Vorschau Sportwagen-WM (WEC) in Shanghai
Toyota wieder in der Favoritenrolle

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Für den sechsten Lauf zur Sportwagen-WM in Shanghai ist am Rennsonntag trockenes und warmes Wetter vorausgesagt. Das sind schlechte Nachrichten für die LMP1-Werksteam von Audi und Porsche – denn sie haben gegen Toyota nur dann eine Chance, wenn etwas Außergewöhnliches passiert.

10/2014 WEC 2014 Fuji Japan
Foto: AdrenalMedia.com

Alle LMP1-Teams haben die kurze Pause zwischen dem Japan-Lauf Mitte Oktober und dem sechsten Rennen in Shanghai (Rennstart am Sonntagfrüh um 04.00 Uhr MEZ) für Test- und Abstimmungsfahrten genutzt, doch die Sportwagen-Fans sollten nicht davon ausgehen, dass sich die Kräfteverhältnisse in der LMP1-Klasse dadurch maßgeblich verschoben hätten.

Toyota TS040 Hybrid das überlegene Auto

Der dominante Toyota-Doppelsieg in Japan unterstrich einmal mehr, dass Toyota in der Saison 2014 eindeutig das überlegene LMP1-Auto gebaut hat. Das japanische Werksteam distanzierte beim Heimspiel am Mount Fuji die deutsche Konkurrenz von Audi und Porsche um weit mehr als eine Runde Vorsprung über die Sechs-Stunden-Distanz. "Es wird sehr schwer, Toyota bei den restlichen WM-Rennen aus eigener Kraft zu schlagen", so Porsche-LMP1-Chef Fritz Enzinger nach dem Rennen in Japan.

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Dabei hatte Porsche in Fuji immerhin Audi erstmals voll im Griff: die beiden R18 e-tron quattro waren chancenlos und hatten im Ziel bereits zwei Runden Rückstand auf die siegreichen Toyota. "Es sieht so aus, als könnten wir Toyota nur dann unter Druck setzen, wenn etwas Außergewöhnliches passiert", bilanziert Joest-Technikdirektor Ralf Jüttner.

Diese Feststellung lässt sich mühelos am bisherigen Saisonverlauf der Sportwagen-WM verifizieren: Bei regulären Witterungsbedingungen und ohne Safety-Car-Phasen wie in Spa oder Fuji, fährt der Toyota schlicht und einfach auf und davon. In Silverstone war Audi bei einsetzendem Regen zu aggressiv und vergeigte die Chance, die überlegenen Toyota TS040 Hybrid unter Druck zu setzen. In Le Mans und Austin sorgten das Wetter und /oder Safety-Car-Phasen für Fehlerpotenziale bei Toyota – was Audi Sport in beiden Fällen zu seinen Gunsten nutzen konnte.

Für Audi spricht nur der gute Reifenverschleiß

Da die Wettervorhersage für das Rennen in Shanghai auf trocken und sonnig steht, geht also wieder Toyota als klarer Favorit ins Rennen. Toyota und Porsche sollten in Shanghai mit fünf Boxenstopps über die Distanz kommen, bei Audi steht zu befürchten, dass sie wieder einen zusätzlichen Splash&Dash-Stopp einlegen müssen. Für Audi spricht eigentlich nur der gute Reifenverschleiß, was Doppelstints zulassen könnte und bei jedem zweiten Stopp 20 bis 25 Sekunden Standzeit spart. Doch wenn Audi wie in Fuji phasenweise 1,5 bis 2 Sekunden pro Runde beim reinen Speed verliert, nutzen auch 40 oder 50 Sekunden Zeitgewinn bei der Boxenstandzeit nicht viel.

Das interne Ziel bei Porsche ist klar definiert: Man will vor der deutschen Konzernschwester Audi ins Ziel kommen. Ein Podestplatz sollte möglich sein, zumal bei einem viertägigen Test in Aragon hauptsächlich am Fahrwerkssetup gefeilt wurde und dabei der Reifenverschleiß verbessert worden sein soll.

Jedoch ist die Piste in Shanghai – wie die meisten WEC-Strecken – Neuland für das Porsche-Werksteam und den 919 Hybrid. Während Audi und Toyota auf Daten aus dem Vorjahr zurückgreifen und damit recht passgenaue Simulationen erstellen konnten, muss Porsche versuchen, in den freien Trainingssitzungen möglichst schnell ein brauchbares Setup zu finden.

Aston Martin in der GTE-Klasse Favorit

In der GTE-Pro-Klasse erwartet die Fans abermals der Dreikampf Porsche gegen Ferrari gegen Aston Martin. Obwohl die FIA die Fahrzeugeinstufungen (Balance of Performance) in der GTE-Klasse nach dem Japan-Rennen neu angepasst hat, macht man sich bei Porsche wenig Hoffnung auf Besserung: Der Porsche 911 RSR darf mickrige 10 Kilo ausladen, die in der bisherigen Saison überlegenen Aston Martin Vantage V8 müssen 10 Kilo zuladen. "Damit verschiebt sich das Kräfteverhältnis bestenfalls minimal", kritisiert Porsche-Teamchef Olaf Manthey.

Bei Ferrari scheint man es ähnlich zu sehen: Den Kundenpiloten geht in Anbetracht der Aston-Martin-Überlegenheit schon jetzt die Lust aus, weshalb das AF-Corse-Team zwei Autos weniger einsetzt als noch in Fuji. Immerhin führt das Profi-Duo Gianmaria Bruni und Toni Vilander das Championat für Ferrari weiterhin überlegen an. "Aber das hat weniger damit zu tun, dass der Ferrari 458 so stark ist, als dass das Aston-Team bei den Boxenstopps und bei der Rennstrategie dieses Jahr so viel Fehler gemacht hat", erklärt Bruni.

Die Vorzeichen für Shanghai sprechen klar für die Briten, denn Aston Martin hat hier schon bei den letzten beiden WEC-Rennen gewinnen können. "Ich kann nicht erkennen, warum sich an der Aston-Überlegenheit etwas geändert haben sollte", so Gianmaria Bruni. "Wir müssen auf ihre Fehler warten – und dann zuschlagen! Wenn das nicht passieren sollte, fahren wir auf Punkte, um den Punktevorsprung in der Meisterschaft zu konsolidieren."

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