Fahrbericht Ferrari Portofino (2018)
Neues Klappdach-Cabrio als Wellness-Ferrari

Ferrari bringt die Neuauflage des Einstiegsmodells California an den Start. Das faltbare Hardtop bleibt dem offenen Viersitzer erhalten, der Name ändert sich allerdings. Der Neue heißt jetzt Ferrari Portofino. Wir konnten ihn bereits fahren.

Ferrari Portofino Fahrbericht Heinrich Lingner
Foto: Lorenzo Marcinno

Alles neu und doch irgendwie ganz bekannt. Ferrari hat sein Einstiegsmodell California, das zuletzt mit einem Biturbo-V8 zum California T aufgewertet wurde, komplett neu aufgelegt und dabei gleich mit einem neuen Namen versehen. Namenspate für das neue Klappdach-Cabrio-Modell ist die italienische Hafenstadt Portofino.

600 PS für über 320 km/h Spitze

Geblieben ist auch bei der Neuauflage das technische Konzept: Frontmotor, Hinterradantrieb, faltbares Hardtop und vier Sitzplätze in einer 2+2 Sitzkonfiguration. Der bekannte 3,9-Liter-V8-Biturbo-Motor legt im Portofino um 40 auf nun 600 PS zu. Das maximale Drehmoment klettert auf 760 Nm. Verantwortlich für den Leistungszuwachs sind ein neues Motormanagement, neue Pleuel und Kolben sowie ein neu konstruiertes Ansaugsystem. Dazu gibt es einen neuen, einteiligen Auspuffkrümmer. Geblieben ist das automatisierte Siebengang-Getriebe.

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In Summe schlagen alle Verbesserungen natürlich auch auf die Fahrleistungen des Ferrari Portofino durch. In 3,5 Sekunden soll der von Null auf 100 km/h beschleunigen. Die Höchstgeschwindigkeit wird bei über 320 km/h erreicht. Für eine optimale Traktion soll ein elektronisch gesteuertes Hinterachsdifferenzial sorgen. Die jetzt elektrisch betriebene Servolenkung wurde direkter ausgelegt. Das Fahrwerk mit seinen elektronisch geregelten Dämpfern wurde neu abgestimmt.

Neues Chassis, neuer Look

Das komplett neu konstruierte Chassis des 4.586 mm langen, 1.938 mm breiten und 1.318 mm hohen Portofino soll deutlich Gewicht sparen, aber die Torsionssteifigkeit merklich erhöhen. Nachgelegt haben die Italiener auch beim Design des Portofino. An der Front wird die breite Kühlergrillöffnung von neuen horizontaler ausgerichtete LED-Scheinwerfereinheiten flankiert. Neben den Scheinwerfern öffnen sich Luftkanäle zur Belüftung der Radhäuser.

Am Heck wurden die Leuchten weiter nach außen gesetzt, das leichter konstruierte Klappdach, das sich auch während der Fahrt öffnen und schließen lässt, verschwindet wieder vollständig unter der Heckabdeckung.

Aufgewertet wurde auch der Innenraum. Im Portofino steuert ein 10,2 Zoll großer Touchscreen das Infotainmentangebot, dazu gibt es ein neues Lenkrad, neue, vielfach elektrisch einstellbare Sitze sowie ein optionales Beifahrerdisplay. Ein neuer Windabweiser reduziert die Zugluft im Cockpit um 30 %.

So fährt das neue Ferrari-Cabrio

Neuer Name, neues Auto, der Ferrari Portofino ist möglicherweise das alltagstauglichste und am wenigsten extreme Angebot der Produktpalette aus Maranello. Was nicht heißen soll, dass er weniger aufregend ist. Im Gegenteil, wie die erste Ausfahrt mit dem Portofino in Süditalien zeigt.

Das Designteam um Designchef Flavio Manzoni und Projektleiter Werner Gruber hat jedenfalls ganz Arbeit geleistet. Der Neue steht muskulöser, maskuliner da, als der etwas rundlichere California T. Und er sieht vor allem mit geschlossenem Dach besser aus. Das angedeutete Stufenheck des Vorgängers fehlt, das versenkbare Dach verläuft in einer Linie in ein Fastback.

Neu ist ebenso das Dach, es besteht aus Aluminium-Legierung, versenkt sich in 14 Sekunden im Kofferraum, und das auch während der Fahrt, bis 40 km/h.

Ferrari Portofino Fahrbericht Heinrich Lingner
Lorenzo Marcinno
Viel Leistung und Kraft an den Hinterrädern, das lässt doch Traktionsprobleme erwarten, oder? Nicht beim Portofino.

Also dann: Motorstart per Knopfdruck im Lenkrad, recht leise startet der Achtzylinder-Turbo. Das Dach tänzelt unter die Klappe, ein weiterer doppelter Tastendruck auf den Verdeckknopf versenkt alle vier Seitenscheiben. Erster Gang rein, los geht’s. 600 PS hat der 3,8-Liter-V8, 760 Nm maximales Drehmoment, mit anderen Worten Leistung ist jederzeit mehr als genug vorhanden. Und wer behauptet, die 60 PS Unterschied zum California T im Gasfuß zu spüren, nun ja, der hat sicher viel Phantasie.

Natürlich sind die Fahrleistungen etwas besser, in 3,5 Sekunden auf 100, rund 11 Sekunden vergehen bis 200 km/h. Doch das habe gar nicht so sehr im Fokus gestanden, sagen sie bei Ferrari, vielmehr sei es um Fahrbarkeit und Dosierbarkeit gegangen.

Deshalb entfesselt die Antriebseinheit in den unteren Gängen auch nicht ihr gesamtes Drehmoment, es steigert sich stufenweise von Gang zu Gang, doch auch das ist im Fahrbetrieb nicht wirklich zu spüren. Die ersten Kurven schlängeln sich ins Blickfeld, Manettino auf Sport, Getriebe auf Manuell, die Auspuffklappen öffnen sich.

Blitzschnell dreht der V8 hoch, im Lenkrad flimmern die Schaltlichter zur Mitte, zapp, nächster Gang, zapp, schon wieder einer. Dieses Spektakel verstehen sie bei Ferrari zu inszenieren wie nirgendwo sonst, das gilt für den neuen Portofino genau wie für seinen wilderen Mittelmotor-Bruder 488.

Soviel Leistung und Kraft an den Hinterrädern, das lässt doch Traktionsprobleme erwarten, oder? Nicht beim Portofino. Die gute Dosierbarkeit der Leistung, die fein regelnden Assistenzsysteme und der hohe mechanische Grip (Gewichtsverteilung vorn/hinten 46/54 Prozent) halten den Ferrari auch bei schnellerer Fahrt sauber auf Kurs.

Portofino als Wellness-Ferrari

Das ist ja auch nicht sehr erstaunlich, Ferrari-Kernkompetenz halt. Fast beeindruckender ist, wie gut der Portofino auch andere Disziplinen beherrscht. Etwa kultiviertes Federn auf schlechten Straßen. Er ist natürlich keine Sänfte, doch das Fahrwerk spricht gut an, filtert im Komfort-Modus viele kleine Unebenheiten weg.

Dazu passt die sehr exakte elektrisch unterstützte Servolenkung. Es ist die gleiche Lenkeinheit, die auch im großen 812 verbaut ist. Sie ist bei normaler Fahrt leichtgängig, spricht fast etwas weich an. Im Sportmodus bei schneller Kurvenfahrt fordert sie höhere Lenk- und Haltekräfte und vermittelt viel Vertrauen und Kontakt zum Vorderwagen, direkt und punktgenau exakt.

Ferrari Portofino Fahrbericht Heinrich Lingner
Lorenzo Marcinno
Der Portofino ist ein Überhaupt ist ein echter Wellness-Ferrari, die Sitzposition tief und entspannt, die Sitze dennoch groß und angenehm gepolster, der Verstellbereich bis zu den Notsitzen im Fond sehr großzügig.

Überhaupt ist dieses Auto ein echter Wellness-Ferrari, die Sitzposition tief und entspannt, die Sitze dennoch groß und angenehm gepolster, der Verstellbereich bis zu den Notsitzen im Fond sehr großzügig. Entsprechend gut übrigens der Windschutz, bei geschlossenen Seitenscheiben fächelt es nur recht dezent ins Interieur. Da erscheint das Windschott verzichtbar, eine etwas windige Konstruktion, die in vier Löcher über der Fondsitzbank geknipst wird und sich dort etwas hilflos gegen den Sturm stemmt.

Ansonsten wirkt der Portofino übrigens unerschütterlich solide, selbst auf recht holperigen Straßen zeigt er keine Verwindungserscheinungen, kein Zittern und Zappeln.

Was es sonst noch zu sagen gibt? Die Bedienung ist Ferrari-typisch etwas gewöhnungsbedürftig, viele Bedienelemente, auch Blinker und Wischer im Lenkrad versammelt. Navi und Infotainment gehen per Touchscreen oder Drehknopf und Drücker, auch das klappt gut. Für den Beifahrer gibt es einen Extra-Monitor, da kann er sich Drehzahl, Geschwindigkeit und weitere Fahrdaten anschauen, auch das eine nette Dreingabe für Enthusiasten und Spielkinder.

Apropos Spielkinder: 85 Prozent der California-Kunden nutzen ihren Ferrari als Alltags- und Urlaubsauto, ein viel höherer Prozentsatz als bei jedem anderen Modell der Marke. Das wird beim Portofino vermutlich nicht viel anders sein. Ab April werden die ersten Kundenfahrzeuge ausgeliefert, zu Preisen ab 189.704 Euro.