Genesis G90
5,5 Meter lange Luxusoase

Für die Füße? Nur die Massage. Der Genesis G90 greift die Luxusklasse frontal an, und das gleich in zwei Längen samt 3D-Sound und Kuschel-Fond.

Wenn sie bei der Hyundai-Luxusmarke Genesis etwas machen, dann richtig. Nehmen wir nur ihre Oberklasse-, ach was Luxuslimousine. Auf zwei Längen bietet der G90 koreanische Gastfreundschaft, die nicht nur den deutschen Marktbegleitern zeigen soll, wie man in Korea Komfort lebt, jeden als son-nim, also geschätzten Gast versteht. Etwa mit verschwenderisch flauschigen, vielfach verstellbaren Sitzen. Spätestens wenn die Beinstützen ausfahren und die Massage beginnt, entfährt selbst bis dahin Gestressten ein entspannendes Seufzen.

Unsere Highlights

Fußmassage und Surround-Klang

Auf vier Plätzen bringt der G90 seine Gäste nicht nur ungedrängt unter – in der Langversion (5,47 statt 5,28 Meter) mit 19 Zentimeter Extrabeinfreiheit -, nein er umbutlert sie in hochgradiger Servilität. Hinten rechts zum Beispiel auf zehn Lufttaschen für die unterschiedlichen Massagefunktionen, plus einer elektrisch verstellbaren Fußstütze, beheizt, belüftet, und – Achtung – ebenfalls Massagefunktion. Dazu gibt eine Klappe die Rückseite des Vordersitzes frei, in der eine beheizte Platte die Fußsohlen entspannt. Herrlich. Noch Fragen? Nein? Dann direkt zu Bang&Olufsen, die den G90-Soundtrack aus 23 Lautsprechern liefern, deren Positionen unter anderem aus dem Armaturenträger ausfahrend, in Kopfstützen und Dachhimmel feine Räumlichkeit bieten.

Noise Cancellation? Für jeden Sitz separat

Feine Räumlichkeit, die bietet der ganze Genesis, egal ob in der ersten oder zweiten Reihe. Da herrscht völlige Gleichberechtigung. Zum Beispiel beim griffig-sanften Semi-Anilin-Leder, das nicht so stark behandelt wird, wie sonst üblich, um seine Struktur zu erhalten. Die Sauberkeit erhält ein Desinfektionsfach, das Bakterien mit UV-Licht killt, störende Umgebungsgeräusche hingegen killt die aktive Noise-Cancellation mit gegenphasigem Klang separat für jeden Sitz. Bevor wir uns von mit drei unterschiedlichen Gerüchen der Klimatisierung bedröhnen, schnell nach vorn links. Fahrersitz. Kommandostand unter anderem für den 3,5-Liter Biturbo-V6, der unter einer rekordverdächtigen Aluminiumhaube steckt, nämlich dem mit 2,6 Quadratmetern größten im Autobau verwendeten Serienteil.

Biturbo plus E-Kompressor

Auch darunter läuft es: Damit der kurzhubige Sechszylinder in unteren Drehzahlen nicht schmalbrüstig durchhängt, bringt ihn ein elektrisch betriebener Kompressor in Schwung. 415 PS und 549 Newtonmeter können zwar nicht mit den großen Jungs und ihren Vierliter-Plus-V8 konkurrieren, fürs gediegene Vorankommen jedoch reicht es jedoch, siehe rund fünf Sekunden auf 100, Topspeed 250 km/h. Das früh anliegende Drehmoment und die Leistung werden von der sanft abgestimmten ZF-Achtgangautomatik souverän verwaltet, per Allradantrieb verlustarm auf die Straße gebracht. Bei niedrigen Lasten läuft der V6 dezent geschmeidig, soll es richtig vorangehen, klingt er präsenter, wirkt regelrecht motiviert. Dennoch: das Gewicht von 2,3 der Kurz- und fast 2,5 Tonnen der Langversion wird spätestens bei engagierter Fahrweise spürbar, sowohl in der Längs- als auch in der Querdynamik.

Contenance, bitte

Das Handling konsequent limousinig, jedoch nie bräsig desinteressiert. Die Lenkung pflegt zwar einerseits eine gewisse Distanz mit ruhiger Mittellage und sämigem Handmoment, ermöglicht andererseits zielgenaues Positionieren und Spurhalten. Dabei verkneift sich der G90 jegliches in-den-Kurvenverlauf-beißen oder mit ausgestelltem Heck aus dieser rauspressen. Wer es dennoch übertreiben möchte, wird sofort von sich straffziehenden Gurten zur Contenance gemahnt. Geschmeidigkeit, darum geht es, die Allradlenkung präferiert Stabilität vor Agilität. Wer hätte das gedacht bei einem Auto, dessen Sitze ihre Luftkissen zum leichteren Ein- und Aussteigen jeweils entleeren. Pffft. Fein.

Kamera scannt, 20 Zöller rollen. Geschmeidig

So fein wie die Mehrkammer-Luftfederung mit Adaptivdämpfern, die per Kamera die Fahrbahn scannt und sich vorausschauend um die passende Antwort auf Unebenheiten kümmert. Die 20 Zoll-Räder mit 45er-Querschnitt rollen angenehm ab, ohne störend zu poltern. Auf sehr hohem Niveau machen das, wobei andere Luxuslimousinen das auch ohne Kamera hinbekommen, manche sogar besser. Andererseits verwundert es, wie gut der G90 hohes Tempo auf zart welligen Strecken anschlägt, seine Karosserie sauber kontrolliert, ohne dabei zu wanken. Irgendwie scheint der Federung hohes Tempo besonders zu gefallen. Ohne dabei den Komfort preiszugeben. Denn konsequent kuschelig bleibt er. Und leise.

Von Zeitungen und elektrischen Türen

Und nachhaltig, zum Beispiel mit seinen Türverkleidungen, die trotz hochwertiger Optik aus recycelten Zeitungen bestehen. Nichts ist eben so nachhaltig, wie die Zeitung von gestern. Und nichts so multifunktional wie Bildschirme. Die Zehnzöller in den Rückenlehnen unterhalten, der Achtzöller in der Armlehne kommandiert unter anderem Klima, Massage und Ambiente. In so einer Umgebung selbst die Türen zuziehen? Wo denken Sie hin? Dafür gibt’s Motoren, die die Portale auf Knopfdruck ein Stück öffnen oder wieder schließen. Richtig haptisch wird es bei der Bedienung, wo Genesis für die meisten Funktionen physische Bedienelemente, also Räder, Tasten oder Wippen einsetzt. Klar beschriftet zudem. Ähnlich klar wie die Bildschirmdarstellungen, die zugunsten eindeutiger Ablesbarkeit auf Gimmicks verzichten. Fürs sanfte Bremsen gibt es den dafür ausgelegten Chauffeurs-Bremsmodus. Der Mensch hinter dem Steuer wird zudem diskret über seine Kopfhörer-Lautsprecher informiert oder gewarnt, sollte es irgendwelche Probleme geben. Wir hatten heute keine, konstatieren: Gut gemacht, Genesis.

Umfrage
Genesis G90 – wäre der Riesen-Koreaner auch was für Deutschland?
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Unbedingt, der könnte punkten!Niemals, keine Chance gegen die deutsche Oberklasse...

Fazit

Wenn die Koreaner etwas machen, dann richtig. Der G90 ist dafür ein feines Beispiel. Er umsorgt seine Insassen auf höchstem Niveau, federt fein, fährt leise, nervt nicht, pflegt einen analogen Bedienstil und massiert einem hinten rechts Bedarf sogar die Füße?

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024

Erscheinungsdatum 25.04.2024

148 Seiten