BMW iX5 Hydrogen
Wie gut fährt BMWs Wasserstoff-SUV?

In der Entwicklung des iX5 Hydrogen mit Brennstoffzelle hat BMW noch 20 KW Leistung gefunden, gestattet nun die erste Probefahrt des SUV mit 295 kW Systemleistung und bis zu 710 Nm Drehmoment.

BMW iX5 Hydrogen
Foto: BMW

Mit der Brennstoffzelle verhält es sich ein wenig wie mit dem Weber Max. Den kennen Sie nicht? Okay, dann hören Sie sich mal die Abhandlung des großartigen Gerhard Polt über eine Gemeinderatssitzung an. Zentrale Frage: Kommt er jetzt, der Weber Max oder kommt er nicht? Die Brennstoffzelle jedenfalls ist seit etwa 30 Jahren in jeweils fünf Jahren serienreif. Auf halbwegs nennenswerte Stückzahlen jedoch kommen bislang nur Hyundai und Toyota. Mit letzterem Unternehmen kooperiert BMW seit 2013 beim Thema Brennstoffzelle und Wasserstoff, schickt nun die Versuchsflotte des BMW iX5 Hydrogen auf die Straße, will diese Antriebsform bis zum Ende dieses Jahrzehnts etablieren. Eine Antriebsform, die selbst einem raumgreifenden SUV wie dem X5 ein äußerst souveränes Fahrerlebnis beibringt, was vorwiegend auf das erhebliche Systemdrehmoment von 650 Nm (im Boost sogar 710) zurückzuführen ist.

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Zudem stieg durch einen modifizierten Hochvoltspeicher während des Projekts die Systemleistung um 20 auf 295 kW, also 401 PS, weshalb sich das Fahrzeuggewicht von 2.460 kg auf seine Rolle als schnöde Zahl im Datenblatt reduziert. Zum Vergleich: Ein X5 xDrive 45e wiegt laut Hersteller 2.510 kg, ein iX xDrive 50 kommt auf 2.585 – und das nur mit Hilfe von großzügig eingesetztem Carbon. Also erlebst du im Wasserstoff-Brennstoffzellen-X5 vor allem eines: Einen X5. Einen geräumigen, tendenziell komfortabel abgestimmten SUV mit bester Rundumsicht. Und in diesem Fall: Mit allen Vorzügen eines elektrischen Antriebs, denn die Brennstoffzelle generiert Strom, der einen 295 kW starken E-Motor speist. Und der sorgt wiederum für unmittelbare, druckvolle Beschleunigung, wenn es sein muss, sogar in weniger als sechs Sekunden von Null auf 100 km/h – sagt BMW.

Und raus bist du?

Was BMW ebenfalls sagt: Die Brennstoffzelle wolle man keinesfalls als Ersatz für batterieelektrische Antriebsstränge zu Serienreife entwickeln, vielmehr als optimale Wahl für bestimmte Anwendungszwecke, beispielsweise in eher großen Fahrzeugen. Das müsse übrigens nicht zwangsläufig SUV sein, schon jetzt hätte der Antrieb auch Platz in einer 5er Limousine. Und auch in die so genannte Neue Klasse würde durchaus ein Brennstoffzellen-Antrieb passen, wie Entwicklungsvorstand Frank Weber nebenbei bemerkt. Schließlich sein der E-Motor ohnehin schon drin, statt der Batterie kommen dann die Tanks und die Brennstoffzelle dazu. Er betont aber auch, dass eben jene Neue Klasse "die bedeutendste unternehmerische Anstrengung in der Geschichte von BMW" bedeutet – und hier liegt der Fokus klar auf Batterieelektrik.

Stand heute jedoch müssen man allerdings davon ausgehen, dass sich in den nächsten acht Jahren hinsichtlich der Zellchemie nicht viel ändert, man also mit bekannten Technologien arbeiten müssen. Da kann die Brennstoffzelle durchaus eine Alternative darstellen, da sie rund 20 Mal weniger Rohstoffe benötigt als ein BEV – allein wegen des deutlich kleineren Hochvoltspeichers, der einen Energiegehalt im einstelligen kWh-Bereich aufweist (genauere Angaben will BMW nicht machen). Die Batterie leistet 170 kW, die Brennstoffzelle 125 kW (Dauerleistung). Und mit seinen sechs Kilogramm Wasserstoff soll der BMW iX5 Hydrogen nach WLTP 500 Kilometer weit kommen, kann in rund vier Minuten wieder betankt werden. Nur: Die Infrastruktur fällt arg überschaubar aus. In Deutschland existieren derzeit etwa 100 Tankstellen, im Ausland weist das Netz größere Löcher auf. Außerdem muss der bislang vorwiegend in der Theorie vorhandene "grüne" Wasserstoff auch in der Praxis verfügbar sein, doch hier klemmt’s bei batterieelektrischen Antrieben ebenfalls an der Nachhaltigkeit.

Ein BMW X5 mit Hinterradantrieb

Den iX5 stört das alles kaum, er kurvt hinterradgetrieben und Zweiachs-luftgefedert über Land, erlaubt im Comfort-Modus die typischen, wenngleich verträglichen Aufbaubewegungen, strafft sich im Sport-Modus spürbar – und verkneift sich dann übertriebene Haltekräfte an der Lenkung (eigentlich eine BMW-Unart), wie nett. Die Hinterachse samt E-Motor stammt aus dem iX, eine Allrad-Variante mit zweitem E-Motor vorn wäre ebenfalls möglich, ohne weitere Änderungen an dem in einem BMW-Pilotwerk gefertigten Antriebstrang mit Toyota-Komponenten (der sogenannte Brennstoffzellen-Stack). Immer wieder betont BMW, dass man hier lediglich eine Technologie nutze, die in anderen Industriebereichen unumgänglich ist, beispielsweise in der Stahl-Branche. Und auch der Schwerlastverkehr würde darauf setzen, wenngleich sich da die Lkw-Hersteller noch nicht wirklich einig zu sein scheinen.

Und wann wäre nun eine Serienanwendung denkbar, wo doch der iX5 Hydrogen schon praktisch fertig entwickelt wirkt? In der zweiten Hälfte der Dekade womöglich, wenn sich die Infrastruktur verbessert habe. Intern allerdings plant BMW schon sehr konkret für die kommende Generation des X5, die Brennstoffzelle als reguläre Antriebsvariante anzubieten. Wo auch immer sie zur Anwendung kommt, soll sie auf derselben Linie wie alle Antriebe gefertigt werden können. Mit dem Elektroantrieb habe man ja auch als kleine Versuchsflotte begonnen, sagt Weber, und verweist auf den Elektro-Mini von 2010. "Wir wollen einfach vorbereitet sein", bekräftigt der Entwicklungsvorstand. Der BMW iX5 Hydrogen ist es, fährt bis zu 205 km/h schnell, das allerdings nur kurz, konstant aber immerhin 185 km/h. Ob sich die Antriebstechnik dieses Mal genauso schnell verbreitet? Oder ob wir uns in fünf Jahren wieder die Frage stellen: Kommt er, der Weber Max oder kommt er nicht?

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Ja, das ist Elektromobilität ohne Speicher- und Ladezeit-Nachteile.Nein, zu ineffizient, zu teuer und Wasserstoff lässt sich nicht gut über einen längeren Zeitraum speichern.

Fazit

Wäre es nicht schön, eine Alternative zu batterieelektrischen Fahrzeugen zu haben? Für BMW wäre die Brennstoffzelle nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und das Fahrgefühl eines BEV ohne die oft nervig langen Ladezeiten genießen zu können – ein herrliches Gefühl. Hinsichtlich der Nachhaltigkeit gilt es allerdings – ebenso wie beim BEV – noch auf ein paar Fragen Antworten zu finden.