Autobahn-Test Audi E-Tron / Tesla Model X
Welcher kann länger reisen?

Mit viel Platz, Komfort und Leistung sowie großen Normreichweiten machen die beiden Elektro-SUV Lust auf Fernreisen. Also haben wir beide im Test auf die Autobahn geschickt. Wie weit kommen die beiden in der Praxis?

Tesla Model X Audi E-tron Vergleich 2019
Foto: ams

Für den Autobahn-Vergleich von E-Tron und Model X wurde das umfangreiche Elektroauto-Messprogramm von auto motor und sport erweitert. Da E-Autos anders gefahren werden als Wagen mit Verbrenner, erheben wir ihren Testverbrauch auf unserer zurückhaltend gefahrenen E-Runde, die Stadt-, Überland- und Autobahnstrecken beinhaltet. Die beiden Elektro-SUV schenken sich beim Verbrauch unter solchen Bedingungen wenig: Beim Audi E-Tron mussten für 100 Kilometer Fahrt 24,8, beim Tesla 25,0 kWh nachgeladen werden. In diese Messung fließen die Ladeverluste mit ein. Das heißt, die Autos haben tatsächlich etwa 15 Prozent weniger aus ihren Akkus gesaugt. Die Ladeverluste sind bei beiden Fahrzeugen sehr ähnlich und entsprechend eng liegt auch der interne Verbrauch beieinander: Der Tesla verbrauchte laut Bordcomputer 21,7, der Audi 21,8 kWh. Die dazu passenden Reichweiten: Der Audi schafft 380, der Tesla mit seiner größeren Batterie 428 Kilometer. Soweit das Standardprogramm.

Unsere Highlights
Audi E-Tron gegen Tesla Model X, Langstreckentauglichkeit
Achim Hartmann
Maximal 130 km/h auf der Autobahn, vier Fahrer im Wechsel. Das garantiert Ausgewogenheit!

Können E-Autos auch Autobahnreisen?

Model X und E-tron gingen aber zusätzlich auf eine 300 Kilometer weite Langstrecke, die größtenteils über Autobahnen führte. Auf unlimitierten Abschnitten fuhren wir mit maximal 130 km/h. Vier Fahrer- und Positionswechsel der Autos sicherten dabei gleiche Bedingungen für beide.

Das Ergebnis: Mit 27,8 kWh/100 km liegt der Tesla beim Reiseverbrauch günstiger als der Audi mit 29,5 kWh/100 km. Auch hier ist wieder der Unterschied zwischen dem vom Bordcomputer angegebenen und dem echten Stromverbrauch zu beobachten. So zeigt der Audi im Display 25,7 kWh/100 km an, der Tesla 23,6 kWh.

Wie weit kommen die E-Autos wirklich?

Aber wie weit könnte man nun mit so einem Fahrprofil wirklich kommen? Wir konnten die E-Autos ja schlecht auf der Autobahn leer fahren und liegen bleiben. Stattdessen steckten wir beide Autos nach der 300-km-Fahrt an unsere Wallboxen mit integrierten Stromzählern und maßen, wie viel Energie sie benötigten, bis die Akkus wieder geladen sind: 88,5 kWh beim Audi und 83,4 beim Tesla. Diesen Verbrauch setzten wir in Relation zu einem Vollhub, sprich zur Lademenge, die wir benötigten, um eine leer gefahrene Batterie wieder voll zu laden. Leer gefahren haben wir die Akkus dazu auf einer geschlossenen Teststrecke. Mit den so ermittelten Werten ergeben sich Reisereichweiten von 318 km beim E-Tron und 384 km beim Model X.

Die reale Reichweite gibt’s nur theoretisch

Warum so kompliziert? Tesla gibt doch 100 kWh Batteriekapazität an, Audi 95 kWh – Batteriekapazität durch Verbrauch ergibt Reichweite, oder? Leider nein. Alle E-Autos belassen aber Reserven, damit die Batterien nicht tiefenentladen werden und Schaden nehmen. Wie viel Reserve sich der Akku behält, geben die Hersteller nicht an.

Unser Experte Alexander Bloch geht im Video einen anderen Weg, um auf die Reise-Reichweite zu kommen: Er schloss ausgehend von den Unterschieden zwischen Bordcomputer-Verbrauch und nachgeladenen Strommengen und sowie den daraus resultierenden Ladeverlusten auf die Netto-Kapazität der Batterien. Damit kam er für den Audi auf 322 und 393 Kilometer für den Tesla – ein überschaubarer Unterschied.

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Tesla Model X 2016
Der Tesla
Audi e-tron 55 Quattro Advanced, Exterieur
Der Audi

Warum kommt der Tesla weiter?

Die Unterschiede bei der Batteriekapazität zwischen den beiden Vergleichsautos sind zu gering, um den Reichweiten-Unterschied von mehr als 65 Kilometer zu erklären. Die Ursache ist vielmehr der Verbrauch. Hier fällt auf, dass der E-Tron nur auf der Reise mehr Strom aus seinem etwas kleineren Akku zieht. Wie kommt’s? Die Antriebsunterschiede sind überschaubar. Beide SUV haben je zwei Asynchronmotoren mit hoher bis sehr hoher (Tesla) Leistung.

Auch bei E-Autos hängt der Verbrauch maßgeblich von den Fahrwiderständen ab. Die wichtigsten sind der Roll- und der Luftwiderstand. Ersterer hängt vor allem von Gewicht und Reifengrößen ab. Da schenken sich die beiden Full-Size-SUV wenig, auch wenn der Audi rund 100 Kilogramm mehr wiegt, was angesichts der besseren Platzverhältnisse im Tesla schon bemerkenswert ist. Dessen Stunde schlägt aber vor allem bei der Windschlüpfigkeit. Sein cW-Wert ist mit 0,24 für ein SUV sehr niedrig. Der Audi mit seiner steileren Front und dem länger auslaufenden Heck hingegen schafft nur 0,28. Um den Luftwiderstand zu ermitteln, müssen diese Werte aber noch mit der Querschnittsfläche multipliziert werden (siehe Video). Obwohl der Audi weniger hoch und breit ist und daher mutmaßlich eine kleinere Stirnfläche hat, ist sein Luftwiderstand höher als beim Tesla, von dem der Hersteller die Stirnfläche nicht nennt.

Warum verbraucht der schwerere Audi in der Stadt weniger?

Die Fahrwiderstände erklären den Mehrverbrauch des Audi beim zügigen Gleiten auf der Autobahn. Auf der gemischten Runde mit höherem Stadtanteil oder Landstraßenfahrten mit mehr Brems- und Beschleunigungsvorgängen verbraucht der Audi hingegen nicht mehr als der Tesla, obwohl er schwerer ist. Weil Audi großen Wert auf die Rekuperationsfähigkeit gelegt hat. Verzögerungen bis 0,3g, also nahezu alles, was der Alltag kennt, bewältigt er ohne seine Bremsanlage. Das heißt, die Bewegungsenergie des rollenden E-Tron wandeln die dann als Generatoren funktionierenden E-Motoren wieder in Strom um. Dabei berechnet eine ausgeklügelte Steuerung und Vernetzung der Bordrechner Topografie, Streckenführung und vorausfahrende Autos per Abstandssensorik in Rekuperationsvorgänge mit ein. So erreicht der E-Tron eine Rekuperationsleistung von bis zu 220 kW. Das entspricht der Motorleistung eines VW Golf R. Audi gibt an, dass bis zu 30 Prozent der Reichweite des E-Tron aus der Rekuperation kommen.

Audi E-Tron gegen Tesla Model X, Langstreckentauglichkeit
Achim Hartmann
Schnellladen können beide. Der Tesla kann zudem auf bestimmte Ladeleistungen begrenzt werden.

Die Ladezeit ist bei beiden gleich

Der Audi E-Tron kann an 150-kW-Schnellladesäulen, zum Beispiel von Ionity, laden, Teslas Ladestationen schaffen 125 kW. In der Theorie brauchen beide Autos zum Nachladen von 100 Kilometern etwa 12 Minuten – der Audi verbraucht mehr, kann das aber schneller nachladen (siehe Video). In der Praxis ist die gut 65 Kilometer größere Reichweite des Tesla auf Reisen natürlich wichtiger. Den Vergleichstest lesen Sie in auto motor und sport 8 / 2019. Das Heft können Sie ab 28.3. hier kaufen.

Fazit

Solange die Ladeinfrastruktur und -geschwindigkeit noch ausbaufähig sind, hängt die Reisetauglichkeit des Elektroautos vor allem von Batteriegröße und Verbrauch ab. Aktuell haben die größten Batterien eine Kapazität von 100 kWh, die im Audi E-Tron wiegt mit 95 kWh 700 Kilogramm, entsprechend ist das Auto insgesamt 2,6 Tonnen schwer. So gesehen scheint die Verbrauchsminderung der sinnvollere Weg, um die Reichweite zu erhöhen.

Audi konzentrierte sich hierfür auf die Rekuperation; da fällt die große Masse weniger ins Gewicht, weil sie auch der rekuperierten Bewegungsenergie zugutekommt. Tesla hat seine Autos besonders windschlüpfig gestaltet und so den Fahrwiderstand reduziert – mit dem für die Langstrecke besseren Ergebnis.

Ein Auto mit der Rekuperationstechnik des E-Tron und vermutlich ähnlich gutem cW-Wert wie das Model X bringt Audi noch dieses Jahr: der E-Tron Sportback trägt unter seiner schnittigen SUV-Coupé-Karosse die gleichen Komponenten wie der „normale“ E-Tron.

Technische Daten
Tesla Model X Maximale Reichweite Audi E-Tron 55 Quattro
Grundpreis85.990 €81.500 €
Außenmaße5052 x 1999 x 1684 mm4901 x 1935 x 1629 mm
Kofferraumvolumen2487 l658 bis 1725 l
Leistung326 kW / 443 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h200 km/h
0-100 km/h5,1 s5,8 s
Verbrauch0,0 kWh/100 km0,0 kWh/100 km