Porsche 924 und Porsche Cayman S im Fahrbericht
Kleine Porsche damals und heute

Willkommen im bequemen Nachhinein, in dem wir alles ja so viel besser zu wissen glauben. Und wo wir mithilfe eines Cayman ganz einfach erklären können, warum der frühere Porsche für die jungen Kunden, der 924, von seinem Start 1976 an immer darum kämpfen musste, als echter Porsche anerkannt zu werden.

Porsche 924, Porsche Cayman S, Frontansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

Der 924 war kein 911. Auch wenn wir uns mit diesem Gedanken auf dem Niveau von Fußball-Philosophie bewegen, bestand darin das Hauptproblem des 924. Man muss sich die Porsche-Kundschaft Mitte der Siebziger als ziemlich elitäre Clique vorstellen. Dem braven 924 hätte sie verziehen, dass er einen VW-LT-Motor als Frontmotor trägt und mit Wasser kühlt, dass er Achsen von Golf und Käfer hat, das Getriebe vom Audi 100 – wenn er ihnen nur Angst gemacht hätte.

Der 911 Turbo von 1974, ja, das ist ein Porsche, einer, dessen Grenzbereich man sich nur an einem Tag mit klarer Sicht und kühnem Mut näher traut. Der Porsche 924 dagegen ist ein Auto, an dem sich Elfer-Treue damals nicht ihre schweinsledernen gelochten Fahrerhandschuhe schmutzig machen wollen, sondern mit dem sie höchstens ihre Gattinnen zum Einkaufen schicken (so der passionierte Porsche-Pilot und Freund des Hauses, Roland W., der erzählt: „Wir wären mit so was nie gefahren! Von 924-Fahrern wollten wir nicht mal gegrüßt werden!“). Weil der 924 keine Angst macht, verdient er sich nicht den Respekt der Kunden.

Auch die Dr. Ing. h. c. F. Porsche AG ist damals noch eine recht überschaubare Veranstaltung mit einer Jahresproduktion von 9.424 Autos (1975) – alles Versionen des 911, vom 912 E bis zum Turbo. Die 5.469 Exemplare des VW-Porsche 914 2.0 werden als VW verbucht, aber in Stuttgart gebaut, und tragen so erfreulich zur Bilanz bei, dass Porsche einen Nachfolger braucht. 1970 beschließen VW und Porsche das Projekt EA 425, fünf Jahre und 150 Millionen Mark später ist der 924 fertig. Dann bedenkenträgert VW, er könne dem Scirocco schaden. Porsche kauft die Rechte für 126 Millionen Mark, entwickelt den 924 ab 1976 über die Jahre zu Turbo, Carrera GT und S, bis er am 1. 8. 88 geht – nach 150.684 Exemplaren.

Porsche Cayman als Downsizing-Elfer

So viele Autos baut Porsche heute in einem Jahr (exakt 150.999 im Jahr 2012). Vielleicht sagt das schon alles aus über die Erfolgsgeschichte dieser Firma, die Mitte der Neunziger oft kurz vor – und mitunter kurz hinter – der Pleite steht. Bis die Techniker erkennen, was für einen Porsche die Käufer außer einem 911 wollen: einen günstigeren 911. Anders als der 924 ist der Cayman ein 911-Downsizing. Trotz Mittelmotor-Layout übernimmt er viel aus dessen Baukasten. Dem S packen sie den 911-Motor hinter die Vordersitze, aus Statusgründen um 25 PS und 20 Nm reduziert, was der Cayman mit 60 Kilo weniger Gewicht wieder wettmacht.

Los jetzt. Wir schnallen uns vor den Motor. Linker Fuß auf die Bremse, rechter aufs Gas. Die Launch Control pegelt die Anfahrdrehzahl ein. Fuß vom Gas. Ab dafür. Mit 200 PS mehr als der Porsche 924 ballert der Cayman in der halben Zeit von null auf 100 km/h, kreischt zum Begrenzer. Ein Schaltpaddelschnipp, und ohne den kleinsten Atemschnapper patscht das Getriebe den nächsten der sieben doppelverkuppelten Gänge rein. Da stürmt der 3,4-Liter wieder hoch und höher auf knapp 8.000 Touren.

Porsche 924 – Tempo ist, was du draus machst

Aber es kommt beim Tempo eben vor allem darauf an, was du daraus machst. Mehr als Leistung treiben den Porsche Cayman S die Gier und das Giermoment des Mittelmotorprinzips, dessen Boshaftigkeit er abgelegt hat. Verengte sich der Grenzbereich einst auf ein Maß, das nur mit einer Präzisionsschiebelehre messbar war, darfst du nun den Kurven- und Driftzauberer spielen. Er lässt sich mit der feinfühligen Lenkung und dem Blick über die sachten Kotflügelhöhen exakt auf Linie halten. Dabei sichert er alles mit einem ESP ab, das genau weiß, wann dir Talent und Straße ausgehen. Der Widerspenstige zähmt sich – und dich.

Das Widerspenstige an sich war nie Sache des Porsche 924, der mit Klappscheinwerfern und den psychedelischen Karobezügen mit Namen Pascha die Siebziger feiert. Drinnen hat sich der Fahrer einzupassen, Sitze und Lenkrad bieten dabei wenig Unterstützung. Rechts vom dürren Lenkrad sitzt das Zündschloss – wo es bei einem Porsche nicht hingehört, weil man so laut Firmenfolklore beim Start in Le Mans nicht gleichzeitig den Motor starten und den Gang einlegen kann. Wobei der 924 den Le-Mans-Start als solchen im Alltag für überschätzt hält. Er bietet dafür mit großem Kofferraum und Sitznischen im Fond kleines Familientalent.

Ein Schlüsseldreh, der Motor röhrt sich biestig warm. Der erste Gang knorpelt sich rein – gefühlvoll schalten, die Synchronisierung muss auch die zwei Meter lange Antriebswelle mitsynchronisieren, die in einem Hohlrohr rotiert und die Kraft von der Motor-Kupplungs-Einheit vorn an das Getriebe-Differenzial-Duo an der Hinterachse leitet. Dann stemmt sich der 924 voran, mit 1.125 Kilo Gewicht leicht und energisch, lenkt über die servolose Lenkung hart und trocken ein, drückt sich vehement aus Kurven. Und ja, das alles ist langsamer als im Cayman. Aber kaum weniger intensiv, wenn man zulässt, dass ein Porsche auch anders fahren kann als ein Elfer. Und heute, da sich auch ein Cayenne als Porsche versteht, sollten wir den Porsche 924 für seine Reinheit feiern.

Die gipfelt, da ist er schon ein 968, wird entrümpelt, bis nur übrig bleibt, was ein Porsche braucht: Der 968 CS beendet auch die Ära der Frontmotor-Coupés. Während der 924 kämpfen muss, als echter Porsche zu gelten, ist der Cayman für viele der echteste Porsche. Einer wie der junge Elfer.

Der dreifache Transaxle

Über knapp 20 Jahre evolutionierte sich der kleine Transaxle-Porsche vom 924 mit 125 PS bis zum immer noch vierzylindrigen, 350 PS starken 968 Turbo RS, verkaufte sich fast 330.000-mal.

Am Ende dann, als 968 (1991 bis 1995), wäre der kleine Transaxle-Porsche fast mit der Firma untergegangen. Davor aber hat er dem Elfer lange Jahre den stark motorisierten Hintern gerettet, scheffelte er doch das Geld in die Kasse – durch Masse. Vom 924 (1976 bis 1988) verkauft Porsche 150.684 Exemplare. Ab 1981 treibt ein vom V8 des 928 abgeleiteter Vierzylinder den 944 an, der über ein Jahrzehnt als S, S2 und Turbo insgesamt 163.265 Käufer findet. Mit dem 968 (1991 bis 1995, 11.241 Exemplare) endet die Frontmotor-Coupé-Ära bei Porsche. 1996 startet der Boxster eine neue Ära.

Technische Daten
Porsche Cayman S Porsche 924 2.0
Grundpreis66.944 €
Außenmaße4380 x 1801 x 1295 mm
Kofferraumvolumen275 l
Hubraum / Motor3436 cm³ / 6-Zylinder
Leistung239 kW / 325 PS bei 7400 U/min
Höchstgeschwindigkeit281 km/h207 km/h
Verbrauch8,0 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten