Fiat 500 Abarth esseesse Test
Zwergen-Aufstand des stärksten Fiat 500

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Er ist unverkennbar ein Fiat, darf den Namen des italienischen Großserienherstellers jedoch nicht führen: Mit 160 Pferdestärken markiert der Abarth esseesse die Spitze im Fiat 500er-Sortiment.

500 Abarth esseesse
Foto: Rossen Gargolov

Zugegeben – der aus- und kleingeschriebene Namenszusatz des stärksten 500ers scheint irgendwie nicht der Weisheit letzter Schluss zu sein. Aber wer möchte schon mit einem 500 Abarth SS gesehen werden? Eben. Dabei bezeichnen die beiden aus historischen Gründen so gründlich in Verruf geratenen Lettern in diesem Fall ganz harmlos den Begriff Super Sport. Und der hat bei der von Carlo Abarth gegründeten, inzwischen zu 100 Prozent dem Fiat-Konzern gehörenden Sportdependance mit dem Skorpion im Wappen Tradition. Im Jahr 1964 fanden erstmals mit dem Zusatz esseesse versehene leistungsstärkere Fiat 500- und 600-Varianten den Weg auf öffentliche Straßen – damals noch direkt von der Rennstrecke aus.

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Fiat 500 mit 25 Mehr-PS und Sportfahrwerk

Der aktuelle auf dem 135 PS starken 500 Abarth basierende und mit dem 2.500 Euro teuren Leistungskit versehene 500 esseesse kann zwar keine derartige Herkunft für sich verbuchen, tritt dank moderater Ladedruckerhöhung und BMC-Luftfilter aber mit achtbaren 160 PS an. Allerdings bringt der kleine Viersitzer aufgrund der übrigen im esseesse Performance Kit enthaltenen Items (17-Zoll-Leichtmetallfelgen mit 205er-Pirelli P Zero-Pneus, gelochte Bremsscheiben, Sportbremsbeläge, 15-Millimeter-Tieferlegung und Reifendrucksensoren) auch 23 Kilo mehr auf die Waage als die anno 2008 getestete normale Abarth-Version.

Dies, das nicht deaktivierbare, bei Fiat TTC getaufte und in der Pressemappe offenherzig und treffend als „elektronisch simulierte Differenzialsperre“ titulierte ESP und die am Messtag herrschenden 28 Grad Luft- und 41 Grad Asphalttemperatur haben zur Folge, dass das 500er-Topmodell sich nicht wesentlich vom 25 PS schwächeren, optisch kaum minder smart daherkommenden Abarth-Basismodell absetzen kann. Ob beim Standardsprint aus dem Stand auf Landstraßentempo, der Bremsprüfung oder der Zeitenhatz auf dem Kleinen Kurs in Hockenheim: Objektiv kann das Grundierungs-graue Kraft-Ei mit den roten Spiegelkappen gegenüber dem kleineren Bruder kaum Boden gutmachen.

Einzig im Slalom wedelt der mit einem 15 Millimeter abgesenkten Schwerpunkt versehene 160-PS-Sportler mit 67,2 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit etwas flotter um die rotweißen Hindernisse. Dabei wird der ohnehin gutmütige Fronttriebler, der mehr als zwei Drittel seines Gewichts auf der Vorderachse trägt, zwar gleichfalls von dem elektronischen Rettungsanker eingebremst. Da die Regeleingriffe in diesem Fall jedoch recht spät und sanft erfolgen, hindern sie den mit 3,55 Meter Länge wohltuend kompakten Viersitzer nicht wirklich am flotten Vorwärtskommen.

Sportliche Fahrweise wird elektronisch eingeschränkt

Auf dem Kleinen Kurse sieht die Sache dann schon anders aus. Dem wunderbar spontanen Einlenken folgen auch bei angehobener Eingriffsschwelle vergleichsweise ungezügelte Regelorgien der als Sperre fungierenden Torque Tranfer Control (TTC). Dass die mittels selektiven Bremseingriffen gesteuerte Drehmomentverteilung zwischen den Antriebsrädern eine optimale Nutzung der Motorleistung gewährleistet, wie der Pressetext glauben machen will, kann nicht unterstrichen werden. Sicher, geradezu narrensicher gerät die Kurvenfahrt dadurch – gewiss. Sportlich aber ebenso sicher nicht. Ergo gelingt es dem so gezügelten 500 Abarth esseesse nicht, sich einen Vorsprung gegenüber der Basis zu erarbeiten: Ob 135 oder 160 Pferdestärken unter der Haube versammelt sind, spielt bei der Zeitenhatz objektiv kaum eine Rolle.

Mit 1.22,4 Minuten bleibt der frontgetriebene Italiener in Hockenheim unter seinen Möglichkeiten – wenngleich ihm die Sache in Anbetracht der hohen Temperaturen sicher auch nicht leicht gemacht worden ist. Der kleine Bruder traf mit 17 Grad Luft- und 21 Grad Asphalttemperatur zweifelsohne günstigere Bedingungen an. Auch von der mit gelochten Scheiben und Sportbelägen versehenen Bremsanlage hätte man sich insgesamt mehr versprochen. Die Verzögerungswerte gehen mit 10,2 m/s² kalt wie warm zwar in Ordnung, sind aber in Anbetracht der Tatsache, dass der kleine Abarth mit 10,3 m/s² zupackt, auch nicht wirklich der Bringer.

Hoher Verbrauch und kleiner Tank

Erst bei flotten Autobahnüberflügen zaubert der kleine Starke aus Italien seinem Fahrer dann doch ein nachhaltiges Lächeln aufs Gesicht. Das mit überraschend langen Sitzflächen versehene, mit Leder bezogene Gestühl mutet ebenso erwachsen an wie der 1,4-Liter-Turbo, dem man auf diesem Geläuf durchaus mehr Hubraumvolumen unterstellen würde. Das Fünfganggetriebe agiert makellos und passgenau. Einzig an der Reichweite könnte es aufgrund des gerade mal 35 Liter fassenden Tanks und Verbräuchen von bis zu 13,7 Liter auf 100 Kilometern schon mal hapern.

Technische Daten
Fiat Abarth 500 Esseesse 100 HP
Grundpreis20.600 €
Außenmaße3546 x 1627 x 1473 mm
Kofferraumvolumen185 bis 610 l
Hubraum / Motor1368 cm³ / 4-Zylinder
Leistung117 kW / 160 PS bei 5750 U/min
Höchstgeschwindigkeit211 km/h
0-100 km/h7,9 s
Verbrauch6,5 l/100 km
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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten