Renner Projekt 3 - BMW M3 E30 mit M5-V10
Sieht harmlos aus, hat aber 634 PS

Eine Firma aus Florida wagt sich an einen besonders spektakulären Umbau: Der erste M3 erhält den Motor aus dem BMW M5 E60 – und vieles mehr.

Renner Projekt 3 BMW M3 E30 mit V10-Motor
Foto: Larry Chen

Es hat in den Messehallen der diesjährigen SEMA-Show sicherlich auffälligere Autos gegeben als diesen BMW M3 E30 von Renner Projekts. Doch es hat schon einen Grund, warum das kantige Sportcoupé aus den Achtzigern in Las Vegas komplett ohne Motorhaube präsentiert wurde. Denn der Truppe aus der Florida-Metropole Miami ist es gelungen, den V10-Motor aus dem BMW M5, Generation E60, in den E30-Bug zu quetschen.

Wie Ronald Norat in einem Video des Youtubers Larry Chen erzählt, spendierte ein M5 des Modelljahres 2008 sein Fünfliter-Triebwerk, das Kenner unter der Buchstaben-Zahlen-Kombination S85B50 kennen. Aber nicht etwa ein Unfallauto oder ein heruntergerockter Gebrauchtwagen. Norat zufolge befand sich der Herzspender im Topzustand, "schließlich wollten wir sichergehen, dass die Elektronik und die Verkabelung perfekt funktioniert".

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VANOS flog raus

Allerdings blieb der V10-Motor nicht im Serienzustand. Er erhielt eine neue Carbon-Luftansaugung, auch das Kühlsystem zeigt sich angepasst. Der wohl größte Unterschied bleibt optisch aber im Verborgenen: Renner hat das VANOS-System, also die variable Nockenwellenverstellung für flexible Ventilsteuerzeiten, deaktiviert. VANOS führt normalerweise zu einer Leistungsentfaltung, die linear zur Drehzahl steigt. Norat und seine Truppe wollten aber die maximale Leistung bei möglichst wenig Kurbelwellenrotationen aus dem Motor herauskitzeln.

Seiner Aussage nach wären die jetzt erreichten 634 PS (statt 507 im Serienzustand) mit VANOS nicht möglich gewesen. "Und da geht noch etwas mehr", ist sich Norat sicher. Er attestiert dem Motor eine "aggressive Abstimmung", die sich auch im Klang widerspiegelt. Obwohl es anders wirkt, soll tatsächlich ein kleiner Schalldämpfer irgendwo im Abgasstrang hängen.

Optisch fast komplett original

Kaum zu glauben: Den M3-Motorraum mussten die Renner-Techniker nicht verändern, um den viel größeren Zehnzylinder darin zu platzieren. Wir erinnern uns: Ursprünglich war hier ein 2,3-Liter-Vierzylinder (Werks-Code S14 B23) eingebaut, der beim Ur-M3 gerade einmal 195 PS leistete. Entsprechend wenig Luft bleibt in allen Richtungen neben dem Motor.

Renner Projekt 3 BMW M3 E30 mit V10-Motor
Larry Chen
Der Fünfliter-V10 aus dem BMW M5 E60 passt gerade so in den Motorraum des BMW M3 E30.

Überhaupt präsentiert der Renner Projekt 3 weiterhin das klassische M3-E30-Design; die Karosserie blieb original, beteuert Norat. Einige wenige Besonderheiten gibt es trotzdem: Die Frontschürze mit stärker ausgeprägtem Splitter stammt von einem M3 Evo. Der Heckflügel mit verstellbarem Hauptblatt ist eine Eigenanfertigung aus Carbon, die sich optisch aber stark am Original orientiert. Bei den Scheiben samt Dichtungen handelt es sich um Neuteile aus dem BMW-Ersatzteillager.

An vielen Stellen verstärkt

Damit der M3-Oldie trotz des deutlich schwereren Motors mit stark erhöhter Leistung fahrbar bleibt, hat die Renner-Truppe das Chassis und das Fahrwerk an vielen Stellen verstärkt und eine massivere Domstrebe in den Bug gepflanzt. Ringsum zieht ein Gewindefahrwerk ein und auch die Stabilisatoren sind neu.

In den Radhäusern rotieren hauseigene, mit passender Yokohama-Bereifung ummantelte 18-Zoll-Räder im aerodynamisch optimierten Design, die eine Besonderheit aufweisen: Von Hand wurde ein Dekor aufgebracht, das stilistisch an das Kreuzspeichen-Design der originalen M3-E30-Felgen erinnert. Auch die dezenten Karosseriestreifen und Renner-Schriftzüge sind Handarbeit; hier war ein Airbrush-Künstler am Werk.

Mit einer Klimaanlage von Acura

Den Innenraum hat Renner umfassend mit Leder ausstaffiert; aber auch er bleibt ästhetisch nah am Original. Beispiel Instrumente: Tacho und Drehzahlmesser tragen zwar eine neue Skalierung und präsentieren das Firmenlogo, sehen den ursprünglichen Anzeigen jedoch sehr ähnlich. Die moderne Elektronik, die auch ein neues Soundsystem umfasst, haben die Floridianer weitgehend versteckt ins Interieur integriert. Was noch fehlt, aber bald eingebaut wird, ist eine Klimaanlage. Hier verlässt Renner die Pfade der Originalität: Das System wird von Hondas Nobelableger Acura stammen.

Renner Projekt 3 BMW M3 E30 mit V10-Motor
Larry Chen
Ronald Norat war federführend an Entwicklung und Bau des Renner Projekt 3 beteiligt.

Der auf der SEMA gezeigte Renner Projekt 3 wurde auf konkrete Kundenbestellung hin angefertigt. Es soll aber nicht bei diesem Einzelstück bleiben: Wer mindestens 350.000 Dollar (aktuell umgerechnet etwa 337.000 Euro) zahlt, kann von der US-Truppe einen weiteren BMW M3 E30 mit M5-V10 erhalten. Es geht aber auch günstiger: Begnügt sich die Kundschaft mit dem Reihensechser aus dem M3 E46 (Motor-Code S54) und 338 PS, werden nur ungefähr 200.000 Dollar (192.500 Euro) fällig. Renner will obendrein Umbauten mit den V8-Motoren aus dem M5 E39 (S62, 406 PS) und dem M3 E92 (S65, 424 PS) anbieten.

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Super. Das hebt das Basisauto leistungsmäßig fast immer auf ein neues Level.Blödsinn. Originalauto und -motor bilden eine Einheit, die harmonischer nicht sein kann.

Fazit

Motortausch-Projekte, sogenannte "engine swaps", sind derzeit in der Tuning-Szene extrem angesagt, das hat die letzte SEMA-Show bewiesen. Aber der Renner Projekt 3, ein BMW M3 E30 mit dem V10 aus dem M5 E60, sticht mit seinem extremen Ansatz und der anscheinend sehr akkuraten Umsetzung heraus. Trotzdem wird auch dieser Umbau kontroverse Debatten auslösen. Der Bestand am ikonischen M3-Erstlingswerk mit seinem Hochdrehzahl-Vierzylinder wird nicht größer – und mit diesem Exemplar um ein Original ärmer.

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