Abt-Audi RS 4-R im Test
Mit mehr Leistung auch sportlicher?

Tuner Abt bezichtigt den Audi RS4 der Leistungsschwäche. Also spritzt man in Kempten dem Power-Kombi 80 Zusatz-PS ein. Überzeugt das Ergebnis?

Abt-Audi RS 4-R, Einzeltest, spa0119
Foto: Rossen Gargolov

So ein Panoramaglasdach scheut der Sportfahrer ja eigentlich wie ein Vampir das Sonnenlicht. Weil man das bisschen mehr an Helligkeit im Innenraum gleich zweimal bezahlt. In Euro, was bei einem ohnehin schon nicht billigen Auto wie dem RS 4 weniger schmerzt, und in Kilogramm. Nicht zu vergessen: der höhere Schwerpunkt.

Immerhin wiegt der Abt-Audi RS 4-R vollgetankt 1.865 Kilogramm. Das sind fast 50 Kilo mehr als beim Serien-RS-4 in unserem Test (sport auto 5/2018). Doch im Fall des getunten Power- Kombis hat das Glasdach auch etwas Gutes. Man kann es aufklappen – und so den rauen, bösen, aggressiven Klang des doppelt aufgeladenen Sechszylinders noch intensiver erleben.

Welche Umgebung eignet sich für eine Soundprobe besser als ein Tunnel? Der V6 jagt der Drehzahlspitze von 6.800/min entgegen, du zupfst an der rechten Schaltwippe, und der Zwo-Neuner keift durch die vier Endrohre mit je 102 Millimetern Durchmesser und Carbon-Abdeckung. Sie kennen bestimmt das oft beschriebene Bild mit den Streichhölzern, die in die Zylinder fallen. Der Abt RS 4-R klingt vielmehr so, als ob er Zippo-Feuerzeuge mit jeder Brennkammer schluckt, verdaut und dann wieder ausspuckt: metallisch aufreibend!

Irgendwie lässt einen das Hörzentrum glauben, dass da mehr im Motorraum zusammengerührt wird als die angegebenen 530 PS und 690 Newtonmeter. Das sind 80 PS und 90 Newtonmeter mehr, als das Serienfahrzeug auftürmt. Das Power-Plus erzielt der Kemptener Tuner über ein zweites Steuergerät im hinteren Teil des Motorraums, das den ohnehin schon schnalzigen Biturbo anstachelt. Gegen zu viel Hitze beugt Abt mit einem zusätzlichen Wasserkühler vor. Er sitzt hinter dem mit Sichtcarbon umrandeten Grill mit schwarzen Ringen.

Längsdynamik: läuft!

Abt-Audi RS 4-R, Einzeltest, spa0119
Rossen Gargolov
Noch mehr Pfeffer: Der Tuner verleiht dem doppelt aufgeladenen 2,9-Liter-V6 weitere 80 PS und 90 Nm Drehmoment.

Gefühl und Messwerte bestätigen, dass das drinsteckt, was draufsteht. In 3,7 Sekunden pflügt der Kombi auf Landstraßentempo und übertrifft sogar die Erwartungen des Tuners, der von 3,8 Sekunden ausging. Der angesprochene Serien-RS-4 sprintete in 3,9 Sekunden auf Tempo 100. Die 200er-Marke fällt im Abt nach 13,2 Sekunden. Tuning schlägt Serie damit um 1,2 Sekunden. Vor allem in den unteren Gängen schiebt der Abt zünftig an.

Soundprobe und Längsdynamiktest sind bestanden. Und jetzt mal ganz ehrlich: Was macht man am liebsten mit einem Kombi, der sich Geradeausstücke einverleibt wie der Ochse die Weide? Man lädt Getränkekisten und Beifahrer aus, befreit ihn mal davon, eine Transportkraft zu sein, und ballert über Autobahnen. Immer mit der gebotenen Vorsicht, versteht sich von selbst. Der knapp zwei Meter breite Wagen sticht spurstabil mit bis zu 280 km/h durch den Wind. Die neue Spoilerlippe entzweit die Luft, ein Teil fließt über den Unterboden zum Heckschürzeneinsatz mit dreilamelligem Diffusor. Flics leiten die Strömung nach außen, Kiemen an den vorderen Radhäusern spucken sie aus. Sie passen zu denen, die Audi bereits beim Serienmodell neben die Rücklichter gestanzt hat. Das Aero- und Optikpaket runden Logos des Tuners und die 20-Zoll-Spinnenfüße ab, die Reifen vom Typ Dunlop SP Sport Maxx GT halten.

Rund 114.000 Euro ruft Abt für das Komplettfahrzeug auf – genauer gesagt: rief Abt auf. Alle 50 aufgesetzten Exemplare sind bereits verkauft. Alle versah der Tuner mit einer Plakette auf dem Armaturenträger der Beifahrerseite.

Im Kurvenmenü aus Eingang, Scheitelpunkt und Ausgang blättert der RS 4-R am liebsten sofort bis zur Seite mit den Nachspeisen. Er beschleunigt eben gerne heraus. Kraft des Allrads und mit Sportdiff ist der Abt aus langsamen Kurven schnell wieder so schnell, dass man schnell lupfen muss, um der Tempofalle zu entfliehen. Und man muss im manuellen Getriebemodus schnell zupfen, sonst rasselt der V6 in den Begrenzer. Am Kurveneingang tut sich der Kombi naturgemäß schwerer. Kräftige Statur, hohes Gewicht: Immerhin arbeitet das Heck ein bisschen mit, um ihn in Kurven zu zirkeln. Im Scheitelpunkt gibt er sich neutral.

Abt-Audi RS4-R mit weichem Fahrwerk

Abt-Audi RS 4-R, Einzeltest, spa0119
Rossen Gargolov
Das tendenziell weiche Fahrwerk animiert den Kombi bei sportlicher Gangart zur Mitarbeit.

Auf der Bremse schwächelt der RS4-R mit den wenig gripfreudigen Dunlops. Die warm gefahrene Bremsanlage stoppt ihn aus 100 km/h erst nach knapp über 37 Metern. Die Dämpfer verhärten, die Vorderachse stempelt: Das kostet Meter. Da bedarf es noch der Feinabstimmung. Auf der großen Hockenheim-Runde hingegen erfüllt die Bremse ihre Aufgabe, bleibt stabil, ohne negativ aufzufallen. Jetzt trägt der RS4-R allerdings auch breitere Michelin-Semislicks. Und wir wissen ja, was die klebrigeren Gummis für einen Effekt haben auf RS4 und RS5. Sie verschieben die Skala von Sport-Komfort auf Sport-Track.

Leistung, Optik, Reifen, ach ja, fehlt noch das Fahrwerk. Abt tauscht die Serienstabilisatoren an Vorder- und Hinterachse gegen Sportstabis. Außerdem pfeffert man mit einem Gewindefahrwerk von KW nach.

Auf der Rennstrecke nickt und wankt der RS4-R trotzdem, was der Dynamik aber nicht unbedingt schadet. Statt stocksteif über die 4,574 Kilometer zu brettern und sich allein auf Traktion, Drehmoment und Pferdestärken zu verlassen, animiert das tendenziell weiche Fahrwerk den Kombi zur Mitarbeit. Eine gewisse Lockerheit in der Hüfte hat noch keinem geschadet, insbesondere einem über 1,8 Tonnen schweren Auto nicht.

Das Audi-typische Kurveneingangsuntersteuern verlangt für die bestmögliche Rundenzeit dennoch, dass man sich beim Einlenken eher zurückhält, die Fuhre in der Kurvenmitte schön platziert, sodass einen der Allradantrieb dann rausschnalzen lässt.

Und so glückt dem RS4-R eine Zeit von 1.55,9 Minuten. Viel wichtiger als die nackten Zahlen sind allerdings die Worte im Abschlusszeugnis: Sicher, verlässlich, schön zu fahren – und ohne technische Fehler im Testbetrieb.

Fazit

Die Tuner haben es nicht leicht. Die Hersteller perfektionieren ihre Autos und bieten immer mehr eigenes Zubehör zum Pimpen an. Da ist man für ein Auto wie den RS 4 dankbar. Der ist zwar sportlich, hat aber noch Luft nach oben. Das nutzt Abt aus. Der getunte Kemptener hält seine Versprechen bei Leistung und Beschleunigung, taucht aber auch in die Querdynamikwelt ein. Ich finde, das Optikpaket passt zum Charakter des RS 4, auch wenn ich die seitlichen Flics weggelassen hätte. Alle 50 Exemplare sind bereits verkauft. Aber keine Panik: Auf dem Genfer Autosalon 2019 will Abt mit einer RS-4-Plus-Auflage vorstellig werden.

Technische Daten
Abt RS4-R
Grundpreis113.790 €
Außenmaße4781 x 1866 x 1404 mm
Kofferraumvolumen505 bis 1510 l
Hubraum / Motor2894 cm³ / 6-Zylinder
Leistung390 kW / 530 PS bei 5700 U/min
Höchstgeschwindigkeit280 km/h
0-100 km/h3,7 s
Verbrauch8,8 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
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Erscheinungsdatum 25.04.2024

148 Seiten