BMW i4 gegen Polestar 2 und Tesla 3
Performante Elektro-Mittelklasse im Test

Mit rund 500 PS wollen Tesla Model 3 Performance, Polestar 2 mit Performance-Paket und der neue BMW i4 M50 nicht nur schnelle Elektroautos sein, sondern auch den Spieltrieb ihrer Fahrer wecken. Mal sehen, ob und wie das den Doppelmotor-Allradlern gelingt.

BMW i4 M50, Polestar 2 Performance Upgrade, Tesla 3 Performance
Foto: Achim Hartmann

Wenn in den USA ein Drittel der 329 Millionen Einwohner gleichzeitig Sport schaut, dann läuft der NFL Super Bowl. Gewonnen haben das 56. Finalspiel die Los Angeles Rams. Und die Elektroautos: Chevrolet, Hyundai, Kia, Nissan, Polestar, BMW und ein Wallbox-Hersteller haben Werbespots für E-Autos geschaltet. 2021 waren die Stromer in den Werbeblöcken noch eine Randerscheinung, während dieses Jahr kaum Verbrenner auftauchten. Das hat schon Tragweite, schließlich waren 6,5 Millionen Dollar für 30 Sendesekunden fällig.

Neue Mobilität im Alltag

Aus diesem Vergleichstest der rund 500 PS starken E-Sportlimousinen BMW i4 M50, Polestar 2 mit Performance-Paket und Tesla 3 Performance tauchte in den Werbepausen nur der Schwede auf. Die Bayern haben für ihren Film Salma Hayek und Arnold Schwarzenegger als Hera und Blitz feuernden Zeus engagiert, der von Elektrizität die Nase voll hat, den iX aber zu "Electric Avenue" feiert. Wieso nicht den ebenso neuen i4? SUV sind eben populärer. Da der i4 ein Vierer Gran Coupé mit E-Antrieb ist, sieht er auch bis auf den Grill kaum anders aus als die Verbrenner.

BMW-untypisches Handling

Innen kennzeichnet den i4 ein Curved-Doppelbildschirm auf dem Armaturenbrett. Die Monitore sind viel größer, jedoch wanderten die Klimasteuerung und die Favoritentasten dadurch auf den Touchscreen. Für den i4 bedeutet das eine schlechtere Bedienung – es sei denn, Sie touchen bevorzugt. Sehr gut bleibt sie so oder so, denn Drehdrücker und Direktwahltasten erleichtern die Bedienung beim Fahren und werden durch eine umfangreiche Sprachsteuerung ergänzt. Die versteht nicht nur Navi-Ziele, sie öffnet auch die Klangeinstellungen oder schaltet das Head-up-Display aus – das können die anderen nicht, für die es auch keine Frontscheibenprojektion gibt.

BMW i4 50M
BMW
BMW i4 M50: E-Motor vorn: 190 kW, hinten: 230 kW, 84-kWh-Akku, Reichweite: 303 km, Preis: ab 70.800 Euro.

Kurioserweise öffnet die ESP-Taste nur noch ein Infotainment-Menü, um zwischen den Modi zu wechseln. Das Sport-ESP lässt völlig BMW-untypisch keinerlei Übersteuern zu. Selbst die DSC-off-Option erlaubt (auf trockener Piste) nicht mehr als minimale Heckzuckungen. Mit "off" hat das nichts zu tun, denn Regeleingriffe spürst du auf manchen Bodenwellen trotzdem, und Fahrpedalbefehle werden situationsabhängig zu -wünschen degradiert: Wenn du am Scheitel drauftrittst, dürfen die Synchronmotoren an Vorder- und Hinterachse die Wucht ihres Systems (544 PS, 795 Nm) regelmäßig erst voll ausspielen, sobald das M-Lenkrad gerade steht.

BMW begründet das vor allem mit einer Performance-optimierten Auslegung und führt den Bauteilschutz an. Gemeint ist damit, dass die Antriebswellen der mächtigen E-Power ohne Puffer in Form einer Kupplung oder eines Drehmomentwandlers ausgeliefert sind. Zusätzlich sind die Einganggetriebe ohne Sperrdifferenziale ausgeführt. Auf Nachfrage zeigte BMW sich zuversichtlich, dass ein späteres E-Modell das spaßige Querfahren aufnimmt.

Der i4 M50 liefert derweil massig Kurventempo, hohe Fahrstabilität und für einen 2,3-Tonner beeindruckende und die im Testfeld höchste Präzision. Rückmeldungen kommen dabei zwar detailärmer im Lenkrad an als im rund 400 kg leichteren M440i xDrive. Doch wenn der i4 leicht ins Untersteuern gleitet, spürst du das durch reduzierte Lenkkräfte sofort, und in dieser Runde bietet er eindeutig die beste Lenkung. Das gilt auch für den Federungskomfort, der mit den serienmäßigen Adaptivstoßdämpfern und Hinterachsluftfedern beachtlich entspannt ausfällt. Der Polestar geht straffer zur Sache, dafür dämpft er sauber und vermeidet die Hibbeligkeit, die der etwas weichere Tesla auf manchen Straßen zeigt.

Zur hohen Qualitätsanmutung des BMW passt, dass die Fahrwerksgeräusche selbst auf groben Unebenheiten nicht über ein dumpfes Ploppen hinausgehen. Auch dessen Sitzkomfort erreichen die anderen nicht: zigfach verstellbare, niedrig positionierte wie haltstarke Sitze, dazu hervorragend positionierte Armlehnen. Ebenso bleibt der Innenraum objektiv wie subjektiv am leisesten. Den Rangierkomfort schränkt der große Wendekreis ein. Zudem bleibt der i4 im nicht explizit so genannten Einpedalmodus ab und an ruppig stehen – und bergab rollt er gelegentlich mit 1 km/h weiter. Im Regelfall funktioniert der per Schalthebel aktivierbare B-Modus aber gut. Im Polestar sind die ESP- und Rekuperationsmodi nur per Touchscreen erreichbar, genau wie im Tesla, der dafür noch die Parkstellung fordert. Dafür arbeiten die One-Pedal-Modi der beiden insgesamt geschmeidiger.

Polestar macht Krawall

Einen angriffslustigen statt geschmeidigen Ton schlägt Polestar bei seiner Super-Bowl-Werbung an. Die verzichtet auf Menschen und Sprecher, stattdessen feuert eine Reihe von Textaussagen über Detailaufnahmen des Polestar 2. Die Seitenhiebe zielen auf VW und Tesla: "No Dieselgate. No dirty secrets. No conquering Mars. No blah blah blah." Zu sehen ist auch die K.I.T.T.-Animation ("Knight Rider") der LED-Rückleuchten, ansonsten bleibt die Farbgebung mit Ausnahme der in Swedish Gold lackierten Bremssättel monochrom. Die Brembo-Bremsen sind Teil des 6.000 Euro teuren Performance-Pakets, das auch Öhlins-Stoßdämpfer enthält, die mit Werkzeug in ihrer Zug- und Druckstufe verstellbar sind. Unser Testwagen wurde zusätzlich von 408 auf 476 PS leistungsgesteigert. Wer bereits einen 2 mit zwei Synchronmotoren besitzt, kann die Software-Leistungsspritze für 1.000 Euro (plus Eintragung in die Papiere) per Over-the-Air-Update ordern.

Computer regeln auch hier die Leistungsabgabe in der lockersten ESP-Stellung, aber die heißt auch nicht "off", sondern "Sport" und wirkt weniger bevormundend. Leistungsübersteuern lässt sie nicht zu, dafür drückt das Hinterteil bei Lastwechseln – nicht wild, aber auf dem Handlingkurs kannst du zumindest mal ein bisschen gegenlenken. Dieses Verhalten bindet den Fahrer stärker ein und hebt die gefühlte Agilität über die des BMW, der aber zügiger durch den 18-Meter-Slalom fährt.

Polestar 2 Performance Upgrade
Achim Hartmann
Polestar 2 Perf.-Upgrade: E-Motor vorn: 175 kW, hinten: 175 kW, 78-kWh-Akku, Reichweite: 285 km, Preis: ab 57.970 Euro.

Für die gleichen Kurvenradien drehst du das Polestar-2-Lenkrad weiter. Es überträgt weniger Rückmeldung, was aber nichts an der ziemlich hohen Belastbarkeit der Vorderachse ändert. Jedoch halten die bequemen Sitze mit ausziehbaren Beinauflagen nur lasch, aber, anders als im Tesla, musst du dich wenigstens nicht hauptsächlich an den Türtafeln und der Mittelkonsole abstützen. Am hochwertigen Innenraum des 2 gibt es sonst wenig zu meckern: Die Armlehne lässt sich nicht weit genug nach vorn schieben, und die Lenkradtaste für die Sprachbedienung funktionierte im Testwagen nicht. "Hey Google" hingegen schon, erwartungsgemäß auch sehr gut, genau wie die Navigation mit Google Maps. Das auf Android Automotive basierende Infotainment lässt sich für ein derart tastenarmes System einfach bedienen: geringe Menütiefen, wenig Scrollen, meist große Schaltflächen (nicht überall). Nur rückt die Straße bei Verwendung des griffgünstig platzierten Monitors aus dem Blickfeld. Nicht nur deshalb ärgert es, dass etwa Sitz- und Lenkradheizung drei Touch-Bedienschritte erfordern.

Für Interessenten hingegen erfreulich: Nur für den Polestar spendieren Steuerzahler und Hersteller 9.570 statt 7.975 Euro, weil der Basispreis netto unter 40.000 Euro liegt. Mit dem zweiten Motor liegt er zwar darüber, jedoch wird der als Sonderausstattung angeboten, die für den Umweltbonus (noch) irrelevant ist. Unter Berücksichtigung der Boni kosten Tesla 3 und Polestar 2 mit angeglichener Ausstattung ungefähr gleich viel, während der i4 locker 14.000 Euro teurer bleibt.

Effizienter Quatschmacher

Zum Tesla 3 lauteten die Schlagzeilen kürzlich "7.000 Euro Preiserhöhung" – stimmt, betrifft aber nicht die Performance-Variante. Und wenn es um Aufmerksamkeit geht, setzt Tesla eher auf Elon Musks Twitter-Konto als auf Werbung. Selbst beim Football-Finale blieb die Marke außen vor, obwohl das Model 3 viel bietet, womit sich Werbespots stricken ließen. Etwa die Lichtspektakel-Funktion, bei der Außenbeleuchtung, Kofferraumklappe, Fenster und die Audioanlage einen Autotanz vorführen. Oder der Außenlautsprecher, der im Stand als (billige) Boombox oder Megafon dient. Hinzu kommen ein per Lenkrad gesteuertes Rennspiel sowie Netflix und YouTube. Und imposanter als die Pupsgeräuschfunktion ist das Glasdach, das oben von der Frontscheibe bis zur Heckklappe reicht, nur unterbrochen durch eine Strebe.

Am interessantesten ist für diesen Test der Track-Modus, in dem sich die Kraftfreigabe der E-Maschinen, die Rekuperation und das ESP vielstufig einstellen lassen. Neutral und traktionsstark geht ebenso wie ein Profil, in dem der 3 lange Drifts ziehen kann. Sobald die nicht sauber geführt werden, greift auch bei ihm die Traktionskontrolle ein, die beim Beschleunigen den Lenkwinkel berücksichtigt. Dennoch lässt er die 215 und 298 PS starken Motoren am freizügigsten auf die Räder los.

Im heckbetonten Modus setzt das Übersteuern ab und an unerwartet ein und fühlt sich grundsätzlich ungewohnt an. Das gilt auch für die Lenkung, die mitunter künstlich wirkende Rückmeldungen generiert, die nicht zur Fahrsituation passen. Das fällt auf dem Handlingkurs am stärksten auf, doch auch über Land bleibt die Qualität der ziemlich spitzen Lenkung mäßig. Trotzdem schwingt das Model 3 als E-Auto-Fliegengewicht (1,8 Tonnen) auf dem Niveau des i4 durch den Slalom, schließt den doppelten Spurwechsel etwas schneller ab und erreicht bis zu 261 km/h (i4: 225 km/h, Polestar: 205 km/h). Wie im letzten Test des Model 3 verschlechtert sich im Verlauf der zehn 130-km/h-Bremsungen die Verzögerung spürbar – wenigstens zeigt das Display eine entsprechende Warnmeldung an.

Tesla 3 Performance
Achim Hartmann
BMW i4 M50: E-Motor vorn: 190 kW, hinten: 230 kW, 84-kWh-Akku, Reichweite: 303 km, Preis: ab 70.800 Euro.

Weil es nur den 15-Zoll-Touchscreen gibt, entfällt das linke Drittel auf die Tachofunktionen mit einer Tempoanzeige oben links. Der Infotainment-Bereich ist abgesehen von manchen versteckten Funktionen weitestgehend logisch sortiert, arbeitet schnell und hält die Bedienschritte kurz. Allerdings sind die Grafikschaltflächen oft klein, und sogar Handschuhfach, Licht, Lüfterausrichtung und Scheibenwischer werden darüber bedient. Eine Einmalwischfunktion geht zwar per Blinkerhebel, doch die Intervallsteuerung über einen daran befestigten Drehring wie beim Model S hat Tesla weggespart – und das geht trotz Wischautomatik zu weit. Über die Lenkrad-Scrollräder wird die Lenksäule verstellt und in Kombination mit dem Getriebehebel der Abstandstempomat gesteuert.

Im 3 besser selbst lenken

Der Hebel dient ebenso zum Einschalten des Lenkassistenten, den man im Menüpunkt "Autopilot" aktiviert. Das Paket "volles Potenzial für autonomes Fahren" kostet 7.500 Euro. Nur kann das Potenzial so groß nicht sein, denn digitale Temposchilder ignoriert das Model 3 offenbar ausnahmslos. Und obwohl die Verwendung des Lenkassistenten nur außerorts empfohlen wird, kann er auch innerorts genutzt werden. Das haben wir am Stadtrand ausprobiert: Nach zwei stressreichen Minuten wäre der Wagen in eine Baustelle gefahren, hätten wir das System nicht per kraftvollem Ruck am Lenkrad überstimmt. Auf Autobahnen hält es die Spur meist sauber, nervt aber permanent mit Bitte-Lenkrad-bewegen-Aufforderungen, die mitunter auch im Polestar aufploppen, aber lange nicht so viel Kraftausübung verlangen. Der i4 prüft indes kapazitiv, ob das Lenkrad berührt wird und folgt der Spur am souveränsten.

Dafür kann der 3 markenoffene wie Tesla-Ladesäulen nutzen; zudem lädt er in der Spitze mit 250 kW am schnellsten und verbraucht im Testmittel nur 24,9 kWh/100 km (Polestar: 150 kW, 28,4 kWh; i4: 205 kW, 29,7 kWh). Hier profitiert der Tesla vom niedrigen Leergewicht und dem vorderen Asynchronmotor, der sich auskoppeln kann und somit keine unnötigen Fahrwiderstände erzeugt. Für beschleunigungswütige E-Autos sind alle drei effizient; und ob jetzt 2, 3 oder i4 am meisten Spaß macht, ist Geschmackssache – klassischen Sportlimousinen ähnelt der Tesla im Track-Modus am stärksten.

Umfrage
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Fazit

1. BMW
656 von 1000 Punkte

Ein vorzügliches E-Auto mit hohem Komfort, sehr guter Bedienung und wuchtigem Antrieb mit 300 km Reichweite. Querdynamik hat er kompetent drauf, aber nicht nach heckbetonter Art des Hauses – und die M-typische gleich gar nicht.

2. Polestar
618 von 1000 Punkte

Das Fahrwerk priorisiert Sport vor Komfort, fährt dafür aber auch unterhaltsam und trotzdem nicht unkomfortabel. Die Antriebskraft wird unauffälliger als im BMW geregelt und fällt ebenfalls üppig aus. Der kleinste Akku im Test reicht für 285 km.

3. Tesla
604 von 1000 Punkte

Der effizienteste Wagen bietet als einziger einen heckbetonten Modus, der agilisiert und echte Drifts erlaubt; zudem gibt er seine Kraft am lässigsten frei. Das Bremsenfading enttäuscht, und die minimalistische Bedienung geht stellenweise zu weit.

Technische Daten
BMW i4 M50 Polestar 2 4WD PerformanceTesla Model 3 Performance Performance
Grundpreis71.100 €57.970 €54.990 €
Außenmaße4783 x 1852 x 1448 mm4606 x 1859 x 1473 mm4694 x 1849 x 1443 mm
Kofferraumvolumen470 bis 1290 l405 bis 1095 l561 l
Höchstgeschwindigkeit225 km/h205 km/h261 km/h
0-100 km/h3,7 s4,5 s3,6 s
Verbrauch18,1 kWh/100 km0,0 kWh/100 km0,0 kWh/100 km
Testverbrauch29,7 kWh/100 km28,4 kWh/100 km24,9 kWh/100 km