter, ­ehrlicher Maschinenbau, der auch in einigen Jahren noch jeden ­Gedanken an eine Neuanschaffung mit natürlicher Autorität torpediert. Was willst du denn kaufen? Kommt doch nichts ­Besseres nach.

Unsere Highlights

Beim Blick auf die Preise eines Land Rover Dis­covery , eines Audi Q7 , eines BMW X5 oder eines Mercedes GL wird ohnehin schnell klar, dass es hier auch im übertragenen Sinne um Anschaffungen von enormem Gewicht geht. Die Redaktion orderte die vier Diesel nicht als Fünf-, sondern als Siebensitzer: geländegängige Reisekutschen für die Großfamilie. Wie groß darf die Sippe sein, damit bei voller Besetzung auch alle bequem ans Ziel gelangen? Für guten Komfort haben jedenfalls schon mal alle Luftfederung an Bord – Land Rover Discovery TDV6 SE und Mercedes GL 320 CDI sogar serienmäßig. Beim Audi Q7 3.0 TDI kostet sie die Kleinigkeit von 2575 Euro, und beim BMW X5 3.0d ist sie wenigstens in den 1980 Euro für die optionale dritte Sitzreihe enthalten. Der Bayer bietet diesen Luxus allerdings nur an der Hinterachse, während Stahl­federn die Konkurrenz rundum aufs ­Altenteil schickt.

Nur ein SUV bleibt unter der 50.000-Euro-Grenze

Ohne weitere Extras erreichen die vier ein Preisniveau, das sie prädestiniert für einen Ehrenplatz beim Erbteil. Lediglich der Discovery in reichhaltiger SE-Ausführung bleibt unter der 50.000-Euro-Grenze. Der Mercedes peilt die 70.000 Euro an. Audi und BMW ? Tummeln sich nahe der 55.000-Euro-Preisregion, wobei schon ein Kreuz in der Aufpreisliste für Leder und Navigation den Betrag um den Wert eines ordent lichen Gebrauchtwagens erhöht. Doch Ritterburgen, man weiß es ja, waren noch nie was für arme Leute.

Dafür können die Mitmenschen aber auch sehen, wo das viele Geld geblieben ist. Land Rovers Discovery wirkt noch am normalsten in diesem Quartett der Üppigkeit. Sein überwiegend gerade gepresstes Blech lässt das kurze und schmale, dafür mit Abstand höchste Auto fast schon dezent dastehen. Der flache Audi, besonders mit den am strahlend weißen Testwagen montierten protzigen S-Line-Schürzen, und der schlichte sowie sehr, sehr große Mercedes ziehen die Blicke magisch auf sich. Mehr auch, als dem BMW zuteil werden, denn dass hier schon die zweite Generation des Münchener Erfolgskindls auf den großen Rädern steht, erkennt man wegen der dezenten optischen Korrekturen nicht auf Anhieb.

In welchen man auch einsteigt, reichlich Platz bieten sie alle. Der BMW und vor allem der Land Rover wirken wegen ihrer eher senkrechten Cockpitarchitektur zwar etwas weniger großzügig, doch auch hier sind lange Kerls gut aufgehoben. In der zweiten Reihe, die sich im Falle des X5 aufgrund kleiner Tür ausschnitte und nicht sehr weit öffnender Pforten etwas weniger locker entern lässt, sieht das schon anders aus. Da bieten der BMW und der Land Rover nicht so viel Fußraum wie die Konkurrenz. Dennoch kommen auch hier lange Beine nicht in die Zwickmühle.

Discovery und X5 haben horizontal geteilte Heckklappen

Lässt man es bei dieser Sitzkonfiguration bewenden, darf man reichlich einladen. Rund 600 Liter sind es unter den Laderaum abdeckungen von Mercedes und BMW. Audi beziffert das Kofferraumvolumen mit 775 Litern und Land Rover sogar mit unglaublichen 1192 Litern. Kleines Detail am Rande: Discovery und X5 haben horizontal geteilte Heckklappen. Deren untere Hälfte taugt beim Angeln zwar als halbwegs kommodes Plätzchen im Schatten; wenn es jedoch gilt, die letzte Reise tasche aus den Untiefen des Kofferraums zu fischen, sind sie regelrecht hinderlich.
Doch wir fühlen ja den Siebensitzern auf den Zahn. Also klappen wir die letzte Sitzreihe hoch. Das geht beim GL besonders komfortabel per Tastendruck. Der Aufwand der elektronisch gesteuerten Elektromotoren rechtfertigt durchaus den strammen Aufpreis von 1.607 Euro, denn bei den anderen Kandidaten sind hierzu doch einige Handgriffe erfor derlich. Nur bei BMW kommen Platz sechs und sieben mit 1.980 Euro noch teurer, weil es sie nur im Paket mit der Luftfederung gibt. Der Lohn der Mühe ist unterschiedlich – nicht nur, was die zwischen 200 (X5) und 460 Liter (GL) variierende Größe der verbleibenden Stauräume angeht. Denn echte Siebensitzer sind nur der Mercedes und der Land Rover. In beiden sitzen Erwachsene selbst ganz hinten mit Würde, wobei jedoch die Sitzflächen des Discovery gern etwas länger sein dürften. Im Audi und im BMW dagegen fühlen sich Mitfahrer mit ein gezogenem Kopf und eingeklemmten Beinen wie Gulli ver in Liliput. Von den Mühen, auf diese Notsitze zu kommen, gar nicht zu reden. Größer als 1,60 Meter bei sportlicher Figur sollte man wirklich nicht sein.

Doch auch zwischen dem Discovery und dem GL gibt es Unterschiede

Denn während der Land Rover speziell ganz hinten viele unverkleidete Scharniere, Schienen und billigen Filz sehen lässt, hat Mercedes den hervorragen den Qualitätseindruck von vorn bis hinten mit eiserner Konsequenz durchgezogen. Alles wirkt so geschliffen und edel, dass eine S-Klasse nicht gediegener daherkommt. Wie der GL, so sind der betont sachlich, aber hochwertig eingerichtete X5 und speziell der Q7 ebenfalls kaum zu toppen, was Materialauswahl, Passgenauigkeit und Farbharmonie anbelangt. Dagegen herrscht im Discovery ein raueres Klima. Nicht nur das kantige Innenraumdesign ist rustikaler, auch die verbauten Kunststoffe wirken so. Sie machen den Eindruck, selbst eine Reinigung mit dem Dampfstrahler überstehen zu können, während man bei den deutschen SUVs schon angst erfüllt große Augen bekommt, wenn jemand nur die Worte lehmverschmierte Gummistiefel über die Lippen bringt.

Diese unterschiedlichen Wesenszüge decken sich gut mit den Eigenschaften der vier Dickschiffe auf der ­Straße. Mit sehr exaktem und agilem Handling zeigen der Q7 und der X5, wo sie sich tatsächlich zu ­Hause fühlen. ­Ihre Dynamik wirkt fast schon irreal, denn vor Kurven scheinen sie aufs Format eines A4 oder 3ers zu schrumpfen, so locker lässt es sich mit ihnen ums Eck pfeifen. Da wird auch die rasante Tour über kurvige Landstraßen zum sportlichen Vergnügen. Dem GL ist diese aufwändig anerzogene Behändigkeit wesens­fremd. Auch er lässt sich natürlich mit minimalem Kraftaufwand steuern, doch sein Fahrer bekommt die Gewalt der Fliehkraft ein­deutiger zu spüren. Und während dem Audi und dem BMW der Wille zur hohen Kurven­geschwindigkeit in den Genen liegt, packt der GL Kehren deutlicher untersteuernd auf ­etwas niedrigerem Niveau. So, wie ein Butler den Herrschaften formvollendet vom guten Portwein bringt, obwohl es erst halb zehn am Vormittag ist. Der Discovery wird da im Rückspiegel schnell kleiner. Zu unexakt ist die ­Lenkung, zu verzögert sind die von starkem Wanken be­gleiteten ­Reaktionen auf Kurswechsel. Er ist, ganz klar, das falsche Auto für zackige Fahr­manöver – und ist dafür ganz offensichtlich auch nicht gemacht. Das zeigt der Brite ebenso mit der mangelhaften Seiten­führung seiner kommoden Sitze und der sehr aufrechten Haltung hinterm Lenkrad. Wer ihn da­gegen ­laufen lässt wie einen großen Tanker, wird belohnt mit dem guten Gefühl, diesen unter die Sport Utility ­Vehicles geratenen echten Offroader ­artgerecht zu halten.

Der Land Rover dreht den jungen deutschen Chef­dynamikern aus München und Ingolstadt erst abseits ­befestigter Straßen eine lange Nase, dann aber richtig. Zwar ist der Q7 ­wegen des ­höhenverstellbaren Luftfederfahrwerks noch talentierter als der X5, doch der Sprengmeister im Braunkohlen­tagebau würde auch mit ihm nicht glücklich. Seine Wahl fiele wohl eher auf den Discovery, der mit seinem fünfstufigen Allradantrieb Terrain Response, großer Bodenfreiheit, Reduktionsgetriebe und den ­enormen Verschränkungswinkeln seiner Achsen sogar den GL in die Schranken weist. Und der ist mit Sperren, Unter­setzungs­getriebe, Bergabfahrhilfe und ­variabler Bodenfreiheit schon sehr gut gerüstet für den Fall, dass Papa von der Midlife-Krise voll erwischt wurde und er sich zum ­Meditieren in die Sahara zurückziehen will.

Die Fahrt in die Fremde gelingt mit allen vieren auf ­leisen Pfoten. Dass da vorn Sechszylinder-Diesel mit Hubräumen zwischen 2,7 (Land Rover) und drei Litern werkeln, dringt nur bei niedrigem Tempo ans Ohr – am schlech­testen gedämmt übrigens im Discovery. Doch jenseits der Stadtgrenzen reist man ohne ­Getöse durchaus flott übers Land. Bis auf den Mercedes ­(sieben Gänge) verfügen alle über sechs Vorwärtsgänge, die sanft und meist zur rechten Zeit automatisch gewechselt werden. Bei hohem Autobahntempo entpuppt sich der Mercedes als das leiseste Auto, wie er überhaupt den geschliffensten Eindruck macht.

Wenn die serienmäßig verstell­baren Dämpfer auf Komfort programmiert sind, schluckt der GL üble Pisten sanft wiegend, aber niemals zu weich – noch besser als der ebenfalls sehr komfortable, allerdings dabei leicht taumelige Land Rover. Der Q7 geht auch im Automatik-Modus seines Fahrwerks etwas straffer, jedoch nicht allzu unkom­fortabel ans Werk. Ganz anders der BMW X5. Er gibt sich speziell auf derben Bodenwellen und Schlaglöchern resolut unnachgiebig. Anscheinend sind nicht nur branden­burgische Buckelpisten bei der Abstimmung seines Fahrwerks vergessen, sondern Federn und Dämpfer vielmehr exklusiv für Fahrer ausgelegt worden, die ­eine Jahreskarte für die Nürburgring-Nordschleife hinter der ­Sonnenblende stecken haben. Immerhin passen zu diesem ­Eindruck die im Testwagen verbauten Komfortsitze für 2010 Euro. Mannigfaltig einstellbar und mit so hohen Lehnen gesegnet, als seien sie für ­einen Rennwagen konstruiert, sind sie schlicht eines der sinnvollsten von den vielen teuren Extras für dieses Auto.

Das Kontrastprogramm zu diesen rasanten Sesseln ­findet sich im Mercedes GL. In seinen breiten Polstern ­versinkt man geradezu in Wohlbehagen, fühlt sich nicht eingeschnürt und bestens aufgehoben. Im Q7 sieht das ähnlich aus, während die Sessel des ­Discovery mit ihren zu wenig ausgeformten Seitenwangen dessen „Keine falsche Eile“-­Habitus dezent unterstreichen.

Eile wäre auch fehl am Platz. Denn mit seinen 190 PS und 440 Newtonmetern steht der ­Discovery gegen die deutschen Bullen mit mindestens 224 PS (Mercedes) und 500 Newton­metern (Audi) auf verlorenem Posten. Mit 12,9 Sekunden vier Sekunden langsamer auf 100 als Q7 und X5, chancenlos in der Elastizität, mit 180 km/h ­Spitze um mindestens 30 Sachen abgeschlagen bei der Höchstgeschwindigkeit. Solche Zahlen sind nicht nur am Stammtisch wichtig, sondern zeigen auch Wirkung im richtigen Leben. Nicht, dass man im Land Rover nicht ausreichend motorisiert ­wäre und sich von engagiert ­gefahrenen Kleinwagen jagen lassen müsste. Doch das letzte Quäntchen Souveränität beim Überholen, das lockere Antraben am Ortsausgang oder der schöne Kick auf der Autobahn, wenn Fahrer vermeintlich schneller ­Limousinen fassungslos die Spur räumen – er ist einfach nicht drin.

Und beim Verbrauch zahlt sich dieser Leistungsverzicht nicht mal aus: Mit zwölf Litern ge­nehmigte sich der Land Rover auf der Teststrecke ebenso viel wie der Mercedes und kaum ­weniger als der Audi (12,3 Liter) – Folge der relativen Durchzugsschwäche, die die Automatik oft durch die Wahl kleinerer Gänge kompensiert. Als Sparmeister entpuppte sich der X5 mit elf ­Liter Testverbrauch. Jeder Tropfen davon dürfte es angesichts der sehr ­guten Fahrleistungen als Ehre empfunden haben, in diesen Brennräumen bis zur Selbstentzündung verdichtet worden zu sein. Mit zu diesem ­geringen Verbrauch trägt das schlanke ­Wesen des BMW bei. Der 25 Zentimeter längere und acht ­Zentimeter ­höhere Mercedes ist rund 300 Kilogramm schwerer, Land Rover und Audi bringen immerhin noch gut 200 Kilogramm mehr auf die Waage.
Bisher finden die Konzepte von Q7 und X5 bei den Käufern den größten Anklang. Sie belegen in der aktuellen Zulassungsstatistik die Plätze vier und fünf. GL und Disco tummeln sich auf den Rängen 28 und 38. Echte Siebensitzer sind scheinbar gar nicht so gefragt.

Fazit

Vier Autos, drei Charakterwelten. Der Discovery ist der Klassiker ohne neumodische Sportlerambitionen. Dafür mit sieben Vollwert-Plätzen wie der komfortable, erheblich vielseitigere, aber sündhaft teure GL. Der Q7 und der X5 machen die Sache auf der Straße am besten, lassen ­offroad anderen gern den ­Vortritt, sind auch keine echten Siebensitzer. So bleibt ­jedem, der ein repräsentatives Auto außerhalb der Limousinen- oder Kombi-Welt sucht, genügend Auswahl. Auf ­hohem ­Niveau günstig kommt man als Käufer eines X5 ­davon, so richtig derb ins ­Kontor schlägt der GL. Mit dem Mercedes liegt nicht nur der komfortabelste Sieben­sitzer vorn, sondern auch der kompetenteste ­Allrounder. 

Der Discovery ist im Gelände ­genial, auf der ­Straße jedoch zu behäbig. Da haben X5 und Q7 ihren großen Auftritt. 

Technische Daten
Audi Q7 3.0 TDI Quattro Luftfederung Land Rover Discovery TDV6 7-Sitzer HSEMercedes GL 320 CDI BMW X5 3.0d
Grundpreis53.375 €54.070 €69.258 €49.050 €
Außenmaße5086 x 1983 x 1697 mm4835 x 1915 x 1887 mm5088 x 1920 x 1840 mm4667 x 1872 x 1715 mm
Kofferraumvolumen775 bis 2035 l280 bis 2558 l620 bis 2300 l465 bis 1550 l
Hubraum / Motor2967 cm³ / 6-Zylinder2720 cm³ / 6-Zylinder2987 cm³ / 6-Zylinder2993 cm³ / 6-Zylinder
Leistung171 kW / 233 PS bei 4000 U/min140 kW / 190 PS bei 4000 U/min165 kW / 224 PS bei 3800 U/min160 kW / 218 PS bei 4000 U/min
Höchstgeschwindigkeit216 km/h180 km/h210 km/h210 km/h
0-100 km/h8,2 s13,4 s10,5 s9,6 s
Verbrauch10,6 l/100 km10,4 l/100 km9,7 l/100 km9,5 l/100 km
Testverbrauch12,7 l/100 km13,5 l/100 km12,8 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024

Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten