Porsche Panamera GTS im Test
Hoher Aufpreis, kleiner Unterschied

Der Agilste unter den Luxuslinern ist der Porsche Panamera ohnehin. Eine GTS-Version mit 30 PS und 20 Newtonmeter mehr soll die Sportlichkeit weiter schärfen. Wir haben den Panamera GTS getestet.

Porsche Panamera GTS, Frontansicht, Kurvenfahrt
Foto: Hans-Dieter Seufert

Der Mensch strebt nach Höherem, bejubelt also prinzipiell mehr Leistung samt zusätzlichem Drehmoment, ebenso ein Plus an sportlicher Ausstattung – so im Porsche Panamera GTS. Im Sinne der Fahrdynamik soll dieser der Kompetenteste unter Porsches Viertürern sein; schließlich steht GTS für Gran Turismo Sport. Die Presseabteilung preist ihn gar als puristisch und empfiehlt ihn für den Rundkurs.

30 PS und 20 Nm Drehmoment mehr gibt es im Vergleich zum Panamera 4S, dazu die Bremsanlage aus dem Turbo. Das serienmäßige Fahrwerk mit Luftfederung setzt die Karosserie um zehn Millimeter tiefer, die Dämpferverstellung PASM gehört zur werksseitigen Ausstattung. Distanzscheiben verbreitern die hintere Spur, breitere Reifen die Auflagefläche. Zusätzlich zum 4S hat der Porsche Panamera GTS im Innenraum mehr Alcantara sowie Ziernähte samt Stickereien in den Kopfstützen, farbige Sicherheitsgurte, das Sportlenkrad mit Schaltpaddeln – eine digitale Anzeige für Quer- und Längsbeschleunigung gibt es auch. Wenn das kein Indizien für hinzugewonnene Agilität sind. Die müssen sämtliche Testwagen traditionell im Fahrdynamik-Parcours beweisen. Zum Vergleich fährt vor dem geistigen Auge der Panamera 4S ebenfalls durch die Pylonen.

Porsche Panamera GTS lässt sich sauber dirigieren

Flugplatz Lahr, südlicher Schwarzwald. Der Landebahn-Zubringer ist eine der auto motor und sport-Teststrecken; sein rauer Asphalt bietet Super-Grip. Die Fließheck-Limousine nimmt Anlauf, walzt auf die Slalomgasse zu. Dramatisch grollt es aus dem Sportauspuff, was die Ernsthaftigkeit des Vorhabens unterstreicht. Die Tachonadel kratzt an der 70-km/h-Marke, als der Porsche Panamera GTS in die erste 18-Meter-Bucht einbiegt. Erstaunlich ist dabei die Leichtfüßigkeit, die der Zwei-Tonnen-Brocken vermittelt. Sauber lässt er sich dirigieren, allein limitiert durch die unübersichtliche Karosserie – die Pylonen verschwinden hinter den hoch aufragenden Kotflügeln. Auch beim schnellen Ausweichen bleiben die Gassen im Ungefähren.

Kamel und Nadelöhr: Wer zum ersten Mal in einer querdynamisch begabten Luxuslimousine mit über 130 km/h auf die mit Pylonen simulierte Schikane zuhält, will einfach nur bremsen. Stattdessen unvermittelt einzulenken erfordert Überwindung. Die innere Stimme schreit: „Das reicht nie! Es klappt dann doch, wobei der Porsche Panamera GTS nach dem zweiten Richtungswechsel merklich untersteuert. Daraufhin bremst ESP das entlastete Hinterrad ab, was der Panamera mit einer gut parierbaren Lastwechselreaktion in Gasse drei quittiert.

Sowohl beim Slalom als auch beim Wedeln erreicht der Porsche Panamera GTS im Durchschnitt nur um ein km/h bessere Werte als der ebenfalls mit Luftfederung ausgestattete 4S bei seinem letzten Test. Die Dämpfer- und Federraten stimmen völlig überein, alleine die breitere Spur an der Hinterachse reicht nicht für fahrdynamische Quantensprünge. Beim so genannten Elchtest und beim Verzögern sind die Werte sogar etwas schlechter – trotz Turbo-Bremsanlage.

Limitiert durch die schieren Ausmaße

Ähnliches empfindet man bei der anschließenden Testfahrt über Land. Der Porsche Panamera GTS fühlt sich auf den kleinen Sträßchen der Schwäbischen Alb genau so an, wie wir den 4S abgespeichert haben: für eine zwei Meter breite und zwei Tonnen schwere Limousine erstaunlich agil – aber limitiert durch die schieren Ausmaße. Gerade dort, wo die Straßenbreite schrumpft, die Kurvenradien aber zunehmen, beginnt der Fahrspaß. Doch er endet schnell, wenn ein Lkw entgegenkommt und der Panamera-Fahrer beim Ausweichen seine rechten Räder bereits im Graben wähnt, während er um seinen linken Außenspiegel fürchtet.

Nächster Versuch: Rennstrecke. Hierhin passt der Porsche Panamera GTS tatsächlich wie kein Zweiter seiner Masse – was für den 4S genauso gilt. Beide kaschieren ihr Gewicht mittels leichtgängiger, dennoch gefühlvoller Lenkung und mildern jedes Torkeln mit einer Wankstabilisierung (optional). Wer will, stellt den schweren Wagen beim Anbremsen sogar an und driftet trotz Vierradantrieb. Selbst hier besteht also kein Unterschied zum 4S.

Sound-Symphonie aus dem Sportauspuff

Ein Grund, mehr Geld auszugeben, wäre der stärkere Motor. Die Entwickler haben das Drehzahlband um 400/min erweitert. Und tatsächlich: Wer die Nadel bis 7.100/min hochschnellen lässt, wird von der ansteckenden Explosivität des V8 hingerissen sein – davon, wie schlagfertig er am Gas hängt. Angesichts von verzögert ansprechenden Downsize-Vierzylindern ist dieser 4,8-Liter-Sauger eine echte Gnade. Nicht zu vergessen die Sound-Symphonie, komponiert aus dem Sportauspuff sowie dem Ansauggeräusch, das mittels zweier Schläuche samt Membran in den Innenraum übertragen wird. Porsche wandelt hier gekonnt auf dem schmalen Grat zwischen Power und Peinlichkeit. Der V8 grollt, aber er bollert nicht.

Nun lässt sich der 4S natürlich ebenfalls mit Sportauspuff (2.606 Euro) bestellen und dürfte dann ähnlich klingen. Bleibt abgesehen von der GTS-typischen Ausstattung nur das exzessivere Drehvermögen und die etwas bessere Beschleunigung. Mehr Leistung hin, mehr Drehmoment her: Angesichts eines Aufpreises von 12.435 Euro halten sich die Jubelarien auf den Porsche Panamera GTS also durchaus in Grenzen.

Vor- und Nachteile
Karosserie
Porsche Panamera GTS
ordentliche Raumverhältnisse vorn
gute Materialanmutung
hohe Karosserie-Steifigkeit
gut bedienbares Infotainment
beengt im Fond
unbequemer Einstieg nach hinten
zu viele Knöpfe im Cockpit
unübersichtliche Karosserie
Fahrkomfort
auf langen Bodenwellen sehr komfortabel
ermüdungsfreie Sitze vorn
niedriger Geräuschpegel beim Reisen
eingeschränkter Federungskomfort auf kurzen Bodenwellen
Antrieb
sehr gutes Drehvermögen
zackiges Ansprechverhalten
sportliche Fahrleistungen
schnell schaltendes Getriebe
sonorer Motorklang
ruckeln bei niedrigen Drehzahlen
Fahreigenschaften
sehr hoher Grenzbereich
agiles Handling
hohe Fahrsicherheit
exakte Lenkung
enorme Traktion
gut abgestimmtes ESP
Sicherheit
fadingfreie Bremse
umfangreiche Sicherheitsausstattung
Umwelt
hoher Verbrauch
Kosten
hoher Grundpreis
teure Zusatzausstattung
enorme Unterhaltskosten

Fazit

Der Panamera GTS erfüllt nicht die Erwartungen an eine Sportversion des 4S. Für einen hohen Aufpreis bietet er ähnlichen Komfort und etwas bessere Fahrleistungen, aber kein anderes Fahrgefühl.

Technische Daten
Porsche Panamera GTS GTS
Grundpreis117.906 €
Außenmaße4970 x 1931 x 1408 mm
Kofferraumvolumen445 bis 1263 l
Hubraum / Motor4806 cm³ / 8-Zylinder
Leistung316 kW / 430 PS bei 6700 U/min
Höchstgeschwindigkeit288 km/h
0-100 km/h4,5 s
Verbrauch10,9 l/100 km
Testverbrauch15,3 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten