Daihatsu manipulierte Crashtests
Harte Konsequenzen nach Crashtest-Betrug

Bei 64 Modellen von Toyota und Daihatsu wurden Sicherheitstests manipuliert. Danach stoppte der Autohersteller weltweit die Auslieferung und die Produktion in Japan. Jetzt gibt es harte Konsequenzen und eine neue Aufstellung für die Toyota-Tochter Daihatsu.

Toyota Yaris Ativ Asien
Foto: Toyota

Paukenschlag bei Toyota in Japan: Beim Tochter-Unternehmen Daihatsu wurden offenbar über Jahre hinweg Sicherheitstests manipuliert. Betroffen sind auch zwei Modelle, die in Deutschland verkauft wurden. Toyota hatte den auf Kleinwagen spezialisierten Hersteller im Jahr 2016 komplett übernommen, seit 1998 besaß Toyota bereits die Aktienmehrheit an Daihatsu.

Die Manipulationen waren im April 2023 aufgefallen und bezogen sich zunächst nur auf vier Daihatsu-Modelle. Damit die Türverkleidungen mit den darunter liegenden Airbags sich bei einem Seitencrash nicht unvorteilhaft verformen, wurde die darunter liegende Türstruktur von Ingenieuren eigenständig an den für den Crashtest vorgesehenen Fahrzeugen modifiziert. Die Techniker erhofften sich dadurch bessere Sicherheitseinstufungen. Für die Serienproduktion waren diese Veränderungen nicht eingeplant. Aufgeflogen war diese Manipulation durch den Bericht eines Whistleblowers an das Toyota-Management.

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174 "Unregelmäßigkeiten"

Toyota hatte daraufhin eine unabhängige Prüfkommission beauftragt, sämtliche relevanten Vorgänge bei Daihatsu zu überprüfen. Am 20. Dezember 2023 hat das Unternehmen in einer Pressekonferenz die Ergebnisse dieser Untersuchungen veröffentlicht, die ein ungeahntes Ausmaß der Manipulationen belegen. Demnach wurden bei der Überprüfung von 25 nicht näher bezeichneten Sicherheitstest-Kriterien insgesamt 174, so wörtlich, "Unregelmäßigkeiten" aufgedeckt.

Betroffen von den Test-Manipulationen sind insgesamt 64 Modellreihen und drei Motoren. 22 Modelle und einen Motor davon hat Toyota unter eigenem Markenlabel vermarktet. Die Reaktion darauf ist ein Desaster für Daihatsu: Die Auslieferung aller aktuell produzierten Modelle der Kleinwagenmarke wurde mit sofortiger Wirkung gestoppt. Auch betroffene Toyota-Modelle, die von Daihatsu entwickelt wurden, werden nicht mehr an Kunden übergeben. Zudem wurde bei Daihatsu in Japan die Produktion gestoppt. Der Shutdown soll wenigstens bis Ende Januar 2024 andauern und betrifft rund 9.000 Mitarbeiter.

Manipulierte Airbag-Steuerung

Unter anderem wurde festgestellt, dass für die Airbag-Tests für Daihatsu Move / Subaru Stella, Daihatsu Cast / Toyota Pixis Joy, Daihatsu Gran Max / Toyota Town Ace / Mazda Bongo ein anderes Airbag-Steuergerät (ECU) als im Serienmodell verwendet wurde. In einem Statement schreibt Toyota: "Wir sind uns der extremen Schwere der Tatsache bewusst, dass die Vernachlässigung des Zertifizierungsprozesses durch Daihatsu die Grundfesten des Unternehmens als Automobilhersteller erschüttert hat."

Daihatsu Vizepräsident Hiromasa Hoshika, Soichiro Okudaira, Präsident Daihatsu, Hiroki Nakajima, Vizepräsident Toyota.
Daihatsu

Von links: Daihatsu-Vizepräsident Hiromasa Hoshika; Soichiro Okudaira, Präsident Daihatsu; Hiroki Nakajima, Vizepräsident Toyota bei der Pressekonferenz zu den Test-Manipulationen bei Daihatsu am 20. Dezember 2023.

Für Daihatsu und das verantwortliche Management standen die Zeichen demnach auf Sturm. Toyota forderte "nicht nur eine Überprüfung des Managements und der Geschäftsabläufe, sondern auch eine Überprüfung der Organisation und Struktur sowie eine Änderung der Personalentwicklung und des Bewusstseins jedes einzelnen Mitarbeiters" bei Daihatsu, um das Unternehmen "wiederzubeleben".

Diesen Forderungen sind zum 1. März Taten gefolgt. Die beiden Daihatsu-Manager Sunao Matsubayashi (CEO) und Soichiro Okudaira (Präsident) wurden entlassen, zwei weitere verantwortliche Manager verloren ihre bisherigen Posten. Mit Masahiro Inoue als neuem Präsident und Masanori Kuwata als Vizepräsident werden stattdessen zwei langjährige Toyota-Manager die Leitung bei Daihatsu übernehmen.

Daihatsu-Chefs gefeuert

Toyota sieht den Grund für die Manipulationen bei Daihatsu in einer mangelhaften Führung der Daihatsu-Firmenleitung, die zu unerreichbaren Vorgaben geführt und die Mitarbeiter unter hohen Druck gesetzt habe. Der neue Daihatsu-Präsident Inoue, der sich seit vielen Jahren in Toyota-Führungspositionen in Schwellenländern bewährt hat, gilt als Kommunikator und Problemlöser.

Koji Sato, Präsident Toyota Motor Corporation (links) und Masahiro Inoue, seit März 2024 Präsident von Daihatsu Motor Ltd.
Toyota

Koji Sato, Präsident Toyota Motor Corporation (links) und Masahiro Inoue, seit März 2024 Präsident von Daihatsu Motor Ltd.

Als Folge der Geschehnisse wird sich Daihatsu künftig auf die Kernkompetenz, Kei Cars für den japanischen Heimatmarkt, konzentrieren. Toyota plant außerdem, Daihatsu als Produzent von Transportlösungen für die "letzte Meile" im innerstädtischen Lieferverkehr zu etablieren.

Bei Toyota waren auf dem Heimatmarkt unter anderem die aktuellen Modelle Pixis (Kei Car) und Probox betroffen, außerdem für Mexiko, Malaysia, Kambodscha, Chile und Uruguay produzierte Toyota Yaris und Yaris Cross. Ebenfalls offenbar von Manipulationen bei den Sicherheitstests betroffen sind zwei früher in Europa angebotene Modelle, der Toyota IQ (2008–2016, siehe Bildergalerie) und der Daihatsu Copen (2014–2019).

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Fazit

Das Toyota-Tochterunternehmen Daihatsu hat offenbar systematisch bei Sicherheitstests betrogen, unter anderem mit manipulierten Airbag-Steuergeräten. Toyota hatte zunächst nach einer internen Überprüfung der Vorfälle die Produktion und Auslieferung von allen Daihatsu- und den betroffenen Toyota-Modellen gestoppt. Als Folge wurde im März 2024 das Daihatsu-Management ausgetauscht. Die Marke soll sich künftig auf Kleinstwagen für den japanischen Markt fokussieren.