Strategie "Ambition 2039"
Mercedes will bis 2039 CO2-neutral werden

Kurz vor seinem Amtsantritt präsentiert der neue Daimler-Chef Ola Källenius die neue Firmenstrategie. Die ist klar auf Elektromobilität und dennoch auf Technologieoffenheit ausgelegt. Auch der Verbrennungsmotor findet darin noch lange Platz.

05/2019, Mercedes EQC 400 Firmenstrategie "Ambition 2039"
Foto: Daimler AG

Der nächste Autokonzern formuliert ambitionierte Zukunftspläne. Daimlers designierter Vorstandschef Ola Källenius hat am Montag (13.5.2019) die Strategie „Ambition 2039“ vorgestellt, die vor allem den Weg für Mercedes-Benz Cars in die Zukunft weisen soll. Die Kernpunkte:

  • Bis 2039 – also innerhalb der nächsten drei Modellgenerationen – soll die Neuwagenflotte des Autoherstellers CO2-neutral werden.
  • 2030 sollen mehr als 50 Prozent aller verkauften Autos Elektrofahrzeuge oder Plug-in-Hybride sein.
  • Ab 2022 will Mercedes in Europa CO2-neutral produzieren.

Fortan soll der Sinn und Zweck der Arbeit bei Daimler dem Slogan „First Move to the World“ folgen. „Das bedeutet, mehr zu verfolgen als das Unmittelbare“, sagt Källenius. Diese Strategie hat mehrere Dimensionen, aber eines der entscheidenden Themen ist unser CO2-Fußabdruck. Um den Slogan mit Inhalt zu füllen, hat Daimler vier Prinzipien entwickelt:

Unsere Highlights
  • Inner unrest for what is next (Frei übersetzt: Neugier auf das, was als Nächstes kommt)
  • A Story you can trust (Eine Geschichte, der man vertrauen kann)
  • A beauty that moves us (Eine Schönheit, die uns bewegt)
  • A bond that unites (Eine Bindung, die vereint).

„Wir werden unseren Kunden weiterhin Leistung und Luxus von Mercedes bieten“, sagt Ola Källenius. Nicht nur die Mercedes-Pkw, auch die Transporter, Lastwagen und Busse mit Stern sollen künftig flächendeckend elektrifiziert werden. Und Daimler will sein Angebot an Mobilitätsdiensten kontinuierlich ausweiten, „um die Nutzung von E-Mobilität zu verbreiten“.

Mercedes-Benz soll technologieoffen bleiben

Källenius ist es wichtig zu betonen, dass Daimler nicht eine Nachhaltigkeitsstrategie (von vielen) hat, sondern eine nachhaltige Geschäftsstrategie. Nur ein nachhaltiges Geschäft wird auch lange Sicht auch erfolgreich sein. Innerhalb dieser Strategie legt sich Källenius nicht auf einzelne Technologien fest, sondern Mercedes-Benz soll dahingehend offenn bleiben: „Wasserstoff, Batterien oder vielleicht sogar synthetische Kraftstoffe: Egal was, wir werden dort sein!“ Heute könne niemand mit Sicherheit sagen, welcher Antriebsmix die Bedürfnisse der Kunden in 20 Jahren am besten erfüllen werde. Deshalb wolle er die Politik darin bestärken, ebenfalls technologieoffen zu bleiben. Eine klare Antithese zum Volkswagen-Konzern, dessen Chef Herbert Diess einen klaren Fokus auf batterieelektrische Autos fordert.

Daimler-Vorstand Ola Källenius
Daimler
Ola Källenius wird in Kürze Nachfolger von Dieter Zetsche als Vorstandsvorsitzender der Daimler AG.

Wasserstoff beispielsweise könne in zwei bis drei Jahren in Stadtbussen kommen. Und synthetische Kraftstoffe seien heute noch nicht wirtschaftlich darstellbar, das könne aber in ein paar Jahren ganz anders sein. Källenius findet zum Beispiel ein Fahrzeug mit Range Extender ganz spannend. Dieser solle dann aber mit synthetischen Kraftstoffen laufen.

Bekenntnis zum Verbrennungsmotor

Källenius bekennt sich aber ganz klar zu den Verbrennungsmotoren und trifft keinerlei Aussagen, wann Daimler die Entwicklung einstellen will. „Wir glauben an den Verbrennungsmotor und wir glauben auch an den Diesel!“ Er räumt aber ein, dass auch Daimler die Komplexität bei den Verbrennungsmotoren deutlich reduzieren wird. „Diesel ist für große Fahrzeuge und für weite Strecken beim Verbrauch nach wie vor 15 bis 20 Prozent günstiger als ein Benziner. So trägt auch ein moderner, sparsamer und sauberer Diesel zur CO2-Reduzierung bei.“ Deshalb ergebe der Diesel für Mercedes auch im 2030er-Mix noch Sinn.

Die Produktion in Europa soll 2022 CO2-neutral sein. Das soll zunächst vor allem über die Umstellung der Primärenergie-Lieferung bis hin zum Kauf entsprechender CO2-Zertifikate gehen. Den Kostenbedarf pro europäisches Werk beziffert Källenius auf einen einstelligen Millionenbetrag. Das wäre vergleichsweise günstig. In zwei Schritten will Mercedes-Benz auch bei den Lieferanten dieses Thema platzieren. Zuerst gehe es dabei um Transparenz. Dafür sammelt Daimler zunächst Informationen zum aktuellen Status. Danach werde der CO2-Ausstoß bei deren Produktion auch relevant bei der Wahl der Zulieferer. Heißt: Wer nicht garantieren kann, seine Teile CO2-neutral zu produzieren und liefern, wird kein Zulieferer bei Mercedes-Benz.

Akku-Recyclingquote von über 90 Prozent

Obendrein investiert Mercedes zehn Milliarden Euro in die aktuelle Elektroauto-Offensive, also in den EQC und die Modellgeneration danach. Der Hersteller plant darüber hinaus zehn Modelle bis 2022. „Daimler will einer der Architekten der Mobilitätswende sein“, sagt Källenius.

Beim Batterierecycling geht Källenius von einer Recyclingquote von mehr als 90 Prozent aus. Dabei geht es vor allem um die Rückgewinnung der teuren Rohstoffe Nickel, Mangan und Kobalt (NMC). Vor dem Recycling wird es aber ökologische und ökonomischer sein, Akkus in einem Second-Life-Zyklus weiterzunutzen, zum Beispiel als statische Energiespeicher. Diese Szenarien werden aber erst nach 2025 relevant. Vorher werden Källenius zufolge nicht genügend Akku-Stückzahlen aus dem Mark zurückkommen.

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Ja. Es erscheint sehr sinnvoll, was Källenius da erzählt.Nein. Die VW-Strategie erscheint mit deutlich konsequenter.

Fazit

Daimler investiert viel in das Thema Nachhaltigkeit, bleibt aber immer ein Riesen-Konzern. Schwierig ist das Thema 2039: 20 Jahre sind für einen Konzern nicht einmal drei Modellgenerationen, also nicht viel Zeit. Für Kunden aber sehr wohl. Kaum jemand denkt und plant im Privatleben in 20-Jahres-Zeiträumen. Deshalb wird es für Daimler extrem schwer, den Kunden diesen langen Zeitraum als „innovativ“ und „schnell“ zu verkaufen.