VW Beetle gegen VW Golf Cabrio
In aller Offenheit erlebt

Knapp zehn Sekunden haben wir, bis die Dächer zurückgekrempelt sind. Also schnell noch etwas Wissen transportiert: Seit 1949, als VW begann, Cabrios zu bauen, gab es nie gleichzeitig einen offenen Käfer-Abkömmling und einen Softtop-Golf. Bis jetzt. Also dann: Ab dafür!

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Foto: Achim Hartmann

Erste Sonnenstrahlen perlen über den See, feiner Wind pustet ein paar weiße Segelboote durch sachte Wellen. Das Dach des VW Beetle faltet sich surrend zu einem kleinen, historisch korrekten Hügel auf. Ein Vogel zwitschert dazu, und als mein Kopf aus dem Cabrio guckt, sagt mir Kollege Dralle, ich sei etwas zu hässlich. Aber er meint das nicht so. Er meint: etwas zu alt. Das liegt am Prospekt des VW Beetle. Darin hantieren 25-jährige Menschen mit sehr vollem Haupthaar erstaunlich viel mit Surfbrettern herum, treiben ergänzende Trendsportarten und sehen vor allem gut aus. Ja, es ist durchaus anspruchsvoll, den hohen Erwartungen an Jugend, Dynamik und Anmut gerecht zu werden, die so ein The 21st Century VW Beetle Cabriolet stellt. Da kommt der Katalog des VW Golf GTI Cabrio der Lebenswirklichkeit näher, denn er bewirbt unter dem Thema Lifestyle auch Babykleidung. Aber egal. Raus jetzt.

Nach all den Jahren vereint

Der Wind flattert sacht in den offenen VW Beetle, faucht seitlich an den hochgefahrenen Scheiben vorbei. Und wo das Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe die Gänge im Automatikmodus gerade so unaufgeregt durchstöbert, bleibt Zeit, noch mal auf die Besonderheit dieses Treffens einzugehen. Nie wurden Golf und Käfer/Beetle Cabrio parallel angeboten. Wohl, werden die Nostalgiker mahnen. Vielleicht waren sie sogar dabei, spät im Jahr 1979, als ein Konvoi offener Käfer in Wolfsburg einkrabbelte, um gegen den Produktionsstopp des 1303 Cabrios zu protestieren. Ja, sechs Monate lang purzelten die zwei Cabrios gemeinsam vom Band, doch vom Käfer waren das nur bereits bestellte Modelle, vor allem für die USA.

Rechtzeitig vor Start des VW New Beetle Cabrio wurde die zweite Generation des Körbchen-Golf eingestellt. Erst jetzt also gibt es Golf und VW Beetle in ihren begehrenswertesten Formen gleichzeitig. Dazu auf demselben Fundament, dem des Sechser-Golfs. Was beim VW Beetle weniger offensichtlich ist, bedeutet für den Golf keinen Nachteil. Seine beiden Vorgänger trugen den längsten Teil ihrer Produktionszeit Karosserie und Technik älterer Modelle auf. So bewahrt auch das aktuelle Softtop bekannte Vorzüge.

VW Golf Cabrio bietet mehr Platz

Im ehemaligen Karmann-Werk in Osnabrück gefertigt, wirkt es besonders verwindungsfest. Das dick gefütterte Stoffverdeck klappt sich in neun Sekunden zusammen und braucht keine Persenning, weil es von der festen Dach-Vorderkante abgedeckt wird. Obwohl es tiefer liegt als im Beetle, bleibt im eckigeren Heck Platz für einen größeren, besser nutzbaren und leicht erweiterbaren Kofferraum. All das zählt – wie das erwachsenenfreundliche Raumangebot im Fond – zu den Grundtalenten jedes VW Golf Cabrio. Aber das hier ist dazu ein GTI. Also schwingen wir uns auf die haltintensiven Sportsitze mit ihrem Karomuster namens Jacky, rücken mit dem rot umrandeten Schalthebel den ersten Gang ein.

Wie jetzt, ein Handgerührter? Jepp, Doppelkuppelei passt zum cruiserigen VW Beetle besser als zum GTI. Der will seinen Fahrer involvieren, integriert ihn tief ins Auto. Und anders als bei der Schalt-Schnipperei kann der Zweiliter-Turbobenziner so besser brillieren. Er legt in beiden Autos ohne Anfahrzetern los, zieht ab mittleren Touren vehement voran, tourt nimmermüde hoch bis 7.000. Im Golf hat all das der Fahrer in der Hand.

Im VW Beetle grummelt der Direkteinspritzer auf D niedertourig oder wirkt auf S bei hohen Drehzahlen dann etwas hysterisch. Gängezappen an den Wippen? Ja: schnell, bequem, effizient, ruckfrei. Wie Online-Dating auch. Aber wir gehen raus und reißen den Fahrspaß auf.

VW Beetle ist das wildere Cabrio

Nicht missverstehen, der VW Beetle ist kein Langweiler. Gar nicht, er ist sogar das wildere Cabrio, der Sturm braust böiger über die steile Windschutzscheibe ins etwas leger in Mexiko produzierte Auto. Auf den Vordersitzen bleibt für die Passagiere kaum weniger Platz, auf der steilen Rückbank wegen der breiten Seitenverkleidungen viel weniger. Neben der sportlichen Enge dramatisiert die Einrichtung den Auftritt: Die Lautsprecherboxen lassen sich in drei Farben illuminieren, auf dem Armaturenbrett hutzen drei Zusatzinstrumente zusammen: Öltemperatur, Ladedruck und Stoppuhr, die beim Losfahren startet. Als sei man mit so einem Cabrio permanent unterwegs in Sachen Beschleunigungsrennen.Wobei die Vehemenz des Antriebs dafür genügte. Lange, schnelle Geraden mag das Fahrwerk dazu noch lieber als verschlungene Straßen. Da biegt der VW Beetle etwas unentschlossener ein, die per Bremseingriff simulierte Differenzialsperre XDS regelt heftiger und weniger erfolgreich gegen das Untersteuern an. So scharrt sich der Käfer denn aus Kurven, was keinen größeren Antriebseinfluss auf die präzise und direkte, rückmeldungssensible Lenkung hat. Dazu bleibt der ganze Spaß wie beim Golf immer sehr fahrsicher. Ja, der Kugelige betört – bis du in den GTI steigst.

In den Fahrdynamik-Messungen fährt ihm der VW Beetle um die Außenspiegel, aber auf der Landstraße muss er keine Dynamik-Kulisse aufbauen. Er ist Dynamik: lenkt ansatzlos, direkt, präzise ein, kurvt mit perfekt regelndem XDS neutral um Biegungen, zieht sich wuchtig und laderschnaubend raus. Das kann nur der GTI.

Ja, der Fahrtwind wirbelt nicht so wild hinter der flachen Frontscheibe, aber das hier ist ein Golf – und damit gern ein praktisches Auto. Ein erstaunlich komfortables dazu, zumindest wenn er mit den Adaptivdämpfern ausgerüstet ist. Wegen der großen Spreizung der Kennlinien wirkt er im Comfort-Modus für einen GTI fast zu kommod. Besser passt die Sport-Stellung, die trotz mehr Dynamik selbst schlechte Strecken ausbügelt. Mit optionalen 18-Zoll-Rädern rollt der Beetle herber ab, und da es für ihn keine Adaptivdämpfer gibt, bleibt es bei einem – durchaus gelungenen – Kompromiss aus weitstreckenbequemem Komfort und kurvengieriger Härte. Weil das hier ein Vergleichstest ist, müssen wir noch die dürre Ausstattung an Assistenzsystemen anprangern, die guten Bremsen loben und die Verbräuche von 9,4 Liter/100 km beim VW Beetle und 9,1 Liter beim Golf nennen.

Nach Punkten muss das VW Beetle Cabrio zurückstecken, sonst nicht

Als die Sonne sich schließlich über dem See senkt, die Cabrios ihre Mützen überziehen, wissen wir, dass wir einen Gewinner nach Punkten haben. Klar, den Golf, weil er in ein paar Haupt- und vielen Nebensächlichkeiten das bessere Auto ist: geräumiger, alltagsbegabter, solider, sparsamer, aber vor allem fahrbegeisternder. Der etwas aufgedreht trendige VW Beetle ist enger, unpraktischer, nicht mal günstiger, aber das bessere Cabrio.
Jens und ich fahren noch eine Runde. So alt kommen wir nie mehr zusammen.

Fazit

1. VW Golf GTI Cabrio
508 von 1000 Punkte

Vielleicht nicht der spontanste Verführer unter dem offenen Himmel, überzeugt der Golf mit viel Platz, solider Verarbeitung und kaum eingeschränkter Alltagstauglichkeit bei fahrfreudigerem Handling.

2. VW Beetle Cabrio 2.0 TSI
486 von 1000 Punkte

Objektiv ist er das Auto mit weniger Platz, umständlicherer bedienung, höherem Verbrauch und einfacherer Verarbeitung. Subjektiv ist er das stürmischere Cabrio - und ziemlich liebenswert.

Technische Daten
VW Beetle Cabriolet 2.0 TSI SportVW Golf Cabrio GTI GTI
Grundpreis32.425 €33.150 €
Außenmaße4278 x 1808 x 1473 mm4258 x 1782 x 1414 mm
Kofferraumvolumen225 l250 l
Hubraum / Motor1984 cm³ / 4-Zylinder1984 cm³ / 4-Zylinder
Leistung155 kW / 210 PS bei 5300 U/min155 kW / 210 PS bei 5300 U/min
Höchstgeschwindigkeit225 km/h237 km/h
0-100 km/h7,0 s7,3 s
Verbrauch7,8 l/100 km7,6 l/100 km
Testverbrauch9,4 l/100 km9,1 l/100 km