Tesla Autopilot
Neue Software und Selbstlern-Funktion

Nach mehreren schweren Unfällen mit dem Model S hat Tesla seinen Autopiloten gründlich überarbeitet. An der simplen Sensorik ändert sich jedoch nichts, das Assistenzsystem soll vielmehr per Software-Update und einer Selbstlern-Funktion verbessert werden.

Tesla Model S, Frontansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

Da scheint ja was Größeres im Anmarsch: Auf die Version 7.1 lässt Tesla nicht etwa 7.2 folgen, sondern gleich 8.0 – bei Betriebssystemen ein sicheres Indiz dafür, dass umfangreiche Änderungen eingearbeitet wurden.

Neues Infotainment

In der Tat betreffen die neuen Funktionen neben dem Autopiloten auch das Infotainment-System, das sich intuitiver nutzen lassen soll, eine verbesserte Sprachsteuerung erhält und im Navigationsmodus den Kartenmaßstab automatisch an die Verkehrssituation anpasst. Ebenfalls neu: Eine Funktion, die das Überhitzen des Innenraums bei geparkten Fahrzeugen verhindert. Wenn Kinder oder Haustiere im Auto zurückgelassen werden, sollen so kritische Temperaturen verhindert werden.

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Hände ans Steuer

Am tiefsten griffen die Entwickler jedoch beim Autopiloten ein – so nennt Tesla seinen Abstandstempomaten mit aktiver Spurführung. Mehrere schwere Unfälle hatten den Assistenten in Verruf gebracht, weshalb nun das Zusammenspiel von Kamera und Radarsensor verbessert werden soll. Um eine missbräuchliche Verwendung zu verhindern, schaltet sich das System zudem ab, wenn der Fahrer für längere Zeit die Hände vom Steuer nimmt. Im Internet tauchen immer wieder Videos auf, in denen Tesla-Fahrer auf die Rückbank klettern oder mit dem Beifahrer Schach spielen.

Radar vor Kamera

Darüber hinaus soll den Daten des Radarsensors mehr Gewicht gegeben werden. Bislang vertraute das System laut Tesla eher der Kamera und weniger dem Radar, da sich dieser zu leicht ablenken lässt. Schon eine auf der Fahrbahn liegende Getränkedose aus Metall ließ sich für den Sensor nicht von einem großen und gefährlichen Hindernis unterscheiden, was zu Fehlbremsungen führen kann. Die neue Software soll das Radar daher zu einer sechs Mal so feinen Auflösung verhelfen. Wie das genau funktioniert, sagt Tesla jedoch nicht. Die stärkere Gewichtung des Radarsensors klingt jedoch vielversprechend, da die elektromagnetischen Radar-Wellen sowohl Abstand als auch Geschwindigkeit von vorausfahrenden Objekten wesentlich präziser ermitteln als dies per Kamera plus Bilderkennung möglich ist.

Verfeinerte Sensor-Auswertung plus Schwarmintelligenz

Zudem soll das Radarsignal nun zehn Mal pro Sekunde ausgewertet werden, um so statische Hindernisse leichter von sich bewegenden Objekten unterscheiden zu können. Nach wie vor schwierig gestaltet es sich für die simple Sensorik, die Höhe von Objekten einzuschätzen – da macht Tesla keinen Hehl draus. Brücken oder Schilder über der Autobahn können für die Sensorik nach Hindernis aussehen. Umgekehrt lassen sich – wie im Fall des tödlichen Unfalls in Florida Anfang Mai – LKWs mit Schildern verwechselt werden. Zukünftig will Tesla daher die Schwarmintelligenz seiner Flotte nutzen. Registrieren die Sinnesorgane viele Teslas stationäre Objekte, werden diesen auf den Firmen-Server geladen und von dort in der Online-Navigationskarte hinterlegt, sodass nachfolgende Autopiloten die Szenerie besser einschätzen können. Die Flottendaten sollen zudem stärker für die Geschwindigkeitswahl des Autopiloten herangezogen werden. Vor Kurven muss das System schließlich das passende Tempo wählen.

System lernt im Hintergrund dazu

Zudem möchte Tesla seine in die Kritik geratene Autopilot-Software im nächsten Jahr im realen Verkehr verbessern. Obwohl Tesla die neuen Autopilot-Funktionen noch nicht freischaltet, läuft das System, das jetzt in neuen Tesla-Modellen auf acht Kameras, aber weiterhin nicht auf Laserscanner zurückgreifen kann, im Hintergrund bereits mit und analysiert die realen Verkehrssituationen. Die selbstlernende Software trainiert damit für den späteren Einsatz in der Praxis. Der Autopilot soll per Update freigeschaltet werden. Wann das sein wird, ist noch unbekannt.

Damit sichert sich Tesla schon jetzt einen deutlich größeren Datenschatz als alle anderen Hersteller, die bislang auf Videosequenzen zurückgreifen, um ihre Software zum Autonomen Fahren weiterzuentwickeln. Tesla kann dagegen reale Verkehrssituationen auswerten, die Zehntausende vernetzter Tesla-Modelle übermitteln. Die Fahrer merken von der Versuchsreihe nichts.

Schlichte Hardware bleibt

Bleibt abzuwarten, wie sich das System in der Realität verhält. Bei unserem Mitte September durchgeführten Test des neuen Model X war noch die alte Software (7.1) mit all ihren Schwächen aufgespielt. So ließ sich der Autopilot sogar in Städten aktivieren, für die er gänzlich ungeeignet ist. Angesichts der umfangreichen Fahrfunktionen erscheint die Sensorik von Tesla immer noch sehr einfach. Etablierte Autohersteller wie Mercedes nutzen für vergleichbare Funktionen bis zu sechs Radar-Systeme und mehrere Kameras. Das Update soll zügig ausgerollt werden, wie bei Tesla üblich gelangt das neue Betriebssystem wie bei einem Smartphone oder Computer per Online-Übertragung ins Auto.