BMW i7
Generation Sieben fährt mit Strom

Vor 45 Jahren wurde der erste BMW 7er vorgestellt, nun geht die siebte Generation des großen BMW mit dem Baureihen-Namen G70 als vollelektrischer i7 an den Start – unterwegs mit der fast 2,7 Tonnen schweren und 400 kW starken Elektro-Luxuslimousine.

BMW i7
Foto: BMW

Rein rechnerisch kommt es nur etwa alle sieben Jahre vor, dass eine neue Generation der BMW-Top-Baureihe vorgestellt wird. Ein vermutlich noch selteneres Privileg ist es, dabei vom Entwicklungschef persönlich chauffiert zu werden. So wie jetzt im südkalifornischen Palm Springs. Wir sitzen im vollelektrischen i7, BMW-Vorstand Frank Weber hat hinterm Lenkrad Platz genommen, der Redakteur rechts daneben. Vor uns schlängelt sich der California State Highway 243 aus der Wüste auf rund 1.400 Meter Höhe. Einsam ist es hier, wenig Verkehr, nur ab und zu eröffnet sich in Kehren der Blick nach unten in Richtung Palm Springs mit den Hügeln des Joshua Tree-Parks dahinter – Bilderbuch-Kalifornien.

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Natürlich wird es den 7er der Baureihe G70 nicht nur als BEV geben, er ist ebenso mit Plug-in-Hybrid-Antrieb oder als Diesel und Benziner mit 48V-Mildhybrid-Technik geplant. Alle drei Varianten bauen dabei auf derselben flexiblen Fahrzeugarchitektur auf. So sind etwa die Hinterachsmodule gleich, nur kommt im Falle des i7 eine elektrische Antriebseinheit hinzu. Die E-Motoren des i7 entstammen übrigens der fünften Generation der BMW-E-Antriebe. Es sind hochintegrierte Systeme, bei denen der Elektromotor, das Getriebe sowie die Leistungselektronik kompakt in einem Gehäuse untergebracht sind. Beide Motoren sind stromerregte Synchronmaschinen, deren Rotoren ohne Permanentmagnete auskommen. Der Motor an der Hinterachse ist übrigens etwas kräftiger: Er leistet 239 kW, sein vorderes Pendant kommt auf 190 kW, Systemleistung 400 kW, maximales Drehmoment 745 Nm.

Luftfedern für eine komfortable Reise

Frank Weber steuert die Limousine konzentriert durch die Kehren, sehr routiniert und schwungvoll, sodass der X5 mit Foto- und Videoteam hinter uns im Rückspiegel immer kleiner wird. Er empfiehlt, später auf die feine Ansprache der Lenkung, die spontane Agilität des großen Wagens zu achten, trotz des nicht unerheblichen Gesamtgewichts von 2,7 Tonnen. "Achten Sie mal darauf, wie sich das Gewicht der Batterie auf den Fahrkomfort auswirkt", rät der Ingenieur am Lenkrad. Und erläutert weiter: "Wir mögen die Batteriemasse im Gesamtgewicht nicht, wir mögen sie allerdings, weil sie sich auf das Verhältnis des Fahrzeuggewichts zu den ungefederten Massen auswirkt, das bringt diese Ruhe ins Auto." Bei leichteren E-Fahrzeugen sei der Effekt noch eindrucksvoller, doch selbst beim großen i7 xDrive 60 sehr deutlich spürbar.

Da ist durchaus was dran, registriert der Redakteur auf dem Beifahrersitz. Der i7 bügelt extrem souverän über die kleinen und großen Unebenheiten des Highway, die große Limousine scheint sich auf ihren Luftfedern geradezu über den Asphalt zu schmiegen. Eine große Ruhe und Gelassenheit strahlt das aus, die fast geräuschlos sanfte Gewalt der zwei zusammen 400 kW starken E-Motoren an Vorder- und Hinterachse unterstreichen diesen Eindruck noch. Den 7er gebe es natürlich auch mit anderen Antrieben, doch gerade die batterieelektrische Version sei besonders harmonisch, findet der Chef: "Der elektrische Antrieb passt besonders gut in den 7er, weil er so unangestrengt ist, weil er so viel Drehmoment bietet, weil er so leise ist und so ruhig bleibt, ganz gleich wie viel Kraft er gerade entwickelt." Doch keinesfalls habe man sich diese Antriebsvielfalt mit einem Package-Nachteil erkauft. Die Limousine sei etwa 35 Millimeter höher als die Konkurrenz, das sei ein Tribut an die Antriebsbatterie im Wagenboden.

745 Nm pushen nach vorn

Wenig später ist Rollentausch angesagt. Der Passagier wechselt hinters Lenkrad. Und Frank Weber verabschiedet sich alsbald, der nächste Termin wartet. Aus dem Highway 243 wurde in der Zwischenzeit die State Route 74. Sie schlängelt sich zurück nach Norden und bringt den BMW über eindrucksvolle Kurven und 180-Grad-Kehren zurück ins Tal. Das hier übrigens nicht einfach nur ein Tal, sondern der südliche Teil der San-Andreas-Verwerfung ist. Hier schieben sich die pazifische und die nordamerikanische Kontinentalplatte gemächlich aneinander vorbei. Mit durchschnittlich sechs Zentimetern pro Jahr im Übrigen. Das geht mit dem i7 deutlich hurtiger. Die Mühelosigkeit und Souveränität des Antriebs zeigt sich an Lenkrad und Fahrpedal noch eindrucksvoller als vom Beifahrersitz aus. Mit maximal 745 Nm pushen die beiden E-Motoren den BMW nach vorn, da spielt das Gewicht scheinbar kaum noch eine Rolle. Auch die für den i7 weiter verfeinerte adaptiven Rekuperation trägt zur ausgeprägten Mühelosigkeit des Fahrens in diesem Auto bei. Ohne Zutun des Piloten berücksichtigt sie die Gefällstrecken in Richtung Palm Springs, verlangsamt an Ampeln oder Verkehrszeichen selbst ohne aktivierte Zielführung.

Auf der Interstate 10 wird – je nach Fahrmodus – die Segelfunktion aktiviert, da rollt die Limousine ohne Antriebsmoment weiter, behält den Speed über längere Strecken, auch ohne, dass die beiden Motoren Energie aus dem Hochvolt-Speicher beziehen. Auch das hilft dabei, dass die Reichweitenanzeige im Display beruhigende Werte anzeigt. Nach WLTP verbraucht der i7 18,4 kWh je 100 km, demnach reichten die 101,7 Netto-kWh aus der Unterflurbatterie etwas über 600 km weit. Auf der recht flott gefahrenen Runde über Berge und Interstate liegt der Durchschnittsverbrauch etwas höher, für vertrauenerweckenden Aktionsradius reicht es dennoch.

Fast 140 km/h vollautonom

Auf der Autobahn darf der i7 zudem seine Talente im automatisierten Fahren unter Beweis stellen. Dazu reicht ein Druck auf die linke Lenkradtaste, sie aktiviert – wie bei anderen BMW-Modellen auch – den automatischen Fahrassistenten. Auf US-amerikanischen Autobahnen fährt der i7 bis 85 Meilen pro Stunde (ca. 137 km/h) weitgehend selbständig, auch ohne Hände am Lenkrad. Möglich sind sogar bis zu sechs Sekunden Wegschauen, bevor der BMW seinen Fahrer zur Aufmerksamkeit aufruft. Selbst Spurwechsel, Einordnen in Ausfahrten und das hier legale Rechtsüberholen beherrscht der Assistent beeindruckend sicher. Da sieht man sich fast versucht, auf der Rücksitzbank Platz zu nehmen und das Geschehen auf dem Highway aus der Fond-Perspektive genießen. Natürlich hat der 7er da ebenfalls viel zu bieten. Schließlich wird ein nicht unerheblicher Teil der Produktion in China oder Südkorea verkauft, Länder mit traditionell hohem Chauffeursanteil.

Gefertigt werden alle Antriebsvarianten des G70 übrigens ausschließlich im BMW-Werk Dingolfing. Und zwar nur noch in einer Karosserie-Version, jener mit langem Radstand. Das kommt den Fondinsassen zugute, die Wagenlenker profitieren immerhin von der serienmäßigen Integral-Aktivlenkung. Die verhilft dem 7er nicht nur zu einem recht kleinen Wendekreis (12,9 m), sondern unterstützt durch Mitlenken auch bei so alltäglichen Verrichtungen wie dem Spurwechsel. Verbrenner-Versionen mit Dieselmotor als Mildhybrid sowie Benziner als Plug-in-Hybrid wird es in Europa ab Frühjahr 2023 geben. Der zeitgleich in Palm Springs vorgestellte 760i xDrive mit V8-Benziner und 544 PS sei nicht für den europäischen Markt vorgesehen, heißt. "Hier in USA verlangen unsere Händler und Kunden einfach nach dem Achtzylinder", berichten die BMW-Vertriebsexperten.

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Fazit

Der 7er der G70 überzeugt mit hervorragendem Federungs- und Geräuschkomfort, der sanften Gewalt des E-Antriebs sowie hochaktueller Assistenzausstattung. So geht Luxuslimousine im 21. Jahrhundert.

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Erscheinungsdatum 25.04.2024

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