SUV Neuzulassungen Juli 2019
SUV-Boom trotzt Strafsteuer-Polemik

Mit der Forderung nach einer spezifischen SUV-Strafsteuer sorgte das Umweltbundesamt kurzfristig für Aufsehen. Doch das Boom-Segment wächst munter weiter.

Audi Q2, DS 3 Crossback, VW T-Cross, Exterieur
Foto: Hans-Dieter Seufert

Zumindest der Zeitpunkt war gut gewählt: Mitten während des zweimonatigen Sommerurlaubs der Bundestagsabgeordneten konnte sich Maria Krautzberger (SPD), Präsidentin des Umweltbundesamtes, der medialen Aufmerksamkeit sicher sein. Mit ihrer Forderung nach einer „Strafsteuer“ für SUV war Krautzberger freilich nicht alleine: Unterstützung für ihren Vorschlag bekam sie beispielsweise prompt vom Grünen-Verkehrspolitiker Stephan Kühn, der SUV pauschal als „Klimakiller“ bezeichnete.

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Faktencheck SUV-Neuzulassungen

Nun ist es zwar durchaus korrekt, dass die SUV auch im Juli einen zweistelligen Zuwachs bei den Neuzulassungen verzeichneten (exakt +15,6 Prozent), dieser Trend ist seit Jahren ungebrochen. Doch ein sachlicher Blick auf dieses Segment jenseits populärer Polemik zeichnet ein etwas differenziertes Bild. Denn im Gegensatz zum restlichen Pkw-Markt ist das SUV-Segment ein Sammelbecken aller Klassen. Wie bei den Pkw gibt es hier Kleinwagen ebenso wie Kompakt-, Mittel- und Oberklasse. Und während wohl kaum ein Politiker auf die Idee käme, einen VW Polo oder eine Mercedes A-Klasse als „Klimakiller“ zu bezeichnen, sieht man in dieser Formulierung für die technisch eng verwandten Fahrzeuge (gleiche Plattform, gleiche Motoren-/Getriebe-Kombinationen) aus dem SUV-Segment offenbar kein Problem.

Tatsächlich befindet sich unter den Top 25 der meistverkauften SUV in Deutschland kein einziges Modell jenseits der Mittelklasse. Dafür nahezu ausschließlich Kleinwagen- und Kompakt-SUV, allen voran das VW-Trio T-Cross, T-Roc und Tiguan. Oder auch Modelle wie Opel Crossland und Renault Captur, die noch nicht einmal mit Allradantrieb lieferbar sind und mit ihren 4,2 beziehungsweise 4,1 Meter Außenlänge auch sonst nur schwer in das übliche Diffamierungs-Raster der SUV-Gegner („Panzer“) zu pressen sind, wenn man sich an die Fakten hält und Populismus beiseite lässt.

VW T-Cross 1.0 TSI, Exterieur
Hans-Dieter Seufert
Hat das Zeug zum Aufsteiger des Jahres: Der auf dem Polo basierende VW T-Cross. 4,1 Meter kurz, ab rund 18.000 Euro – das taugt nur schwer für eine Neid-Debatte über angebliche "Klimakiller"-SUV

Die unspektakuläre Wahrheit ist auch, dass viele SUV-Modelle ehemals als Pkw typisierte Fahrzeuge ersetzen, so etwa der Opel Crossland den Opel Meriva oder der Nissan Qashqai, welcher bereits vor Jahren den Kompaktklasse-Almera ablöste. Und dass sich beispielsweise der BMW X1 die Plattform mit dem Kompaktklasse-Van Active Tourer teilt, gibt bei realistischer Sichtweise ebenfalls nur begrenzte Munition zum SUV-Bashing her.

SUV Neuzulassungen Top 25 Juli 2019

Modellreihe

Neuzulassungen 07/19

Änderung %
ggü. 07/18

Anteil % gew.
Halter

NISSAN QASHQAI

1.496

13,0

46,7

SEAT TARRACO

1.541

X

69,3

OPEL GRANDLAND X

1.571

136,6

65,2

MERCEDES GLA

1.681

84,5

37,2

OPEL CROSSLAND X

1.738

-17,6

57,6

AUDI Q2

1.949

-24,6

54,4

AUDI Q5

1.975

-21,7

70,8

HYUNDAI TUCSON

2.083

-13,2

64,9

HYUNDAI KONA

2.116

82,4

52,9

FORD ECOSPORT

2.272

-17,4

38,5

SEAT ARONA

2.280

-22,3

46,4

BMW X3

2.364

29,0

67,6

OPEL MOKKA

2.393

26,2

86,3

RENAULT CAPTUR

2.401

-3,0

65,8

SKODA KODIAQ

2.531

53,8

64,8

MERCEDES GLK, GLC

2.537

-25,4

69,0

BMW X1

2.644

31,9

58,8

DACIA DUSTER

2.818

9,4

20,5

VW T-CROSS

2.960

X

40,3

SEAT ATECA

2.998

21,9

52,8

SKODA KAROQ

3.429

45,4

39,1

AUDI Q3

3.599

51,5

65,5

FORD KUGA

4.069

15,2

46,1

VW T-ROC

5.681

28,4

47,8

VW TIGUAN

9.518

17,1

67,5

Wie kurz gesprungen die Forderung nach einer pauschalen „SUV-Steuer“ wäre, zeigt sich auch daran, dass hiervon unter anderem auch über 20 SUV-Baureihen mit Elektro-, HEV und PHEV-Antrieb und sogar ein per Brennstoffzelle betriebenes Modell betroffen wären. Eine Strafsteuer für Fahrzeuge, die von der Regierung per „Umweltbonus“ gefördert werden – das wäre selbst für Berliner Verhältnisse außergewöhnlich albern.

SUV Neuzulassungen Juli 2019

Nach Klärung dieser Fakten nun noch ein paar Hinweise zum eigentlichen SUV-Neuzulassungs-Geschehen im Juli: 102.018 SUV und Geländewagen wurden im Juli erstmals zugelassen, bei insgesamt 332.788 Pkw-Neuzulassungen.

Land Rover meldet sich mit einer deutlichen Steigerung um +43,7 Prozent zurück und egalisiert damit die Verluste aus den Vormonaten zumindest teilweise. Umgekehrter Trend bei Jeep (-7,1 Prozent im Juli), was die Gesamtstatistik für das aktuelle Geschäftsjahr ins Minus drückt. Der Nissan X-Trail ist nun endlich mit den neuen Motoren verfügbar und fährt allmählich wieder aus dem Zulassungskeller. Und die Zahl des Monats kommt vom Suzuki Jimny: +457 Prozent Neuzulassungen gegenüber Juli 2018 stellen ihn diesbezüglich an die Spitze des Segments. Allerdings taugt auch der 3,6 Meter kurze Jimny mit seinem 102-PS-Motor bei objektiver Betrachtung nur schwer als Feindbild der SUV-Gegner.

Hinweis: Bei der Zulassungsstatistik handelt es sich um die offiziellen Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes in Flensburg. Die Einteilung in die jeweiligen Klassen erfolgt per Schlüsselnummer über die Hersteller. In der Statistik können auch Modelle erscheinen, die es nicht auf den deutschen Markt gibt, oder nicht mehr gebaut werden. Diese Besonderheit kann bei der KBA-Statistik auftreten, wenn z.B. ausländische Fahrzeuge erstmals in Deutschland zugelassen werden oder Fahrzeuge eine neue Ident-Nr. erhalten.

Fazit

Das SUV-Segment boomt weiter. Auch und gerade, weil es aus Fahrzeugen in allen Segmenten besteht. Die meistverkauften SUV in Deutschland stammen ausschließlich aus dem Bereich der Kleinwagen und der Kompaktklasse, wo sie sich mit den entsprechenden Pkw Plattformen und Antrieb teilen.