Stehen Porsche und Audi vor dem Formel-1-Einstieg?
Audi dementiert McLaren-Kauf

Laut Medienberichten steht Audi kurz davor, die Formel-1-Sparte der Briten zu übernehmen – und dann die komplette Marke. In Ingolstadt will man davon nichts wissen, und auch BMW spielt in der komplizierten Gemengelage eine Rolle.

Daniel Ricciardo - McLaren - Barcelona-Test 2022
Foto: xpb

Was klingt wie ein fantasievoller Gedanke, basiert weiterhin auf Gerüchten um einen möglichen Formel-1-Einstieg im Jahr 2026, der dem Volkswagen-Konzern nachgesagt wird. Genauer: dessen Töchtern Audi und Porsche. Demnach will Audi McLaren kaufen und Porsche will sich ab 2026 mit Red Bull zusammenspannen. Einem Bericht der Automobilwoche zufolge sollte es – in Bezug auf Audi – nun konkret werden: Demnach hätten die Ingolstädter ihr Angebot für McLarens Formel-1-Sparte von 450 auf 650 Millionen Euro erhöht. Zudem sollen beide Beteiligten am Montag, den 4. April 2022, eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet haben, die den Besitzerwechsel auf den Weg bringt. Audi wird sogar Interesse nachgesagt, in einem zweiten Schritt den Sportwagen-Hersteller McLaren Cars komplett zu übernehmen.

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Audi dementierte den Bericht jedoch umgehend. Einem Sprecher zufolge sei keine Absichtserklärung unterzeichnet worden; dafür fehle noch die Zustimmung des VW-Aufsichtsrates. Diese könne erst erfolgen, sobald das ab 2026 gültige Motoren-Reglement der Königsklasse definiert sei – dieser Schritt steht zum jetzigen Zeitpunkt noch aus. Auch die in der Automobilwoche genannten Kaufsummen seien nicht korrekt. Die Nachrichtenagentur Reuters zitierte kurz zuvor VW-Kreise, die eine mögliche Kaufsumme von ungefähr 500 Millionen Euro ins Spiel brachten.

Einige Monate Ruhe

Audis mögliches Interesse an einem Formel-1-Einstieg kocht wieder hoch, nachdem in der Sache einige Monate keine Bewegung mehr zu verzeichnen war. Eine wichtige, von der Formel 1 vorgegebene Frist verstrich, ohne dass es – zumindest öffentlich – konkreter wurde mit Volkswagens F1-Plänen: Eigentlich hätten sich Hersteller bis zum 15. Dezember 2021 entscheiden müssen, ob sie ab 2026 dabei sein wollen in der Königsklasse des Motorsports. Tatsache ist: Audi und Porsche haben mit vier Teams über eine mögliche Zusammenarbeit gesprochen. Das sind nach Informationen von auto motor und sport neben McLaren noch Red Bull, Williams und Sauber.

Lando Norris - McLaren - GP Bahrain 2022 - Rennen
xpb
Der Formel-1-Saisonauftakt verlief schwierig für McLaren. Lando Norris (Foto) und Daniel Ricciardo balgten sich am Ende des Feldes mit den Aston Martin- und Williams-Boliden.

Wäre es nach der britischen "Autocar" gegangen, hätte sich Audi bereits im Herbst 2021 die komplette McLaren Group gesichert, um den Formel-1-Einstieg fix zu machen. Deren Chef Mike Flewitt war seinerzeit gerade zurückgetreten. Außerdem waren die Briten aufgrund der Corona-Krise in große finanzielle Schwierigkeiten geraten und konnten sich nur durch ein Investment von 500 Millionen Pfund aus Arabien retten. Der McLaren-Mehrheitseigner Bahrain hatte dem Bericht zufolge ein erstes Angebot von Audi abgelehnt, dann aber ein höheres akzeptiert. Eine Audi-Sprecherin sagte dem Handelsblatt hingegen damals, eine Entscheidung sei nicht gefallen. "Wir beschäftigen uns im Rahmen unserer strategischen Überlegungen laufend mit verschiedenen Kooperationsideen."

Ein Dementi folgt auf's nächste

Auch die McLaren Group dementierte den Verkauf: Dem Unternehmen sei "ein Medienbericht bekannt", der besage, dass es an Audi verkauft worden sei. "Dies ist gänzlich ungenau und McLaren versucht, die Geschichte entfernen zu lassen. Zwar habe die 'Technologiestrategie' von McLaren immer einen aktiven Dialog und eine Zusammenarbeit mit relevanten Partnern und Zulieferern, einschließlich anderer Automobilhersteller" eingeschlossen. Die Eigentümerstruktur der McLaren Group habe sich jedoch nicht geändert, so die Briten auf Ihrer Homepage.

Motorseitig könnte man sich durchaus vorstellen, dass Audi-Maschinen in McLaren-Modellen zum Einsatz kommen. Unklar ist jedoch, was Audi mit Straßensportwagen von McLaren anfangen soll, wo doch auch Lamborghini zu der bayerischen Marke gehört. Zudem ist Audis Zukunft vollelektrisch: 2026 will Audi sein letztes Modell vorstellen, das noch über einen Verbrennungsmotor verfügt. 2033 sollen Audis nur noch elektrisch angetrieben werden; Ausnahmen soll es lediglich auf Märkten mit regionalen Besonderheiten geben.

Sind BMW und McLaren bereits verbandelt?

Interesse an den McLaren 720 S & Co. wird in einem früheren Bericht der Automobilwoche zudem BMW nachgesagt. Die Marken haben zumindest eine gemeinsame Geschichte in Form des legendären McLaren F1, der hinter seinen drei Sitzen einen V12-Motor der Münchner trug. Das würde zu den Spekulationen um einen neuen V8-Hybrid-Antriebsstrang der BMW M GmbH passen, der sowohl in BMWs LMDh-Projekt als auch in Straßenfahrzeugen zum Einsatz kommen soll.

Zudem kündigte Ex-BMW-M-Chef Markus Flasch ein eigenes M-Fahrzeug an, das keine Entsprechung im regulären Modellprogramm von BMW haben soll. Es gebe da "ein Segment, in dem richtig viel los ist und in dem wir noch nicht vertreten sind", so Flasch zu auto motor und sport. Wer sich die breit gefächerte Modellpalette von BMW M ansieht, hätte da auf die Idee kommen können, dass es sich um einen Supersportwagen handelt. Allerdings wissen wir seit Ende November: Flasch meinte sehr wahrscheinlich den XM, ein Monster-SUV mit Plug-in-Hybrid und 750 PS, das damals als seriennahe Konzeptstudie vorgestellt wurde. Und weiter kann ein Auto konzeptionell nicht vom immer noch reinen Sportwagenhersteller McLaren entfernt sein.

BMW sagte Reuters seinerzeit zu den Gerüchten um ein Interesse der Münchner an McLaren allerdings schlicht, sie seien falsch. Trotzdem bringt die Automobilwoche die Münchner auch jetzt wieder ins Spiel. Demnach gebe es seit dem 24. März 2022 eine Absichtserklärung für die gemeinsame Entwicklung einer einer Elektro-Sportwagen-Architektur. Die Vereinbarung sei aber nicht bindend und könnte bei einem Abschluss mit Audi hinfällig werden.

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Fazit

Ein Sportwagenhersteller mit Formel-1-Team in Geldnot und mit eigenen Verbrennungsmotoren vor der Herausforderung, diese für die anspruchsvolle Euro-7-Abgasnorm zu ertüchtigen; der VW-Konzern, der offen mit dem Gedanken spielt, in die Formel 1 einzusteigen; BMW mit einem geplanten eigenen M-Modell – angesichts dieser Gemengelage würden auch Gerüchte nicht verwundern, die von einer Aufteilung von McLaren ausgehen. So wie einst bei Rover. Damals hatte BMW den britischen Mehrmarkenverbund abgestoßen und sicherte sich die Markenrechte von Mini sowie Rolls-Royce, während Bentley an den VW-Konzern unter Ferdinand Piëch ging. Heute könnte das so aussehen: Audi kauft das britische Unternehmen McLaren, gibt die Straßensportwagen-Abteilung an BMW und steigt mit dem Formel-1-Team in die Königsklasse ein, während BMW die Straßenautos mit Motoren versorgt und von der Karbon-Leichtbau-Expertise der Briten profitiert.

Schöne Idee? Vielleicht. Nur bestätigt ist nichts von alledem. Nicht mal der Formel-1-Einstieg von Audi – und auch nicht jener der Konzernschwester Porsche.