BMW i8 Safety Car in der Formel E - Fahrbericht
Wir fahren den gepimpten i8

Stell dir vor, BMW tunt das Saftey Car der Formel E mächtig böse auf – und keiner außer seinem Piloten Bruno darf damit fahren. Keiner? Doch, wir. Eine exklusive Dienstfahrt in Peking.

BMW i8 Safety Car, Frontansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

Bruno war nicht ganz glücklich. Nicht, dass er sein 2015er BMW i8 Safety Car nicht mochte, aber es fehlte ihm etwas. Eine Sache, die BMW für dieses Auto grundsätzlich nicht vorgesehen hatte: Racing-Gene. Also etwas, das durchaus hilfreich ist, wenn du eine sirrende Monocoque-Horde beim Rennen im Zaum halten willst. In seiner ersten Saison als Safety Car durfte der bayerische Plug-in-Hybrid zwar im kleidsamen FIA-Trimm mit schnieker Lichtorgel auf dem Dach durch die Welt jetten, aber unter der leichten Carbon-Haut steckte das bekannte Set-up eines kompromissbereiten Straßen-Sportwagens. Immerhin mit optimierten 215er-Schlappen vorne anstatt der serienmäßigen 195er-Öko-Treter.

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Nicht genug für seinen Piloten, den Portugiesen Bruno Correia: „Das bisherige BMW i8 Safety Car ist großartig – aber eben auf der Straße. Also haben wir ihn für die Saison 2016 optimiert.“ Doch bevor Bruno ausführlich darüber erzählt, wie er in Oschersleben bei Abstimmungsfahrten selbst GT-Boliden damit jagte, und was sich alles geändert hat, stupst er mich vom Beifahrersitz aus an: „Probier’s aus. Lenk hart ein und schau, was passiert.“

BMW i8 Safety Car 2.0

Nichts – also es passiert was, aber eben nicht das, was bisher passierte. Die Vorderräder wimmern nicht mehr früh untersteuernd dem Kurvenrand entgegen, sondern verbeißen sich in die Ideallinie wie der Hund in die Fleischwurst. Mit dem Vorderhand- Grip könnte das BMW i8 Safety Car jetzt auf harten Strom- und Gaseinsatz auch freudig breit mit dem Schwanz wedeln. Ultrapräzise wie eine CNC-Maschine fräst der BMW i8 an den starren Metallwänden entlang, das Wanken ist kaum spürbar – und das Vertrauen in den BMW wächst sekündlich.

Wichtig, wenn quasi keine Auslaufzone dich und den BMW i8 retten würde. Diese Handling-Attacke kommt so überraschend, dass du die nächste enge Schikane noch härter anlenkst und anbremst. Was dazu führt, dass der Kopf beim Verzögern eine tiefe Nickbewegung vollführt, während der Körper in den Gurten hängt. „Funktioniert doch klasse, die Rennbremsanlage.“ Bruno hat jetzt beste Laune: „Okay, die Dosierbarkeit hat noch Luft nach oben.“ Äh, viel Luft!

Mensch i8, was geht denn bei dir? Eben noch der leicht untersteuernde Öko-Doktor-Jekyll der Sportwagenwelt und jetzt der kompromisslose Mr. Hyde der Querbeschleunigung. Diese Metamorphose bedurfte massiver, teils chirurgischer Eingriffe in die Substanz des BMW i8. Die Carbon-Karosserie blieb dabei fast unangetastet. Damit die vorderen 245er- und die hinteren 285er-Michelin-Super-Sport-Reifen ins Kohlefaserkleid passen, arbeitete man mit der Felgeneinpresstiefe. Das Fahrwerk selbst legt die Karosserie 15 mm tiefer und hängt sie an neuen Bilstein-Federn und -Dämpfern auf. Dafür schweißten BMW-Ingenieure die obere Fahrwerksaufnahme neu. Neue Staulippen, Luftleitbleche im Unterboden, Carbon-Abrisskante am Heck des BMW i8.und zusätzliche Diffusoren erhöhen den Abtrieb und natürlich auch den Verbrauch. Aber nur Ignoranten zählen Kalorien beim Galadinner.

Fahrwerk fährt Antrieb davon

Das Problem ist ein ganz anderes, meldet sich Bruno: „Jetzt wäre richtig Leistung schön.“ Also nicht nur richtig, so wie 362 PS, sondern richtig richtig, so wie 500 PS plus. Gefühlt fährt das fulminante Fahrwerk nämlich dem Antrieb davon. Immerhin hat BMW dem i8 eine modernere Lithium-Ionen-Zellgeneration spendiert. Eine mit 26 Ah wie im X5 Plugin statt 20 Ah. Aus mehr Strom machen die Elektromotoren im BMW i8 Safety Car nicht nur etwas mehr Reichweite, sondern auch über 10 kW mehr Leistung.

So wirft der Power-i8 jetzt rund 380 PS und über 570 Nm auf die Straße. Das Plus spürst du – ein wenig. Das Pekinger Vogelnest, also das olympische Stadion, verwischt einfach einen Tick schneller vor den Augen. Vor allem im Sport-Plus-Modus, wenn der Akku auf so hohem Ladestand wie möglich gehalten wird. Jedoch dauert es beim Herausbeschleunigen immer eine kleine Ewigkeit, bis die volle Leistung ansteht. Und der extrem eckige Formel-E-Kurs in Peking provoziert harte Tempowechsel.

In der Theorie: 800 PS Elektro-Power

Also wird man, wie so mancher BMW-Ingenieur, ja wohl mal von rein elektrischer Ansatzlosigkeit träumen dürfen. Entweder von drei 120 kW starken Elektromotoren, die das BMW i8 Safety Car nur via Strom auf 490 PS befördern. Oder noch besser: dreimal 120 kW vorne und zweimal 240 kW hinten. Macht zusammen über 800 PS, und die könnten mit einem entsprechend leistungsfähigen 100-kWh-Akku einen Tesla in unter 2,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h in den Spannungs-Hades ausbeschleunigen.

Meine Überlegungen ernten Mona-Lisa-gleiches Grinsen bei der BMW-Crew. Fakt ist, die nächste deutlich leistungsfähigere Akku-Generation steht 2017 vor der Tür, und BMW baut mit seinen großartigen Hybrid-Synchronmotoren weltweit mit die besten E-Motoren. Die Substanz wäre also da. Fehlt nur noch der Mut, einen solchen Mega-i8 auf die Straßen und solvente Kunden loszulassen. Na ja, dafür ist die nächste Generation des lütten Bruders BMW i3 wohl mit 250 km statt 160 km Reichweite am Start. Immerhin.

Komfortable Induktivladung

„Also die FIA möchte, dass wir die Blinklichter oben in der nächsten Saison auf Gelb umrüsten“, entwickelt ein BMW-Techniker ein plötzliches Interesse für Farbgebung. Wobei eine interessante Innovation schwarz, matt und flach auf dem Boden vor dem BMW i8 Safety Car klebt. Elektronikspezialist und Formel-E-Sponsor Qualcomm verspricht mit seiner Halo-Technologie nicht nur mehr Ladeleistung, sondern dabei sogar mehr Effizienz. Mit 7,2 Kilowatt jagt das System die Elektronen auf dem kurzen Luftweg in den Auto-Akku: Stark genug, um die BMW i8-Batterie in kaum mehr als einer Stunde wieder aufzuladen. Eine feine Sache, ganz ohne Stecker- und Kabelgefummel. So muss es sein. Doch das scheint noch nicht das Ende zu sein. Laut Qualcomm werden schon 22 kW erprobt. Dann wäre das BMW i8 Safety Car in einer Viertelstunde zu 80 Prozent geladen.

So existieren auch in der Formel E Überlegungen, in Zukunft induktive Ladeschienen in der Boxengasse zu verlegen. Viel wichtiger wäre es aber, Bruno noch mehr Leistung zu geben. Damit er so richtig glücklich wird.