Toyota GT 86 und Celica im Fahrbericht
Cool wie einst - zwei Spaßmacher aus Fernost

Zwischen dem Toyota GT86 und Celica TA 22 liegen Jahrzehnte. Eine Zeit voller Entwicklungen, Fortschritte und Patente. Bei aller Konzentration auf den modernen Hybridantrieb hat Toyota die Liebe für sportliche Coupés jedoch nicht völlig erkalten lassen. So tritt der brandneue GT 86 jetzt das Erbe der Celica an. Erweist er sich als würdiger Nachfolger?

Toyota GT 86, Toyota Celica, Frontansicht
Foto: Thomas Starck

Zeitsprung ins Jahr 1975. Während die Schweden ihren König offiziell zum Grüßonkel erklären, Charlie Chaplin in England den Ritterschlag erhält und sich die Metal-Band Iron Maiden gründet, schlummert die hiesige Autolandschaft vor sich hin. Das Auto des Jahres heißt Citroën CX, der VW Golf feiert seinen ersten Geburtstag, und auf dem Genfer Autosalon wird der VW Polo mit vier Trommelbremsen und 40 PS beklatscht.

Nur eine kleine Gruppe Wolfsburger in Schlaghosen wünscht sich einen schnellen Golf – vermutlich, um dem Toyota TA 22 Paroli bieten zu können. Das Coupé rockt mit 86 PS die Landstraßen zwischen Unterammergau und Lübeck – und sieht dabei verdammt gut aus. Der gelungene Mix aus langer Haube, Colaflaschen-Taille und Stummelheck beschert ihm sogar den Ruf als Mustang des kleinen Mannes. Es sollten sechs weitere, erfolgreiche Celica-Modellgenerationen folgen. Toyota – Vater cooler Sportcoupés? Sommer 2012, Kölner Industriehafen.

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Toyota GT86 – ein durchgeplanter Name

Nach Jahren der Hybrid-Euphorie und Coupé-Abstinenz hat Toyota zu einem Date mit einem neuen Sportler geladen – dem Toyota GT 86. Die Zahl im Namen ist nicht nur eine Hommage an den spritzigen Corolla Levin AE 86, sie steht auch für das quadratische Hub-Bohrungs-Verhältnis seines Boxermotors sowie den Durchmesser der Auspuffrohre. Erster Eindruck: Solch ein durchgeplanter Name ist selten. Zweiter: appetitliche Seitenlinie, endlich mal wieder. Aber was, bitteschön, hat der Boxermotor hier zu suchen? Er stammt von seinem Zwillingsbruder, dem Subaru BRZ. Laut Datenblatt soll der Vierzylinder 200 PS bringen – bei SIEBENTAUSEND Umdrehungen.

Das probieren wir gleich mal aus. Nach dem Drücken des Startknopfs röchelt der Motor dumpf, im Vergleich zum TA 22 fast ein wenig brav. Klar, unter der alten Celica hängt ja auch eine speziell gefertigte Edelstahl-Vuvuzela, die jeden Verbrennungstakt heraustrompetet.

Trotzdem legt der Toyota GT 86 vor, rollt sachte über die Schwelle des Parkplatzes und stürmt mit dem ersten längeren Gasstoß nach vorn. Für einen Sauger schon ganz gut – und es wird noch besser. Sobald die Nadel des Drehzahlmessers die 5.000er-Marke überschreitet und auf 7.000 klettert, scheinen sich alle 200 PS einig, die Welt im Rückspiegel schrumpfen zu lassen. Auf dem 7,6 Sekunden langen Sprung von null auf Tempo 100 lauscht man der trommelnden Boxermelodie und versteht, was Auris & Co. die letzten Jahre gefehlt hat. Emotion. Fahrspaß. Leidenschaft.

Toyota GT 86 durchzugsschwach

Davon versprüht der Toyota GT 86 reichlich – auch ohne den heute so typischen Turbodruck. Selbst beim Gangwechsel strengt er sich an und macht die Wege nicht zu lang. Dass die rechte Hand dabei etwas kräftiger zupacken muss – geschenkt. Schließlich kann es nicht so butterweich ablaufen wie im TA 22, dessen Fünfgang-Schaltgetriebe die Zuwendung eines Zahnrad-Hexenmeisters erlebt haben muss. Anders lässt sich die Präzision nicht erklären. Sein 1,6 Liter großes Herz wurde von einem begabten Schrauber technisch 1A trainiert, der Motor bietet eine wunderbare Elastizität und schreit bei 5.000 Umdrehungen so heftig, dass man freiwillig ablässt, hochschaltet und den entgeisterten Gesichtern in der Umgebung zuwinkt.

Wer dem GT 86 einen ähnlich guten Durchzug abverlangt, wird enttäuscht. Bei gerade mal 205 Newtonmeter Drehmoment gehört fleißiges Schalten zum Programm. Die Aussicht auf dem Fahrersitz ist bei beiden Modellen ähnlich: Übersichtliche und schmucke Instrumente liegen vor einem, und die Beifahrerin sitzt in Kussnähe. Während die ausgeprägten Schalensitze des Toyota GT 86 spontane Änderungen in der Familienplanung verhindern, aber reichlich Seitenhalt bieten, sind die völlig konturlosen Sitze des TA 22 vor allem bei einem Mittagsschläfchen von Vorteil.

Endlich wieder Fahrspaß bei Toyota

Munter werden garantiert alle, die kurvige Landstraßen ansteuern. Mit seinem Hinterradantrieb neigt der GT 86 zu kleinen und größeren Heckschwenks, die mitunter recht überraschend sein können. Wer sich darauf einstellt, wird sie lieben. Und dem Freund mit dem TA 22 davon berichten, der mit seinem knochenharten Sportfahrwerk und der mechanischen Sperre weit mehr tun muss, um das Heck zum Drift zu überreden. Was vermutlich auch am großen, dünnen Lenkrad samt müder Übersetzung liegen mag, ein Relikt der entspannten siebziger Jahre. Der Toyota GT 86 übersetzt jede Kursänderung deutlich direkter.

Am Ende des Tages fällt es uns noch schwerer zu verstehen, warum Toyota lange keine Fahrmaschine im Angebot hatte. So eine wie den GT 86: bezahlbar, cool, spritzig. Auch wenn er keine riesigen Gewinne einfahren wird – für das Image der Marke ist er Gold wert. Das haben die Japaner vermutlich nur vergessen, denn 1967, als James Bond in dem Streifen „Man lebt nur zweimal“ seinen Aston Martin für einen Toyota 2000 GT stehen ließ, wussten über Nacht alle Autofans, dass auch im Land der aufgehenden Sonne scharfe Flitzer warten. Nach dem Date mit dem Toyota GT 86 steht fest: Endlich gibt es wieder einen Neuen.

Technische Daten
Toyota GT86
Grundpreis30.750 €
Außenmaße4240 x 1775 x 1285 mm
Kofferraumvolumen243 l
Hubraum / Motor1998 cm³ / 4-Zylinder
Leistung147 kW / 200 PS bei 7000 U/min
Höchstgeschwindigkeit226 km/h
Verbrauch7,8 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten