Polestar 2 BST Edition 270
Per Klick handlicher und williger

Elektroauto, Fahrspaß und Emotion – das passt gut zusammen. Wie gut beweist der Polestar 2 BST Edition 270, bei dem es nur eines zu bedauern gibt: Er wird nur 270 mal gebaut und die für den deutschen Markt vorgesehenen 30 Exemplare sind bereits vergeben.

Polestar 2 BST Edition 270
Foto: Polestar

Joakim Rydholm ist Ingenieur und Chef-Fahrwerksentwickler bei Polestar. Außerdem fährt er daheim halbprofessionell Rallyes. Bei einem Schweden ist das ja etwa so, als sage man über einen Brasilianer, er spiele halbprofessionell Fußball. Ein Mann also, dem man zuhört, wenn er sagt: Wir schicken dich jetzt mit dem Basis-Setup 7-7/7 auf die Strecke.

Die Strecke ist das Ascari Race Resort in Südspanien, nicht unbedingt das passende Geläuf für ein Elektroauto. Es sei denn, es ist ein Polestar 2 BST Edition 270. Der steht morgens vor dem Hotel in Marbella, und er deutet mit mattweißer Lackierung, schwarzem Zierstreifen und ebenso schwarzen 21-Zoll-Rädern eher undezent an, dass er kein ganz normaler Polestar ist.

Unsere Highlights

350 kW und 680 Nm

Doch von Anfang an: Die Geschichte seiner Entstehung ist recht gradlinig. Im Wesentlichen sollte CEO Thomas Ingenlath einen standesgemäßen Dienstwagen erhalten. Es entstand unter Rydholms Regie über das sogenannte Beast, das der Chef auf Fahrten in Göteborg nutzt. Zweite Evolutionsstufe ist der Polestar 2 Experimental, der 2021 in Goodwood gezeigt wurde.

Und nun der Polestar 2 BST Edition 270, der das Bewährte aus den Vorgängern übernimmt und in ein straßentaugliches Elektroauto übersetzt: die schärfste Evolutionsstufe des Antriebs mit zwei Permanentmagnet-Motoren mit zusammen 350 kW und 680 Nm Drehmoment, die erwähnten 21-Zöller mit speziell angemixten Pirelli P Zero, Brembo-Vierkolbensättel vorn mit 375 mm großen Scheiben vorn sowie der matten Sonderlackierung in Schneeweiß und feiner Alcantara-Ausstattung. Unverändert bleibt der Akku mit 78 kWh, Reichweite nach WLTP 462 km, im wahren Leben sind es eher 400 km. Die Preisliste startete bei 77.470 Euro, eine rein akademische Zahl, denn zu kaufen gibt es den Edition 270 nicht mehr. Die 30 für den deutschen Markt vorgesehenen Exemplare sind längst vergeben.

Tolle Bremsen, ordentlicher Komfort

Du weißt, dass du in Spanien bist, hatte am Abend ein Kollege prophezeit, wenn auf den schönsten Bergstrecken immer ein Baustellen-Lkw und mindestens ein weißer Handwerker-Van vor dir herfahren. So auch heute. Unspektakulär legt das Sondermodell los, gleitet durch den morgendlichen Berufsverkehr an der Küste. Der Weg zum Ascari Race Resort führt in die Berge, die Straße schlängelt sich vielversprechend über den Navi-Bildschirm. Doch irgendwann gibt es eine Lücke zum Überholen, mit Wucht schieben die beiden E-Motoren den Polestar an Peugeot und Iveco-Betonmischer vorbei.

Bald mahnen Tempo 60-Schilder zur Zurückhaltung. Sehr ordentlicher Komfort, tolle Bremsen ohne wirklich spürbaren Übergang vom rekuperativen zum hydraulischen Bremsen, sehr neutral in langsamen und schnellen Kurven, satte Traktion, viel Power, doch etwas wenig Rückmeldung von der Lenkung – all das registriert der Tester. Die Lenkung wird in der Sportstellung schwergängiger, aber nicht mitteilsamer und der Bordcomputer zeigt einen Durchschnittsverbrauch von rund 26 kWh/100 km. Dann sind wir angekommen. Und Joakim schickt uns mit der Standardeinstellung auf eine erste Runde. Denn der BST verfügt über einstellbare Öhlins-Dämpfer, vorn sind Zug- und Druckstufe in je sieben Klicks einstellbar, hinten, nur in der Druckstufe. Was die Zahlenkombination 7-7/7erklärt. Gut fühlt sich der BST auf der ersten Runde an, stabil, sehr sicher, mit einem Hauch von Untersteuern beim Einlenken. Bemerkenswert auch, wie agil und fix er sich trotz des Leergewichts von rund 2,2 Tonnen anfühlt.

Beeindruckende Bremsleistung

In der Boxengasse notiert Joakim die Eindrücke und empfiehlt, es auf der nächsten Runde mit je vier Klicks zu versuchen. Da fühlt man sich gleich richtig wichtig, die Boxencrew bockt den Wagen auf, die Druckstufendämpfung vorn kann unter der vorderen Haube verstellt werden, die Zugstufendämpfung direkt an den Dämpfern in den Radhäusern. Das geht ungefähr so schnell, wie Sie diese Sätze lesen können. (Siehe Video). Und es zeigt sehr gut erfahrbare Auswirkungen. Der BST wirkt auf der nächsten Runde um einiges handlicher, lenkt williger ein, die Rollbewegungen des Aufbaus scheinen geringer zu sein. Nach wie vor beeindruckend: die Brembo-Bremsen. Auch nach der zweiten Runden und einigen harten Bremsungen keine Anzeichen von Überforderung, der Druckpunkt bleibt knackig.

Vielleicht noch eine Spur mehr Agilität, Joakim? Alles klar, den letzten Umlauf nehmen wir mit 2-2/2 in Angriff. Da will das Heck dann schon etwas mitlenken, bei Lastwechseln drängt es etwas betonter nach außen. Dennoch bleibt der Wagen stabil und gut mit Lenkung und Fahrpedal kontrollierbar. Natürlich bleibt auch der BST Edition 270 ein Straßenauto, sagt der Ingenieur zum Abschluss der Ascari-Runden, doch wir wollten zeigen, was mit unseren Autos alles möglich ist. Mission gelungen, denken wir, als wir zu zweit mit dem BST Edition 270 zurück an die Küste gondeln.

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Fazit

Mit dem Sondermodell zeigt Polestar, dass Elektroautos durchaus emotionalen Fahrspaß bieten können. Fahrwerk und Bremsen genügen selbst höheren Dynamik-Ansprüchen, die Lenkung dagegen eher nicht.

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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024

Erscheinungsdatum 08.05.2024

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