Abgas-Skandal von Volkswagen
VW erhält 287,8 Mio Euro Schadenersatz von Wiko & Co.

Der VW-Konzern hat sich mit ehemaligen Top-Managern des Unternehmens auf Schadenersatzforderungen im Rahmen des Diesel-Skandals geeinigt. Fast alle Ex-Vorstände zahlen Millionen-Beiträge, die Hauptlast tragen jedoch die Manager-Versicherungen.

Martin Winterkorn
Foto: VW

So zahlt die Haftpflichtversicherung (Directors-and-Officers-Versicherung, kurz D&O) unter anderem des Schweizer Versicherers Zurich sowie mehr als 30 weiterer Versicherungen für die Top-Manager insgesamt 270 Millionen Euro an den VW Konzern.

Der ehemalige VW-CEO Martin Winterkorn bezahlt nach der getroffenen Vereinbarung persönlich 11,2 Millionen Euro an VW – das entspricht ungefähr einem Jahresgehalt des Managers, als er noch im Amt war. Ex-Audi-Chef und -VW-Konzern-Vorstand Rupert Stadler muss 4,1 Millionen Euro Schadenersatz aus seinem persönlichen Vermögen aufbringen. Der frühere Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz überweist 1,5 Millionen Euro an VW, Ex-Audi-Manager Stefan Knirsch ist mit einer Million Euro dabei. Die Schadenersatzzahlungen erfolgen auch um langjährige Zivilprozesse zu vermeiden. Die VW-Hauptversammlung, die für den 22. Juli 2021 einberufen wird, muss den Vereinbarungen noch zustimmen. Einzig der damalige Audi-Vorstand Ulrich Hackenberg war nicht zu einer Einigung bereit. Entsprechend hat der Aufsichtsrat der Audi AG den Auftrag erteilt, gerichtliche Schritte gegen ihn vorzubereiten.

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Diesel-Skandal kostete mehr als 32 Milliarden Euro

Der Volkswagen-Konzern hat bisher mehr als 32 Milliarden Euro im Zuge des Diesel-Skandals aufwenden müssen, in einem Brief hatten die Wolfsburger alleine den Schaden von Martin Winterkorn auf eine Milliarde Euro beziffert. Entsprechend sind die Schadenersatzzahlungen nun von symbolischem Wert.

Bereits am 26.3.2021 hatte der Aufsichtsrat von Volkswagen bekannt gegeben, dass sie von dem Ex-VW-CEO Martin Winterkorn und vom damaligen Audi-Chef Stadler Schadenersatz verlangen werde. Nach der Mitteilung haben beide Top-Manager die aktienrechtliche Sorgfaltspflicht verletzt, "Pflichtverletzungen anderer Mitglieder des Konzernvorstands wurden nicht festgestellt", so der Autobauer. Eine konkrete Höhe der Schadenersatzforderung nannte VW damals nicht.

Umfassende Untersuchung bestätigt Pflichtverletzung

Der Aufsichtsrat der Volkswagen AG berief sich in der Entscheidung auf eine Untersuchung der Rechtsanwaltskanzlei Gleiss Lutz, die im Auftrag des Kontrollgremiums eine umfassende Untersuchung zu Pflichtverletzungen aller im betreffenden Zeitraum amtierender Vorstandsmitglieder durchgeführt hatte. Nach eigenen Angaben wurden dafür rund 1,6 Millionen relevante Dateien gesichtet und geprüft sowie mehr als 1.550 Interviews geführt. Des Weiteren hatte die Kanzlei die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft, die Berichte des US-Monitors sowie weitere weltweite Verfahren von Behörden und Gerichten ausgewertet.

Das Ergebnis der Untersuchung stellte klar eine Sorgfaltspflichtverletzung des damaligen VW-Konzernschefs Martin Winterkorn fest. Er habe es in der Zeit ab dem 27. Juli 2015 unterlassen, "die Hintergründe des Einsatzes unzulässiger Softwarefunktionen in 2,0-Liter-TDI-Dieselmotoren, die in den Jahren 2009 bis 2015 im nordamerikanischen Markt vertrieben wurden, unverzüglich und umfassend aufzuklären. Außerdem hat Herr Prof. Winterkorn es unterlassen, dafür zu sorgen, dass in diesem Zusammenhang gestellte Fragen der US-amerikanischen Behörden umgehend wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet werden."

Winterkorn und Stadler vor Gericht

Auch Ex-Audi-Boss Rupert Stadler habe die Sorgfaltspflichten verletzt, "indem er es in der Zeit ab dem 21. September 2016 unterließ, dafür zu sorgen, dass von Audi entwickelte 3,0- und 4,2-Liter-TDI-Dieselmotoren, die in EU-Fahrzeugen von Volkswagen, Audi und Porsche verbaut waren, im Hinblick auf unzulässige Softwarefunktionen untersucht werden."

Beide Manager müssen sich in der Abgas-Affäre bereits vor Gericht verantworten. Gegen Winterkorn ist ein Verfahren wegen des mutmaßlichen gewerbs- und bandenmäßgen Betrugs beim Landgericht in Braunschweig anhängig. Stadler muss sich vor dem Landgericht in München wegen einer möglichen Mitverantwortung bei den manipulierten Abgaswerten verantworten.

Schadenersatz-Forderungen auch gegen Hackenberg, Knirsch und Hatz


Auf Basis der Untersuchung haben auch die Aufsichtsräte der VW-Gesellschaften Audi und Porsche fahrlässige Pflichtverletzungen bei weiteren Vorständen festgestellt. Entsprechend wurden auch Schadensersatzansprüche gegen Ulrich Hackenberg und Stefan Knirsch (ehemalige Audi-Vorstände) sowie Wolfgang Hatz (früherer Porsche-Vorstand) geltend gemacht. "Zudem wurden bereits Ansprüche gegen den früheren Vorstand der Marke Volkswagen Pkw, Dr. Heinz-Jakob Neußer, geltend gemacht", so der VW Konzern.

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Fazit

Der Abgasskandal von VW hat neben der strafrechtlichen Aufarbeitung noch weitere Auswirkungen auf ehemalige Vorstände des Autobauers. Nach einer umfassenden Untersuchung hatte eine vom Aufsichtsrat beauftragte Kanzlei ermittelt, ob aktienrechtliche Sorgfaltspflichtverletzungen vorliegen. Nun zahlen die ehemaligen Vorstände bis auf Ulrich Hackenberg Millionen-Beträge – auch um lange Zivil-Prozesse vermeiden.