Mercedes-AMG EQE 53 4Matic
1.000 Nm-Drehmoment-Schocker von AMG

So langsam machen sich auch bei AMG die E-Sportler breit – zum Beispiel der EQE 53 mit über 680 PS.

Mercedes-AMG EQE 53 4Matic
Foto: Mercedes-Benz AG

Haupt gegen Kopfstütze, Gehirn an Schädelwand oder der Magen, der … ach, es ist hoffnungslos. Denn so sehr man es auch versucht, im Grunde ist die Beschleunigung in einem stromgetriebenen Drehmoment-Schocker wie dem neuen EQE 53 von AMG unbeschreiblich. Man muss sie selbst erlebt haben. Weil dafür aber mindestens 109.778 Euro nötig sind, belassen wir es bei den üblichen Floskeln – die helfen wenigstens ein bisschen.

Das Erlebnis lässt sich aber durchaus noch steigern, indem man die völlig ausufernde Längs- mit einem Schuss noch absurderer Querdynamik anreichert. Am besten natürlich ESP-befreit. Also am Kurvenscheitel kräftig aufs Fahrpedal. Was jetzt passiert, krempelt einen dann tatsächlich auf links. Nicht nur, weil die Hinterachse auskeilt und sich zwei 295er-Walzen von Michelin im Zeitraffer der ersten Lage Gummi entledigen. Nein, denn der Ausfallschritt war wegen der überfallartig anliegenden 1.000 Newtonmeter des mit dem Dynamic-Plus-Paket ausgestatteten Testwagens zu erwarten. Dementsprechend flink stellst du die Vorderräder wieder in Fahrtrichtung. Dass dir die Spucke wegbleibt, liegt daran, dass die knapp fünf Meter lange, über 2,5 Tonnen schwere Fließheck-Limousine selbst mit quer stehendem Heck und Lenkeinschlag im fast dreistelligen Gradbereich so extrem vorwärtsgeht, als seien die schlupfenden Hinterräder bloß eine Illusion.

Der große E-Ratgeber

Gewickelt und gekühlt

Also erst mal ins Cool-down-Programm des Comfort-Modus mit maximal 80 Prozent Leistung, softer Dämpfung und Luftfederung sowie klassischem Zwei-Uhren-Layout auf dem Digitalinstrument. Wählt man eine der AMG-spezifischen Grafiken, bekommt man unter anderem auch die Temperaturen der beiden permanenterregten Synchronmaschinen (PSM) sowie der 90,6 nutzbare Kilowattstunden Strom speichernden Pouch-Zellen serviert.

Neben den üblichen AMG-Akzenten innen und außen hat sich vor allem dort etwas getan, wo man es nicht sieht. So wurden sämtliche Bauteile auf höhere Ströme ausgelegt, beispielsweise die Wicklungen und Blechpakete der PSM und der spezifische DC-AC-Inverter. Hinzu kommt ein angepasstes Thermomanagement für eine bessere Kühlung aller Elemente, die bei permanent hohem Leistungsabruf unter extremer Hitzebelastung stehen. Im Boost-Modus entwickeln die Motoren zusammen 505 kW, wobei 64 Prozent davon auf den fast doppelt so groß wie der vordere Antrieb bauenden, sechsphasigen Hinterachsantrieb entfallen, der bei sehr geringer Last bloß mitdreht, keine Kraft an die Räder schickt.

3,3 Sekunden bis Tempo 100

Wenn nötig, schaltet er sich aber unbemerkt hinzu, sorgt für einen vollvariablen Allradantrieb, der von einer serienmäßigen Hinterachslenkung ergänzt wird, die für kleine Wendekreise, eine erstaunliche Agilität sowie eine hohe Fahrstabilität sorgt. Auch am EQE-Fahrwerk blieb kein Teil unangetastet, um die höheren Kräfte sicher auf den Asphalt zu bringen. So fallen Radträger, Stabilisatoren, Lenker und Lager im AMG steifer aus als beim normalen EQE.

Press Test Drive AMG C 43 & AMG EQE 53, 2022, Colmar
Mercedes-Benz AG
295er-Walzen von Michelin sorgen für ausreichend Grip für den Mercedes-AMG EQE 53 4Matic+.

Der ganze Dynamik-Spaß mit 3,3 Sekunden kurzen Nullhundert-Sprints und bis zu 240 km/h kostet allerdings Energie. Auf unserer rund 200 Kilometer langen Testfahrt mit flotten Pass- und relaxten Autobahnfahrten sind es im Schnitt ordentliche 24 kWh, wobei der bis zu 260 kW starke Rekuperationsmodus und die Freilauf-Funktion beim Energiesparen helfen. Nicht ganz so losgelöst schnell wie aus Kurven heraus ist der EQE 53 allerdings an der DC-Station, wo er mit maximal 170 kW Ladeleistung einen Respektabstand zum rund 42.000 Euro teureren EQS 53 einhält.

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Nein, die CO2-Einsparung ist nicht so hoch, dass es sich lohnenwürde, die Nachteile in der Praxis in Kauf zu nehmen.Ja, E-Autos brauchen weniger Energie, emittieren insgesamt weniger CO2 und das Thema Reichweite erledigt sich wegen zunehmender Energiedichten und Ladegeschwindigkeiten der Akkus.

Fazit

Mercedes-AMG greift dem EQE ganz schön unters Blech, um ein eigenständiges Fahrerlebnis zu schaffen. Tatsächlich wirkt die schwere Limousine agil, beeindruckt mit irrer Beschleunigung – aber weniger mit Ladeleistung.

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