Ford Transit Connect in der Online-Auktion
Fast 28.000 Euro für den Power-Hochdachkombi

Wer sagt denn, dass Familienautos immer langweilig sein müssen? Dieses Exemplar beweist das Gegenteil. Allerdings wurde der Ford Transit Connect in den USA aufwändig umgebaut. Nun steht der Auktionspreis fest.

2014 Ford Transit Connect XLT mit Antrieb des 2014 Ford Focus ST
Foto: dotmaster206 via Cars & Bids

Der Mensch, der sich hinter dem Usernamen "dotmaster206" verbirgt, scheint recht praktisch veranlagt zu sein. Warum sonst hat er sich 2016 einen Ford Transit Connect des Modelljahres 2014 gekauft – und damit das US-Pendant zum Hochdachkombi, den wir in Europa als Tourneo Connect kennen? Okay, auf Leistung hat er damals durchaus Wert gelegt, schließlich war ein nach US-Spezifikation 171 PS und maximal 232 Newtonmeter starker 2,5-Liter-Vierzylinder-Benziner als Antriebsquelle an Bord. Aber der variable Innenraum und der hemdsärmelige Charakter des Transit Connect war "dotmaster206" mindestens genauso wichtig, oder?

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Nun ja, wie der im US-Bundesstaat Colorado ansässige Kollege seine Prioritäten setzt, ist nicht ganz klar. Irgendwie scheint er doch der Fraktion der Leistungsfetischisten anzugehören, denn im Mai 2021 beauftragte er eine Firma namens Vaccar's Master Garage, ein neues Herz zu implantieren. Jedoch nicht etwa einen schnöden Austauschmotor, sondern einen Zweiliter-Vierzylinder-Turbobenziner aus dem 2014er Ford Focus ST. Dessen technische Daten nach US-Spezifikation? 256 PS und höchstens 366 Newtonmeter.

Aktuelle Leistungsdaten? Unbekannt!

Diese Werte gelten für den Motor allerdings im Serienzustand. Den lässt er im Transit Connect vom "dotmaster206" jedoch hinter sich. Die Tuning-Werkstatt aus Florida hat dem Motor direkt eine neu kalibrierte Elektronik, neue Mishimoto-Kühler für Kühlwasser und Ladeluft und ein durchsatzfreudigeres Einlassrohr für den Turbolader spendiert. Hinzu kommt eine Tuning-Auspuffanlage, die extra eingepasst werden musste. Die aktuellen Leistungsdaten sind jedoch unbekannt; ein Prüfstandsprotokoll liegt nicht vor.

Die manuelle Sechsgang-Schaltung, die die original verbaute Sechsstufen-Automatik ersetzt, stammt ebenfalls aus dem 2014er Focus ST, wobei ein verstärkter Kupplungssatz den Kraftschluss herstellt. Der Hot Hatch leiht dem biederen Bruder auch seine 18-Zoll-Felgen, die rundum mit Continental Extreme-Contact-Reifen der Dimension 235/40 ZR18 bestückt sind. Dennoch war es sicher keine schlechte Idee, an der Vorderachse zusätzlich ein M-Factory-Sperrdifferenzial zu installieren. Tieferlegungsfedern aus dem Hause Eibach und einstellbare Gazzmatic-Stoßdämpfer an der Hinterachse runden das Technik-Tuning ab.

Außen bieder, innen sportlich

Von den Rädern, dem mittig positionierten Auspuff-Doppel-Endrohr und dem ST-Emblem auf der rechten der beiden Hecktüren abgesehen, weist äußerlich nichts auf die Extra-Power dieser Familienkutsche hin. Nachträglich erhielt der Transit Connect noch Spritzlappen hinter seinen Rädern und die Scheibentönung im Fond- und Heckbereich. Wie erwähnt: "dotmaster206" scheint ein praktisch veranlagter Mensch zu sein.

2014 Ford Transit Connect XLT mit Antrieb des 2014 Ford Focus ST
dotmaster206 via Cars & Bids
Auch die belederten Recaro-Sportsitze, das Lederlenkrad und das Kombiinstrument stammen vom Spender-Focus-ST.

Innen hat sich da deutlich mehr getan. Vom Focus ST leiht sich der Transit Connect neben den Leder-Sportsitzen von Recaro auch das Kombiinstrument und das Leder-Sportlenkrad. Zentral im Armaturenbrett sitzen nun Zusatzinstrumente für Öldruck und -Temperatur, den Ladedruck, sowie ein nachgerüstetes Kenwood-Radio. Dieses dürfte über Focal- (vorne) und Infinity-Lautsprecher (hinten) sowie den JL-Audio-Subwoofer und den Alpine-Verstärker ordentlich Lärm machen. Zumal nachträglich verlegte Dämmmatten dafür sorgen, dass Umgebungsgeräusche nur schwer nach innen dringen können.

Gesamtlaufleistung? Unbekannt!

Das wirkt doch alles wie ein Umbau mit Sinn und Verstand. Es gibt aber auch einige Unwägbarkeiten bei diesem Ford-Zwitter. Zum Beispiel die Laufleistung: Das Kombiinstrument stellt die zurückgelegten Meilen jenes Focus ST dar, der seinen Antrieb hergeben musste; wie viele Meilen der Transit Connect auf dem Buckel hat, ist nicht bekannt. Von den 60.030 angezeigten Meilen (etwa 96.600 Kilometer) gehen eigenen Angaben zufolge 7.000 (knapp 11.300 Kilometer) auf das Konto des "dotmaster206".

Auch sonst weist der Hochdachkombi neben vielen Schrammen und Dellen einige Wehwehchen auf. Die linke Wange des Fahrersitzes ist etwas abgewetzt und die Rückfahrkamera funktioniert nicht mehr. Gleiches gilt für ABS und Traktionskontrolle, worauf die passenden Warnleuchten im Kombiinstrument engagiert hinweisen. Die Klimaanlage meldet sich ebenso verzögert zum Dienst wie die Servolenkung. Zudem kann es sein, dass das Auto aufgrund des Motortauschs und der Tuning-Maßnahmen nicht in jedem US-Bundesstaat eine Zulassung erhält, weil es womöglich die Abgasuntersuchung nicht besteht. Dafür hat der Transit Connect frisches Öl im Kreislauf und erhielt vor einem Jahr neue Bremsscheiben und -Beläge.

Verkauft für 28.555 Dollar

All das scheint potenzielle Kaufinteressenten nicht abgeschreckt zu haben. Denn "dotmaster206" bot seinen versportlichten Ford Transit Connect kürzlich bei einer Online-Auktion auf der Plattform "Cars & Bids" an. 57 Gebote wurden insgesamt abgegeben, nach dem letzten stand der Zähler bei 28.555 Dollar (aktuell umgerechnet etwa 27.800 Euro).

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Super. Das hebt das Basisauto leistungsmäßig fast immer auf ein neues Level.Blödsinn. Originalauto und -motor bilden eine Einheit, die harmonischer nicht sein kann.

Fazit

Dieser dunkelblaue Ford Transit Connect ist wohl die perfekte Verkörperung dessen, was man einen "Sleeper" nennt: Ein betagter und ziemlich verschrammter Hochdachkombi, der sich leistungsmäßig nicht weit diesseits der 300-PS-Marke bewegen dürfte. Das fährt sich bestimmt etwas abenteuerlich, sollte aber für verdutzte Mienen sorgen, wenn die Familienkutsche schneller als erwartet aus den Startblöcken herausbeschleunigt.

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