Brennstoffzellen-Stack-Herstellung iX5 Hydrogen
So baut BMW den X5 mit Wasserstoffantrieb

BMW baut eine Wasserstoff-Brennstoffzellen-Stack-Produktion auf – wir waren zu Besuch. Die Kleinserien-Produktion des iX5 Hydrogen soll im Frühjahr 2023 beginnen.

BMW-Brennstoffzellen-Fertigung
Foto: BMW

Die Antriebe für BMWs Wasserstoff-SUV iX5 Hydrogen entstehen im BMW-Forschungs- und Technologiehaus in Garching bei München. Wir haben uns die noch mit viel Handarbeit verbundene Prototyp-Produktion des Wasserstoff-SUV angeschaut. Die BMW-Verantwortlichen dort betonen die Vorteile, die ein Brennstoffzellen-Antrieb bieten soll und trotzen der Kritik an dessen im Vergleich zum reinen Elektroantrieb niedrigerer Effizienz.

Die Münchner haben es in der Vergangenheit immer mal wieder mit Wasserstoff versucht. 2006 bauten sie den Hydrogen 7 in Kleinserie. Das war eigentlich ein 760iL der Baureihe E66, dessen V12-Motor den Wasserstoff verbrannt hat. Die Lagerung des leichten und flüchtigen Gases in einem Kryotank bei zirka -253 Grad Celsius erwies sich aber als entscheidender Nachteil. Weil sich das Innere des Tanks trotz bester Isolation wegen der deutlich höheren Umgebungstemperatur kontinuierlich erwärmte, musste es eine Technik für eine kontrollierte Entleerung des Tanks geben. Also wurde der zwangsweise abgelassene Wasserstoff katalytisch zu Wasser oxidiert – nach neun Tagen war so auch bei einem stehenden Fahrzeug nur noch Wasserstoff für gerade mal 80 Kilometer an Bord.

Unsere Highlights

Allerdings forschte BMW schon damals an einer kleinen Brennstoffzelle, die zum Beispiel Strom für die Klimatisierung von Fahrzeugen liefern sollte. 2013 folgte im Rahmen der Kooperation mit Toyota die Arbeit an einem ersten BMW-Brennstoffzellen-Auto, 2015 bauten die Ingenieure dann eine Brennstoffzelle in den 5er GT ein – das Schrägheckmodell mit dem Radstand des 7ers bot genügend Platz für die Wasserstoff-Tanks. Der jetzt gebaute iX5 Hydrogen könnte ein Vorgeschmack auf ein kommendes Großserienmodell sein.

Vorteile des Brennstoffzellen-Antriebs

BMW hält an der umstrittenen Brennstoffzellen-Technologie fest, weil die Entscheider im Konzern glauben, dass für nachhaltige Mobilität zwei Technologien besser sind als nur eine. Die unterbrochenen Lieferketten während der Corona-Pandemie haben die Münchner in ihrer Einschätzung bestärkt – man möchte nicht nur von einer einzigen Technik abhängig sein, sondern bei Bedarf eine Alternative nutzen können. Wenn die Produktion des Wasserstoffs in einer geeigneten Region nachhaltig erfolgt, sollen Wasserstoffautos laut BMW insgesamt nachhaltiger sein als Elektroautos. Das Problem ist aber eben die genannte Bedingung, die zufällig außerhalb des Einflusses eines klassischen Autoherstellers liegt – aber sei’s drum.

Letztlich sind auch Ladesäulen genauso wenig Teil des Produktportfolios von Autobauern wie Tankstellen. Solche, die Wasserstoff abgeben, gibt es in Deutschland kaum – aktuell sind es gerade mal 100. Aber auf Wasserstoff-Tankstellen an sich lässt BMW nichts kommen: Dort würde sich viel eher jemand kümmern als beispielsweise bei einer am Straßenrand stehenden Ladesäule – ob das was nützt, mag man angesichts der zahlreichen Zapfsäulen außer Betrieb an herkömmlichen Tankstellen bezweifeln. Ein Brennstoffzellen-Fahrzeug sei aber zudem nur so schwer wie ein Plug-in Hybrid und damit leichter als ein vergleichbares Elektroauto, so die BMW-Ingenieure. Und im Winter sinke die Reichweite eines Brennstoffzellen-Autos nicht, dessen kleine Batterie diene schließlich nur als Pufferspeicher. Für den Vortrieb setzt BMW bei seinen Brennstoffzellen-Fahrzeugen die gleichen Elektromotoren ein wie reinen E-Autos.

So entsteht die Brennstoffzelle für iX5 Hydrogen

Die Halle für den Brennstoffzellenbau wirkt bei unserem Besuch hell und ruhig. Die überschaubare Geräuschkulisse rührt aber nur daher, dass der Automat für das Stapeln der einzelnen Zellen gerade abgeschaltet ist. Die Zellen kommen aus Japan – direkt von BMWs Kooperationspartner Toyota. Brennstoffzellen bestehen im Prinzip aus Elektroden und einem Elektrolyten dazwischen. In ihnen wird Wasserstoff in zwei Elektronen und zwei Protonen zerlegt. Aus Protonen, Elektronen und Luft-Sauerstoff entsteht dann Wasser. Die Brennstoffzelle verwandelt die chemische Energie der Wassersynthese in elektrischen Strom und Wärme.

Den aus den Zellen hergestellten Stack und die Nebenaggregate haben BMW-Ingenieure entwickelt. Die einzelnen Zellen sind schwarz, nur wenige Millimeter flach und haben ungefähr die Größe einer Desktop-Computertastatur. Der besagte Automat transportiert die einzelnen Zellen mithilfe von Unterdruckbändern, die dann während des Betriebs für den entsprechenden Lärm sorgen. Als Erstes gehen die Zellen zu einer Prüfstation, dann zu dem noch leeren Stack-Grundaufbau. Wir haben nachgefragt: Die von Toyota vorgeprüften Zellen sind top – bisher haben die BMW-Mitarbeiter keine einzige Ausschuss-Zelle gefunden.

Presse verdichtet den Stack

Der Stack entsteht auf einer Metallplatte, auf der der Automat die Zellen stapelt. Die Zellplatten müssen exakt übereinander liegen. Ist der Stapel zirka einen Meter hoch, drückt ihn eine Presse auf zirka 20 Prozent (!) seiner ursprünglichen Höhe zusammen. Dabei presst der Automat nicht die Zellen an sich, sondern die dünnen Dichtungen, die am Rand einer jeden Zelle aufgetragen sind. Ist der Stack fertig gepresst und verschraubt, kommt er in ein Gehäuse. Es liegt auf einem fahrbaren Tisch. Ein Mitarbeiter montiert Kabel, Schläuche und Nebenaggregate und schiebt den Tisch zur nächsten Station, die hier beim Prototypenbau mit weißen Klebestreifen auf dem Boden markiert ist.

Zu den Nebenaggregaten zählt auch ein elektrischer Turbolader, der für die Versorgung der Brennstoffzelle mit ausreichend Sauerstoff unerlässlich ist. Ist das ganze System montiert, verlässt es das Forschungsgebäude in Garching und bekommt zur Aktivierung seine erste Ladung Wasserstoff. Dann geht es weiter zum Pilotwerk im Münchner Forschungs- und Innovationszentrums (FIZ). In der Karosseriebau-Abteilung des Pilotwerks erhalten die aus dem BMW-US-Werk in Spartanburg (US-Bundesstaat South Carolina) zugelieferten iX5 eine neue Bodengruppe, die die Montage der beiden Wasserstoff-Tanks im Mitteltunnel und unter der Rücksitzbank ermöglicht. Zu den Arbeiten gehören auch die Montage des modellspezifischen 12-Volt- und 400-Volt-Bordnetzes, der Pufferbatterie sowie des Elektromotors und der Brennstoffzelle. Dann erfolgt ab Frühjahr 2023 die Auslieferung des iX5 Hydrogen an ausgewählte Kunden.

Umfrage
Sollen wir in Zukunft alle mit Wasserstoff fahren?
177084 Mal abgestimmt
Auf jeden Fall! Die Brennstoffzelle vereint potenziell CO2-freies Fahren sowie Reichweite zum Nachtanken.Nein! Brennstoffzellenautos sind genausowenig CO2-neutral wie E-Autos und es wird nie genug bezahlbaren Wasserstoff geben.

Fazit

BMW setzt für die Zukunft auf batterieelektrische Fahrzeuge, aber als zweites Standbein in Sachen nachhaltiger Mobilität entwickeln die Bayern an Fahrzeugen mit Brennstoffzellen-Systemen. Dabei hilft, dass Kooperationspartner Toyota mit dem Mirai seit Jahren ein wasserstoffbetriebenes Auto baut und ausgereifte Brennstoffzellen nach Bayern liefert, die BMW dann in einem selbst entwickelten System verbaut. Die Produktionstechnik wirkt weit entwickelt – ob das schon für die Großserie reicht, ist schwer zu beurteilen. Für eine bloße Kleinserie wiederum wirkt der Entwicklungsaufwand zu hoch. Gut möglich also, dass BMW das Brennstoffzellenauto in Großserie bringen will.

Dass sich der seit Jahrzehnten angekündigte Brennstoffzellen-Antrieb im Pkw-Bereich tatsächlich durchsetzt, wirkt seit ein paar Jahren zunehmend unwahrscheinlich. Ein batterieelektrisch angetriebenes Fahrzeug ist erheblich effizienter unterwegs als eins mit Brennstoffzelle. Und selbst bei Lkw setzen mehr und mehr Hersteller auf den batterieelektrischen Antrieb.

Aber es gibt auch Vorteile: BMW hält Brennstoffzellen-Fahrzeuge in ihrer Herstellung für nachhaltiger als reine E-Autos – unter anderem, weil der Rohstoff- und Energieverbrauch niedriger ist. Außerdem sind Brennstoffzellenautos leichter als reine Elektroautos und im Winter sinkt ihre Reichweite nicht.

Ein aktuelles Problem wäre allerdings nach wie vor die Dichte des Wasserstoff-Tankstellennetzes – sofern man bei zirka 100 Tankstellen in ganz Deutschland überhaupt von einem Netz sprechen kann. Gleiches gilt vor allem auch für die Versorgung mit grünem Wasserstoff insgesamt.